Es war eines der schönsten und prunkvollsten Feste, die Legolas in seinen fast 3000 Jahren gesehen hatte. Sämtliche Würdenträger Mittelerdes und alle, die irgendwie hatten kommen können, waren anwesend. Es wurde mehrere Tage lang gefeiert und alles dafür getan, die Schrecken des Ringkrieges vergessen zu lassen. Aragorns Krönung war das Ereignis, das den Frieden für eine lange Zeit sichern würde.
Doch dieses Fest bedeutete auch das Ende der Ringgemeinschaft. Die Hobbits wollten so schnell wie möglich zurück in ihre Heimat, auf Gandalf warteten Aufgaben, die nur er kannte, und Aragorn musste sich um sein Königreich kümmern. Nur Gimli würde Legolas und Ethuil in den Düsterwald begleiten, um von dort aus seine Reise mit ihnen durch die Heimstätten der Zwerge zu beginnen.
Aber Legolas und Ethuil wollten ihre Vereinigung mit all ihren Freunden feiern. Mit den neuen und den alten. Sie alle sollten Zeugen sein, wenn sie das besiegeln wollten, was sowieso schon alle hatten sehen können. Ihre unendliche Liebe sollte auch den Segen der Valar bekommen.
"Es wird Jahre dauern, bis sich alle im Düsterwald einfinden können", schlussfolgerte Legolas eines Tages, als er und Ethuil langsam über die einzelnen Ringe Minas Tiriths schritten. Durch die untergehende Sonne wirkte die Stadt noch friedlicher, während die letzten Schrecken der Schlacht mit der Sonne verblassten.
"Frodo wird einige Zeit brauchen, bis seine körperlichen und seelischen Wunden verheilt sein werden. Aragorn wird sich erst als neuer König Gondors behaupten müssen, und Gandalfs Wege sind so unsichtbar wie eh und je." Er seufzte und drückte ihre Hand fester, als seine Augen die letzten Strahlen der Sonne genossen. "Aber ich will sie dabei nicht missen müssen."
Ethuil konnte ihn nur zu gut verstehen, denn ihr Herz war auch schwer geworden bei den Gedanken an die Festlichkeiten zur Krönung ohne ihre Familie und Freunde. Um so glücklicher war sie gewesen, als sie alle und sogar Thranduil unter der Delegation der Elben gewesen waren. Erst so hatten sie die letzten Tage wirklich genießen können, auch da Thranduil seinen endgültigen Segen gegeben hatte.
"Noch sind sie alle hier, Legolas", sagte sie nach einer Weile, in der auch sie die Sonne beobachtet hatte. Aber jetzt sah sie wieder zu ihm, um noch einen Blick in sein Gesicht erhaschen zu können, bevor es zu dunkel dafür wurde. "Noch ist keiner von ihnen abgereist, und außerdem ist es auch hier wunderschön."
Langsam nahm ein Gedanke in ihrem Kopf Gestalt an, und je mehr sie darüber nachdachte, desto größer wurde ihr Lächeln. Legolas sah sie die ganze Zeit nur erstaunt und fragend an, bis er ihren Gedanken erriet und ebenfalls lächelte. War dies wirklich ihr Ernst? Er hatte sie beide in diesem besonderen Moment im Düsterwald gesehen, und dieser Gedanke wäre ihm niemals gekommen. Dabei war dies wirklich die einfachste Lösung.
"Du hast Recht. Wie immer hast du Recht." Er hauchte ihr einen Kuss auf und zog sie dann ohne ein weiteres Wort mit sich in die Stadt hinein. Dies war auch nicht nötig, da sie auch so wusste, was er vorhatte, und deshalb so gut wie möglich mit ihm Schritt hielt und ihm in das Herz der Stadt folgte.
Dort wurden sie wenig später von einem leicht irritierten Aragorn empfangen, der wegen ihnen eine Besprechung unterbrochen hatte und sie nun fragend und mit der Hoffnung ansah, dass ihr Anliegen wirklich so dringend war, wie es den Anschein hatte.
"Bei Sonnenaufgang müssen alle auf der Veste versammelt sein", sprudelte es auch gleich und ohne Vorwarnung aus Legolas heraus. "Jeder muss eine Blüte mit möglichst vielen Blütenblättern in der Hand halten. Und natürlich muss jeder sein schönstes Gewand tragen. Außerdem brauchen wir so viel Speise und Trank, dass jeder bis zum nächsten Morgen ausgelassen und fröhlich ist." Erst jetzt holte er tief Luft, während Ethuil leise lachte, da sie ihn die ganze Zeit beobachtet und noch nie so erlebt hatte. " Wird der König von Gondor diese Aufgabe bewältigen?"
Aragorn antwortete nicht sofort, da auch er seinen Freund noch nie so besessen und gleichzeitig so enthusiastisch gesehen hatte. Als ob er eine Aufgabe vor sich hatte, die nicht wichtiger sein konnte. Allerdings wusste er nicht, was er überhaupt vorhatte. Eine Versammlung? Im Morgengrauen? Und wozu die ganzen Blüten? Oder die Feier bis in den nächsten Tag?
Doch dann wusste er es plötzlich wieder. Ein breites Grinsen wuchs auf seinem Gesicht, während er verstand, warum die Augen von Legolas so sehr leuchteten wie noch nie. Und warum er Ethuil einfach nicht loslassen konnte, die ebenfalls so glücklich wie noch nie wirkte. Und warum er sich nun mit ihnen freute.
"Es wird fast unmöglich sein, alle bis dahin zu benachrichtigen, sie in ihr bestes Gewand zu stecken, oder die Blüten zu besorgen. Außerdem hat die letzte Feier fast alle Vorratslager geleert."
Er konnte sehen, wie die Ernüchterung die beiden traf, und das Lächeln langsam verschwand. Legolas setzte zu einer Entschuldigung an, da er zu unbedacht und eifrig seine Bitte vorgetragen hatte, aber Aragorn ließ ihn mit einem Wink verstummen.
"Man hatte dies auch von der Aufgabe, Saurons Armeen und den Einen Ring zu vernichten, gesagt, aber wir haben diese bewältigt. Also werden wir auch dies schaffen. Zum Sonnenaufgang wird alles bereit sein."
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Und das war es dann auch tatsächlich.
Es hatten sich wirklich alle auf der Veste versammelt und warteten auf den Moment, in dem sich die Sonne zeigen würde. Allen voran Legolas, der in den Farben Düsterwalds gekleidet die Hände von Ethuil hielt und einfach den Anblick genoss, der sich ihm bot. Irgendwie hatte sie es geschafft, ein wundervolles Kleid aus dunkelgrüner Seide zu beschaffen, das ebenfalls die Zeichen seiner Heimat trug.
"Es ist soweit", flüsterte Thranduil, als die Sonne nun gegenüber der Stadt sichtbar wurde. Augenblicklich verstummten alle Gespräche, und sogar die Hobbits schauten zu dem Brautpaar und Gandalf, der wieder die Leitung der Zeremonie übernommen hatte. Flankiert wurden sie von Aragorn und Gimli, die die Rolle der Zeugen übernommen hatten. In der ersten Reihe standen die Hobbits und die Familien, ein jeder mit einer Blüte in der Hand.
"Dann lasst uns beginnen", sprach Gandalf in seiner volltönenden Stimme und wurde so von allen gehört. "Wir haben uns hier versammelt, um Zeugen zu sein, wie sich Legolas und Ethuil für den Rest ihres Lebens verbinden. Was bei Elben bekanntlich eine verdammt lange Zeit ist. Daher hoffe ich, dass sie es sich gründlich überlegt haben."
Ein leises Lachen ertönte aus den Reihen der Hobbits, das aber sofort von einem vielsagenden Blick von Legolas gestoppt wurde. Dies wiederum ließ ein Räuspern in Aragorns Kehle entstehen, das ein weiteres Lachen versteckte, aber trotzdem von Legolas als solches erkannt wurde. Die Erheiterung setzte sich durch die Reihen der Anwesenden fort und nahm der Zeremonie den Ernst, der nach Gandalfs Meinung unangebracht war.
"Allerdings kann ich mir dessen recht sicher sein, und so hören wir jetzt die Schwüre, die sie sich gegenseitig geben wollen, und an die sie sich für diese ebenso lange Zeit halten werden." Gandalf ging einen Schritt zurück und ließ so die Sonne die beiden in ihr frühes und sanftes Licht tauchen. Mit ihr ruhte die Aufmerksamkeit aller Anwesenden auf ihnen.
Langsam drehten sich Legolas und Ethuil zueinander um und nahmen sich bei den Händen. Je länger sie sich in die Augen sahen, desto mehr verblasste die Umgebung, und sie vergaßen sogar die Präsenz der Anderen. Es gab nur noch sie beide, und auch ihre Worte waren nur für ihr Gegenüber bestimmt. Doch es war wieder so still geworden, dass sie von allen gehört werden konnten.
"Bei unserer ersten Begegnung war ich auf der Suche nach einem Rudel Rehe", begann Legolas mit einem Lächeln, das sofort von Ethuil erwidert wurde. "Die Rehe habe ich ziehen lassen, aber dafür habe ich etwas gefunden, wovon ich nicht einmal wusste, dass ich es suche. Die andere Hälfte meines Seins, ohne das ich nur unglücklich und ohne Ziel durch das Leben streifen konnte. Ohne Ruhe und ohne Zufriedenheit. Aber all das habe ich nun gefunden. Mit meiner Liebe zu dir bin ich jetzt vollkommen, und mit dir an meiner Seite brauche ich mich auf keine Suche mehr begeben, denn jetzt habe ich alles, was ich brauche.
Ich liebe dich, Ethuil, und ich werde auf ewig an deiner Seite stehen, um dir all das zu geben, was du brauchst und willst. Und um dir immer beizustehen, was auch immer das Leben und die Valar für uns vorgesehen haben.
Noch immer sagte niemand ein Wort, doch das Schweigen hatte nun etwas Magisches an sich, denn alle waren davon ergriffen, was Legolas gesagt hatte. Und davon, dass er es so unglaublich ehrlich und ernst gesagt hatte. Und wohl auch, dass er so viele Worte dafür gebraucht hatte, denn er hatte noch nie mehr Worte als nötig benutzt, was in den meisten Fällen nun mal recht wenige waren.
Als dann die Erkenntnis kam, dass er allein schon wegen dieser Tatsache Ethuil mehr als alles andere lieben musste, und sich langsam das eine oder andere Lächeln auf den Gesichtern ausbreitete, begann auch schon Ethuil mit ihrem Schwur, und alle lauschten wieder.
"So viele Worte, wie du jetzt benutzt hast, mein lieber Legolas, so sehr war ich auf dieser Welt verloren. Allerdings wusste ich immer, dass mir ein Teil meiner Seele fehlte, jedoch konnte ich es nicht einmal ahnen, dass ich sie im Düsterwald finden würde. Der Ort, der schon immer einen Teil meines Herzens für sich beanspruchen konnte. Nie hätte ich geglaubt, dass ich dort meine einzige und wahre Liebe finden würde. Denn genau das bist du für mich. Meine wahre Liebe und der fehlende Teil meiner Seele. Du machst mich vollkommen, und ich will und kann nicht mehr ohne dich sein. Dafür werde ich alles tun, und wenn ich dich sogar von den Toten zurückholen muss."
Sie lachte leise und steckte damit alle an, denn jeder konnte sich an den Moment erinnern, als ihr genau das gelungen war. Legolas drückte dankbar ihre Hand, aber sie setzte ihren Schwur fort.
"Ich liebe dich, Legolas, und ich werde dir nicht mehr von der Seite weichen. Ich werde dir ebenso beistehen, auch wenn das heißt, dass ich mich gegen den Willen der Valar auflehnen muss. Wir gehören zusammen, und niemand wird daran etwas ändern können."
Legolas nickte und brauchte nur kurz, um den Sinn ihrer Worte zu verstehen, denn sein Herz hatte ihn schon längst begriffen. Und so zog er sie zu sich und küsste sie, während Gandalf sie beide offiziell als vermählt erklärte. Sie hörten seine Worte nicht, genauso wenig wie den aufbrausenden Applaus. Sie sahen nicht, dass die Sonne nun vollkommen hinter dem Horizont afgetaucht war, oder wie sich die Magie ihrer Liebe ausbreitete und sämtliche Blütenblätter in die Luft hob, die sich nur zu gern vom Wind durcheinander wirbeln ließen.
Erst als der Kuss beendet war, und sie die ersten Glückwünsche entgegen nahmen, wurden die Blütenblätter davon getragen und schmückten so Minas Tirith. die stadt, die wieder eine Feier erleben durfte, die nicht nur alle Völker Mittelerdes verband, sondern auch der Beginn des gemeinsamen Lebens von Legolas und Ethuil war.
Ende
