Es dauerte nicht lange, bis Legolas wieder sitzen konnte, und nachdem alle ihre Freude über seine Wiederbelebung ausgedrückt hatten, bestand er sogar darauf, dass sie sofort wieder zurück nach Gondor und dort Aragorns Krönung feiern sollten. Daraufhin entstand ein kleines Streitgespräch zwischen ihm und Aragorn, da Letzterer darauf bestand, dies nur zuzulassen, wenn sich Legolas wieder auf die Trage legen würde. Dieser wollte aber diese Reise auf dem Rücken seines Pferdes machen. Erst Ethuils Kompromissvorschlag, dass sie mit Legolas ein Pferd teilen würde, stimmten beide zu. Der Stolz von Legolas war beruhigt, dass er die Reise nicht liegend machen musste, und Aragorn war beruhigt, dass diese Reise wenigstens gemächlich sein würde, und sich sein Freund dadurch nicht überanstrengen würde.

So ritten sie wenig später in Richtung Gondor, ließen die Trage an Ort uns Stelle zurück, mit Aragorn und Legolas an der Spitze, wobei Letzterer Ethuil vor sch auf dem Pferd sitzen hatte und sich den Duft ihres Haars um die Nase wehen ließ. Dies allein reichte schon aus, um ein Lächeln auf sein Gesicht zu zaubern, und es gab ihm auch genug Kraft, um diesen Ritt durchzustehen, auch wenn er sich unendlich schwach fühlte, und die Wunde ihm immer noch Schmerzen bereitete. Dafür war er aber glücklich, denn Ethuil war bei ihm, und seine Freunde hatten alle diesen letzten Kampf überlebt. Sauron war besiegt, und Mittelerde in Sicherheit.

"Jetzt will ich aber wissen, warum du uns nie von ihr erzählt hast, Legolas!" sprach Merry nach nicht einmal einer Stunde das aus, woran wohl alle die ganze Zeit über gedacht hatten, denn die restlichen Hobbits schimpften ein wenig zu laut mit ihm, Gimli lachte aus vollem Halse, Gandalf stopfte sich viel zu konzentriert seine Pfeife, und Aragorn sah seinen Freund so offen wie immer und auch fragend an. Doch er lächelte nur und erfreute sich an diesem Anblick, den er beinahe nicht erlebt hätte.

"Legolas ist nun mal nicht sehr gesprächig, was das angeht", meldete sich Ethuil an seiner Stelle zu Wort und erhielt auch gleich einen nicht ernst gemeinten Kneifer in ihre Hüfte, der sie aufquietschen ließ und mit dem Festhalten dieser Hand bestraft wurde. Doch das alles hielt sie nicht davon ab weiterzusprechen.

"Selbst Thranduil hat erst von mir erfahren, als er noch vor dem Morgengrauen in sein Gemach gestürmt war, um ihn als Vertreter Düsterwalds zu Elrond zu senden, so wie dieser es gewünscht hatte, und wo ihr euch dann auch kennengelernt habt. Glaubt mir, ich habe Legolas noch nie so erschrocken und... Aua! Lass das!"

"Das... interessiert... niemanden!" zischte Legolas hinter ihr und kniff sie immer wieder in die Seite, nachdem er nun endlich seine Finger hatte befreien können.

"Doch, tut es!" wehrte sie sich und schnappte immer wieder nach seiner Hand, die er stets in Sicherheit und für einen erneuten Kneifer zum Einsatz brachte, was sie jedesmal aufschreien ließ. Diesen Kampf beobachtete Aragorn erstaunt und mit großen Augen, wobei Gimli allerdings einfach weiterlachte und sich einen Spaß daraus machte, lauthals zu verkünden, dass Legolas wohl bald von seiner eigenen Geliebten besiegt werden würde.

"Sie ist meine Verlobte, verdammt nochmal!" entgegnete Legolas lauter als beabsichtigt und gab gleichzeitig den Kampf um seine Hand auf. Auch Ethuil hielt inne, denn es kam sehr selten vor, dass er seine Stimme erhob, und außerdem spürte sie, dass sich seine Schmerzen nicht wie erhofft verringert hatten, sondern sogar verstärkt. Sie spürte auch seinen abgehackten Atem im Nacken und sah, wie sich seine Hand am Sattelknauf festkrallte, als befürchtete er, den Halt zu verlieren. Fast augenblicklich legte sie ihren Arm um seine gesunde Hüfte, um ihm dabei zu helfen, bis er sich wieder unter Kontrolle hatte. Ihre in Gedanken ausgesprochene Entschuldigung wehrte er sofort ab und gab sogar zu, dass die Trage wohl doch besser gewesen wäre, sein Stolz dies aber trotzdem nicht zulassen würde.

Zu gerne hätte sie ihm nun eine ihrer zahlreichen Standpauken gehalten, aber sie sah sich wie Legolas zu den Anderen um, die sie mit einer Mischung aus Entsetzen, Verwirrung und auch Belustigung beobachteten, denn jedem einzelnen von ihnen war klar, dass die beiden etwas besonderes verband, das sie auf der einen Seite wie Kinder benehmen ließ, aber auch auf der anderen Seite stark genug war, um Schmerzen zu besiegen. Und sogar den Tod, wie sie ja selbst hatten beobachten können.

"Seit wann seid ihr denn verlobt?" wagte es Gimli nach geraumer Zeit nachzufragen, nachdem Legolas den Griff um das Sattelhorn gelockert hatte. Auch die Stille wurde langsam drückend, und er wollte etwas dagegen unternehmen. Denn schließlich hatten sie gesiegt und waren alle am Leben. Stille und Trübsal waren fehl am Platze.

"Das war bei deinem letzten Lebenszeichen, nicht wahr?" überlegte Ethuil und sah Legolas fragend an, obwohl sie es ganz genau wusste. "Kurz vor dieser großen Schlacht im Regen. Kurz danach bin ich umgedreht und habe den ewigen Landen meinen Rücken zugekehrt."

"Genau", bestätigte er. "Der Kampf um Helms Klamm, wo uns Gandalf und Eomer mit seinen Männern gerettet hat." Ein kleines Lächeln huschte über sein Gesicht. "Und wo Gimli von Aragorn geworfen wurde."

"Verdammt, du hast mir versprochen, ihm nichts zu sagen!" rief Gimli sogleich und sah einen völlig unschuldigen Aragorn äußerst grimmig an, der nur seine Hände abwehrend heben konnte und seine Unschuld verteidigte.

"Er hat mir nichts gesagt", unterstützte Legolas den künftigen König. "Du hast einfach nur meine guten Augen vergessen, mein Freund."

"Wir Zwerge wussten ja schon immer, dass ihr Elben mit unlauteren Mitteln arbeitet", brummte dieser daraufhin, aber seine schlechte Laune verflog recht schnell, denn er wollte nicht der Einzige sein, der sich grämte, während alle anderen glücklich waren und sich einfach nur freuten, dass alles überstanden war. Alle hingen sie ihren Gedanken nach, und besonders Legolas und Ethuil dachten zurück an den Moment, der bis dahin ihr glücklichster und beinahe der Moment ihrer letzten Unterhaltung gewesen war.

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Es war stockdunkel, der Himmel hatte sämtliche Pforten geöffnet, und nur die Blitze erhellten hin und wieder den Ort des Geschehens. Legolas stand mit Gimli und mehreren Elbenkriegern auf den äußersten Mauern von Helms Klamm und starrte hinunter auf das riesige Orkheer, das sich ihnen langsam näherte, und gegen das sie eigentlich keine Chance hatten. Die Orks waren ihnen zahlenmäßig weit überlegen, aber trotzdem wollten und mussten sie kämpfen. Ergeben wäre sinnlos, denn dann würden sie alle sterben. Aber so hatten sie wenigstens noch eine geringe Chance.

In seinen fast 3000 Jahren hatte Legolas schon so einige Schlachten geschlagen, aber noch nie war er so sicher gewesen, sie zu verlieren. Nein, er hatte die Hoffnung noch nicht ganz aufgegeben, und ja, er würde so lange kämpfen, wie Leben in ihm war, aber trotzdem nahm er in Gedanken Anschied von seinen Freunden, von seiner Heimat, seiner Familie und auch von ihr, die gerade auf dem Weg in die ewigen Landen war und dort auf ihn warten sollte. Aber wie sollte er ihr sagen, dass er nicht folgen würde?

"Legolas, was denkst du da?" hörte er plötzlich ihre Stimme in seinem Kopf, und das sogar so laut, dass er beinahe zusammengezuckt wäre. Wie hatte er vergessen können, dass Extremsituationen ihre Verbindung noch verstärkten, und sie dann wirklich jeden Gedanken des Anderen hören konnten? Nun wusste sie, dass er nicht damit rechnete, sie jemals wiederzusehen. Dies würde ein Abschied werden, der zu früh kam, denn noch hatte ihr Schiff Mittelerde nicht verlassen. Noch war sie nicht in Sicherheit.

"Du wirst nicht sterben, melamin!" Wieder erklang ihre Stimme, doch jetzt klang sie nicht mehr überrascht, sondern entsetzt, auch wenn sie dies zu verbergen versuchte. Sie wusste nun, in welcher Situation er sich befand, und sie müsste jetzt diese klischeehaften Ich-habe-es-dir-doch-gesagt-Worte denken, aber das Entsetzen lähmte jeden anderen Gedanken.

"Du wirst nicht sterben, hörst du?" Er sah ihr Gesicht im Regen, das den Schmerz ausdrückte, der in ihrer Stimme zu hören war, und er schloss gequält die Augen, aber auch jetzt konnte er sie sehen, und sein Herz schmerzte wie noch nie. Er hatte sich geschworen, ihr nie einen solchen Schmerz zu bereiten, um dieses Gesicht sehen zu müssen, aber nun war es doch geschehen.

"Ich werde nicht sterben, melamin", schckte er ihr über diese vielen tausend Meilen entgegen, aber geichzeitig wusste er, dass diese Worte nicht überzeugt genug klangen, um sie zu beruhigen. Sie würde auch weiterhin um ihn bangen und sich vor dem Moment fürchten, in dem sie seinen Tod spüren würde. Sie waren zu weit voneinander getrennt, um das Ritual durchzuführen, mit dem schon ihre Mutter ihren Vater gerettet hatte, und nur durch das sie überhaupt am Leben war. Sie war zur Untätigkeit verbannt.

"Beweise es mir!" rief sie zurück, gab ihre Selbstbeherrschung auf und klang so verzweifelt wie noch nie. "Beweise mir, dass du überleben wirst! Sag mir, was du nach der Schlacht machen wirst! Sag mir, was du in tausend Jahren machen wirst!" Allein ihre Stimme machte ihn wahnsinnig und zwang ihn beinahe dazu, den Platz zwischen seinen Freunden zu verlassen und vor seinen Feinden zu fliehen. Seine Hand schloss sich fester um seinen Bogen, und er atmete tief durch, bevor er ihr völlig ruhig antwortete.

"Nach dieser Schlacht werden meine Freunde und ich Sauron endgültig besiegen. Danach werde ich um deine Hand anhalten und dich heiraten, weil ich weiß, dass du nicht Nein sagen wirst." Er hielt inne und sah mit frohlockendem Herzen, wie ihr Gesicht vor seinem inneren Auge sein Lächeln erwiderte. "Und ich tausend Jahren werde ich mir dir und unseren Kindern am Ufer der ewigen Landen spazieren gehen."

Nun lachte sie sogar. Die Verzweiflung hatte ihr Herz verlassen, und auch sein Herz war nicht mehr so schwer. Sie würden diese Schlacht überstehen, Gandalf würde rechtzeitig kommen und den Feind in die Flucht schlagen. Sie würden Sauron besiegen, und Legolas würde seine Vorhaben in die Tat umsetzen können. Nichts und nimand würde ihn davon abhalten können.

"Und, sagst du ja?" hakte er nun nach und entlockte ihr damit das erhoffte und erneute Lachen. Auch er grinste breit, was allerdings Gimli bemerkte und ihn daraufhin seltsam ansah. Schnell sagte er ihm, dass er sich darauf freute, viele Orks zu töten und ihn zu übertreffen. Daraufhin meinte dieser, dass dies unmöglich sei, und es entstand ein kleines und leises Gespräch zwischen den beiden Männern, dass sie unentscheiden beendeten und aufmerksam von Ethuil belauscht wurde, die erst danach ihre Antwort verkündete.

"Natürlich sage ich ja, du dummer Elb!" schimpfte sie gespielt und entlockte nun ihm ein Lachen, das sich sogar auf Gimli ausweitete. "Und ich will, dass jeder einzelne deiner neuen Freunde dabei sein wird, egal, ob sie jetzt nah oder weit entfernt sind. Ich will auch, dass du auf sie aufpasst, genau wie auf meinen Bräutigam, denn ohne ihn wird das eine verdammt langweilige Hochzeit. Nicht wahr?" Nun schlich sich doch wieder etwas Verzweiflung in ihre Stimme, denn sie konnte durch ihn sehen, dass das Orkheer die Mauern erreicht hatte, die Schlacht nun beginnen würde, und sie diese Verbindung nun trennen mussten, denn er brauchte jetzt seine ganze Kraft.

"Ich liebe dich, melamin", übermittelte er ihr seinen letzten und wichtigsten Gedanken, während der erste Pfeil sein Ziel traf.

"Ich liebe dich auch, Legaolas", erwiderte sie und schickte ihm mit diesen Worten genug Kraft, um diese Schlacht zu überstehen.

Während er um sein Leben und das seiner Freunde kämpfte, machte sie sich auf den Weg zurück zu ihm und hoffte, dass sie rechtzeitig kommen würde, um ihn zu retten. Denn sie hatte schon immer gewusst, welche Aufgabe auf sie wartete, und sie hatte dieses Wissen stets gut vor ihm verstecken können.