1. Ein ganz dickes "Entschuldigung", dass ich so lange gebraucht habe mit diesem Kapitel!

2. Ein dickes "Danke!" an für die netten Kommentare! Ich versuche euch nicht zu enttäuschen.

3. Ich suche jemanden, der meine Geschichten noch mal liest/nach Fehlern sucht etc. bevor ich sie hier hochlade (ich will gar nicht wissen, wie viele Fehler da immer drin sind...). Also, Freiwillige vor!

Achtung! Dieses Kapitel ausnahmsweise mal aus der Sicht des Mädels (hoffe, ich hab das nicht ganz verhauen, bin ja keins)!

Kinder dieser Erde - Nennen wir das Kind beim Namen...

Als ich erwachte, wusste ich nicht wo ich war, nicht wie ich dort hingekommen war und nicht, wie lange ich schon dort war. Ich konnte nicht einmal sagen, welche Tageszeit es gerade war. Alles war dunkel. Ich wusste aber mit Sicherheit, dass ich mich nicht zu Hause, in meinem Planwagen befand, wie ich es sonst tat, wenn ich aufwachte. Dort hätte es kalt sein müssen, feucht vom Regen und ungemütlich. Ich lag nicht auf der schmalen Bank, die normalerweise mein Bett darstellte. Stattdessen spürte ich unendlich weiche Kissen unter meinem Körper, sogar zusätzliche, die meinem Kopf stützten.

Zum ersten Mal seit vielen Monaten wachte ich aus meinem Schlaf auf, ohne dass ich unkontrolliert zitterte oder dass meine Zähne laut klapperten aufgrund der Kälte. Es war so wunderbar warm dort. Aber wo befand ich mich, wenn nicht zu Hause? Was konnte sich dermaßen himmlisch anfühlen? Bedeutete das, dass ich tot war? War ich nun endgültig in diesem elenden Land erfroren?

Nein, ich musste bald feststellen, dass dies nicht der Fall sein konnte. Je weiter ich mein Bewusstsein wiedererlangte desto weiter kehrte auch meine Erinnerung zurück und ich wurde mir schließlich bewusst, wo ich war. Ich lag auf dem Bett von diesem seltsamen Mann, dessen bittere Medizin einen widerlichen Nachgeschmack auf meiner Zunge hinterlassen hatte.

Ich versuchte mich aufzusetzen, jedoch ohne großen Erfolg, denn jegliche Kraft, die normalerweise meinem Körper innewohnte, hatte diesen offenbar gänzlich verlassen. Ich wandte den Blick zu meiner linken und sah verschwommen ein Licht, zweifellos von einer Kerzenflamme ausgehend, in der angenehmen Dunkelheit aufleuchten. Doch ihr Schein war nicht annähernd hell genug, um weit in das Zelt hineinsehen zu können, selbst für jemanden mit normalen Augen nicht. Ich wusste nicht, wie lange ich so dalag, unfähig mich zu bewegen, unfähig meine Umgebung zu begutachten und mit einem äußerst unangenehmen Gefühl, vollkommen ausgeliefert zu sein. Und abgesehen vom lauten Prasseln, das der Regen auf der Zeltdecke verursachte, herrschte vollkommene Stille.

Wo befand sich also mein geheimnisvoller Retter, wenn er sich nicht ebenfalls hier aufhielt? Dieser merkwürdige Mann hatte mich doch wohl nicht, hilflos, wie ich nun mal war, hier allein zurückgelassen? Schon seltsam… in dieser absolut feindseligen Umgebung, die dieses Land war, wünschte ich mir einen Mann herbei, der mir so fremd war, dass ich nicht einmal seinen Namen kannte, geschweige, dass ich sein Gesicht gesehen hätte. Ich musste wahnsinnig geworden sein! Aber hatte dieser Mann überhaupt etwas getan, in der Zeit seit ich ihm begegnet war, womit er mein Misstrauen wirklich verdient hätte? Nein, denn obwohl seine Ausdrucksweise nicht gerade von großer Geduld zeugte, war er doch auf seine Weise freundlich gewesen, hatte mich bei sich aufgenommen und sich um mich gekümmert. Und das war eindeutig mehr, als man von den meisten anderen Reisenden auf diesem Weg erwarten konnte.

Für eine Weile verloren sich meine Gedanken in Überlegungen an den weiteren Verlauf meiner Reise, an den Jahrmarkt, an die gaffende Menge, die sich vor meinem Wagen ansammeln würde, an das Geld, das diese Leute mit sich bringen würden. Mein Wagen, er musste immer noch ungefähr eine Stunde Fußmarsch von hier aus im Schlamm stecken! Hoffentlich waren noch nicht irgendwelche Diebe über ihn und meine gesamten Habseligkeiten hergefallen, denn dort befand sich alles, was ich besaß auf dieser Erde. Ich musste schnell wieder zu Kräften kommen, soviel stand fest, und retten, was noch zu retten war.

Meine Gedanken wurden unvermittelt unterbrochen, als von der anderen Seite des Zeltes plötzlich ein grelles, graues Licht in den Raum brach, das schmerzhaft in den Augen brannte, bis sie tränten. Ich hob die Hände vors Gesicht, erst jetzt fiel mir auf, dass mein Schleier, der sonst schlimmeres verhinderte, nicht an seinem Platz war. Mit einer hektischen und zugleich anstrengenden Bewegung griff ich nach dem schweren Stoff, der meine empfindlichen Augen schützte.

So plötzlich, wie das helle Licht aufgetaucht war, so plötzlich verschwand es auch wieder aus dem Raum. Erleichtert über die wiedererlangte Dunkelheit, bemerkte ich erst spät, dass eine Person das Zelt betreten hatte und auf dem Weg zu meinem Lager war. Und erst als besagte Person sich neben mich auf den Boden kniete, erkannte ich, dass es sich um meinen Retter handelte. Das grelle Tageslicht war wieder ausgesperrt, ich nahm den Schleier wieder ab und blinzelte ein paar Mal.

„Sie sind wach, das ist gut. Haben Sie Hunger?"

Der Gedanke an Essen ließ mich unwillkürlich würgen.

„Nein, vielen Dank.", bracht ich hervor, nachdem ich mich wieder einigermaßen gefasst hatte.

„Wie heißen Sie eigentlich?"

Ich konnte seinen Gesichtsausdruck nicht erkennen, was zum einen an meiner schlechten Sehfähigkeit und zum anderen an der schwarzen Halbmaske lag, die er trug, aber ich konnte deutlich erkennen, dass sich seine Körperhaltung unbehaglich anspannte.

„Für gewöhnlich nennt man mich den lebenden Leichnam, wenn ich auftrete."

Irgendwo hatte ich diesen Namen schon einmal gehört, aber ich konnte mich überhaupt nicht daran erinnern, zu welcher Gelegenheit oder in welchem Zusammenhang. Außerdem, er erwartete von mir doch wohl nicht ernsthaft, dass ich ihn so nannte, oder?

„Tja, aber dies hier ist kein Auftritt, oder? Also, wie soll ich Sie anreden?"

„Wenn sie mich fragen, ist dieses ganze Leben nichts weiter, als ein einziger großer Auftritt, Mademoiselle." Dafür, dass er nicht wesentlich älter erschien, als zwanzig, lag eine bemerkenswert starke Verbitterung in seinen Worten.

„Aber wenn sie unbedingt darauf bestehen, nennen Sie mich Erik."

Ich nickte zustimmend.

„Und wie soll ich sie ansprechen? Mondenkind?"

Das letzte Wort klang fast verachtend, als würde er sich darüber lustig machen, dass ich seinen ´Titel nicht anerkennen wollte, aber selbst auch einen benutzte. Aber woher kannte er diesen Namen überhaupt? Ich war als Attraktion der Jahrmärkte sicherlich noch nicht so bekannt, dass jeder meinen Künstlernamen kannte.

„Sie haben also von mir gehört?" Ich versuchte so gut wie möglich selbstsicher zu klingen.

„Nein, aber ich habe Ihren Karren, den Sie als zu Hause bezeichnen, aus dem Morast gezogen. Und im Gegensatz zu dem übrigen Zigeunerpack, kann ich lesen."

Mein Wagen! Er hatte meinen Wagen, mein ein und alles aus dem Schlamm gerettet! Ich hatte mich selten in meinem Leben so sehr gefreut, wie in diesem Moment und trotz meiner immer noch anhaltenden Schwäche, schaffte ich es mich aufzusetzen und versuchte näher zu Erik zu rutschen. Ich wollte dem Mann ins Gesicht sehen, wenn ich ihm dankte. Doch sobald ich mich ihm näherte, umso weiter nahm er abstand von mir. Was hatte ich ihm getan, dass er vor mir zurück wich?

„Erik, bitte kommen Sie etwas näher. Ich möchte Ihnen aufrichtig dafür danken, dass Sie das für mich getan haben, aber wenn Sie soweit weg sind kann ich ihnen nicht einmal ins Gesicht sehen."

„Glauben Sie mir, da verpassen Sie nichts. Das werden Sie noch früh genug sehen." Er wandte sich wieder Richtung Ausgang.

„Bedecken Sie Ihre Augen, ich muss wieder hinaus. Das Dach ihres Wagens ist etwas beschädigt, ich werde es reparieren. Morgen müssten Sie wieder gesund genug sein, um Ihren Weg fortzusetzen."

Erik wollte gerade hinaustreten, als ich ihn noch einmal aufhielt.

„Fabienne!" Ich sah, wie er sich noch einmal zu mir umdrehte.

„Mein Name… ich heiße Fabienne."

Er nickte und ging.