Dank, an Erbsenpueree und Silberflügel für ihre sehnlichst erwarteten Reviews.

Die heulende Hütte

Etwas unruhig beobachtete Lily, wie Remus die Tür des schwankenden Gebäudes öffnete, welche darauf hin aus der oberen Angel brach und Remus fast umgehauen hätte.

Schnell winkte er Lily, an ihm vorbei zu gehen. Nachdem sie in das dämmrige „Haus" getreten war, ging er rückwärts, die Tür in den Händen, denselben Weg, und befestigte sie notdürftig wieder im Rahmen.

„So, dass wäre geschafft", sagte Remus, mehr zu sich selbst, drehte sich um und ging an der etwas fehl am Platz wirkenden Lily vorbei zur Treppe, die noch instabiler aussah als die Wände, die mehr einem Sieb glichen.

Vor der Treppe blieb er stehen und bückte sich.

Als er sich wieder zu Lily umdrehte, hielt er eine Sturmlampe in der Hand, die er auch sogleich mithilfe seines Zauberstabes entzündete.

„Geht es dir gut?", fragte er besorgt, als er Lilys gedankenverlorenen Blick bemerkte.

Lily zuckte zusammen. Ihr war nicht ganz wohl in ihrer Haut, doch als sie sah, das Remus ihr seine Hand entgegenstreckte, und mit der Lampe, die alles in ein sanftes Licht tauchte, auf die Treppe deuten, schluckte sie trocken und ging, Hand in Hand mit Remus, die Treppe zum oberen Stockwerk hoch.

Dort führte Remus sie wortlos in ein größeres Zimmer, in dem sich ein Himmelbett in der einen Ecke, ein Flügel in der Mitte, und ein Haufen Stroh, über das ein Decke ausgebreitet war, gegenüber dem Bett befanden.

Die Wände bestanden nur aus zusammengenagelten Brettern, und die Zeit hatte viele Spalten geöffnet, die jedoch, jede einzelne, fein säuberlich mit einem Tuch verdeckt waren.

Lily blieb erstaunt stehen. Der Raum sah nicht so verwittert aus wie der Rest des Hauses, hier hingen keine Spinnweben, und auch sonst lag hier nicht viel Staub. Den Flügel in der Mitte des Zimmers konnte man sogar als poliert bezeichnen. Er war aus einem antiken, schwarzen Holz; Er musste hier schon Ewigkeiten stehen.

„Komm", sagte Remus leise, nachdem er die Tür, welche erstaunlich neu aussah im Gegensatz zum Rest des Hauses, sorgfältig geschlossen hatte.

Lily, mehr oder weniger von Remus mitgezogen, bekam von eben diesem gedeutet, es sich auf dem Himmelbett so bequem wie nur möglich zu machen.

Er selbst setzte sich auf den Hocker, der vor dem Flügel stand, stellte die Lampe auf ihm ab und drehte sich dann zu ihr.

Lily sah sich immer noch um. Draußen konnte man immer noch den Sturm erbarmungslos toben hören, doch hier drinnen, in diesem seltsamen Raum, schien alles irgendwie beruhigend zu wirken. Mit der Zeit wurde das Toben leiser, und sie entspannte sich.

Mit angezogenen Knien und darum geschlungenen Armen betrachtete sie ihren gegenüber, dessen Gesicht nicht vom Licht angeschienen wurde.

„Seltsam", sagte sie nach einiger Zeit, und richtete damit Remus Aufmerksamkeit auf sich, der zuvor gedankenverloren auf den Boden gestarrt hatte.

„Was meinst du?", ging Remus auf sie ein, und wenn Lily nicht alles täuschte, funkelten seine Augen für einen kleinen Moment ängstlich.

„Dieser Raum… er wirkt so… bewohnt", sagte sie gedehnt und sah sich wieder um, „Es scheint als wäre jemand vor nicht allzu langer Zeit gewesen…", schlussfolgerte sie weiter.

Remus schwieg und begnügte sich damit, sie anzusehen.

Als Lily sich ihm wieder zuwandte lachte er leise.

„Was ist?", fragte sie, und musste auch lachen. Remus hatte so etwas Mitreißendes an sich.

„Nichts", flüsterte er, nachdem er sich beruhigt hatte, und schüttelte dann leicht den Kopf, „Mir ist nur mal wieder aufgefallen, was für eine hübsche junge Frau aus dem kleinen frechen Mädchen geworden ist", fügte er hinzu und blickte zu Boden. Sein Blick wirkte betrübt, fast traurig.

„Ich bin fünfzehn, also noch lange keine Frau", protestierte sie, und holte damit Remus aus seiner Starre zurück.

„Dann also doch eher immer noch das freche Mädchen", entgegnete er und grinste sie herausfordernd an.

„Na warte", rief sie lachend, blickte schnell über ihre Schulter, griff nach einem der Kissen, die am Kopfende des Bettes lagen, und wollte es ihm schon mit voller Wuchte entgegenschleudern.

Doch grade, als sie ihren Blick wieder nach vorne zu ihm wandte, erschrak sie.

Remus, der bis eben noch auf dem Hocker gesessen hatte, stand jetzt, zu ihr runter gebeugt, vor ihr, mit der linken Hand ihr rechtes Handgelenk umfassend.

Unbeachtet fiel Kissen aufs Bett.

Ganz langsam, wie in Zeitlupe, kam Remus Lily näher. Sein Blick fixierte sie.

Lilys Herz begann zu rasen, und ihr Kopf dröhnt auf einmal gewaltig. Sie war nicht im Stande, einen klaren Gedanken zu fassen, und so ließ sie es bleiben.

Ohne seine Augen von ihr zu wenden, tastete Lupin nach Lilys anderer Hand, die sich sofort mit seiner verhakte.

„Lily", stieß er hervor. Auch sein Atem ging schneller.

Die angesprochene jedoch erwiderte nichts. Ihr Blick, der stetig zwischen seinen Augen und seinem Mund wechselte, war Antwort genug.

Langsam ließ Lily sich nach hinten fallen, bis sie flach vor Remus auf dem Bett lag.

Der stützte seine Hände links und rechts von ihr auf, senkte seinen Kopf immer weiter, bis er nur noch Millimeter von ihren Lippen entfernt war.

Lily hielt die Anspannung kaum noch aus. Ihr Atem ging schnell und rasselnd, doch sie wagte sich nicht zu rühren.

Genau in dem Augenblick, in dem Lily sich sicher war, dass er sie küssen würde, und die Augen schon geschlossen hatte, richtete er sich ruckartig auf.

„Ich kann das nicht…", murmelte er und trat, mit vor Schreck geweiteten Augen vom Bett zurück.

Lily starrte ihn nur fassungslos an, während sie sich aufrichtete.

„Ich… es tut mir leid", flüsterte Remus und senkte beschämt den Kopf.

„Was tut dir leid?", fuhr sie ihn forsch an, worauf Remus hochschreckte, „Es ist ja nicht passiert was dir leid tun könnte!"

Nachdem sie gesprochen hatte, seufzte er, setzte sich wieder auf dem Hocker und sah sie traurig an.

„Es sind nicht nur geschehene Dinge die uns verletzten, sondern auch jene, die nicht geschehen sind. Glaub mir, dass weiß ich aus eigener Erfahrung." Seine Stimme wurde immer leiser und Lily fühlte sich augenblicklich schuldig für dass, was sie ihm an den Kopf geschmissen hatte.

„Remus, es muss dir nicht leicht tun", sagte sie einfühlsam und stand auf, „Ich habe überreagiert", dabei ging sie auf ihn zu und legte ihm ihre Hand aufmunternd auf die Schulter, „Du musst nichts tun, was du nicht selber willst. Dazu würde weder ich, noch irgendjemand sonst dich je zwingen. Lass dir einfach Zeit."

Eine Weile sahen sich beide nur in die Augen, bis Remus plötzlich aufstand und sie sanft in die Arme nahm.

„Danke", flüsterte er. Lily war erst etwas überrascht, doch dann erwiderte sie seine Umarmung, und während sie ihm beruhigend über den Rücken strich, flüsterte sie zurück:

„Hab ich doch gern gemacht."