Kapitel 2 Der Beschützer

Celebnîn stand alleine auf einer großen Lichtung. Tränen liefen über ihre Wangen. Sie sah zum Himmel, dann zum Wald. Sie schloss die Augen. Nicht einen Tag konnte sie mehr alleine sein, nicht einen Tag wollte sie noch alleine im Haus sein und darauf warten, dass Valandil doch noch nach Hause kam, dass es alles eine Verwechslung war und er sie glücklich in seine starken Arme schloss. Sie schluchzte leise. ´Du hast es mir versprochen. Du hast mir versprochen zurück zu kommen

Legolas trat leise auf die Lichtung. Celebnîn stand mit dem Rücken zu ihm. Ihr schwarzer Schleier wehte im Wind und sie sah aus wie ein Schatten. Er ging langsam und vorsichtig näher an sie heran. Sollte er sie wirklich stören? Sie wollte sicher alleine sein. ´Wenn sie in bei einem Gewitter in den Wald geht und ihr etwas passiert wirst du dir das nicht verzeihen Es stimmte, er hatte einen sehr ausgeprägten Beschützerinstinkt. "Es zieht ein Gewitter auf, Ihr solltet besser nach Hause gehen." Langsam wandte sie sich um. Er konnte ihr Gesicht nicht ganz genau sehen, er sah nur, dass es rein und zart war. Die Farbe ihrer Augen konnte er nicht erkennen. "Prinz Legolas, es tut mir Leid, dass ich Euch gestört habe." Ihre Stimme war die eines Engels, aber so leise, dass der Wind sie fasst übertönte. "Unsinn, seid bitte nicht so unterwürfig. Ich hasse es, wenn ich nicht normal mit anderen Leuten reden kann. Außerdem wart Ihr zuerst hier." Sie blickte zu Boden. "Ich gratuliere Euch zum Sieg und wünsche Euch eine schöne Feier." Sie drehte sich um und wollte in den Wald gehen. "Wartet, es beginnt zu regnen, es ist gefährlich im Wald, bei diesem Wetter. Kommt mit mir zum Palast und esst etwas." Sie drehte sich wieder zu ihm. "Nein, ich möchte dort nicht hin, ich möchte nicht feiern und von der Schlacht hören. Diese Schlacht, dieser Krieg hat mir meinen Liebsten genommen. Ohne ihn ist mein Leben nur noch trostlos." "Sprecht nicht so, Celebnîn, Valandil hätte nicht gewollt, dass Ihr seinetwegen zerbrecht." "Woher wisst Ihr...?" "Wenn ihr nicht feiern wollt, gehen wir wo anders hin oder ich bringe Euch nach Hause." Es begann zu schütten und Celebnîns Schleier klebte an ihr. Sie nahm ihn ab. Endlich konnte er ihr Gesicht sehen und damit ihren ganzen Schmerz. Es traf ihn wie ein Messerstich. Die blauen, glasklaren Augen waren gefüllt mit Trauer, Schmerz und Verzweiflung. Jede ihrer Tränen, die über ihre helle Haut glitt, glich einem fallenden Diamanten und schien so kostbar, dass jede einzelne aufgefangen werden musste. Sie war so zierlich und zart, dass sie gleich zu zerbrechen drohte, ihr Körper schien schwach und dem Zusammenbruch nahe. Ihre Augen, der Spiegel der Seele, waren voller Trauer und Hilflosigkeit. Sie sah ihm in die Augen. Ihr Blick, zwang ihn fast in die Knie, noch nie hatte er jemanden so voller Trauer und Schmerz gesehen. Ihre leise Stimme bebte vor Schmerz. "Danke, aber ich möchte alleine sein." Sie ging in den Wald. Legolas sah hoch und konnte einen Blitz sehen. Celebnîn erweckte den Beschützerinstinkt in ihm. Er konnte sie doch jetzt nicht in den Wald gehen lassen, nicht in diesem Zustand, nicht bei diesem Wetter.

Celebnîn schritt unter den Bäumen hindurch. Ihr Kleid schleifte am Boden. Sie war völlig durchnässt, aber das war ihr gleichgültig. Sie konnte das Grollen des Donners hören und der Himmel wurde manchmal von Blitzen erhellt. Sie verdrängte das Donnergeräusch und das Licht der Blitze und hörte nur mehr den Regen. Die Wassertropfen vermischten sich mit ihren Tränen. Es schien fast so, als würde der Himmel mit ihr weinen. Valandil würde mit ihr schimpfen, wüsste er, dass sie bei einem Gewitter alleine in den Wald ging. Er würde ihr eine Woche vorhalten, dass er sich immer Sorgen um sie machen musste und dass sie nirgends alleine hingehen könnte, ohne dass sie sich selbst in Gefahr begibt. Wieso hast du es mir versprochen wenn du wusstest, dass du es nicht einhalten kannst? Wieso lässt du mich alleine, wieso hast du nicht auf mich gehört, Valandil? Wieso bist du nicht bei mir geblieben? Plötzlich packte sie jemand am Arm und zog sie zurück. Knapp vor ihr schlug ein Baum am Boden auf.

Legolas hielt Celebnîns Arm fest. Sie begann zu zittern. Sie drehte sich zu ihm um und sah ihn fassungslos an. Jetzt zitterte ihr ganzer Körper und er nahm seinen Umhang, der wenigstens noch halbwegs trocken war und legte ihn um ihre Schultern. Sie sah ihm in die Augen, ihr Blick war geschockt. Plötzlich sank sie halb zu Boden, aber er zog sie hoch, bevor sie den Boden berührte und stellte sie wieder gerade hin. Sie war ganz blass. "Ihr müsst dringend essen." Er legte ihren Arm über seine Schultern und seinen Arm um ihre Hüfte um sie zu stützen und führte sie aus dem Wald.

Celebnîn saß mit einer Decke um die Schultern auf Legolas´ Bett in seinem Zimmer und sah sich um. Es war sehr groß. Im Kamin prasselte ein wärmendes Feuer und an den Wänden hingen viele Bilder von ehemaligen Königen und Königinnen. Legolas hatte sie gefragt ob sie lieber hierher wollte als zum Fest, sie hatte zugestimmt, aber eigentlich wollte sie alleine sein, ganz alleine, nur konnte sie einem Prinzen nicht einfach sagen, dass sie seine Gesellschaft nicht wünschte besonders nachdem er sie im Wald gerettet hatte. Sie hätte sich allerdings gewünscht der Baum hätte sie unter sich begraben, dann würde sie diese Schmerzen nicht mehr erleiden müssen. Legolas brachte ihr heißen Tee. "Trinkt, das wird Euch aufwärmen." Sie nahm den Tee und machte einen kleinen Schluck sie wollte nichts trinken, dann reichte er ihr Brot. "Nein, danke." Essen wollte sie noch weniger. "Ihr müsst essen sonst brecht Ihr zusammen." Sie sah in seine Augen und konnte Besorgnis sehen, genauso wie sie es immer in Valandils Augen sah. Seufzend nahm sie das Brot und machte einen winzigen Bissen, so klein, dass sie das Stück nichtmal spürte. "Wenn das Gewitter vorüber ist werde ich Euch nach Hause bringen. Jetzt zieht Euch erstmal das nasse Kleid aus und nehmt ein Bad. Ich habe Euch trockene Sachen bringen lassen." Er gab ihr ein dunkelblaues Kleid in die Hände. "Danke, aber ich behalte lieber meines an." "Seid nicht so stur. Ihr werdet doch krank." Sie lächelte, ...krank selbst wenn sie krank werden könnte wäre es ihr egal.

Endlich konnte Legolas ein sehr leichtes und kurzes Lächeln auf Celebnîns Lippen erkennen. Es machte sie noch hübscher. "Ich kann doch gar nicht krank werden." "Oh doch, in diesem Zustand der Trauer könnt Ihr es." "Aber das Kleid ist blau, ich trage nur noch schwarz." "Es ist dunkelblau. Außerdem müsst Ihr nicht schwarz tragen, damit man erkennt, dass Ihr trauert. Nehmt das Bad. Ich werde inzwischen meinen Vater begrüßen." Er ging hinaus und ließ sie alleine.

Celebnîn betrachtete das blaue Kleid. Ich hasse es, ich will keine Farbe an mir sehen, nichtmal dunkelblau.´ Sie hätte es auch liegen gelassen, wäre ihr schwarzes Kleid nicht völlig durchnässt und dadurch auch noch schwer. Sie würde das Bad nehmen dieses blaue Kleid anziehen und hoffen, dass das Gewitter schnell vorüber war.