Be thou my vision

Disclaimer: Alles gehört Herrn Tolkien, nichts mir!

jennyarwen: ja, du darfst hoffen, der Plot für die nächste Geschichte ist in regem Entstehen. Ich liebe sie schon jetzt!

Gruss: Dieses Kapitel ist für Cynthia, die heute vor über tausend Menschen „The Rose"sang. Es war so ergreifend, dass es mich drängte, mich an dieses Kapitel zu setzen.

all: Heute mal ein bisschen Kürzer, sonst hätte ich die lieben Cliffies nicht so schön einbauen können harrrrrr

Kapitel 14: Glorfindels Aufbruch

Glorfindel wollte nichts dem Zufall überlassen und packte mit Bedacht. Sollte er sein Pferd mitnehmen? Nein, entschied er, denn alle anderen Pferde waren noch im Stall, was bedeutete, dass Erestor zu Fuß geflohen sein musste. Ach, wie ihn das Wort geflohen schmerzte!

Noch einmal begutachte er den Inhalt des Rucksackes, den er sich geschnürt hatte. Lembas war dort, etwas Miruvor, Feuerstein, ein paar Verbände und blutstillende Kräuter, auch ein Wasserschlauch lag bereit.

Zuletzt kleidete sich Glorfindel in einen robusten warmen Mantel, schnallte seine Waffen um und band ein großes, dickes Fell an sein Gepäck. Er atmete tief durch: was würde ihn da draußen erwarten? Ein letztes mal ließ er den Blick durch sein Zimmer schweifen. Wie lange würde es dauern, bis er es wieder sähe? Und würde er Erestor mit sich nach Hause bringen? Nach Hause, vielleicht sogar in diese Gemächer?

Ein letztes mal sog er den vertrauten warmen Geruch nach getrockneten Rosen, Lavendel und Vanille ein, der über allem lag, wandte sich dann mit einem Ruck ab und machte sich auf den Weg zu seinem Herrn.

Der Abschied von Elrond war kurz, ernst blickte der Fürst seinen Freund an. Hoffentlich würde er Erestor schnell finden und sicher nach Hause bringen! Die Welt da draußen war keine gute! Est legte Elrond Glorfindel die hand auf die Schulter.

„Ich weiß, du wirst alles tun was in deiner Macht steht!" Sagte der Halbelb.

„Und du wirst das deine dazu beitragen!"Sprach Glorfindel.

Dann wandte er sich ruckartig ab und machte sich auf, das letzte heimelige Haus zu verlassen.

Vor dem Tore angekommen blickte er sich unschlüssig um. Wohin war Erestor gegangen?

Er musste sachlich denken! Woher kam der dunkle Schreiber? Erestor hatte nie darüber gesprochen und jedes Gespräch über seine Vergangenheit tunlichst vermieden. Glorfindel grübelte. Was wusste er von Erestor?

Nun, die blanken Fakten waren, dass er ein ausgezeichnet ausgebildeter Schreiber war, er musste also irgendwo gelernt haben, wo es andere gute Schreiber gab und seine Belesenheit sprach von einem Ort, an welchem es eine reiche Auswahl an Büchern gab. Eine Stadt? Ein Fürstenhof vielleicht?

Was wusste er noch?

Er hatte Erestor damals völlig entkräftet am Rande des Düsterwaldes gefunden und... Düsterwald! Thranduils Palast! Das musste die Lösung sein!

Der Gedanke durchfuhr Glorfindel wie ein Blitz. Das war es! So einfach, so nah war des Rätsels Lösung gewesen, greifbar schier, und doch hatte er sie immer übersehen.

Glorfindel zauderte. Hatte er sie wirklich übersehen? Oder hatte er es nie wissen wollen? Hatte er sich eigentlich jemals gefragt, woher Erestor kam, warum er seine Heimat verlassen hatte und weshalb er so handelte, wie er es tat?

Eine Welle von schuld überrollte den blonden Balrogtöter.

Und er hatte Erestor aufgefordert, dahin zurück zu kehren, wo er herkam!

Aufgeregt drehte er sich um, stürmte zurück auf den Hof, eilte in die Ställe und sattelte Asfaloth. Jetzt wo er wusste, wo sich Erestor befinden musste und keine Spuren mehr zu suchen brauchte, konnte er versuchen Zeit zu gewinnen. Der Düsterwald war keine sichere Gegend und Erestor kein Krieger. Er mochte sich gar nicht vorstellen, wie es ihm nun dort ging, ohne passende Ausrüstung und umgeben von Spinnen und Orks.

Eilig packte Glorfindel sein Gepäck die Satteltaschen um, führte seinen treuen Hengst auf den Hof, saß auf und stob förmlich davon, getrieben von der Angst um seinen geliebten Elben, dem er solches Unrecht getan hatte.

OoOoOoO

Erestor blickte furchtsam in Richtung des Menschen. Was würde er ihm antun?

„Bist du endlich aufgewacht?"Fragte eine süße Stimme. Nur mühsam gewöhnten sich Erestors Augen an das Gegenlicht, in welchem der Mensch stand. Langsam kam der junge Mann auf Erestor zu und kniete neben ihm nieder. Sanft strich eine schmale kühle Hand durch sein Haar und er spürte, wie er sein Herzschlag ein wenig ruhiger wurde.

Sanft war die Stimme des Menschen, als er wieder zu ihm sprach, ganz so, als wolle er ein verängstigtes Tier beruhigen. „Mein Name ist Kalogrenant, wie heißt du?"

Erestor versuchte zu sprechen, doch sein Mund war trocken und sein Hals schmerzhaft rau, sodass er nur ein schwaches Röcheln zustande brachte. Kalogrenant verstand sofort und ging mit raschen aber behutsamen Schritten in eine Ecke des Raumes, stets darauf bedacht, den Elben auf dem Boden nicht noch weiter zu verstören.

Leise nahm er einen irdenen Krug und kehrt mit diesem zu der schwarzhaarigen Gestalt zurück. Vorsichtig reichte der Mensch Erestor das Wasser, welches schrecklich abgestanden schmeckte, jedoch auch seine Schmerzen linderte und ihn belebte.

„Mein Name ist Erestor."Flüsterte der Elb mit einer Stimme, so zart wie das sanfte Rauschen eines milden Sommerregens. Ein Schauer durchrieselte Kalogrenant. Zum einen betörte ihn die Lieblichkeit des Elben vor ihm, zum anderen fürchtete er schon jetzt um dessen Leben. Er kannte seine Herren zur Genüge und wusste, dass sie keine Gnade walten lassen würden.

Wieder begann er sanft durch das Haar des Elben zu streichen, einerseits, weil er spürte, wie sehr dies Erestor beruhigte, zum anderen weil er selber dem Zauber dieses exotischen Wesens schon längst verfallen war und nicht genug von der Weichheit dieses glänzenden schwarzen Haares bekommen konnte.

Erestor fühlte sich völlig verstört. Was war passiert? Und wollte er das wirklich wissen? Angstvolle Ahnungen beschlichen ihn und er spürte einen Kampf in sich toben. Würde er es schaffen, der beherrschte Schreiber zu sein, der er immer war? Oder würde sein altes Selbst die Oberhand gewinnen, der gefühlvolle, leicht zu beindruckende Erestor, der er in Thranduils Palast gewesen war?

Ein kurzer Moment der Schwäche war es, der ihn überwältigte. „Wo bin ich?"Fragte er leise und wunderte sich, wieso er seine Stimme hören konnte, hatte er dies eben nicht nur gedacht?

„Das hier ist eine alte zerfallene Burg."Erklärte Kalogrenant. „Niemand weiß, das diese Kerle hier sind. Niemand wird uns jemals finden. Nur die Männer, die finden uns immer."

„Welche Männer?"Fragte Erestor.

„Sie kommen aus Esgaroth, die meisten jedenfalls."

„Bist du schon lange hier?"In Erestors Kopf war alles dumpf und er wunderte sich, wie es ihm gelang, all diese Fragen zu stellen, doch wusste er, dass die Antworten wichtig waren, denn vielleicht lag in ihnen der Schlüssel zur Flucht.

Der Mensch schüttelte den Kopf. „Nein, noch nicht lange, aber länger als alle anderen. Ich diene den Männern persönlich, sie wollen mich wohl behalten, sonst hätten sie mich schon längst verkauft."

„Verkauft?"

„Sicher, Erestor, was glaubst du, wozu wir hier sind? Die wenigsten von uns werden als Diener verkauft, die meisten müssen,"er stockte. Konnte, nein, durfte er dem Elben diese Wahrheit schon jetzt zumuten? „Die meisten von uns müssen ihnen zu Willen sein."

Erestor schloss die Augen. Nicht das, alles, nur das nicht.

„Vielleicht habe ich Glück?"Murmelte er tonlos.

„Ja... vielleicht."Sagte Kalogrenant, aber er glaubte nicht daran. Nicht nur, das Erestor ein Elb war, er war auch außerordentlich hübsch, nein, die Männer würden ihn niemals nur als Diener verwenden.

„Vielleicht hast du auch Glück und eine alleinstehende Frau kauft dich. Die meisten Frauen sind nicht so grausam."

Erestor wollte es nicht hören, wollte es nicht wissen.

In diesem Moment öffnete sich die Kerkertür und Kalogrenant zuckte ängstlich zusammen und duckte sich, so als ob er Schläge erwarten würde. Erestor wandte den Kopf und sah im Licht der Tür einen bulligen Schatten stehen.

TBC