Kapitel 5 Konkurrenz
Es waren jetzt schon drei Wochen vergangen, seitdem Legolas Celebnîn kennen gelernt hatte. Er hatte fast jeden Tag etwas mit ihr unternommen und es schien als würde sie ihn langsam an sich heranlassen. Das freute ihn natürlich sehr. Er hatte sie lange nicht mehr weinen gesehen, was eigentlich ein gutes Zeichen war, aber er machte sich Sorgen, denn sie zeigte jetzt kaum Gefühle. Nur sehr selten konnte er ein Lächeln auf ihren Lippen sehen, sie nahm alles hin ohne Wut, Trauer oder Freude zu zeigen. Manchmal wollte er sie wieder abholen, um mit ihr zum Beispiel auf den Markt zu gehen und sie war nicht da. Er fragte sich dann immer, wo sie sein konnte, aber er freute sich auch darüber, denn dadurch wusste er, dass sie auch alleine außer Haus ging. Sie aß immer noch kaum, er musste sie praktisch dazu zwingen und selbst dann aß sie nur sehr wenig. Sie schien auch nichts mehr gegen seine Anwesenheit zu haben und es zu dulden, dass er sie ständig aus dem Haus lockte. Bereitwillig war sie mit ihm ausgeritten oder spazieren gegangen, nur in die Stadt wollte sie noch nicht. Immer wenn er mit ihr zum Schloss oder auf den Markt wollte lehnte sie ab und schlug vor in den Wald zu gehen. Aber bald würde sie sich auch wieder unter Menschen begeben, das wusste er genau, er durfte sie nur nicht dazu drängen.
Legolas kam gerade von einem Besuch bei ihr zurück. Er hatte sie immerhin auch schon dazu gebracht wieder Licht in die Räume zu lassen.
Er
stieg von seinem Pferd und brachte es zum Stall, danach ging er auf
den Markt und sah sich ein wenig um. Plötzlich wurde er von
hinten gestoßen und landete mit einem Aufschrei auf dem Boden.
Als er sich auf den Rücken drehte sah er Arod lachend über
sich. "Du bist unvorsichtig geworden, Legolas." Er streckte
ihm die Hand hin und half ihm auf. Legolas lachte. "Arod, was
machst du denn hier?" "Ich wollte dich mal besuchen kommen,
mein Freund." Arod lebte eigentlich in der Nähe von
Bruchtal. Er hatte eine eigene kleine Elbenstadt gegründet, die
sich Calentawar nannte, was Grünwald bedeutete. Sie kannten sich
schon seit sie 10 Jahre alt waren. "Noch immer nicht König,
Legolas? Wird wohl langsam Zeit, ich bin schon seit 400 Jahren König
meiner Stadt." Legolas lächelte, sie waren immer schon im
Konkurrenzkampf gewesen, aber immer nur freundschaftlich. "Nun
ja, ist eben nicht so einfach ein Reich zu übernehmen, man muss
eben die Ausbildung erst genießen und dann kommt noch dazu,
dass ich nebenbei Mittelerde gerettet habe." "Oh ja, das
habe ich schon gehört, du hast dich mit einem Zwerg befreundet."
Arod grinste. "Ja und ich bin froh ihn als Freund zu haben."
"Wie dem auch sei. Möchtest du mir nicht dein zukünftiges
Reich zeigen? Ich war schon lange nicht mehr hier, es hat sich sicher
einiges geändert."
Legolas zeigte Arod den Palast und
seine Gärten, als Arod dann darauf bestand auch einmal wieder
durch den Wald zu streifen, machten sie einen Ausritt.
Nach
einer Stunde Reitens durch den Wald kamen sie auf eine weite
Graßlandschaft. "Komm schon Legolas, machen wir ein
Wettrennen, wer zuerst bei dem Baum dahinten ist. Ich möchte
wissen, ob du noch immer das Zeug dazu hast mit mir mitzuhalten."
"Gerne, du wirst sehen, wer hier von uns beiden der wahre
Gewinner ist." Sie machten sich bereit. "Achtung, fertig,
los!" Die Pferde preschten los und Legolas musste sich
eingestehen, das Arod den besseren Start gehabt hatte, denn er war
sofort um eine Armlänge vor ihm. Aber sein Pferd war schnell und
Legolas war ein ausgezeichneter Reiter. Nach kurzer Zeit hatte er
Arod wieder eingeholt und sie ritten Kopf an Kopf. Der Baum kam immer
näher aber keiner konnte die Führung übernehmen. Sie
waren genau gleich schnell. Schließlich wurde es ein
Unentschieden. "Tja Legolas, du hast dich gebessert, sonst war
ich immer der Schnellere." Arod grinste provozierend. "Du
täuschst dich, du hast immer meinen Rücken betrachten
können." Arod lachte. "In deinen Träumen!"
Sie
setzten sich unter den großen Baum, der einsam in der
Landschaft stand und ihnen Schatten spendete. Legolas döste fast
ein, als Arod ihn aufweckte, worüber er nicht gerade erfreut
war. "Legolas, wer ist diese bezaubernde Reiterin dort vorne?"
Legolas stand auf. In großer Entfernung sah er eine Elbin auf
einem schwarzen Ross. Sie war schwarz gekleidet und Legolas erkannte
sie sofort. "Das ist Celebnîn. Ich frage mich was sie hier
macht." "Wieso? Darf sie nicht ausreiten?" "Nein,
so meine ich das nicht. Normalerweise geht sie kaum außer
Haus."
Celebnîn erblickte Legolas und einen anderen
Elben und ritt auf sie zu. Sie würde sich kurz vorstellen und
dann wieder alleine weiter reiten, diesmal würde sie sich nicht
wieder von Legolas überreden lassen zu bleiben oder mit ihnen zu
reiten. Sie blieb vor ihnen stehen. "Hallo Legolas."
Legolas
freute sich, dass sie zu ihnen gekommen war, aber ihr Blick war wie
sonst ziemlich ausdruckslos. "Celebnîn, was mach Ihr
hier?" "Elen brauchte etwas Auslauf. Sie war sehr unruhig."
Sie sah Arod ein wenig interessiert an. Legolas hatte ganz vergessen,
die beiden vorzustellen. "Arod, das ist Celebnîn,
Celebnîn, das ist mein Freund Arod. Er ist König von
Calenwantar, Ihr werdet die Stadt wahrscheinlich nicht kennen."
"Doch, ich kenne sie, ich war vor vielen Jahren für einen
Tag dort. Ich war gerade mit meinen Eltern auf der Durchreise nach
Bruchtal. Es ist mir eine Ehre Euch kennen zu lernen, König
Arod." Trotzdem zeigte sie kein Anzeichen für Freude, aber
für Hochachtung. Arod grinste Legolas kurz triumphierend an.
"Mir ist es eine Ehre, Celebnîn. Siehst du Legolas, meine
Stadt ist nicht so unbekannt wie du glaubst." Arod sah zu
Celebnîn auf, die noch auf dem Pferd saß, nahm ihre Hand
und küsste sie. Legolas sah das nicht gerne, irgendetwas störte
ihn an dieser Geste. Zum Glück blieb Celebnîn nicht lange
genug, dass Arod mit sie weiter umgarnen konnte. "Ich muss jetzt
wieder nach Hause. Hat mich gefreut, König Arod." Dann
galoppierte sie davon.
Sie waren zurück bei den Ställen und brachten ihre Pferde in die Boxen. Arod hatte seltsamer Weise kaum geredet, das war nicht seine Art. ´Was hat er wohl jetzt wieder im Sinn? Als sie hinter dem Palast auf dem Friedhof waren, begann er endlich wieder zu reden. "Lagolas, ist Celebnîn vermählt?" Diese Frage machte Legolas stutzig. "Nein." Warum wollte er das wissen? "Verlobt?" "Nein." "Seid ihr zusammen?" "Nein, wieso?" "Dann wird es dich nicht stören, wenn ich sie bitte mit mir nach Calenwantar zu kommen." Das machte Legolas allerdings wütend. "Hör mal zu Arod, erstens hast du sie gerade mal fünf Minuten gesehen, zweitens ist sie keine Trophäe, die du mir wegschnappen kannst, wie du es früher mit Lána getan hast und drittens ist gerade ihr Verlobter gestorben, also lass sie in Ruhe!" "Ihr Verlobter?" "Ja, ihr Verlobter. Das hier ist sein Grab." Legolas zeigte auf Valandils Grabstein. "Brichst du ihr das Herz, stirbt sie möglicher Weise daran. Ich hab gesehen, wie verletzt sie war und ich habe ihr geholfen ein wenig ihrer Trauer zu verarbeiten." Arod lachte. "Deshalb ist sie nicht dein Eigentum." Arod konnte ihn manchmal so wütend machen. "Arod, das ist kein Spiel, bei aller Freundschaft, ich lasse nicht zu das du sie verletzt." Arod sah ihn empört an. "Wie sprichst du mit mir? Mit einem König? Ich verlange Respekt!" Damit kam er immer wenn sie stritten. "Arod, ich warne dich, lass sie in Ruhe!" Jetzt wurde auch Arod wütend. "Es reicht Legolas! Ich bin als dein Freund gekommen, aber jetzt sehe ich, dass du mich nicht so siehst. Dann komme ich eben als König und verlange die entsprechende Behandlung!" Wütend verschwand Arod im Palast. Legolas war froh ihn los zu sein. Wahrscheinlich würde er bald abreisen. Kurz vor der Abreise würden sie sich wieder vertragen, das war immer so.
