Be thou my vision
Disclaimer: Alles gehört Tolkien, nichts mir!
all: VIIIEEELEN DANK für eure lieben Reviews, die sind für mich das größte!!! Ich liebe es, wie ihr mitfiebert!! Es bleibt spannend!
Kapitel 12: Die Hütte
Die Dunkelheit war an diesem Wintertag früh hereingebrochen. Immer wieder war Glorfindel zum Fenster geschritten, hatte in die Finsternis gespäht und war wieder zum Bett zurück gekehrt. Dann hatte er versucht Ablenkung in einem Buch zu finden, war jedoch nach wenigen Minuten schon wieder aufgesprungen und zur Tür geeilt, hatte die Klinke in der Hand und überlegte es sich wieder anders.
Fin war wütend auf sich selber. Er hatte Erestor kaum aussprechen lassen, dabei predigte er seinen Männern doch selber immer wieder, wie wichtig Aufmerksamkeit und Respekt seien. Vielleicht hätte er ihm zuhören sollen, ihm eine Gelegenheit geben, alles zu erklären.
Erestor hatte versucht, sich zu entschuldigen, soviel hatte er heraus gehört, aber er hatte ihm keine Vergebung gegönnt. Warum? Warum weigerte er sich so, ihm zu glauben?
Weil es ihn so sehr verletzt hatte. Und weshalb? Weil er Erestor liebte. Oh, dieser Gedanke an den Händler im Keller, wie dieser räudige Mensch ihn berührte, ihn küsste! Übelkeit stieg in Glorfindel auf, Übelkeit und Zorn. Er hasste diesen Menschen, niemals hätte er es wagen dürfen, seinen geliebten Erestor zu berühren! Niemand dürfte das als nur er selber!
Und dann diese Geschichte mit dem Ring. Warum hatte ihn das so getroffen? Erestor hatte durch sein Handeln eine Wunde in ihm aufgerissen. Doch war es wirklich die Erinnerung an Ecthelion, die ihn so sehr traf? Nein, musste sich Glorfindel nach einigem Nachdenken eingestehen. Ecthelions Tod hatte er schon lange verwunden. Aber wie Erestor diesen Ring getragen hatte, den Ring, den er ihm nicht angesteckt hatte und damit umher gegangen war! Was, wenn eines Tages Erestor wieder durch den Garten ginge, wieder stolz und mit einem Ring an seinem Finger, wieder mit einem Ring, den nicht er ihm zu Füssen gelegt hatte?
Glorfindel ließ sich auf sein Bett fallen und schlug die Hände vor sein Gesicht. Wie sehr hatte sich alles geändert? Elbereth, Erestor sollte sich alles von ihm nehmen, besaß er doch sogar schon sein Herz!
Und nun? Der Krieger kaute verzweifelt auf seiner Unterlippe.
Glorfindel begann nachzudenken, sich selber und sein Innerstes zu erforschen und einiges kam dort zu tage, was er selber kaum geahnt hatte. Eines musste man Glorfindel nämlich lassen und das war seine Ehrlichkeit, die ihm auch schon auf dem Felde oft das Leben gerettet hatte. Nur durch seine ehrliche Einschätzung des Feindes hatte er seine Truppen strategisch klug aufstellen können, nun aber war er selber sein eigener Feind und es galt, diesen nüchtern zu beurteilen.
Erst als das Feuer im Kamin schon fast heruntergebrannt war, schüttelte Fin den Kopf, atmete trief durch und war bereit, sich der Wahrheit zu stellen. Zuerst einmal musste er sich aufrichtig bei Erestor entschuldigen, und zwar für sein ruppiges Verhalten. Dann würde er ihm die Gelegenheit geben, alles zu erklären. Ruhig würde er ihm zuhören und versuchen, ihn zu verstehen. Es war auf einmal nicht mehr wichtig, dass Erestor etwas mit dem Menschen im Keller getan hatte. Wichtig war nur, warum er es getan hatte. Vielleicht hatte er ja Geld gebraucht? Nun aber würde er sicherstellen, dass Erestor nie wieder um ein paar Münzen betteln müsste. Je mehr er sein gewissen erforscht hatte um so klarer war ihm geworden, dass er Erestor aufrichtig liebte. Glorfindel wollte keine Erestor, der nur sein Bettgenosse war, der sich schuldig fühlte und diese Schuld durch Liebesdienste abarbeiten wollte. Glorfindel wünschte sich einen starken Erestor an seiner Seite, einen Elben, der ihm ebenbürtig war. Er wollte für immer bei ihm sein und sein größtes Sehnen war es, sich an ihn zu binden.
„Eins nach den anderen!"Mahnte er sich selber. Zuerst einmal würde er ihn aufsuchen und ein vernünftiges Gespräch führen, erst wenn alles zwischen ihnen im Reinen war, würde er ihm den Hof machen, dann jedoch nach allen Regeln der Kunst. Im Geiste sah Glorfindel lauschige Abendessen zu zweit, Winterspaziergänge und Kuschelabende vor dem Kamin, während er auf dem Weg zu Erestors Zimmer war.
Erestor fror erbärmlich. Lange war er gelaufen, ohne die Kälte wirklich zu spüren, denn der Schmerz in seinem Herzen betäubte jegliche andere Empfindung. Immer weiter war er gegangen, immer nach Nordosten, über die Berge, in Richtung Düsterwald. Sollte ihn Thranduil in seinen Kerker werfen, sein Herz lag ohnehin in Ketten und würde nie mehr frei werden, was sollte er sich nun noch grämen?
Erst der Einbruch der Dunkelheit hatte ihn aufgerüttelt. Seine Füße waren ganz taub, denn schon vor Stunden hatten seine dünnen Schuhe dem tiefen Schnee nicht mehr widerstehen können. Schwer war sein Mantel von Eis, denn war am Nachmittag der Schnee auf seinem Körper geschmolzen, so fror er nun wieder im bitterlich kalten Nachtwind.
Was sollte er nur tun? Erestor war wütend auf sich selber! Wie dumm es gewesen war, nur mit etwas Nahrung auf diese weite Wanderung zu gehen! Andererseits, was wäre so schlimm daran, sich dem Tode zu ergeben? Wäre das nicht viel eher eine Erlösung?
Unter diesen Gedanken schleppte sich Erestor immer weiter und weiter, bis er plötzlich ein Licht sah. Dort hinten, das musste ein Haus sein! Sollte es tatsächlich eine Möglichkeit der Rettung für ihn geben?
Die Hoffnung beflügelte die Schritte des Schreibers und ließ ihn zu Hütte eilen, so schnell es ihm in seinem geschwächten Zustand möglich war.
An der Türe angekommen verharrte er kurz.
Stimmen waren zu hören und es roch nach warmem Essen. Sollte er es wagen, zu klopfen und um Hilfe zu bitten? Er musste es wohl tun, denn der sichere Tod in der Nacht wäre ihm als unsägliche Feigheit erschienen.
Zaghaft klopfte er mit klammen Fingern an die Türe.
Nichts.
Er versuchte es lauter, zuletzt mit seiner kleinen zarten Faust. Als plötzlich die Türe aufgerissen wurde schrak Erestor vor Schreck zurück. Ein Mann öffnete ihm, ein ältliches mageres Kerlchen mit schütterem Haar. Im Hintergrund erhaschte Erestor einen Blick auf einen jüngeren Mann, der missvergnügt seine Suppe löffelte und eine ältere Frau, die in einem Topf am Herd rührte.
„Bitte,"sagte er in Westron „dürfte ich die Nacht bei Euch verbringen? Bitte, ich brauche nur eine winzige Ecke, ich habe auch mein eigenes Brot dabei, ich würde keine Mühe machen."
Eine kurze Weile schien der Mann zu zögern, dann erschall die Stimme des Sohnes von innen.
„Lass ihn rein, Vater! Die Nacht ist kalt und wir wollen doch keine Seele auf dem Gewissen haben."
Der alte Mann trat zur Seite und gewährte Erestor Einlass, der sich eilig an die Wand drückte im ernsten Bestreben, auch ja nicht zur Last zu fallen.
„Lass mich das machen Vater, du hast dich heute schon genug gequält!"Der Sohn war aufgestanden und hatte die Hand auf Erestors Rücken gelegt. Behutsam schob er ihn an den Tisch.
„Ihr seid ein Elb? Und so spät noch alleine in den Bergen unterwegs? Das ist ja sehr unvorsichtig! Ihr habt Glück, unsere Hütte gefunden zu haben! Aber bitte, esst doch etwas! Ihr seid durchfroren und ich würde es mir nie verzeihen, Euch hier nur mit einem Kanten Brot sitzen zu sehen!"
Damit nötigte der junge Mann Erestor sich an den Tisch zu setzen und begab sich zum Herde.
„Mutter, möchtest du nicht ein kleines Lager für unseren Gast herrichten? Ich würde es mir nie verzeihen, ihn auf dem Boden schlafen zu lassen!"
Kaum hatte die Frau den Raum verlassen, nahm der Sohn einen großen Napf und füllte ihn mit Eintopf. Hätte sich Erestor umgedreht, so hätte er die Tropfen bemerkt, die der junge Mann in die Suppe rührte. So aber saß er erschöpft und zitternd am Tisch und freute sich über die Gastfreundschaft dieser einfachen Leute.
Hungrig stürzte er sich auf den wohlschmeckenden Eintopf, den ihm der Sohn vorsetzte und wunderte sich nicht, dass er sich immer müder fühlte.
Wieder trat der Sohn zu ihm, legte ihm fürsorglich die Hand auf die Schulter und sprach ihn an.
„Kommt nur, Herr Elb, ihr scheint sehr müde zu sein! Ruht ein wenig und setzt euren Weg morgen erfrischt fort!"Unter diesen Worten geleitete er ihn zu einem Lager das einfach aber sauber war. Auf der Decke lagen eine einfache weite Hose und ein Hemd, schlicht aber sauber und trocken. Ein letztes mal nickte der junge Mann Erestor zu. „Eine gute Nacht wünsche ich Euch! Schlaft tief und erholsam!"Mit diesen Worten entfernte er sich.
Erestor musste seine letzte Kraft aufwenden um seine tropfnassen Kleider auszuziehen und die trockenen anzulegen. Immer wieder fielen ihm die Augen zu, seltsam genug, dachte er bei sich, wo Elben doch mit offenen Augen schlafen!
Kurz bevor er bewusstlos wurde, schaffte er es, sich auf die Matratze fallen zu lassen und die Decke über sich zu ziehen.
Einige Stunden später schlich eine Gestalt durch die inzwischen dunkle Hütte, stellte eine Öllampe ins Fenster und begann, Zeichen zu geben.
TBC
