Kapitel 5

29. August, 1996

Ob du es gespürt hast? Schließlich hast du vor Sorge gezittert ...

Als ich mich endlich dazu durchgerungen hatte, die Augen zuöffnen, spürte ich schon deinen Blick im Nacken.

„Na, endlich wach?", flüsterst du leise und kraulst meinen Bauch.

Zur Antwort drehe ich mich in deinen Armen um, so dass ich dich ansehen kann.

Du lächelst zufrieden.

„Hast du dasselbe geträumt wie ich?", fragst du, beugst dich zu mir runter und küsst mich auf die Stirn.

„Nein, ich habe nicht geträumt, mit einem Mädchen zu schlafen", murmle ich verschlafen zurück.

Du lachst auf und ziehst mich fester an dich.

Natürlich habe ich dasselbe geträumt.

Dass passiert immer, wenn wir nebeneinander liegen.

Wir haben das vor Jahren mal festgestellt, als wie im Sommer nebeneinander auf dem Balkon übernachtet haben.

Nur mit dem Unterschied, dass wir immer häufiger davon träumen.

„Und, wie war ich?", fragst du neugierig.

„Miserabel, wie immer", nuschle ich zwischen meinen Haaren und deiner Brust hervor.

Du drückst mich leicht von dir weg und ziehst eine Schnute.

Ich rolle mit dem Augen.

„O.K., du warst einfach fantastisch. Und jetzt nimm mich in Arme, mit ist kalt."

Du ziehst mich grinsend zu dir, umarmst mich und küsst mich auf die Schulter.

Ich spüre deine Haut.

Wo wir uns gerühren, brennt es.

Unser Spiel.

Seit ich wieder hier bin und Nacht für Nacht neben dir liege, spielen wir es.

Unsere Träume spielen dabei eine große Rolle.

Noch nie ist einer wahr geworden.

Es wäre der letzte Schritt.

Danach gäbe es kein zurück mehr.

Aber wir haben ja Zeit.

„Hey… Gestern, als ich dich gesehen habe, ist mir was eingefallen. Ich wollte dich noch was fragen", sagst du leise in meine Haare.

Ich hebe den Kopf und sehe in deine Augen, die unsicher flackern.

„Ja, ich habe es gespürt", flüstere ich, senke den Blick und bleibe an deinen Lippen hängen.

Du fängst meinen Blick auf, weißt genau, wo ich hinsehe.

Ich höre dich tief Luft holen.

Spüre deine Hand in meinen Nacken.

„Zwei Jahre lang habe ich mich das gefragt…", sagst du mehr zu dir selbst.

Ich lege meine Hand auf deine Hüfte.

Du trägst nur eine Boxershorts.

Ich weiß, dass meine Hände zittern.

Die Hand in meinem Nacken wandert weiter hoch, wühlte sich in meine Haare und…

Zieht mich zu dir.

Ich spüre deine Lippen.

Sie brennen, pressen sich gierig auf meine.

Du legt al dein Verlangen in diese Berührung.

Unruhig bittet deine Zunge sofort um Einlass, der ihr auch gewährt wird.

Erst zaghaft, dann immer fordernder erkundest du meinen Mund, spielst mit meiner Zunge.

Mit einer fließenden Bewegung ziehst du mich noch näher zu dir und rollst dich schließlich über mich.

Mein Körper brennt.

Ich kann dich überall spüren.

Ich will dich überall spüren.

Du tastest nach meinen Händen und hältst sie über meinem Kopf fest.

Ich wehre mich nicht.

Alles was ich will, bist du.

Und du weißt das.

Du ziehst eine Hand zurück und lässt damit eine von mir los.

Die andere verhakt sich in deiner.

Ich merke, wie du hinter dich greifst und winkle meine Beine an rechts und links von dir an.

Du greifst an meinen Knöchel und fährst meine Beine mit deiner Hand nach.

Weiter oben wirst du immer langsamer.

Deine Finger brennen.

Jede Berührung brennt, verlangt nach einer nächsten, will wiederholt werden.

Immer noch spielst du mit meiner Zunge, kannst nicht genug kriegen.

Spielst mit mir.

Lässt mich warten.

Und es macht dir Spaß.

Ich lege meine Hand auf deine Schulter.

Ganz langsam fahre ich mit ihr deine Seite nach.

Deine Brust, deinen Bauch, deine Lenden, obwohl die nicht wirklich zu deiner Seite gehören.

Du keuchst auf und brichst den Kuss.

„Wie du willst", flüsterst du nur mit einem Funkeln in den Augen, von dem jeder andere Angst bekommen hätte.

Mir raubt es den Verstand.

Deine Hand bewegt sich schneller aufwärts.

Du hast deine Finger weit gespreizt, um möglichst viel zu berühren.

Du setzt dich auf, nimmst den Rand meines Nachthemdes in eine Hand.

Mit der anderen greifst du um meine Taille und hebst mich hoch.

Quälend langsam streifst du mir das Hemd über den Kopf.

Am Ende sinke ich zurück aufs Bett.

Für einen Moment sitzt du einfach nur zwischen meinen Beinen und siehst mich an.

Versuchst, dir jeden Zentimeter meines Körpers einzuprägen.

Ich spüre, wie ich rot werde.

Dein Atem geht unregelmäßig.

Deine Augen sind von Verlangen getrübt.

Genau wie meine.

Und doch wartest du.

Hier ist die letzte Haltestelle.

Wenn wir jetzt nicht aufhören, führen wir es zuende.

Ich weiß, dass dir genau dasselbe durch den Kopf geht.

Keiner sagt etwas.

Ich betrachte deinen Körper.

Die feinen Gesichtszüge, die schmale Figur, die Muskeln.

Du bist wirklich kräftiger geworden.

Doch ich entdecke überall kleine, weißschimmernde Narben.

Ich weiß, von wem du sie hast.

Und ich weiß auch, weswegen du diese Zeichen trägst.

Wegen mir.

Eine Träne bahnt sich ihren Weg.

Ich lasse sie gewähren, schließlich muss ich nichts vor dir verbergen.

Du bemerkst die kleine Spur auf meiner Wange und schluckst einmal kräftig.

Dann stütz du deine Arme links und rechts von mir auf und kommst meinem Gesicht auf allen Vieren näher.

Vorsichtig beugst du dich zu mir runter.

Ich schließe die Augen und spüre wie deine Zunge die Träne auffängt.

Wie sie sich ihren Weg meinen Hals hinab zu meinem Oberkörper bahnt.

Du hast die Entscheidung getroffen.

Für uns beide.

Ich bin froh darüber.