Es war ein wunderschöner, sonniger Tag, erstaunlich für englische Verhältnisse.

Ginny spazierte am See entlang. Der Krake zog seine Kreise und streckte einen Arm aus dem Wasser, was Ginny dazu veranlasste, doch lieber etwas weiter weg vom Ufer des Sees zu gehen. Eigentlich hätte sie noch Hausaufgaben machen sollen, aber dazu war es viel zu warm.

Gemütlich ließ sie sich unter einem der Bäume nahe des Sees nieder...

Es war schon Abend und recht kühl, als sie wieder erwachte.

„Hätte ich doch meinen Umhang nicht oben gelassen!", ärgerte Ginny sich über sich selbst. Sie wollte aufstehen, als sich ihr eine Hand entgegenstreckte.

Hastig blickte Ginny von den Füßen nach oben in das Gesicht desjenigen, der ihr gerade aufhelfen wollte.

Sein Gesicht lag im Dunklen der Kapuze verborgen. Ginny konnte jedoch sehen, dass die Person lächelte. Als sie wieder auf beiden Füßen stand und den Dreck von ihrer Kleidung abgeklopft hatte, wendete die andere Person sich um und ging schnell, aber so, dass Ginny ihr folgen konnte, von dannen. Dabei lüftete die Person ihre Kapuze und Ginny konnte von hinten die blonden Haare erkennen.

„Beim Barte des Merlin, Draco Malfoy!", dachte sie kurz und ihr gegenüber wandte sich zu ihr um. Verlegen starrte Draco auf den Boden.

„Ähem, weißt du, ...ich..." stotterte Draco.

Ginny schaute sich nervös um: Da, wo Draco war, waren Crabbe und Goyle nicht weit. Und wenn die auftauchen würden, dann müsste Ginny verdammt schnell rennen...oder ihren Zauberstab zücken. In der DA hatte sie ja genug Flüche gelernt, um sich unliebsame Gesellschaft vom Hals zu halten.

„Was willst du, Malfoy? Ich bin reinblütig, schon vergessen? Deine Opfer..." Ginny wollte es eigentlich darauf anlegen und Malfoy provozieren, aber der unterbrach sie:

„Ich bin nicht hier, weil ich in neues Opfer suche, wie du es sagst...Weasley, hm, ...dein Bruder Ron hat sich sorgen gemacht, weil du nicht beim Abendessen warst. Die durchsuchen gerade das Schloss nach dir, aber ich bin nach draußen gegangen, weil ich dich heute nachmittag hier spazieren gesehen habe. Und da dachte ich, du wärst vielleicht immer noch hier."

Ginny musste scharf nachdenken, bis sie begriff: Draco Malfoy war ebenfalls in Sorge um sie!

„Ähm, du...du bist also hier, weil du mich auch gesucht hast? Und du tust das weil...?", forderte Ginny eine Antwort, die alles besser erklären würde, als das Draco sich wirklich sorgte. Jetzt lächelte Draco:

„Na, weil ich dich li....mag.", schloss er etwas entmutigt. Ginny verdrehte die Augen:

Wie sollte sie dem größten Feind ihrer Freunde klarmachen, dass sie a.) nichts von ihm wollte und b.) bereits einen Freund hatte? Andererseits könnte sie die ganze Sache auch zu ihrem Vorteil ausnutzen...vielleicht würde Draco ein paar seiner Geheimnisse ausplaudern. Verliebtheit löst manchmal die Zunge.

Während Ginny nachdachte, zitterte sie leicht. Es war wirklich verdammt kalt geworden.

Draco schien ihr Frösteln zu bemerken und hing ihr ganz gentlemanlike seinen Mantel um die Schultern.

Es war ein ganz anderes Gefühl, diesen Mantel zu tragen ,als den alten, der Ginny gehörte.

Er fühlte sich neu an, und wie aus Seide. Ginny hatte mal in einem Laden nur zum Spaß so was angezogen, bis ihre Mutter sie aus dem Laden geholt hatte.

Vielleicht wäre Malfoy gar nicht die schlechteste Wahl? Doch prompt schaltete sich Ginnys Gehirn wieder ein und sagte ihr: „Hör mal, weißt du noch was sein Vater alles getan hat? Er ist bei den Todesser, deine beiden Onkel sind wegen solchen Leuten gestorben! Und Draco ist auch nicht viel besser, beschimpft deine Freunde als ,Schlammblüter', also wirklich! Und mal ehrlich: Der Erzfeind deiner ersten Liebe? Das ist doch bestimmt nicht die feine englische Art, oder?"

Da hatte sie auch wieder recht...Außerdem war er ein Slytherin...aber warum begab er sich dann in die Gefahr, mit einer Gryffindor gesehen zu werden?" Jetzt rede schon mit mir selber! Ich muss damit aufhören!", dachte sie kopfschüttelnd.

Ginny hatte gar nicht bemerkt, dass Draco ihre Hand genommen hatte und sie etwas näher zum Schloss geführt hatte.

Seine Hand war schön warm und Ginny spürte, dass sie genauso gut die Richtung ändern könnte, Draco würde ihr folgen. Aber sie bemerkte, dass auch Draco langsam kalt wurde und deshalb ging sie mit ihm wieder ins Schloss. Er sollte sich ja nicht wegen ihr erkälten.

Sie gingen immer noch Hand in Hand bis vor die Tür der Großen Halle. Draco blieb plötzlich stehen. Er räusperte sich: „Chrm, Chrm". „Klingt ja ganz wie Umbridge", lächelte Ginny ihn an. Sie wusste nicht, was hier vorging, aber Draco schien plötzlich nicht mehr der Buhmann zu sein, für den ihn alle hielten. Er griff jetzt auch nach Ginnys anderer Hand. Sie ließ es einfach geschehen. Sie fühlte, wie Draco sie näher zu sich heran zog. Aber Ginny war es egal, was auch immer gleich passieren würde, sollte es doch geschehen!

Ihre Gesichter kamen immer näher und gerade, als ihre Lippen sich berührten, kamen Ron und Harry um die Ecke. Ron rannte sofort zu Ginny und zog sie am Arm weg von Malfoy.

„Was tust du denn, Ginny?"...

„Was tust du denn Ginny?"

Draco war plötzlich verschwunden und vor ihren Augen war es dunkel. Sie hörte nur Hemines Stimme, die irgend etwas sagte...

Sie schlug die Augen auf: Vor ihr standen Ron, Harry und Hermine, Hermine mit besorgter Miene, die beiden Jungs schienen sich über irgend etwas zu amüsieren.

„Bist du jetzt wach oder nicht?...", fragte Hermine.

„Wach? Wieso ,wach'? Wo ist Draco? Wo bin ich?"...Es dämmerte ihr allmählich, dass sie alles nur geträumt hatte. Sie spürte, wie die Sonne auf ihr Gesicht brannte. Hermine redete immer noch: „...du warst nicht beim Mittagessen und da haben wir dich gesucht und gerade noch rechtzeitig gefunden, wie es aussieht."

„Wieso noch rechtzeitig, was ist denn los? Und warum lacht ihr wie so zwei Bekloppte?". Ginny verstand nicht ganz, was das hier sollte.

Hermine schmunzelte nun auch: „Naja, Ginny, ein ganzer Nachmittag in der Sonne bei deiner hellen Haut...". Hermine zog einen Spiegel aus ihrem Umhang. Ginny nahm ihn und sah die Bescherung: Ihr ganzes Gesicht war von einem Sonnenbrand knallrot.

Ron gluckte: „Du machst noch einem von Hagrids Krötern Konkurrenz!"

Ginny warf den Spiegel nach Ron, verfehlte ihn aber um ein paar Zentimeter.

„Am besten gehst du gleich zu Madame Pomfrey, die kann bestimmt was dagegen tun. Ach und ihr beiden..." wandte sich Hermine an Harry und Ron, „...könnt ja mal über euer Verhalten nachdenken! Ruberus!", rief Hermine und auch die Gesichter von Ron und Harry wurden knallrot. Empört schauten sie in den Spiegel und konnten Hermine nur überreden, den Zauber rückgängig zu machen, weil Madame Pomfrey wohl darauf kommen würde, dass es ein Fluch sei und die Schüler sich ja nicht gegenseitig verhexen sollen.

Madame Pomfrey gab Ginny ein Salbe, die sofort einzog und wie durch Zauberei wurde ihre Gesichtsfarbe wieder normal.

Endlich wieder aussehend wie ein Mensch, konnte sie sich auch unten im Schloss bei den anderen Blicken lassen. Enttäuscht stellte sie fest, dass Ron und Harry auch wieder normal aussahen. Sie verloren auch kein Wort über ihren unfreiwilligen „Sonnenbrand".

Nach dem Essen strömten die Massen wieder in ihre Gemeinschaftsräume.

Ginny bemerkte nicht, dass sie genau neben ihrem „Traumboy" Draco herlief, erst als sie in verschiedene Richtungen gingen, drehten beide sich noch einmal um. Etwa 2 Sekunden hatten sie Augenkontakt und Ginny konnte schwören, dass Draco Malfoy ihr zugelächelt hatte....