Be thou my vision 9
Disclaimer: Alles gehört Tolkien, nichts mir
Gruß: Mein Gruß geht heute an alle, die mir die letzte Woche erträglich gemacht haben, sei es durch eine liebe Review, ein Telefonat, Yogatipps (danke Alex!), wichtige Links (Anna!) oder anderes. Ich hoffe, ich kann euch mit diesem Kapitel eine Freude machen, wie ihr mir eine Freude gemacht habt.
Anmerkung: ffn hat mal wieder meine Trennungen zwischen den Szenen gefressen, hoffe, es verwirrt euch nicht zu sehr!
Kapitel 9: Nebel
Als Glorfindel die Tür zu seinem Zimmer öffnete, war er rechtschaffen durchgefroren. Sich schüttelnd durchquerte er den kleinen Vorraum, betrat sein Schlafgemach und warf den dicken Wollumhang, auf welchem Schnee und Eis langsam schmolzen und ihn unangenehm durchweichten, achtlos auf den Boden.
Plötzlich fiel sein Blick auf eine schwarze Robe, die über eine Sessellehne geworfen war. Er runzelte die Stirn. Sicher, auch er besaß eine schwarze Robe, doch war sie aus Satin mit Samtbordüren, ein teures Stück für formelle Festlichkeiten, welches er sich nur zugelegt hatte, weil sie angeblich sein goldenes Haar noch mehr erstrahlen ließ. Diese Robe aber war aus einem billigen aber strapazierfähigen Stoff, einfache Wolle, wie es schien und schon leicht abgetragen. Ein Stück, wie es Erestor tragen würden. Was aber machte Erestors Robe in seinem Zimmer?
Misstrauisch blickte sich der Balrogtöter weiter um. Hatte nicht auf eben jenem Sessel seine eigene lavendelfarbene Robe gelegen? Erestor musste hier gewesen sein und die violette Robe angezogene, seine eigene aber zurückgelassen haben. Glorfindel schüttelte den Kopf. Was für ein absurder Gedanke! Er hatte kaum etwas mit dem Schreiber zu tun, noch wusste Erestor, wo er wohnte. Dazu kam, dass wohl niemand die Unverschämtheit besäße, einfach in ein fremdes Zimmer einzudringen. Das ließ nur noch Raum für seine engsten Freunde, Elrond und Lindir. Elrond? Nein, der trug kein Schwarz und wenn, dann niemals so etwas billiges. Lindir? Er würde in dieser Robe aussehen wie Mandos persönlich. Er nahm das verräterische Kleidungsstück auf und betrachtete es kritisch. Die Ärmel waren leicht abgeschabt und ebenso der untere Saum, der Stoff roch nach Holzfeuer und alten Büchern.
Während er die Robe verwundert wieder zurück auf den Sessel legte, durchfuhr ihn ein weiterer Gedanke. Was, wenn noch mehr verschwunden war? Glorfindel spürte eine Unruhe in sich aufsteigen und sah sich hastig um. Und was er sah durchfuhr in wie ein heißer Strom.
Erestor hatte sich in den hintersten Winkel der kleinen Grotte zurückgezogen, gerade soweit dass der einsetzende Schneeregen ihn nicht treffen konnte. Seine Beine hatte er angezogen und hielt sie mit seinen Armen umschlungen. Müde blickten seine Augen auf das tanzende Wasser des Bruinen, der seine eisigen Fluten aus den Bergen mitbrachte. Wie es sich an den Steinen brach, wie es schäumte, rauschte und gurgelte! Und wie schwer sein Blick wurde, so schwer!
Immer wieder versuchte er, sich aufzurappeln, schüttelte sich ein wenig, wechselte ein wenig seine Position und versuchte dem fallenden Eisregen zu entgehen, doch war dies schier unmöglich, da die Nässe endgültig in die Grotte eingedrungen war. Immer tiefer versank er im Morast, schon längst hatte er es aufgegeben, auf seinen Füßen zu kauern und sich einfach hingesetzt, den Rücken an die schlammige Wand gedrückt.
„Ich liebe dich."Flüsterte er an Glorfindel denkend. Wie hoffnungslos seine Liebe war. Niemals würde Fin ihn finden und selbst wenn? Wie sollte er nur all diese Geschehnisse erklären? Er wollte nicht sterben, doch wusste er, dass es keine andere Hoffnung gab.
Mit rasendem Herzen griff Glorfindel nach der kleinen Kiste. Sie stand nicht mehr an ihrem alten Platze und es war offensichtlich, dass sie jemand geöffnet hatte, denn der kleine Riegel war nicht mehr richtig geschlossen worden.
Seine Hände zitterten, als er den Deckel hob. Da war das Kissen, doch wo war der Ring? Der Ring, den ihm Ecthelion nach ihrer ersten gemeinsamen Nacht über den Finger gestreift hatte? Der Ring, den er mehr hütete als sein Leben, weil er wusste, wie vergänglich sein Leben war?
Erestor! Der Schreiber war in sein Zimmer eingebrochen, er hatte nicht nur seine Kleider gestohlen, sondern auch noch seinen Ring, das Kostbarste, was er besaß.
Wut nahm Besitz von dem Krieger und er stürmte in Richtung von Erestors Räumen. Dort angelangt, hämmerte einige male gegen die Tür, ohne Erfolg. Nein, er würde sich nicht abweisen lassen! Kraftvoll riss er die Türe auf und durchmaß mit einigen Schritten den Raum. Leer.
Das konnte doch nicht wahr sein! War dieser Elb tatsächlich mit seiner Beute geflohen? Er wollte es nicht glauben, doch welche Erklärung konnte es sonst geben?
Eiligen Schrittes begab sich Glorfindel zu Elrond und informierte den Halbelb über den Diebstahl und das Verschwinden des Schreibers. Elrond runzelte die Stirn. Das alles passte so gar nicht zu dem, was er über Erestor wusste. Ja, vielleicht war er in Glorfindels Räume eingedrungen, doch nicht um zu stehlen, sondern sicher nur aus Sehnsucht zu dem Krieger. Aber wie sollte er Glorfindel beruhigen, ohne Erestors Geheimnis zu offenbaren?
Nein, zuerst einmal mussten die verschwundenen Sachen wieder auftauchen, zu aller erst der Ring, dann würde sich auch Glorfindel wieder beruhigen.
„Fin, lass uns einmal gründlich alles absuchen, aber lass uns draußen beginnen, denn es wird bald dunkel werden. Dann können wir zwar immer noch drinnen nach der Wahrheit forschen, in den Gärten aber nur noch wenig Erfolg haben."Sprach Elrond.
„Pah!"Wandte Glorfindel ein, „Ich denke, der Dieb ist sicher schon über alle Berge, meinen Ring aber und mein Gewand wird er sicher schnell zu gutem Geld machen können!"
Elrond schüttelte den Kopf. Zwar war es verständlich, dass Glorfindel solch ein schlechtes Bild von dem jungen Schreiber hatte, doch tat es ihm im Herzen weh, wie falsch man von Erestor dachte.
Schlussendlich aber gelang es dem Elbenlord, Glorfindel von der Notwendigkeit einer Suche zu überzeugen und sie begannen am Flussufer, um sich langsam zum Haus vorzuarbeiten.
Schon lange war die Sonne nicht mehr zu sehen, denn der Nebel, den Elrond schon den ganzen Tag gefürchtet hatte, war aufgezogen, zudem tat die einsetzende Dämmerung ein übriges, die Suche zu erschweren.
Da! Was war das? Nichts, nur ein Stein.... Halt! Waren das Spuren? Doch der Schneeregen hatte alle etwaigen Abdrücke vernichtet. Während Glorfindel nur daran dachte, den Dieb zu Stellen, war Elrond von echter Sorge um Erestor getrieben. Was, wenn ihm etwas zugestoßen war? Er war nicht im Hause gewesen, und die Idee, sein Schreiber sei mit dem Ring geflohen, erschien ihm einfach unmöglich. Nein, Erestors Herz war gut und ohne Falsch, niemals würde er etwas derartiges tun.
„Ha! Elrond! Hier ist etwas!"Der Ruf des Vanya riss den Elbenlord aus seinen Gedanken und ließ ihn so schnell er konnte zu seinem Seneschall eilen. Tatsächlich! Dort im Gras lag ein winziges Päckchen, ein gefaltetes Stück Pergament. Unter Elronds Blicken hob Glorfindel das Päckchen auf und faltete es auseinander. Da, in seiner Hand, lag der Ring.
„Ich wusste es!"Knurrte er mit zusammen gebissenen Zähnen.
„Glorfindel, ich glaube nicht, dass Erestor etwas Böses im Sinn hatte."Versuchte Elrond zu beschwichtigen. „Hätte er den Ring wirklich stehlen wollen, hätte er ihn doch nicht hier abgelegt."
„Nicht stehlen wollen? Nun, Tatsache ist ja wohl, dass er ihn genommen hat!"
Während aber Glorfindel aufbrauste, wohl eher aus Erleichterung seinen Ring wieder zu haben, als auch Zorn, untersuchte Elrond weiter den Boden. Hier waren die Spuren eindeutig.
„Fin, hilf mir!"
Glorfindel kauerte sofort neben seinem Lord nieder und untersuchte mit ihm das steil abfallende Ufer. Es konnte keinen Zweifel geben, hier war jemand mehr hinuntergerutscht denn gestiegen und ein aufmerksamer Blick durch den Nebel zeigte ihnen das untere Ufer. Nein, hier gab es kein Entkommen.
Glorfindel dachte nicht lange nach, ein gestohlener Ring war eine Sache, ein Leben nicht zu retten eine andere. Gewandt kletterte der Krieger den Abhang hinab. Hier und da stand ein Stein hervor oder bot eine Wurzel ihm Halt. Unten angekommen blickte er sich um.
Hier war nichts, nichts als rauschendes Wasser und Morast. Eine Weile sah er sich ratlos um, wandte einige Schritte in diese und jene Richtung. Sollte er nicht lieber wieder hinaufsteigen, bevor der Nebel stärker und das Wasser des Flusses durch den Regen immer mehr anschwellen würde?
Dann aber wurde er einer kleinen Grotte gewahr. Und in dieser Grotte sah er eine über und über schlammbedeckte, nasse und bleiche Gestalt, die sich in eine viel zu große lavendelfarbene Robe gekauert hatte und deren Augen geschlossen waren.
TBC
