Kapitel 9

14. September, 1996

Wahnsinnig? Genial? Adonis?...

„Ah, da seid ihr ja endlich! Setzt euch doch hin, es ist schön, dass ihr da seit!", rief ihnen Dumbledore zu, als die Drei durch die Tür in das Büro schritten.

Vor dem Schreibtisch des Schulleiters standen drei gemütliche Sessel, in die sich die Drei fallen ließen.

„Was war denn so dringend, dass sie uns her bestellt haben?", fragte Herm, etwas nervös, sofort.

„Aber, aber! Kann ich euch nicht mal zu Tee und Keksen einladen, ohne dass ihr glaubt, die Welt wäre wieder in Gefahr?" Nacheinander sah er Herm, Harry und Ron an, die aber seine Vermutung bestätigten.

Dann kicherte er leise und die Gesichter seiner Schüler entspannten sich wieder.

„Nein, ihr habt Recht, es gibt einen Grund, warum ich euch hergebeten habe. Ich bekomme gleich Besuch von einem lieben Freund, und ich dachte mir, ihr wolltet ihn vielleicht auch wieder sehen. Naja, ob Ron ihn wieder sehen will, weiß ich nicht", sagte er, aber beachtete die fragenden Blicke nicht.

Dann ging die Tür leise auf.

„Ah, da seit ihr ja! Nach euch kann man wirklich die Uhr stellen", rief Dumbledore und lächelnd trat Nina ein, Draco hinter sich herziehend.

„Hey Leute", sagte der grinsend.

Harry grinste zurück.

Der Slytherin hatte sich sehr verändert, auch wenn er immer noch wunderbar austeilen konnte.

Ron starrte wie immer auf Nina, die neben seinem Sessel stehen blieb.

Plötzlich vernahm man ein „Plop" und eine rothaarige Gestalt tauchte zwischen den Schülern und dem Schulleiter auf.

„Dad!", rief Ron perplex.

„Hi Ron! Wie geht´s euch so? ich hoffe du machst keinen Ärger", fragte er, wartete aber nicht auf eine Antwort.

„Morgen Dumbledore! Die Idee mit der offenen Verbindung zwischen dem Büro und dem Ministerium hat super funktioniert! Die Anreise war angenehmer als mit jedem verfluchten Portschlüssen, und es waren wirklich viele, den ich je benutzt habe!", sagte er und lachte verlegen, als ihm seine Wortwahl bewusst wurde, und sah dann von dem leicht lächelnden Dumbeldore zu den Malfoys.

„Auch euch ein herzliches Hallo! Ich nehme an, das dieses Mädchen dann wohl deine Schwester ist, oder Draco?", sagte Mr. Weasley.

Ron starrte jetzt seinen Vater an, Harry zog über die freundschaftliche Atmosphäre die Stirn kraus und Hermione wechselte zwischen allen möglichen Personen, unschlüssig, wen sie jetzt ansehen sollte, bis ihr schwindelig wurde.

„Ja, Mr. Weasley, dass ist Nina", sagte Draco, wobei er den zweiten Teil des Satzes zärtlich in das Ohr seiner Schwester flüsterte, ihr seine Arme um die Taille legte und sie fest an sich drückte.

Etwas verlegen sah Rons Vater weg.

Harry und seinen Freunden schmunzelten nur. Sie hatten sich in den letzten zwei Wochen schon daran gewöhnt, dass Draco sich verändert hatte, und auch die Beziehung, die er mit seiner Schwester führte, kam selbst Harry nicht mehr seltsam vor.

Auch wenn die beiden immer wieder Blicke auf sich zogen.

Nina drehte sich in den Armen ihres Bruders um und schlang ihm ihre eigenen um die Hüfte.

„Du schaffst das", flüsterte Draco so leise, dass nur sie es wahrnehmen konnte und küsste sie auf die Stirn.

Dann drückte er sie noch mal fest an sich.

Mit einem entschlossenen Gesichtsausdruck löste sich Nina dann von ihm und drehte sich zu Mr. Weasley.

„Fertig?", fragte der zaghaft.

Sie nickte.

„Na dann. Wir sehen uns dann nachher. Dumbeldore", er nickte dem Schulleiter zu, legte dann seine Hand auf eine der schmalen Schultern von Nina und mit einem weiteren „Plop" verschwanden die beiden.

„Professor? Kann ich vielleicht… hier warten? Ich habe nämlich keine Ahnung, was ich sonst tun soll…", fragte Draco, etwas verlegen.

Dumbledore winkte nur mit der Hand und ein weiterer Sitz tauchte auf, neben Ron.

Dankend ließ sich Draco in diesen Fallen und atmete auf.

Schweigen.

„Malfoy?"

„Ja?"

„Die Sitzgarnitur", sagte Ron und deutete auf die Lehne von Dracos Sessel, in die sich seine Nägel krallten. Etwas verlegen lachte dieser auf und legte seufzend die Hände in den Schoß.

Schweigen.

Schon wieder.

„Sag mal, was macht dich so nervös, Malfoy? Wo ist deine Schwester eigentlich?", fragte Harry dann doch irritiert und Draco sah ihn eine Zeit lang nur an.

„Sie wird verhört", sagte er dann und sah zu Dumbledore. Der nickte.

Er wandte sich an das Trio.

„Nina muss, genau wie ihr Bruder, verhört wurden. Das Ministerium ist noch immer nicht ganz davon überzeugt, dass die beiden unschuldig sind. Zudem sie von Ninas Existenz erst nach dem Tod ihrer Eltern erfahren haben. Draco wurde in den Ferien verhört", fügte er erklärend hinzu.

„Nicht mal das Ministerium wusste von ihr?", fragte Ron ungläubig.

Wie konnte man nur solch einen Engel übersehen.

Halt, verdammt, dass ist Malfoys Schwester, und der sitzt neben mir! Nachher kann der meine Gedanken lesen… uahrg, unangenehme Vorstellung.

„Woran denkst du eigentlich, Weasley? Du wirst ja rot…", sagte Draco neben ihm forschend grinsen, und eine Spur seiner alten Art tauchte wieder auf.

Was nicht gerade dazu beitrug, dass Ron seine normale Gesichtsfarbe zurückbekam. Im Gegenteil.

„Kann es sein, dass dir meine Schwester gefällt?", fragte er, noch eine Spur breiter grinsend.

Ron rutschte ein Stück von ihm weg und drehte den Kopf leicht zu Harry, ohne Malfoy aus den Augen zu lassen.

„Ich mag diesen Typen nicht. Der kann Gedanken lesen", flüsterte Ron seinen besten Freund zu.

Doch zur Überraschung aller lachte Draco daraufhin laut.

Erst kuckten sie verdutzt, lachten aber dann auch mit.

Irgendwann hatten sich alle beruhigt.

Schweigen.

„Warum wusste wirklich niemand von deiner Schwester?", fragte dann aber Hermione vorsichtig.

Verfluchte Neugier!

Einen Moment lang sah es so aus, als würde Draco seine kalte Marke aufsetzten wollen, doch dann schüttelte er leicht den Kopf und sah sie wieder an.

Hermione biss sich nervös auf die Unterlippe.

„Mein Vater wollte nur ein Kind. Einen Jungen, den er zu seinem Erben erziehen konnte. Als er aber Zwillinge bekam, stellte das ein kleines Problem dar. Zwillinge haben, wie du wahrscheinlich weißt, eine sehr enge Bindung. Vater hatte sich aber anscheinend dazu entschlossen, mich so freudlos wie nur irgendwie möglich aufzuziehen. Erst hat er Nina über zehn Jahre lang nicht beachtet, dann hat er sie nach Durmstrang geschickt. Er dachte wohl, dadurch könnte er uns trennen", flüsterte Draco spöttisch. Der Ausdruck auf seinen Augen ließ nicht nur Hermione das Blut in den Armen gefrieren. Zwar war sie selbst Einzelkind, aber sie hatte genug über Lucius gelernt, um sich vorstellen zu können, wir grausam er als Vater sein würde.

Dann fuhr Draco leise, mit einem noch kälteren Ton, auf den Boden zu seinen Füßen sehend, fort.

„Dann geschah genau dass, worauf Vater gewartet hatte. Er hatte uns die ganze Zeit über gegeneinander ausgespielt, und wollte mich letztenendes auch dazu bringen, ein Todesesser zu werden, sonst hätte er Nina umgebracht…

Ich habe sie in ihrem Zimmer gefunden. Sie wollte sich umbringen.

In diesem Moment wusste ich, dass ich sie liebte. Ich wollte sie nicht verlieren. Nachdem ich irgendwie versucht hatte, ihre Wunden zu heilen hielt ich sie ihm Arm. Ich hätte sie nie wieder losgelassen. Doch dann kam er. Ich kann mich an sein zufriedenes Grinsen erinnern, als er uns sah…

Die letzten zwei Jahre habe ich sie nicht gesehen. Vater hatte sie zu Verwandten nach Bulgarien geschickt", schloss er schließlich und langsam entspannten sich seine Gesichtszüge wieder.

Verlegen und etwas ratlos sahen alle zu Boden.

Dracos Geschichte hatte in jedem der Anwesenden einige schmerzhafte Erinnerungen wachgerufen, und jeder hing seinen Gedanken nach.

„Harry?"

Der angesprochene drehte irritiert den Kopf. Er hatte noch nie in seinem Leben seinen Vornahmen von Draco aussprechen hören, nicht auf diese Weise.

Dieser sah ihn nur aus seinen grauen Augen an. Etwas schimmerte in ihrem Inneren. Angst? ... Reue…?

„Ich muss mich wohl bei dir entschuldigen. Bei euch allen dreien. Ich war in den letzten Jahren ziemlich unausstehlich zu euch. Dabei hab ich euch eigentlich nicht gemeint…", sagte er und stütze den Kopf auf seine ineinander herhakten Hände. Stumm sah er auf einen Punkt, denn nur er sehen konnte.

Harry verarbeitete noch immer das, was er gerade gehört hatte.

Es hatte den Blonden bestimmt viel Überwindung gekostet, dass zu sagen.

„Hey Draco!"

Er sah nach oben. Vor ihm stand ein verschmitz grinsender Harry Potter.

Er streckte ihm die Hand entgegen.

Langsam stand er auf.

Jetzt musste er hinab sehen, der Griffindor war einen halben Kopf kleiner als er.

„Frieden?"

Draco musste grinsen.

Dieser Winzling mit dem merkwürdigen Funkeln in den Augen hielt ihm immer noch auffordernd die Hand entgegen.

„Na wenn du das nicht mal bereust!", sagte er lächelnd und schlug ein.

Mitten im Lachen hielt Draco plötzlich inne.

„Sie kommt zurück", sagte er leise und sah sie hektisch um.

Ganz langsam kamen die anderen aus einer In-Erinnerung-Schwelg-Stimmung zurück in die Realität und beobachteten, wir Draco aufstand und unruhig im Raum auf und ab ging.

„Was hat dich denn gestochen?", fragte Harry und winkte Draco zu, der kurz innehielt, dann den Kopf schüttelte und weiter ging.

Harry bemerkte, dass er lautlos seine Lippen bewegte.

Dumbledore wusste anscheinend, was mit seinem neuen Freund los war, dann er beobachtete amüsiert, wie Draco auf und ab ging und schmunzelte.

„Professor, hat dass, wasMalfoy da macht, einen tieferen Sinn?", fragte Ron, der sich, übrigens wie Hermione, genau dasselbe fragte wie Harry.

„Wartet ab, Draco muss sich etwas sammeln", sagte er verheißungsvoll.

Draco blieb plötzlich stehen.

Mitten im Raum waren Mr. Weasley und Nina aufgetaucht.

„Draco!"

Sie fiel ihrem Bruder um den Hals.

„Alles in Ordnung", sagte Mr. Weasley und zwinkerte Dumbledore zu.

Der nickte und deutete seinem Freund, sich auf den Sessel zu setzten, der neben dem von Draco aufgetaucht war.

Rons Vater zog die Stirn kraus, sah auf die beiden Geschwister, die sich umarmten und setzte sich dann mit einem wissenden Lächeln hin.

Nina und Draco waren die einzigen, die noch standen.

Langsam lösten sie sich.

Nina lächelte ihren Bruder glücklich an.

Der versuchte, trotz seiner Nervosität zurück zu grinsen, was ihm aber überhaupt nicht gelang.

Dann gab er es auf und atmete tief durch.

Nina war inzwischen blass geworden.

„Also, wie soll ich anfangen…", fing Draco an und sah sich hilfesuchend um.

Sein Blick blieb an Hermione hängen, die anscheinend als einzige der Drei begriffen hatte, was hier abging. Doch sie schüttelte nur den Kopf.

Da musste er definitiv alleine durch.

Er seufzte, wandte sich wieder seiner Schwester zu.

„Gut, irgendwer hat mal gesagt, lasst Taten sprechen", fuhr er dann fort, griff mit der rechten Hand in seine Hosentasche. Heute hatte er ausnahmsweise keinen Umhang an, sondern ein weißes Hemd und eine schwarze Jeans.

Eine Zeit lang fummelte er in der Tasche rum.

Oh Gott, dachte Hermione belustigt und hielt sich die Hände vors Gesicht, sah aber theaterisch durch ihre Finger, wenn der noch länger so dasteht schläft sie noch ein.

Dann zog er erleichtert aufatmend ein kleines, mit schwarzem Samt bezogenes Kästchen aus der Tasche, und…

Kniete sich vor seiner Schwester hin.

Die wich einen Schritt zurück.

„Du… du willst doch… doch nicht etwa… im Ernst…?"

„Oh doch, genau das", bestätigte er und griff zärtlich nach ihrer Hand.

Harry bemerkte ein Funkeln in seinen Augen, eine Spur seines Alten Stolzes.

Inzwischen hatte auch er begriffen, was hier vor sich ging.

Geschickt öffnete er mit einer Hand das Schmuckkästchen und griff nach einem der Ringe.

Zwei schmale, zierliche, silberne, perfekte Ringe.

Er hielt das Kleinod fest in der Hand, welche vor Aufregung zitterte, und sah hoch zu seiner Schwester, welche heftig schluckte.

„Willst du den Rest deines Lebens mit mir verbringen?", fragte er dann fest.

Stille.

Alle hielten den Atem an.

„Glaubst du wirklich, ich lass dich jetzt noch gehen?", fragte sie dann leise, und lächelte ihren Brudersanft an.

Er lächelte zurück, senke den Kopf und sah auf ihre schlanken, schmalen Finger. Dann streifte er ihr langsam den Ring über.

Als er fertig war, ließ sich auch Nina auf die Knie sinken, griff nach dem zweiten Ring und nach Dracos Hand.

Der beobachtete mit pochendem Herzen, wie ihre weichen Hände das kleine Stück Silber über seinen Ringfinger streiften.

Dann hob Draco wieder den Kopf und sah seiner Verlobten in die Augen.

Und dann fielen sie sich lächelnd in die Arme.

Alle Anwesenden atmeten auf und beobachteten das Pärchen, das auf dem Boden des Büros des Schuldirektors kniete und nun begonnen hatte, sich zu küssen.

Dumbledore würde sich später noch oft an dieses Bild erinnern.

Welcher Schulleiter konnte schon von sich behaupten, dabei gewesen zu sein, als sich ein engelgleiches Paar in seinem Büro verlobte?

Als sie sich lösten, holte Nina tief Luft.

„Du bist…"

„Was?", fragte Draco verschmitz lächelnd.

„Wahnsinnig? Genial? …Adonis?", schnurrte er.

„Eigentlich wollte ich ja Vollidiot sagen", gab sie zurück, legte ihre Finger in seinen Nacken und zog ihn wieder näher an sich heran.

Kurz bevor sich ihre Lippen erneut berührte sah sie ihm nochmal in die Augen.

„… aber Adonis gefällt mir irgendwie besser", flüsterte sie und noch bevor er etwas erwidern konnte, presste sie ihn schon wieder an sich.

eins hab ich noch, eins hab ich noch rumtanz