Kapitel 5
Es war einmal ein Junge mit Namen Duo Maxwell, der niemals besonders gut in all den kindlichen Dingen war. Wenn andere Kinder 'Verstecken' spielten, dann spielte er 'Scharfschütze'. Wenn die anderen Kinder mit ihrem GameBoy spielten, dann war er mit seinem Vater im Wald unterwegs um Essen auf den Tisch zu schaffen. Zu dem Zeitpunkt als er das College beendete hatte er mehrere schwarze Gürtel, fand ungeheuren Gefallen daran Streit mit Idioten anzufangen und war sehr daran interessiert, einen Job zu finden, wo er seinen Lebensunterhalt damit verdienen konnte, indem er in Prügeleien geriet.
Bevor er jedoch der Polizei anschließen konnte wurde er von einem Mann namens Nicholas Jekell rekrutiert, von den meisten nur Dr. J genannt. Dr. J war gerade dabei eine Firma namens Anodyne zu gründen und er wollte eine Menge Leute haben, die seine Firmenaktiva und dadurch seinen kostbaren Gewinn beschützten.
Der niederträchtige Mann bot dem Kleinstadtjungen eine unglaubliche Summe Geld, und da er bis zu den Ohren in Ausbildungsschulden steckte, akzeptierte er das Angebot und arbeitete sich schließlich zum Chef des Sicherheitsdienstes empor.
Abgesehen vom Sicherheitsdienst gab es noch eine Menge anderer gut bezahlter und intelligenter Leute, die bei Anodyne arbeiteten. Einer dieser intelligenten Leute hieß Dr. Chang Wufei, und er war vielleicht sogar der schlaueste von ihnen allen.
Dr. Chang hatte die Idee zu PaceIC, und dann machte er sich daran, es zu entwickeln. Und sobald er es entwickelt und perfektioniert hatte, sagte er dem niederträchtigen Mann, das es fertig war.
Und irgendwann zwischen dem Moment als Chang Dr. J bescheid sagte und letzten Mittwoch Mittag endete PaceIC irgendwie in Duos Rucksack.
Duo hatte versucht es zurückzubringen, mit dem Ergebnis das er gegen sein eigenes Sicherheitsteam kämpfen und um sein Leben rennen musste.
Duo hatte versucht es zu erklären, nur um übers Telefon von Dr. J gefeuert zu werden, der es außerdem auch noch irgendwie schaffte, den Anruf zurückzuverfolgen und andere böse Männer auf ihn hetzte.
Also rannte Duo davon, aber er wusste nicht wohin. Vielleicht war mehr an PaceIC dran als allgemein bekannt war, warum sonst sollte Dr. J derart ausrasten? Da Dr. J einfach nicht zuhören wollte und weiter miese Männer Duo hinterherschickte war es vielleicht keine so gute Idee, PaceIC zurückzubringen.
Aber die Frage blieb: Was sollte er damit tun? Und wohin sollte er gehen? Und vor allem anderen, warum, warum, warum?
„Du weißt nicht wie es in deinen Rucksack gelangt ist?"
„Keine Ahnung! Verdammt, ich hab nichtmal gewusst das ich es hab bis die Kacke schon am dampfen war."
„Nun, offensichtlich hat es irgendjemand in deine Sachen geschmuggelt."
Duo klimperte mit den Wimpern. „Oh, Heero, du bist so stark und schlau! DANKE! Denn ich bin sicherlich noch nicht von selbst darauf gekommen oder sowas in der Art."
Heero ignorierte ihn. „Aber warum?"
„Könntest du dich jetzt endlich anziehen?"
„Hm?" Heero fuhr mit seiner Hand durch sein nahezu trockenes Haar und blinzelte Duo an. „Oh, stimmt. Gute Idee."
VERDAMMT gute Idee. Wenn Heero weiter in diesem dummen kleinen Handtuch herumspazieren würde, dann fürchtete Duo, das er anfangen würde zu sabbern.
Abwesend zog Heero das Handtuch weg als er in das Schlafzimmer marschierte und Duo erhaschte einen kurzen, atemberaubenden Blick auf dessen wirklich fantastischen Hintern – runde, knackige Hügel, Haut von der Farbe von Kaffee mit viel, viel Milch – lebte der Kerl etwa in einem Bräunungsstudio?
„Weißt du wer Zugang zu PaceIC hatte?" rief Heero aus dem Nebenzimmer. „Und wer hätte ein Motiv es dir unterzujubeln?"
„Häh? Oh. Richtig. Ähm, Wufei Chang ist die einzige Person die mir einfällt, die PaceIC aus dem Labor entfernen kann, ohne eine Milliarde von Formularen ausfüllen und Millionen von Fragen beantworten muss," antwortete Duo, froh das Heero nicht sehen konnte, wie er rot anlief. ‚Verdammt, was für ein toller Hintern!'
„Er ist der Chef von BioSecurity – sozusagen der Geldscheißer von Anodyne. Aber er ist so ein kalter Fisch – warum sollte er es MIR geben? Ich meine, nur um Ärger zu verursachen? Das macht keinen Sinn."
Heero kam zurück ins Wohnzimmer, bekleidet mit dunkelroten Boxershorts – hatte der Kerl etwa eine seidene Boxershorts Sammlung? – und einem T-Shirt. Sein Haar hing verführerisch unordentlich in sein Gesicht und Duo musste sich auf seine Hände setzen damit er nicht aufstehen und seine Finger darin vergraben konnte.
„Vielleicht wollte er es beschützen?"
„Ich wiederhole, das macht keinen Sinn. Er arbeitet für Anodyne, er entwickelt Zeug für Anodyne. Also warum sollte er es in der letzten Sekunde von Anodyne wegnehmen?"
„Es würde vielleicht helfen ein Motiv zu finden, wenn du mir erzählst, was PaceIC überhaupt ist."
„Oh richtig. Hab den Teil wohl weggelassen, was? Nun, du weißt doch wie ein Schrittmacher arbeitet."
„Lass uns mal so tun als wüsste ich es nicht."
„Naturwissenschaften in der Schule geschwänzt, hm, hübscher Junge? Ok. Was sogar du wissen musst, bei manchen Leuten arbeitet das Herz nicht mehr ganz wie es soll. Wie zum Beispiel dieser Kerl, John Hopps –"
„Arbeitet er für Anodyne?"
„Äh, nein, er starb 1998. Er erfand den ersten Herzschrittmacher – was eine wirklich gute Sache war, da er selbst zwei Stück davon benötigte bevor er starb. Jedenfalls, der Schrittmacher ist ein Minicomputer, der durch einen chirurgischen Eingriff in deinen Brustkorb implantiert wird und dort dann deinen Herzschlag mit elektronischen Impulsen reguliert, richtig?"
„PaceIC," forderte Heero ihn auf.
„Dazu komm ich gleich, Captain Ungeduldig. Jedenfalls diese Erfindung – wohl eine der wichtigsten Erfindungen des Zwanzigstens Jahrhunderts –"
„Sicher, das seh ich ein." Heero lief auf und ab, was wirklich faszinierend war zu beobachten – und nur etwas weniger ablenkend als ihn nur in einem Handtuch zu betrachten. Er streifte vor einem der drei Fernseher der Suite umher und fügte hinzu, „Zwei meiner Onkel brauchten Schrittmacher."
„Hunderttausende von Menschen brauchen sie," nickte Duo. „Es ist eine Multimilliardendollar Industrie. Und dieser wirklich schlaue Kerl in der Arbeit, Dr. Chang – er macht das New York Times Kreuzworträtsel mit Kugelschreiber, kannst du das glauben? Jedenfalls, er hat sich eine Methode ausgedacht, um die Schrittmacher zu ersetzen. Er entwickelte modifizierte Zellen, die man direkt ins Herz injizieren kann. Diese Zellen machen dann die Arbeit des Schrittmachers."
„Sag das noch mal. Langsamer."
„Welches. Wort. Hast. Du. Nicht. Verstanden? Schau mal, statt einer gefährlichen Operation und einem klobigen Stück Plastik in deinem Brustkorb, stell dir vor, der Arzt gibt dir einfach eine Spritze und tadaa! Dein Herz ist repariert. Für immer."
Heero starrte ihn einen langen Moment lang an. „Heilige Scheiße."
„Du sagst es."
„Sicherlich eine den einen oder anderen Cent wert."
„Eher einige Milliarden davon."
„Und was eine Person-die-noch-benannt-werden-muss in deinen Rucksack gesteckt hat war –"
„Eine Phiole mit PaceIC Zellen."
„Heilige Scheiße!"
„Du wiederholst dich." Duo grinste. Es war aber auch zu lustig Heero so erschüttert zu sehen. Er war sonst immer so zum verrückt werden kühl und beherrscht. „Aber yeah, es ist ne wirklich große Sache. Und ich hab es. Und ich will verdammt sein wenn ich weiß was ich damit anfangen soll."
„Und du denkst diese Chang Person hat es dir vielleicht untergejubelt?"
„Er ist einer von zwei Leuten in der ganzen Firma der es getan haben könnte."
„Der andere wäre Dr. J."
„Richtig."
„Aber warum?"
„Genau. Was hat er vor? Wenn es überhaupt er gewesen ist. Wenn nicht, was hat dann J vor? Und warum dreht er dann fast durch um mich zurückzubekommen? Ich meine, da muss doch mehr dahinter stecken."
„Sicher."
„Ich meine, du kannst mir nicht erzählen, das es keine anderen Spuren von Dr. Changs Forschung gibt – Notizen, Computer Dateien, Sicherheitskopien!"
„Du hast recht mit allem was du sagst. Was die Frage – die Warum-Frage – umso interessanter macht." Heero lief eine Weile schweigend umher.
„Ist es überhaupt sicher in deinem Rucksack?" fragte er auf einmal. „Das PaceIC Zeug?"
„Klar, es kann kühl gelagert werden oder bei Zimmertemperatur, es darf nur nicht heiß werden."
„Gibt es noch andere Phiolen mit PaceIC im Labor?"
Duo zuckte mit den Schultern. „Ich gehör zur Sicherheit, nicht zur Inventarabteilung. Ich meine, ich gehörte zur Sicherheit."
„Der Grund warum ich frage – Chang könnte jederzeit mehr davon machen, oder? Also warum sind sie derart hinter dir her? Und noch dazu so schnell?"
„Noch einmal: Ich habe keine Ahnung. Ich bin nicht Hirn, ich bin Muskeln. Außer das J nicht will, das PaceIC in nächster Zeit auf den Markt kommt. Aber das ist Schwachsinn. Er kann kein Geld damit verdienen solang Leute es nicht bekommen können. Die FDA wird es wahrscheinlich irgendwann demnächst freigeben." (1)
„Davon ausgehend, das die FDA überhaupt davon weiß."
„Nun, klar wissen sie davon," sagte Duo verwirrt. „Sie müssen. Die ganze Firma weiß das sie PaceIC überprüfen."
„Die ganze Firma weiß das woher?"
„Naja, Dr. J hat – oh."
Sie saßen für einen Moment still da. Die Stille wurde durch ein Klopfen an der Tür unterbrochen, das Duo erschrocken aufspringen ließ.
„Beruhig dich," sagte Heero. „Du siehst aus als würdest du jeden Moment aus dem Fenster springen. Schon wieder. Es ist entweder der Zimmerservice oder deine Kleidung." Er lief durch den Raum, schaute durch den Türspion und schwang die Tür weit auf. „Mittagessen ist serviert! Schon wieder."
Nachdem die Kellnerin ihr Trinkgeld erhalten und das Zimmer verlassen hatte – nicht ohne, wie Duo bemerkte, so sehr mit Heero zu flirten, das sie praktisch dessen Schwanz statt seine Hand geschüttelt hatte – machte Duo kurzen Prozess mit dem Hamburger und den Pommes. Heero lief auf und ab.
„Das kann auf die Nerven gehen," kommentierte Duo und beobachtete Heero.
„Hilft mir zu denken. Du hast Ketchup auf deiner Lippe." Heero hielt an, beugte sich hinab und küsste es weg. „PaceIC, PaceIC..."
„Ich werde jetzt ne Dusche nehmen." Duo wischte sich das Burgerfett von den Lippen und stand auf. „Ich kann immer noch die Bernaise in meinen Haaren riechen. Und meine Klamotten sind auch noch nicht hier. Würde es dir viel ausmachen dich anzuziehen und mal runterzugehen, um nachzuschauen was so lang braucht?"
„Klar. Geh nicht weg," sagte Heero mit gespielter Strenge.
„Keine Sorge. Nichts könnte mich in diese Klamotten zurückbringen; ich trage sie seit zwei Tagen."
„Was mich daran erinnert, wo hast du seit Mittwoch geschlafen?"
„Wer sagt denn," Duo seufzte, „das ich geschlafen hab?"
„Armes Baby," sagte Heero mitfühlend. Er küsste Duo auf die Stirn und ging sich anziehen.
Duo kuschelte sich in den Hotelbademantel – er könnte sich wirklich daran gewöhnen, im Hotel zu leben – und warf sich vor einem der Fernseher aufs Sofa. Heero ließ sich wirklich Zeit damit seine Kleidung zu holen. Wahrscheinlich deckte er sich mit einer Familienpackung Kondome ein. Der Gedanke ließ Duo laut auflachen.
Er hörte das leise Klingeln eines Handys und blickte suchend durch den Raum. Heero hatte sein Handy auf dem Nachtkästchen liegen gelassen, gleich neben seinem Geldscheinclip. Duo warf Heeros Geldbeutel neben den Clip und ging ans Telefon.
„Hal-" Er musste plötzlich husten – verdammter Hustenreiz! Der kam immer im unpassendsten Moment.
„Gott, Yuy, du klingst echt scheiße. Hast du dich erkältet oder was?"
Duo ließ beinahe das Telefon fallen. Trowa Barton! Er musste die Stimme ja kennen – er hatte ihn schließlich selbst eingestellt. Er war ein absolut skrupelloser privater Ermittler der sämtliche Background Checks für Anodyne übernahm.
Duo sagte, „Mmmph," und versuchte möglichst wie Heero zu klingen.
„Hör mal, wann lieferst du Maxwell ab? Der Boss und ich warten schon den ganzen verdammten Tag."
„Mmmmph?"
„Shit, wir WISSEN dass du ihn hast. In deinem Hotelzimmer." Ein amüsiertes Kichern. „Ich meine, wirklich! Wieviel Zeit brauchst du?"
„Mmmm-hmmm?"
„Oh, steht er etwa grad neben dir? Verstanden. Hör zu, bring ihn einfach raus auf die Straße. Ich übernehme den Rest. Ich meine, ich weiß das er all diesen Kampfsport-Schnickschnack drauf hat, aber wir können ihn einfach mit zahlenmäßiger Übermacht überwältigen. Es sei denn du hast ihn schon völlig erschöpft."
Duo konnte Bartons anzügliches Grinsen förmlich durch das Handy sehen und schauderte.
„Aber es ist wichtig, dass du die Phiole auch mitbringst, verstanden? Bring PaceIC, bring Maxwell, und der Boss hat hier einen Scheck mit deinem Namen drauf, der nur auf dich wartet. Ich sag dir, ich hab noch NIE so viele Nullen auf einem Scheck gesehen."
„Mmmmmmm."
„Und sei kein gieriges Arschloch und erwarte noch mehr Geld," schnappte Barton. „Mann, du bist wie lang an dem Job dran? Einen Tag? Und du hast ihn dir schon geschnappt? Du wirst bezahlt, ganz sicher."
„Hmmph."
„In Ordnung dann. Bis gleich."
Duo legte schnell auf. Dann schnappte er sich Heeros Geldscheinclip, steckte das Geld ein und trug anschließend seinen Geldbeutel zusammen mit dem Handy ins Badezimmer.
Er zog nicht an der Toilettenspülung. Sollte Heero ruhig danach tauchen, wenn er es so dringend zurückhaben wollte.
Duo zog sich so schnell wie möglich an, obwohl seine Finger völlig taub waren. Alles war taub. Heero hatte gelogen. Hatte gelogen und ihn benutzt und alles aus ihm herausbekommen. Und Duo hatte ihm geglaubt. Hatte ihm erlaubt, seine Hände auf ihn zu legen – hatte diese Hände sogar willkommen geheißen.
Jekell hatte Heero Yuy angeheuert um ihn zu finden. Und genau das hatte dieser getan. Und wie ein Trottel, wie eine idiotische Sitcom Heldin, war er in Heeros Arme gesprungen und hatte all seine Ausbildung vergessen. Alles für ein hübsches Gesicht und einen tollen Hintern.
Duo war so wütend das Tränen aus seinen Augen strömten.
Heero wartete geduldig darauf das der Angestellte ihm endlich Duos neue Kleidung einpackte als sein Blick an einem seidenen Pyjama hängen blieb. Es war wirklich was besonderes und es hatte genau die richtige Farbe für Duo – schwarz. Heero strich über das Material und stellte sich vor, das Duo es anhatte, dann gab er sich selbst einen mentalen Ruck.
Er sollte sich wirklich endlich entscheiden was er tun wollte, und das schnell. Abgesehen von dem Problem das er sich in jemand verliebt hatte, den er gerade erst getroffen hatte. Duo war in Schwierigkeiten und er musste ihm helfen. Er vertraute diesem Stinktier Jekell ungefähr so weit wie er ihn werfen konnte – obwohl, seit er wieder angefangen hatte Gewichte zu stemmen, konnte er den Kerl wahrscheinlich ziemlich weit werfen.
Egal. Das Geld war es nicht wert. Sein eigenes Geschäft mit einer Million Dollar zu starten – diese Summe hatte Jekell auf Duos hübschen Kopf ausgesetzt – war es nicht wert. Duo war unschuldig. Heero glaubte seiner Geschichte vollkommen und er musste Duo helfen, herauszufinden was dieser tun sollte. Duo brauchte sein altes Leben zurück – und Heero brauchte Duo.
Beinahe lächerlich, wirklich. Er kannte den Mann gerade mal einen halben Tag. Aber er war so unglaublich bezaubernd, so hinreißend lustig, und so süß unter diesem harter-Kerl-Äußeren. Und so abenteuerlich! Wenn Duo gerade nicht aus irgendwelchen Fenstern sprang, verschaffte er Heero die größte Lust die dieser jemals gekannt hatte – und er hatte dabei auch noch die meisten seiner Klamotten angehabt! Wenn er seine Augen schloss konnte er es sogar immer noch sehen: die Art und Weise wie Duo sich an ihm gerieben hatte, die Augen vor Lust halb geschlossen, wie seine nackte Brust sich vor ihm bewegt hatte, die Nippel, die geradezu danach bettelten –"
Heero riss sich gewaltsam aus diesen Gedanken. Gut. Es war so viel mehr an Duo dran als nur ein guter Fick. Heero konnte es sich sehr gut vorstellen den Rest seines Lebens mit ihm zu verbringen, und wenn das nicht das Wunder des Jahrhunderts war, was dann?
Er würde Duo dazu überreden, die Nacht zu bleiben und würde seinen Bericht an Jekell verzögern. Am Morgen würden sie die Dinge dann klarer sehen und würden etwas planen können. So lange Barton nicht wusste, wo sie waren könnte er die Dinge mindestens zwölf Stunden hinauszögern. Und er würde Eiskrem beim Zimmerservice bestellen. Eiskrem mit einer Menge Sahne. Und dann würde Duo ihn necken und ihn einen Perversling nennen, und dann würde er aufkeuchen, wenn Heero die Sahne von ihm ablecken würde –
„Sir? Ihre Einkäufe?" Der Angestellte reichte ihm die Plastiktüte und vor sich hinsummend spazierte Heero zu den Aufzügen. Er hatte etliche Outfits für Duo gekauft; wer wusste schon, wann dieser wieder sicher nach Hause konnte?
Nun, das war nicht exakt die Wahrheit. Heero hoffte ihn überzeugen zu können, mit ihm zurück nach Washington zu gehen. Duo hatte wirklich Urlaub verdient nach dieser Woche. Und sobald sie dieses ganze Schlamassel erstmal geklärt hatten, könnten sie gemeinsam irgendwohin fahren. Wohin Duo auch immer wollte. Für mindestens zwei Wochen. Möglicherweise auch länger.
Heero öffnete die Tür mit seiner Schlüsselkarte. „Hab deine Klamotten, Schatz," rief er aus.
Stille. Nichtmal das Geräusch der Dusche war zu hören. Heero fühlte ein warnendes Prickeln, doch verwarf es ungeduldig wieder. Duo würde das nicht tun. Sie hatten es vereinbart. Sie würden zusammenbleiben und Pläne schmieden. Duo würde nicht einfach abhauen. Außerdem hatte Heero vorgesorgt und die benachbarte Tür verbarrikadiert.
‚Warum würde er das andere Zimmer brauchen, wenn er doch hier einfach zur Tür rausspazieren konnte?'
Heero ignorierte die innere Stichelei und setzte die Tüten ab. Er steckte seinen Kopf ins Badezimmer und schrie beinahe auf. Es sah aus als wäre da drin jemand getötet worden. Seine Toilettenartikel waren zerbrochen und über den Boden verstreut. Nur sein Rasierzeug war nicht angerührt, aber es war absichtlich mit Mundspülung dekoriert worden. Die Toilette war voll mit – argh! Da war sein Geldscheinclip... seine Brieftasche... UND SEIN HANDY!
BASTARD war mit Rasierschaum quer über den Spiegel geschrieben.
„Oh shit," sagte er laut. Was konnte nur passiert sein? Hatte Duo etwa herausgefunden, das er sechs Packungen Kondome gekauft hatte? Mit Noppen? Hatte er –
Das Hoteltelefon klingelte und Heero stürzte sich darauf. „Hallo? Duo?"
„Verflixt, Yuy, ich warte schon den ganzen Tag hier unten," knurrte Trowa Barton. „Wo zur Hölle seid ihr zwei?"
„Trowa." Jekells persönlicher Wachhund. Ein ausreichend netter Kerl, wenn es einem nichts ausmachte, das er einem mit Leichtigkeit den Arm brechen konnte. „Hast du schon mal angerufen?"
„Was bist du, verrückt? Als ob wir nicht grade vor zwanzig Minuten über dein Handy gesprochen haben. Du klingst übrigens schon viel besser."
„Vor zwanzig Minuten?" Heeros Gedanken wirbelten im Kreis.
„In Ordnung, wir kommen hoch. Schnapp den Typ, nimm dein Zeug, wir gehen rüber zu Anodyne und beenden das ein für alle –"
„Bleib weg von Duo!"
„Was zur Hölle ist los mit dir?" wollte Barton wissen.
„Bleib. Weg. Von. Ihm."
Er schmiss den Hörer auf das Telefon und rannte aus der Tür. Zwanzig Minuten. Und Duo hatte sich noch die Zeit genommen, das Badezimmer zu verwüsten. Er konnte ihm nicht zu weit voraus sein.
Heero musste ihn finden um es zu erklären. Noch wichtiger, er musste Duo finden, bevor dieser gewissenlose Mistkerl Barton ihn fand.
(1) FDA Food and Drug Administration – die amerikanische Behörde, die dafür zuständig ist, neue Lebensmittel, Medikamente usw. zu prüfen und für den Handel freizugeben.
