Kapitel 11 Das Wiedersehen

Stürmisch rannte Legolas zurück zum Hauptplatz.

Er kochte vor Wut auf Arod und war so in Rachegedanken versunken, dass er nicht merkte, dass er beinahe in eine junge Elbin lief. Sie sah ein wenig erschrocken aus und Legolas sah sie entschuldigend an. Irgendwie kam sie ihm bekannt vor.

"Tut mir Leid, ich habe Euch übersehen." Sie lächelte. "Früher hast du mich nie übersehen, Legolas." Er sah sie verwundert an, sie kannte ihn? "Erkennst du mich denn nicht mehr? Ich bin es, Lána."

Da fiel es ihm wieder ein, dieses Lächeln kannte er doch. Es war schon zweihundert Jahre her, da war er in sie verliebt und sie zeigte auch eine große Zuneigung für ihn. Er führte sie öfters aus und verlor sich oft in ihren Augen.

Sie waren glücklich und gerade dabei gewesen eine Beziehung aufzubauen, doch dann kam Arod. Er umschmeichelte Lána mit vielen Komplimenten und schenkte ihr die schönsten Geschenke, alles nur weil er Lána Legolas wegschnappen wollte.

Er blieb extra lange im Düsterwald, bis er Lána überreden konnte mit ihm nach Calentawar zu kommen, Legolas hatte sie verloren.

Er hatte das Arod nie ganz verziehen und das war wohl auch der Grund weshalb er Celebnîn unbedingt wiederholen wollte. Er hatte Lána einfach gehen lassen, das wollte er bei Celebnîn nicht tun.

Doch sie sah so anders aus. Sie wirkte traurig und bedrückt. Ihr blondes, früher wallendes Haar hing jetzt nur noch schlaff an ihr herunter. Ihre Augen verbargen ein trauriges Geheimnis, ihr Gesicht wirkte nicht mehr so fröhlich wie früher. "Verzeih mir, natürlich habe ich dich nicht vergessen, du hast dich nur sehr verändert. Du wirkst so bedrückt." Ihr Lächeln verschwand. "Weißt du, einige Ereignisse haben dazu geführt."

Er sah sie besorgt an, doch sie schien nicht darüber reden zu wollen, also ging er zu einem anderen Thema über. "Und was tust du hier in Bruchtal? Ich dachte du wärst in Calentawar, bei Arod." Doch auch dieses Thema schien ein falsches zu sein. "Arod ist dort nicht so wie du ihn kennst... Aber was führt dich nach Bruchtal?" Legolas seufzte. "Ich wollte jemanden folgen. Ihr Name ist Celebnîn und ich liebe sie. Aber sie ist nicht hier, ich glaube Arod hat sie überredet mit ihm nach Calentawar zu gehen, wie er es mit dir getan hat." Ein Hauch von Angst schien durch Lánas Körper zu fahren, doch sie versuchte es zu verbergen. Aber ihre Worte klangen ernst und warnend. "Legolas, du solltest dich beeilen und sie von dort fort bringen, so schnell es geht." "Weshalb?" Er hatte das natürlich vor aber wieso wollte sie, dass er Celebnîn holte? "Ich... sie will, dass du sie von dort fort bringst, glaub mir." Er verstand noch immer nicht was sie meinte, aber er nickte.

Ein Diener brachte sein Pferd. Er stieg auf und nahm Lánas Hand. "Es tut mir Leid, ich hätte auch dir folgen sollen... Leb wohl." Sie lächelte traurig und als er fortritt flüsterte sie so leise, dass er es kaum noch hören konnte, "Ja, ich wünschte du hättest es getan."

Der Ritt nach Calantawar schien ewig zu dauern. Und Legolas ritt die Nacht durch.

Eigentlich war die Stadt nur sechs Reitstunden von Bruchtral entfernt, aber für Legolas schienen es Wochen zu sein. Und noch dazu war er in dieser Zeit mit seinen Gedanken alleine. Er musste ständig an Arod und Celebnîn denken. Hatte er sie bereits verführt? Oder war sie auch zu ihm abweisend? Und hatte Lánas seltsames Verhalten etwas mit Arod zu tun?

Vielleicht hatte er sie sehr stark verletzt, als sie merkte, dass er nur als Trophäe sah. Aber konnte sie das so sehr verletzen, dass sich ihr Aussehen veränderte? Sie war doch früher immer so stark und selbstbewusst gewesen, jetzt schien sie eher unsicher und schüchtern.

Endlich konnte er die Tore Calentawars sehen. Die Elbenstadt stand in Mitten eines Nadelwaldes. Sie war in etwa halb so groß wie seine Stadt und umgeben von einer großen Stadtmauer, was für Elbenreiche sehr unüblich war.

Die starke, hohe Mauer schien kalt und abweisend, sie hatte überhaupt nichts von der Schönheit der Elbenbauten und war jedem elbischen Besucher nur ein Dorn im Auge.

Die großen Tore standen offen und Legolas ritt hindurch.

Die Stadt schien der im Düsterwald nachgebaut worden zu sein, jedoch hatte sie nichts von ihrer Würde und Ausstrahlung.

In der Mitte stand ein großes, protziges Schloss, dass ebenfalls dem Legolas´ Vaters ähnlich schien, nur noch größer und irgendwie kahler und kälter. Es sah nicht sehr einladend aus.

Legolas ritt darauf zu, seine Wut stieg in ihm hoch und ihm wurde heiß.

Irgendwo da drinnen, in diesen übertriebenen Schloss war Celebnîn.

Er übergab sein Pferd einen ängstlich aussehenden Diener und schritt in das Schloss.

In den Augen der Leute die dort arbeiteten und durch die Gänge huschten sah Legolas ein wenig Angst, was war mit ihnen? Wollten sie keinen Besuch? Waren sie eingeschüchtert weil er ein Prinz war. Aber wahrscheinlich erkannten sie ihn nicht einmal.

Legolas zügelte seine Wut ein wenig um eine Dienerin höflich nach dem Aufenthaltsort Arods zu fragen. Die etwas nervös wirkende junge Frau wies ihm auf den Thronsaal, der am Ende des langen Ganges lag.

Legolas hastete den Gang entlang zu dem großen Tor. Dann blieb er stehen. Er wollte sich ein wenig abregen um nicht verzweifelt zu wirken. Schließlich stieß er das Tor auf, sodass es an die Wand knallte und trat ein.

Arod, der gerade mit einem hageren, listig wirkenden Mann redete sah verwundert auf. Dann lächelte er, wobei sein Lächeln etwas triumphierendes und auch bösartiges in sich hatte. Er schickte den hageren Mann mit einer Handbewegung fort.

"Legolas! Was führt dich in mein Reich?" Legolas atmete schwer vor Wut. "Wo ist Celebnîn?!" Arod täuschte Verwunderung vor, doch sein Lächeln wurde nur noch breiter. "Du willst Celebnîn sehen?" "Ja, also sag mir wo sie ist!" "Und ich schätze du willst sie auch mitnehmen?" "Ja das will ich!" "Das würde mir aber nicht gefallen." Arod klang ruhig und schien das richtig zu genießen.

"Es ist völlig unwichtig was du denkst! Wenn sie gehen will dann kannst du nichts dagegen tun!" Arods Grinsen wurde immer breiter. "Nun gut, nimm sie mit, ich hab sowieso was ich wollte und ich weiß ich werde sie wieder sehen. Sie ist in ihrem Zimmer, drei Türen weiter." Legolas hatte zwar nicht verstanden was Arod mit "ich hab sowieso was ich wollte" meinte, aber es war ihm jetzt gleichgültig.

Er lief aus dem Thronsaal und stürzte ohne zu klopfen in das Zimmer. Mitten im nicht allzu großem, kahlem Zimmer stand ein großes Bett. Darauf lag Celebnîn. Sie schreckte hoch als Legolas ins Zimmer brach und sah ihn für einige Sekunden geschockt an.

Legolas konnte deutlich sehen, dass sie geweint hatte. Er schloss die Tür hinter sich und ging langsam auf sie zu. "Celebnîn..." Doch weiter kam er nicht, denn sie stürzte auf ihn zu und fiel ihm in die Arme. Sie schluchzte bitterlich und ihre Tränen benetzten Legolas´ Hemd. Sie zitterte am ganzen Körper und Legolas musste sie stützen, damit sie nicht zu Boden sank. "Celebnîn, was ist denn nur passiert?" Sie zitterte noch stärker. "Ich bin so froh, dass du hier bist." Dann ließ sie von ihm ab. "Kannst du mich von hier fort bringen? Bitte..." Noch immer glitten Tränen ihre zarten Wangen hinab.