Kapitel 6

Es war kalt. Slade drehte sich auf die andere Seite und tastete nach seiner Decke. Als er sie nicht finden konnte richtete er sich auf und öffnete die Augen einen Spalt. Die Decke lag direkt neben ihm, aber irgendwie hatte er es nicht geschafft, sie mit seinem blinden Tasten zu erfassen.

Er blickte neben sich und bemerkte, das Ebony weg war. Er wickelte sich die Decke um die Schultern und sah sich um. Es war ziemlich dunkel und das Lagerfeuer, auf das Darryl hatte achten wollen war lange erloschen. Das einzige Licht kam vom Mond, der schon ziemlich tief stand. Die Nacht schien schon sehr weit vorangeschritten zu sein. Das Mondlicht schimmerte auf der Oberfläche des Wassers. Hier und da waren einige schwarze Flecken auf dem Wasser, wo noch größere Wrackteile trieben.

Slade sah sich noch einmal um, aber Ebony war nicht zu sehen. Er fragte sich, wo sie wohl hingegangen war. Leicht besorgt erhob er sich und ging ein Stück von den anderen weg. Es war fast völlig still. Die anderen gaben keine Geräusche von sich und auch im Wald war es still. Nur ein leises Plätschern des Wassers war zu hören.

Slade ging zum Wald hinüber. Die Decke hatte er fest um seine Schultern geschlungen. Es war sehr kalt. Aber das konnte auch daran liegen, dass er sich auf dem Wasser eine tüchtige Unterkühlung geholt hatte.

Ein Knacken war zu hören, als er den Wald betrat und ein Ast unter seinen Füßen zerbrach. Im Wald blieb es still. Slade fragte sich, mittlerweile ernsthaft besorgt, wo Ebony hingegangen war. Er ging weiter, denn der Wald war die einzige Richtung, in die man vom Strand aus gehen konnte. Seine Schritte waren vorsichtiger gewesen und er bewegte sich jetzt fast lautlos.

Ein Rascheln über sich lies ihn hektisch aufblicken. Ein Vogel war dicht über ihn hinweggeflogen und jetzt auf einem Baum gelandet. Der Vogel tippelte ein paar Mal auf dem Ast hin und her, probte seine Stimme und begann dann mit seinem morgendlichen Gesang.

Die Stimme des Vogels war nicht besonders laut, aber dafür umso höher. Slade ging etwas schneller um von dem Vogel wegzukommen. Im Weitergehen sah er sich noch einmal um und stolperte prompt über eine Wurzel. Es war zu spät um sich noch abfangen zu können, sodass er sich nur noch mit den Händen auf dem Boden abfangen konnte. Er fluchte leise vor sich hin und rieb sich das Fußgelenk. Er wollte gerade wieder aufstehen als ihm etwas schwarzes ins Auge fiel. Er hob es auf und konnte es sofort zweifellos als eine der Federn, die Ebony immer im Haar trug, identifizieren.

Ruckartig stand er auf und sah sich hektisch um. Sie war also definitiv hier gewesen. Doch was war passiert? Slade glaubte keine Sekunde, dass sie die Feder einfach so verloren hatte. Er sah tiefer in den Wald, konnte aber nichts entdecken. Ohne einen Gedanken an die anderen zu verschwenden ging er los.

Fragend sah er sie an. Leya war auf einen Stuhl gesunken und wusste nicht, was sie ihm erzählen sollte.

Josh runzelte die Stirn.

„Was ist denn los?", fragte er leicht verärgert. Wie sollte er ihr seltsames Verhalten deuten. Warum starrte sie ihn so geschockt an?

Leya Gedanken drehten sich im Kreis. Es konnte doch nicht sein, dass er einfach das Gedächtnis verloren hatte. Wie sollte sie darauf reagieren? Was sollte sie ihm erzählen? Wie sollte sie ihm beibringen, dass ihm über ein Jahr an Erinnerungen fehlte? Ihre Augen irrten hektisch durch das Zimmer, mieden dabei aber sorgfältig Joshs Blick. Unbewusst knotete sie ihre Hände, ihre Finger flochten sich in einander, ihre Handflächen waren feucht.

„Ich glaube, ich gehe besser! Ich habe noch viel zu tun", brachte sie schließlich hervor. Sie sprach schnell und hektisch.

Mit einer fahrigen Bewegung stand sie auf und verlies hastig das Zimmer. Sie warf die Tür hinter sich ins Schloss.

Josh zuckte leicht zusammen und sah ihr fassungslos nach. Was war nur geschehen?

Warum benahmen sich alle so seltsam?

Er sah aus dem Fenster als könnte ihm der untergehende Mond die Antwort verraten. Draußen waren die ersten Vögel zu hören, aber auf den Straßen blieb es noch still. Auf dem Gang konnte er die Nachtschwester laufen hören. Er dachte zunächst, sie würde zu ihm kommen, doch die Schritte entfernten sich wieder und verklangen schließlich.

Er lies den Kopf wieder sinken. Er konnte nichts tun, denn er hing immer noch an der Maschine. Er wusste noch immer nicht, warum eigentlich aber er hatte keine Lust, herauszufinden, was passieren würde, wenn er die Nadeln entfernte.

Das Pfeifen eines Vogels lies Lex die Augen aufschlagen. Er drehte den Kopf zur Seite und entdeckte den Vogel, der mit einem keckernden Geräusch nur einige Schritte von ihm entfernt durch den Sand hüpfte. Lex kam es vor, als würde er Vogel ihn verhöhnen und er warf eine Muschel nach ihm. Erschrocken flatterte der Vogel einige Meter weit weg und setzte sich dann wieder in den Sand. Er sah neugierig zu Lex hinüber, der jetzt entschlossen war, sich nicht von einem Vogel verhöhnen zu lassen und sich daher umgedreht hatte.

Während um ihn herum die anderen erwachten, schlief Lex wieder ein. Er war noch nie ein Frühaufsteher gewesen.

Amber schlug die Augen auf und drehte sich zu Jay herum. Dieser war auch gerade erwacht und lächelte sie an. Sie drückte ihm einen Kuss auf die Lippen und erhob sich dann, um nach ihrem Sohn zu sehen.

Baby Bray lag neben Brady auf einer Decke und lächelte im Schlaf. Amber sah glücklich auf hin herab, ging zurück zu Jay und setzte sich neben ihn in den Sand. Jay war noch ziemlich müde, aber entschlossen, nicht wieder einzuschlafen. Er richtete sich auf und sah sich um. Die anderen waren auch fast alle wach, aber offenbar noch genauso verschlafen wie er selbst. Er sah zu Ruby und Lottie hinüber.

Als hätte sie seinen Blick gespürt schlug Ruby jetzt die Augen auf. Sie sah in den Himmel. Die Sonne war noch nicht ganz aufgegangen, aber es war doch schon ausreichend hell. Sie sah zum Meer und damit in die Sonne und musste prompt niesen.

„Gesundheit", kam es von allen Seiten von mehr oder weniger verschlafenen Stimmen.

„Danke", lachte Ruby.

Wenn sie an den gestrigen Tag dachte, war sie erstaunt, dass es ihr heute so gut ging. Sie sah zu Lottie. Die Kleine schlief noch friedlich und Ruby sah keinen Grund, sie zu wecken.

Sie lies den Blick weiter schweifen. Trudy war bereits wach und kümmerte sich um Brady, die mittlerweile wach geworden war. Salene und May saßen gähnend im Sand und rieben sich die Augen. Jack lag neben Ellie im Sand und hatte sich über sie gebeugt. Mit dem Ellenbogen hatte er sich im Sand abgestützt und den Kopf hatte er in die offene Hand gelegt. Ellie war auch schon wach und unterhielt sich leise mit ihm.

Gel war ebenfalls aufgewacht und hatte anscheinend festgestellt, dass ihr Make-up total verschmiert war. Sammy hockte neben ihr im Sand und schien zu versuchen, sie wieder zu beruhigen.

Darryl lag einen Meter neben Lex auf dem Rücken, alle viere von sich gestreckt, den Mund weit offen. Zu ihrer Überraschung schnarchte er nicht. Lex, der zusammengerollt dalag schien aber genau damit eben anfangen zu wollen. Doch dann grunzte er kurz, drehte sich auf die andere Seite und schlief ruhig weiter.

Ram war aufgestanden und klopfte sich den Sand aus der Hose. Er war längst nicht mehr so auf Hygiene aus wie früher, aber etwas schlimmeres als über und über mit Sand bedeckt zu sein gab es für ihn nicht.

Hinter sich hörte sie Jay und Amber leise reden. Ruby drehte den Kopf, um nach ihrem zweiten Retter zu sehen und bemerkte mit Erstaunen, dass weder Ebony noch Slade im Lager waren.

Sie sah zu den anderen, doch diese schienen das Fehlen der Beiden noch nicht bemerkt zu haben. Ram hatte bemerkt, dass sie besorgt um sich blickte und ging zu ihr. Auf seinen fragenden Blick sagte sie: „Ebony und Slade sind nicht da"

Ram warf einen Blick auf die Stelle an der die Beiden geschlafen hatten und grinste Ruby an.

„Um die brauchen wir uns sicher keine Sorgen zu machen, wer weiß, wo die sich vergnügen... Du weißt sicher, was ich meine"

Ruby nickte abwesend und sah zu Boden. Der Gedanke, dass Slade mit Ebony... Sie schüttelte den Kopf. Daran durfte sie nicht denken. Sie hatte Slade nie verloren, er war von Anfang nicht an ihr interessiert gewesen.

Aber Ram hatte Recht: Um die beiden musste sie sich sicher keine Sorgen machen.

Sie schenkte Ram ein schmales Lächeln und stand auf.

Mit beinahe atemberaubender Geschwindigkeit jagten die Daten über den Bildschirm. Leyas Mitarbeitern, die hin und wieder einen Blick auf ihre Chefin warfen war es ein Rätsel, wie sie bei dem Tempo noch lesen konnte. Doch es schien zu funktionieren: Von Zeit zu Zeit markierte sie einen Teil und kopierte ihn in eine Textdatei.

Leya war in den Augen der Anderen sowieso höchst seltsam heute. Sie sah nicht nur sehr verschlafen aus, sie hatte auch reichlich zerstreut gewirkt, als sie in die Kommandozentrale gestürmt war. Sie hatte niemanden angesehen und entgegen ihrer Gewohnheit nicht einmal einen Guten Morgen gewünscht.

Sie hatte sich nur an ihren Rechner gesetzt und angefangen, irgendwelche Daten durchzuarbeiten. Die Meisten hätte schon interessiert, was sie da eigentlich tat, doch sie wussten auch, dass es besser war, Leya jetzt nicht anzusprechen. Sie war eine gute Chefin und fähige Programmiererin, doch sie war auch unberechenbar und zuweilen launisch.

Und jetzt schien sie besonders schlechte Laune zu haben. Irgendetwas hatte sie zutiefst aufgewühlt. Ihre Mitarbeiter, darunter auch Syl, gingen ihrer normalen Arbeit nach. Es hatte in der Nacht wieder einen Hackerangriff gegeben und jetzt untersuchten sie das Netzwerk auf verlorengegangene Daten und eingeschleuste Viren. Das neue Programm, an dem Leya arbeitete wäre dabei sehr nützlich gewesen, doch das befand sich auf ihrem Rechner und die anderen konnten nicht darauf zugreifen.

Syl hatte eine ganze Weile ohne das Programm gearbeitet, doch jetzt war sie an einem Punkt angelangt, wo sie es dringend benötigte. Sie stand auf und stieg die Stufen zu Leya hinauf. Ihr Arbeitsplatz befand sich gleich am Fuße der Stufen.

„Leya?", sagte sie, doch die Angesprochene reagierte nicht.

Syl beugte sich etwas vor. Leya hatte aufgehört zu lesen und der Bildschirm zeigte jetzt das Textbearbeitungsprogramm. Doch Syl konnte ohne Zweifel feststellen, woher die Artikel stammten, die Leya kopiert hatte. Doch das verwirrte sie zutiefst.

Warum wälzte Leya das medizinische Lexikon, dass sich noch aus Zeiten der Techno-Herrschaft auf dem Rechner befand? Und warum las sie Artikel über Amnesie?

Leya klickte auf „Drucken" und hinter ihr, am Fuße der Plattform begann der Drucker zu rattern. Syl hatte sie offenbar noch immer nicht bemerkt.

„Leya?", sagte sie noch einmal und legte ihr leicht eine Hand auf die Schulter.

Leya fuhr hoch und drehte sich um. Etwas verstört sah sie sich um und blickte schließlich in Syls Gesicht. Diese starrte ihre Chefin erschrocken an. Leyas Gesichtsausdruck verfinsterte sich.

„Was willst du?", herrschte sie Syl an.

Diese stolperte ein paar Schritte zurück. Doch dann fasste sie sich und trug ihr Anliegen vor. Leyas Stirnrunzeln verstärkte sich.

Dann zuckte sie mit den Schultern, schubste Syl zur Seite und stürmte die Stufen hinunter. Sie ging zum Drucker, der unterdessen fertig geworden war, riss die Seiten aus der Ablage und verlies beinahe fluchtartig die Kommandozentrale.

Syl starrte ihr geschockt hinterher. So hatte sie Leya noch nie erlebt. Sie war etwas besorgt, aber sie wusste, dass ihre Chefin jetzt sowieso nicht mit ihr reden würde. Sie ging zu Leyas Rechner, gab den Zugriff auf den Ordner den sie benötigte frei und fuhr Leyas Rechner herunter.

Dann ging sie zu ihrem eigenen Rechner und arbeitete weiter. Doch schon nach kurzer Zeit bemerkte sie, dass sie nicht richtig bei der Sache war. Ihre Gedanken kreisten noch immer um Leya. Schließlich stand sie auf und verlies die Kommandozentrale.

Die Sonne war längst vollständig aufgegangen, als endlich alle zum Abmarsch bereit waren. Darryl hatte Lex geweckt und von diesem dabei einen Tritt bekommen, doch nachdem Darryl zurückgetreten hatte, war Lex hellwach gewesen und aufgesprungen.

Auch alle anderen waren mittlerweile wach, aber leider auch hungrig. Einige hatten den Morgen damit verbracht, verschiedene Gegenstände zu bergen, die die Wellen in der Nacht angespült hatten, aber etwas essbares war leider nicht dabei gewesen. Sie hatten zwar eine Kiste mit Brot gefunden, doch da war Wasser hineingelaufen und hatte es unbrauchbar gemacht.

Also hatten sie ihre Sachen gepackt. Doch Slade und Ebony fehlten noch immer. Im Moment berieten die anderen, was zu tun war.

„Also ich finde, wir sollten noch auf sie warten", meinte Ruby gerade, doch Amber widersprach ihr.

„Ich glaube nicht, dass wir uns um die Beiden Sorgen machen müssen. Ebony war schon immer eine Überlebenskünstlerin und Slade war lange genug allein unterwegs, der wird schon zurechtkommen."

Einige nickten zur Bestätigung.

Schließlich musste Ruby sich geschlagen geben, aber sie konnte die anderen zumindest überreden, eine Nachricht zu hinterlassen. Jack hatte einen Zettel in der Tasche gehabt, der beim Sprung vom Schiff zwar durchnässt worden war, mittlerweile aber wieder getrocknet war. Ruby musste ihn zwar sehr vorsichtig anfassen, damit er nicht zerfiel, aber man konnte noch darauf schreiben. Schwerer war es, etwas zum schreiben zu finden, doch schließlich hatte Amber ein kleines Stückchen Kohle entdeckt, dass in der Nähe des Waldes lag. Damit kritzelte Ruby eine Nachricht für Ebony und Slade auf den Zettel und steckte ihn in eine Flasche, die vom Schiff angespült worden war. Sie verschloss die Flasche mit dem Korken, der noch darin gesteckt hatte und grub die Flasche zur Hälfte im Sand ein.

Dann erhob sie sich und stapfte hinter den anderen auf den Wald zu.

Slade stolperte über eine Wurzel. Er hatte aufgehört zu zählen, wie oft ihm das in den letzten Stunden passiert war. Er war erschöpft und müde. Trotzdem kämpfte er sich mit gleichbleibender Geschwindigkeit durch den Wald

Von Zeit zu Zeit blieb er stehen, sah sich um und schlug dann eine neue Richtung ein. Doch bisher hatte er noch kein weiteres Zeichen von Ebony gefunden. Mittlerweile war er sich sicher, dass ihr etwas passiert war.

Erneut sah er sich hektisch um. Er wusste nicht mehr genau, woher er gekommen war, doch das erschien ihm im Moment wenigstens unwesentlich. Die anderen würden schon zurechtkommen. Er stolperte ein paar Schritte weiter und fand sich auf einer Lichtung wieder. Er sah nach oben und versuchte, nach dem Sonnenstand die Zeit zu schätzen. Er war sich nicht ganz sicher, aber es musste wohl später Vormittag sein. An der Sonne erkannte er außerdem, dass er sich seit seines letzen Richtungswechsels nach Süden bewegt hatte.

Er lies sich gegen einen Baumstamm sinken und überlegte.

Wer konnte Ebony verschleppt haben? Und wohin würde er sie bringen?

Er wusste, dass im Süden Leyas Stadt lag und sich im Norden der Stadt noch die Felder anschlossen. Wenn der Entführer also nach Süden geflüchtet war, dann würde er früher oder später auf die Felder und die Bauern stoßen.

Slade konnte sich nicht vorstellen, dass jemand aus Leyas Stadt etwas damit zu tun haben konnte. Zum einen, weil er die Menschen dort als relativ friedlich und gastfreundlich kennen gelernt hatte und zum Anderen, weil Ebony dort sicher nicht bekannt war. Was würde also eine Entführung bringen?

Vielleicht war er auch ganz in die falsche Richtung gegangen und der Entführer brachte sie nach Norden oder Westen, also weg von der Zivilisation?

Slade lies sich an dem Stamm noch etwas tiefer sinken. Es war hoffnungslos. Er wusste nicht, was mit Ebony passiert war und wer der Entführer war. Er wusste nicht sicher, wo er selbst war und wohin der Entführer Ebony gebracht hatte. Wo sollte er also anfangen zu suchen?

Er lies den Kopf sinken und dachte eine Weile nach.

Das Zimmer war nicht besonders groß, aber durch die großen Fenster schien die Sonne herein und lies es groß und freundlich wirken. Die Einrichtung war spartanisch, zeugte aber dennoch von Geschmack. An der Seite des Raumes in der Nähe des Fensters stand ein Schreibtisch, auf dem ein Rechner stand. Auf dem Tisch lagen einige CDs, Zettel und Stifte herum. Es war nicht besonders ordentlich, aber auch kein undurchsichtiges Chaos.

Auf der anderen Seite des Raumes, dessen Wände in einer gelb-orangen Farbe gestrichen waren, stand ein Bett. Auf dem Bett lag Leya lag auf dem Bauch, die Ellenbogen in die Blaue Bettwäsche gestemmt, die Füße übereinander geschlagen und die Knie angewinkelt. In der Hand hatte sie einen Textmarker und las die Zettel durch, die sie sich ausgedruckt hatte. Trotz der lässig erscheinenden Körperhaltung war sie zutiefst besorgt. Mit gerunzelter Stirn las sie jede Zeile auf den Blättern sehr gründlich. Wie Syl bereits festgestellt hatte, handelte es sich um Artikel über Amnesie.

Von Zeit zu Zeit strich sie ein paar Worte an, doch soviel sie auch las, die Grundaussage blieb die gleiche: Sie hatte keine Möglichkeit, Josh zu helfen.

Es bestand die Chance, dass sein Gedächtnis zurückkehren würde, aber sicher war es nicht. Und selbst wenn er sich erinnerte, konnte es sein, dass einige Ereignisse für ihn verschwunden sein würden.

In den Artikeln wurde darüber hinaus betont, dass man der betreffenden Person auf keinen Fall erzählen sollte, was passiert war, das er sonst nicht mehr zwischen wirklichen Erinnerungen und Erzähltem unterscheiden können würde.

Leya presste die Lippen aufeinander. In einem plötzlichen Anfall von Frustration warf sie die Blätter vom Bett und den Textmarker hinterher. Die Blätter verteilten sich auf dem Boden, der Textmarker rollte ein Stück bevor in der Nähe von ihrem Kleiderschrank liegen blieb.

Leya drehte sich auf den Rücken und starrte an die Decke. Was sollte sie Josh nur erzählen?

Sie wusste ja selbst nicht, was geschehen war, nachdem er die Stadt verlassen hatte.

Sie sah aus dem Fenster. Das schöne Wetter draußen schien ihr wie ein Hohn. In stummer Verzweiflung biss sie die Zähne zusammen und presste die Lippen aufeinander. Sie sah ein paar Vögel, die an ihrem Fenster vorbeiflogen. Als sie wieder außer Sicht waren stand sie langsam auf.

Sie stieß ein paar der Blätter mit dem Fuß zur Seite und ging dann langsam zur Tür. Sie wusste nicht, ob es eine gute Idee war, zu Josh zu gehen und sie hatte keine Ahnung, was sie ihm erzählen sollte, aber sie schämte sich dafür, ihn am Morgen einfach allein gelassen zu haben.

Mit dem sicheren Gefühl, dass sie einen Fehler beging verlies sie das Hauptquartier.