So, damit ist das Kapitel fertig, das Fünfte folgt in Kürze, ab jetzt geht's hoffentlich schneller! Vielen Dank für die Review!!
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Beim ersten Hahnenschrei erwachte Will schlaftrunken. Draußen war es noch nicht einmal ganz hell, aber an seinem Fenster gingen bereits die ersten Leute vorbei zur Arbeit. Mit zerknautschtem Gesicht setzte sich Will auf den Bettrand und rieb sich die Augen. Er fühlte sich, als sei er von einer Kutsche überfahren worden und er fürchtete, dass er auch beinahe genau so aussah. Will hatte seine Kleidung gleich angelassen. Erstens hatte er es nicht mehr geschafft sich zu entkleiden und zweitens sparte er jetzt Zeit und konnte gleich zur Arbeit gehen. Er stand auf, streckte sich einmal und gähnte herzhaft. Dann tat er sich ein paar abstehende Strähnen hinter sein Ohr und aß auf die Schnelle einen Brotkanten. In den Spiegel an der Wand neben der kleinen Küche warf er nur einen flüchtigen Blick hinein, viel zu retten war heute an seinem Aussehen eh nicht mehr, wie er fand. Er hatte Mühe die Augen offen zu halten als er die zwei Stufen aus seinem Häuschen hinausschritt und zur kleinen Schmiede ging. Er hätte heute viel dafür gegeben nicht arbeiten zu müssen. Die Leute die ihm entgegen kamen grüßte er nur flüchtig. Als er um die Ecke bog, stolperte er fast über ein unvorsichtiges Huhn, das auf der Erde nach Körnern pickte und er wich im letzten Moment einem Karren aus, der durch die Straße geschoben wurde. Er war sogar zu müde gewesen sich die Begegnung von gestern Nacht noch einmal durch den Kopf gehen zu lassen. In der Schmiede angekommen traf er auf Mister Brown, der bereits das Feuer schürte. „Jungchen, du siehst ja aus wie der Tod höchst persönlich! Die Nacht war wohl lang..."
„Guten Morgen, Mister Brown. Ich hab nicht gut geschlafen letzte Nacht", erklärte er flüchtig und griff nach seinem Werkzeug, das er ausnahmsweise mal nicht ordentlich zurückgelegt hatte. Will kam es so vor, als hätte er überhaupt nicht geschlafen in der letzten Nacht...
Mister Brown nickte nur und erklärte ihm dann kurz was alles getan werden musste. Will hätte auf diese Erklärung eigentlich verzichten können, denn er selbst war es gewesen, der beinahe alle Bestellungen angenommen hatte und der auch wusste wann die Leute sie brauten. Er fing an mit Mühe seine Arbeit zu machen und musste zeitweise ernsthaft aufpassen, dass er nicht einschlief. Immer wieder ertappte er sich dabei, wie er mit den Gedanken abdriftete und ihm wirres Zeug in den Kopf kam, dass man schon mit Träumen vergleichen konnte. Er merkte wie unkonzentriert er bei der Arbeit war und es ärgerte ihn. Seine Arbeit machte er sonst exzellent, nur heute war er dazu nicht fähig. Er verbrannte sich sogar beinahe an dem heißen Stahl, das war ihm das letzte Mal am Anfang seiner Lehrzeit passiert... Doch er war zu stolz und zu pflichtbewusst um Mister Brown eine Ausrede zu liefern, damit ihn dieser früh nach Hause schickte. Außerdem fürchtete er, würden sie so mit den ganzen Bestellungen in Verzug geraten. Will arbeitete weiter. Den ganzen Vormittag über. Irgendwann drang neben seine Hammerschläge ein leises Schnarchen an sein Ohr, dass ihm sagte, dass Mister Brown auf seinen Stammplatz zurückgekehrt war. Ein kleiner hölzerner Schemel, auf dem er, wie jeden Tag, schlief.
Will kümmerte es nicht. Er tat sein Tageswerk weiter bis die Mittagsstunden rum waren und der frühe Nachmittag hereinbrach. Langsam verflog die Müdigkeit oder er merkte sie nicht mehr. Oft nahm er einen Schluck Wasser um sich abzukühlen, denn seine Haut klebte bereits vom Schweiß.
„Du hast nicht zufällig Lust auf eine Pause", fragte eine wohlbekannte Stimme.
Will drehte sich verdutzt um. „Wie bist du hier reingekommen", entfuhr es ihm voller Überraschung.
Stiefelriemen zog die Augenbraue hoch. „Na durch die Tür."
Will legte seinen Hammer weg. „Was willst du denn?"
„Dich fragen ob du nicht zufällig Lust auf eine Pause hast", erklärte Stiefelriemen und zog die Augenbraue noch ein Stück höher.
Will schüttelte nur über sich selbst den Kopf, als er erkannte was für sinnloses Zeug er fragte.
Stiefelriemen grinste und stellte sich vor Mister Brown. „Die Arbeitswut in Person isser nicht gerade... Ist das der Junge, der die Schmiede leitet?"
„Er ist mein Vorgesetzter...", erklärte Will. „Und ja, er leitet die Schmiede."
„Ich beneide die Leute, die im Schlaf arbeiten..."
Will seufzte.
„Denkst du dein ‚Vorgesetzter' hat etwas dagegen, wenn du eine Pause machst?"
„Nein, denn erstens hatte ich noch keine Mittagspause, zweitens wird er es nicht einmal merken und drittens müsste er dafür Verständnis haben, sein ganzes Leben ist eine Pause."
Mister Brown schnarchte rasselnd, wie als wollte er Wills Aussage bestätigen.
„Na dann komm", rief Stiefelriemen fröhlich aus und ging voraus. Will folgte kopfschüttelnd, er fragte sich was ihn jetzt erwarten würde. Sie gingen bis hinunter zum Hafen, wo ein reges Treiben herrschte. Gerade war ein Handelsschiff mit Ware angekommen und die Seeleute brachten alles mögliche an Land. Ein Stück weiter lag die Dauntless auf der sich einige Navymitglieder aufhielten. Ein strenger Fischgeruch stieg Will in die Nase, der von einem kleinen Fischkutter zu stammen schien, der ebenfalls gerade im Hafen angelegt hatte. Will und Stiefelriemen gingen noch ein Stück weiter, bis zu einem kleinen Markt.
„Ich werde wieder zu der Insel segeln", begann Stiefelriemen ganz plötzlich das Gespräch, während er sich einige Gegenstände an einem Stand betrachtete.
„Warum", fragte Will, doch er konnte sich die Antwort beinahe denken.
„Ich will meine Blutschuld bezahlen. Nur so kann ich endlich von dem Fluch erlöst werden. Und das für immer."
Will nickte. „Du weißt wo die Insel liegt?"
„Ja, natürlich schließlich haben wir von dort das ganze Gold geraubt. Und dort hat uns ja auch der Fluch geholt", erklärte Stiefelriemen und hängte sich eine Kette um, die ziemlich eigentümlich an ihm aussah.
„Was für ein Schiff wirst du nehmen?"
„Das ist eine gute Frage Will... Ich denke, ich muss mir eins ‚leihen'", sagte Stiefelriemen und lächelte.
Will schreckte zurück. „Du willst es stehlen", sagte er scharf. Er und Stiefelriemen traten an eine einsame Stelle wo nicht so viele Leute waren um ungestört weiter reden zu können.
Stiefelriemen machte eine komisch aussehende Geste, die ein Gemisch aus Schulterzucken und Kopfschütteln war. „Na was denn, denkst du sie schenken mir eins wenn ich sie frage? Wenns deinem Seelenfrieden dient, bringe ich es danach wieder zurück!"
„Du könntest es auf ehrlichem Weg versuchen...", sagte Will empört.
„Womit? Ich habe nur ein paar Geldstücke, die ich so nem Bettler kurz vor deiner Schmiede geklaut habe. Denkst du sie geben mir dafür ein Schiff?"
Will sah ihn entrüstet an. „Du hast den Bettler beklaut?"
Stiefelriemen verdrehte die Augen. „Ich brauche ein Schiff Will! Hast du Geld und würdest es mir geben? Dann kann ich's auf die ehrliche Art und Weise versuchen."
Will verzog das Gesicht. „Ich habe nicht so viel Geld, dass es für ein ganzes Schiff reicht. Und außerdem würde ich niemals einem Piraten mein Geld geben und darauf hoffen, dass er es mir eines Tages zurückbringt, selbst wenn er mein Vater ist!"
„Ich habe auch nie gesagt, dass ich es dir zurückgeben würde, auch wenn du mein Sohn bist", grinste Stiefelriemen,
Will stand der Ärger im Gesicht.
Stiefelriemens Grinsen erstarb und er wechselte schnell das Thema. „Also eigentlich war das auch gar nicht der Punkt, warum ich noch mal mit dir reden wollte... Ich wollte dich fragen ob du mich begleitest!"
„Wie denkst du dir das? Ich habe Arbeit und ich kann Elizabeth nicht so lange alleine lassen. Außerdem werde ich wohl kaum mit einem gestohlenen Schiff und einem Piraten an meiner Seite aus dem Hafen dieser Stadt schippern, in der ich gerne leben möchte!"
„Du kannst Elizabeth ja mitnehmen, ich würde mich freuen sie kennen zu lernen, wo sie doch bald ein Mitglied der Familie wird."
„Nein. Wie denkst du soll das gehen? Wir klauen uns ein Schiff und segeln dann alle zu dieser Insel?"
„Ja, so dachte ich das..."
Will blieb die Luft weg und Zorn stieg in ihm auf. Ein Schweigen entstand zwischen ihm und Stiefelriemen. „Hör mir zu Will. Es geht nicht nur um mich. Du hast gesagt Jack war auch verflucht. Vielleicht ist der Fluch auch zu ihm zurückgekehrt!"
„Was interessiert mich Jack", log Will.
„Dich vielleicht nicht – mich schon", antwortete Stiefelriemen scharf und Will hatte ihn noch nicht so streng sprechen hören. In seinen Augen glitzerte es und sein Gesicht hatte sich verhärtet. „Ich hätte dich nicht fragen sollen. Ich hätte wissen müssen, dass du so reagierst. Deine ganze Erscheinung verrät ja schon deine hochnäsige Art!"
„Ich bin kein Pirat. Ich war nie einer und ich werde auch nie einer sein! Und ich bin nicht hochnäsig nur weil ich mich weigere ein Schiff zu stehlen!"
„Und doch tatest du es um Elizabeth zu retten! Sie war dir so viel wert und ich bin es nicht?"
„Unser Gespräch führt zu nichts", bemerkte Will kalt und wand den Blick ab.
„Will... Ich verspreche dir bei meiner Ehre, ich bringe dieses dumme Schiff zurück! Ich brauche mindestens noch einen zweiten Mann um das Schiff zu segeln, deshalb habe ich dich gefragt", erklärte Stiefelriemen und seine Miene lockerte sich wieder.
Will schüttelte den Kopf. „Immer wenn ich Piraten begegne gerate ich danach in Schwierigkeiten!"
„So sind wir...", sagte Stiefelriemen und grinste.
Will überlegte eine Weile. „Wir segeln da nur hin, du zahlst deine Blutschuld und dann fahren wir wieder?"
„Mein Wort drauf!"
„Ich werde Elizabeth fragen. Sie und ihr Vater haben einen guten Draht zur Royal Navy. Vielleicht sind sie bereit uns ein Schiff zu leihen, immerhin ist Elizabeths Vater Gouvernor. Wenn sie das aber nicht tun, dann tut es mir sehr leid für dich. Ich stehe auf keinen Fall ein Schiff!"
„Guter Junge... Das ist ein Deal!"Stiefelriemen grinste breit und reichte ihm die Hand.
„Ich muss wirklich übermüdet sein...", murmelte Will verbissen und schüttelte ihm beinahe wiederwillig die Hand. „Ich kann aber frühestens in einer Woche, erst mal muss ich Elizabeth alles erklären und dann muss ich noch die Arbeit in der Schmiede fertig machen."
„Nur zu... Immerhin habe ich jetzt einen Mann und ein Schiff!"
„Vielleicht ein Schiff..."
„Ja, vielleicht..."
„Ich sollte jetzt wieder arbeiten gehen. Ich habe noch viel zu tun", erklärte Will dunkel und wand sich um zum Gehen. Stiefelriemen warf ihm noch einen Abschiedsgruß zu und sagte ihm, dass er ihn bald wieder besuchen würde, aber Will hob nur flüchtig die Hand zum Abschied. Er wusste nicht warum er gerade zugesagt hatte. Wenn Stiefelriemen Recht hatte und Jack war vielleicht ebenfalls verflucht, dann tat er es für Jack. Vielleicht hatte er auch ein bisschen Mitleid mit seinem Vater und tat es deshalb.
„Hier entlang", zischte Pintel und winkte Ragetti und Grapple zu sich heran. Die Piraten hatten sich zu dritt zusammengetan, so war es unauffälliger in der Stadt voran zukommen. Bo'sun und Mallot schmiedeten am Strand weitere Pläne und der Rest der Piraten hatte sich in viele kleine Gruppen aufgeteilt und war auf dem Markt unterwegs um hier und da ein paar nützliche Dinge mitgehen zu lassen. Ragetti hatte bereits ein seidenes Tuch erbeutet, das sich als Damentuch entpuppte, aber er war der festen Überzeugung es behalten zu wollen. Grapple hatte bereits zwei Dolche, er war der Meinung nicht ohne eine Waffe auf ein Schiff zu gehen. Waffen gehörten seiner Meinung nach zu einem Piraten, so wie der Schwanz zum Hund.
Die Taktik der Piraten war recht einfach. Grapple, der von den dreien am wenigsten nach einem Piraten aussah, weil er all seine Tätowierungen und verräterischen Zeichen unter einem gestohlenen Hemd verbarg, ging zu dem auserwählten Verkäufer und stellte meist sinnlose Fragen. Hinter seinem Rücken nahmen sich Ragetti und Pintel das, was sie begehrten und versteckten die Sachen in ihren Hosentaschen oder unter ihren Hemden. Die Piraten hatten sich gezielt den Markt ausgesucht, denn hier in Mitten der vielen Menschen fiel das Klauen am wenigsten auf. Und die Piraten wollten kein Aufsehen erregen, denn nichts wäre jetzt dümmer, als im Gefängnis zu landen.
Erneut hatten sich die drei Seeräuber einen Marktstand ausgesucht und Grapple verstrickte den Händler in ein Gespräch, während Pintel und Ragetti sich von der Ware auf dem Tisch bedienten. Ragetti steckte ein paar Perlen, ein Messer und eine Flasche ein und Pintel nahm sich eine Pistole. Als die den ‚Einkauf' beendet hatten, zogen sich die beiden Piraten zurück und warteten darauf, dass Grapple ihnen folgte, was dieser auch bald tat.
„Hier ist Wein drin", stellte Ragetti fest, als er sich die Flasche, die er erbeutet hatte, näher betrachtete.
„Wunderbar, du kannst damit eh nichts anfangen...", gab Pintel zu bedenken und strich über seine neu erworbene Pistole. Ragetti zuckte mit den Schultern und nahm einen Schluck aus der Flasche. Der Wein schmeckte für ihn nach gar nichts. Er spürte ihn nicht mal in seinem Mund, schluckte ihn aber dennoch herunter. „Verfluchter Fluch", raunte er und hob den Blick. Verwundert schüttelte er den Kopf. Dann senkte er den Blick wieder und besah sich die Flasche. „Ähm...", setzte Ragetti an. Der Pirat rieb sich sein Holzauge und zupfte Pintel am Hemdärmel. „Sag mal kann ich betrunken werden?"
„Nein Ragetti, du bist verflucht und hast außerdem nur einen Schluck getrunken", fauchte Grapple böse, noch bevor Pintel antworten konnte. Er fragte sich jetzt zum wiederholten Male wieso ihn Bo'sun mit so einem Schwachkopf wie Ragetti in eine Gruppe gesteckt hatte.
„Aber... Ich sehe doppelt", protestierte Ragetti.
Pintel zuckte mit den Schultern als Grapple ihm einen fragenden, sehr säuerlichen Blick zuwarf.
„Da! Ist das nicht Will Turner, der Sohn von Stiefelriemen? Wieso ist der doppelt?"
Pintel und Grapple drehten sich gleichzeitig um und blickten zu der Person, auf die Ragetti ganz auffällig mit dem Finger deutete.
„Ragetti...", fauchte Grapple und schlug ihm den Arm runter. „Wie wäre es noch auffälliger?"
„Ehrlich", wollte Ragetti wissen, doch Grapple verdrehte nur die Augen und betrachtete sich die zwei Personen.
„Ich sehe sie auch doppelt", bemerkte Pintel.
„Das liegt daran, weil es auch zwei Männer sind, ihr Holzköpfe", antwortete Grapple. Beide setzten daraufhin einen schuldbewussten Blick auf. Ohne eine Erklärung abzugeben, tarnte sich Grapple indem er sein Gesicht größtenteils verbarg und ging rasch zu Will und Stiefelriemen hinüber. Er stellte sich mit den Rücken zu ihnen und tat so als würde er sich eine mit feinen Linien verzierte Flasche genau betrachten, sein Gehör war jedoch eindeutig auf die Stimmen hinter ihm gerichtet. Als Will und sein Vater den Stand verließen, war es Grapple zu auffällig ihnen zu folgen, doch er hatte genug gehört. Er eilte zu Pintel und Ragetti zurück, lief ohne ein Wort an ihnen vorbei und verließ den Markt mit schnellen Schritten. Seine zwei Kumpanen folgten ihm mit leicht verwirrten Blicken.
Der Weg führte Grapple zu Bo'sun, der mit Mallot in eine heftige Diskussion vertieft war und sich nebenbei mit einem Dolch in den Zähnen rumstocherte.
„Ich habe Neuigkeiten für dich", unterbrach Grapple das heftige Wortgefecht der Beiden.
„Ja genau, Will Turner ist doppelt", fiel Ragetti freudig ins Gespräch mit ein und hatte sofort Grapples Hand am Hals, die unangenehm zudrückte. „Wenn du nicht endlich dein Maul hältst, dann stecke ich dich in eine Kiste und vergrabe sie metertief unter der Erde, so dass dich niemand hört und niemand findet", grollte Grapple böse. Ragetti sah ihn verständnislos an, wurde dann zurückgestoßen und blieb schweigend neben Pintel stehen, der nun ebenfalls die Piraten erreicht hatte.
„Was gibt's Grapple", raunte Bo'sun, warf dabei einen abwertenden Blick auf Mallot und verursachte ein unangenehmes Knirschen, als der Dolch über seinen Zahn schrammte und ihn splittern ließ.
„Stiefelriemen Bill lebt! Er war mit Will Turner auf dem Markt", erklärte Grapple und wartete gespannt wie Bo'sun reagierte.
„Sehr gut! Wir nehmen ihn gleich mit zum Captain, der wird sich freuen den Fluch endlich lösen zu können", antwortete Bo'sun und schien nicht im geringsten daran interessiert, wieso es zu dieser Umstand eingetroffen war, dass Stiefelriemen noch lebte.
Mallot baute sich protestierend vor Bo'sun auf. „Du willst doch nicht im Ernst den Schwachkopf entführen und damit alle Aufmerksamkeit auf uns ziehen! Ich sage wir segeln ohne Stiefelriemen, der läuft uns nicht weg, selbst wenn der Captain ihn haben will!"
„Was du sagst interessiert mich nicht", antwortete Bo'sun gleichgültig.
Mallots Gesicht verfärbte sich scharlachrot. „Wir können froh sein, wenn wir es schaffen das Schiff von dem wir gesprochen haben zu stehlen und möglichst ohne Aufsehen hier wegzukommen! Und du willst auch noch Stiefelriemen entführen, der wahrscheinlich gerade das Familienleben mit seinem Sohn nachholt und deshalb selten allein ist... Weißt du wo du ihn finden kannst, oder werden wir erst ganz Port Royal nach ihm absuchen und dem ganzen Volk hier die Gelegenheit geben, dass sich doch noch jemand an uns erinnert?" Mallot gestikulierte aufgebracht als er das sagte.
Bo'sun warf einen Blick auf Grapple, doch dieser schüttelte den Kopf. „Keine Ahnung wo man ihn finden kann."
„Was kann schon passieren? Aufhängen kann man uns kaum, selbst wenn wir erwischt werden...", warf Bo'sun ein.
„Nein, aber man könnte uns in Ketten legen und dafür sorgen, dass wir den Kerker nie mehr verlassen", schnaufte Mallot und kochte förmlich bei Bo'suns Uneinsichtigkeit.
„Ich konnte Stiefelriemen und seinen Sohn etwas belauschen... Sie wollen ohnehin zur Insel segeln, so wie ich das gehört habe", bemerkte Grapple.
„Na dann brauchen wir uns doch gar keine Sorgen machen... Was reden wir dann noch? Hat Stiefelriemen schon ein Schiff", fragte Bo'sun.
Grapple schüttelte wieder den Kopf. „Er will sich eins besorgen..."
„Na ist auch egal... Wir segeln einfach zu der Insel, suchen den Cap und dann können wir immer noch sehen was dann aus Stiefelriemen wird."
Mallots Gesichtszüge entspannten sich wieder und er setzte ein überschwängliches Lächeln auf. „Grins nicht so blöd, sonst hau ich dir die Zähne aus und versteck sie, so dass du sie nicht mehr einsetzen kannst", raunte Bo'sun zu Mallot und sofort hatte dieser wieder seinen vernichtenden Blick aufgesetzt.
„Warten wir auf die anderen und dann kapern wir heute Nacht die Dauntless", sagte Bo'sun mit begeistertem Unterton und stand dann auf.
„Ihr wollt die Dauntless klauen? Und das vor den Augen der Royal Navy", fragte Grapple erstaunt.
„Es wird dunkel sein. Sie ist das schnellte Schiff, mit ihr kommen wir gut aus dem Hafen und sollte uns die Navy verfolgen, fahren wir ihnen vor der Nase davon! Passt dir nicht, dass wir die Dauntless nehmen", fragte Mallot und warf Grapple einen viel sagenden Blick zu.
„Es ist genau nach meinem Geschmack", grinste Grapple.
„Oh Will! Wir segeln zu der Insel? Ich kann es kaum erwarten! Alleine auf dem großen, blauen Meer, völlige Ruhe und Einsamkeit und eine Zeitlang mit dir alleine", schwärme Elizabeth und umarmte ihn zaghaft.
„Eigentlich wollte ich all...", begann Will, doch brach sofort ab, als er meinte Elizabeths bohrenden Blick in seinem Brustkorb zu spüren. „Da gibt es noch was...", begann Will stattdessen und setzte einen hilfesuchenden Blick auf. Elizabeth sah ihn erwartungsvoll an, als würde sie glauben, er überreiche ihr gleich ein Geschenk.
„Mein Vater... Stiefelriemen Bill, wie sie ihn nennen... Er. Nun also er kommt mit. Er will auf der Insel seine Blutschuld bezahlen, denn aus irgendeinem Grund hat ihn der Fluch wieder eingeholt...".
Will heftete seinen Blick auf seine Verlobte und versuchte zu erraten, was sie gerade dachte.
„Was dein Vater lebt und er begleitet uns? Wie wundervoll, ich freue mich darauf ihn kennen zu lernen", rief Elizabeth freudig aus und umarmte ihn etwas stürmischer. „Es macht dir nichts aus", fragte er zaghaft.
„Nein. Wieso? Er muss ein guter Mann sein, wenn er einen so wundervollen Sohn hat. Und uns bleibt auf einem Schiff bestimmt noch genug Zeit alleine". Elizabeth lächelte und strich ihm über seine Weste. Will hatte das Gefühl, dass er keine Zunge mehr im Mund hatte, denn sie weigerte sich entschieden ein paar Worte zu Formen. Er war zu erstaunt dazu.
„Eigentlich wollte ich dich gar nicht mitnehmen... Es könnte etwas passieren.. Man weiß ja nie, wie so eine Reise in Begleitung eines Piraten verläuft", sagte Will sachlich, als er seine Worte wiedergefunden hatte.
„Ach was. Gegen ein kleines Abenteuer ist doch nichts einzuwenden. Ich komme auf jeden Fall mit! Und wenn etwas passiert, dann beschütze ich dich", antwortete Elizabeth fröhlich und schmiegte sich an Will. Er hatte jedoch gerade keine Zeit so unbeschwert zu sein, tausend Dinge gingen ihm durch den Kopf, er hatte Sorge um Elizabeth, er hatte überhaupt Sorge die richtige Entscheidung getroffen zu haben. Er fragte sich wie er die Arbeit bei Mr. Brown bis nächste Woche fertig kriegen sollte und grübelte darüber nach, wie er ein Schiff auf legalem Weg besorgen könnte.
„Was hast du", wollte Elizabeth wissen als sie sein Gesicht sah und die typischen Sorgenfalten auf seiner Stirn erkannte.
Will löste sich von ihr und erklärte ihr worüber er nachdachte.
„Du denkst zu viel", äußerte sich Elizabeth entschieden. „Also wegen dem Schiff frage ich meinen Vater. Irgendwie werde ich ihn überzeugen, das schaffe ich immer", grinste Elizabeth. „Wegen mir brauchst du dir gar keine Sorgen machen und wegen deinem Vater sicher auch nicht. Was denkst du kann er tun? Er ist mit uns auf einem Schiff..."
„So meinte ich das auch gar nicht", erklärte Will. „Ich glaube nicht, dass er uns etwas antun will oder so, es ist mehr... Ich habe einfach Sorge, er zieht mich irgendwo mit hinein. Er wollte zusammen mit mir ein Schiff stehlen! Stell dir das bitte vor! Er soll nicht denken aus mir seinen Nachfolger zu machen oder so", erklärte Will und wirkte ein wenig unbeholfen.
Elizabeth schmunzelte und legte ihm ihre Hände auf die Wangen. „Nein, ich glaube auch nicht, dass aus dir jemand einen Piraten machen könnte! Hab nicht so viel Sorge, wie sagtest du doch gleich ‚wir segeln zu der Insel, er zahlt seine Blutschuld und wir segeln wieder weg'. Nichts ist dabei. Keiner macht aus dir einen Piraten und das Schiff bekommen wir mit Sicherheit ohne große Schwierigkeiten! Mein Vater hat eine menge Freunde, deren wunderschöne Schiffe nur im Hafen liegen..."Elizabeth machte eine kleine Pause und bemerkte zufrieden wie sich seine Sorgenfalten etwas lockerten. „Sag Will, wie kommt es, dass dein Vater wieder da ist? Ich hab gedacht er ist..."
„Ja, war er auch", begann Will seine Erzählung und berichtete dann alles, was ihm sein Vater erzählt hatte. Er erwähnte auch nebenbei, dass es gut möglich sein könnte, dass Jack ebenfalls wieder verflucht war.
Elizabeth nickte verstehend und stellte ihm ein paar Fragen, schien jedoch nicht sonderlich verwundert über die Tatsachen, sondern eher in freudiger Erwartung endlich einmal wieder etwas zu erleben.
Will legte seine Hände auf ihre und sah ihr tief in die Augen. „Und du denkst dein Vater lässt dich mitsegeln? Mit zwei Männern auf einem Schiff?"
„Will... Er kennt dich. Sicher, er ist besorgt, aber... Er kennt auch mich, er wird mir vertrauen."Elizabeths Lächeln wurde breiter. „Und ich werde einen Weg finden ihn zu überzeugen!"
„Davon bin ich überzeugt!"
Will küsste sie zärtlich und vernahm sogleich ein dezentes Hüsteln hinter sich. Schnell löste er sich von Elizabeth und wischte sich über die Lippen, so als würde er den Kuss damit ungeschehen machen können. „Guten Abend Govenor Swann."
Elizabeth schmunzelte. „Hallo Vater".
Will fühlte sich sehr unbehaglich. Es war sehr spät, die Dunkelheit war draußen schon hereingebrochen und er hatte nach seiner Arbeit noch Elizabeth besucht, weil er ihr unbedingt von seinem Vorhaben berichten musste. Seine Müdigkeit war zum Abend hin gänzlich verflogen und so war er zum Haus der Swanns geeilt. Estrella, das Dienstmädchen kannte ihn bereits und war ein weiteres mal bereit gewesen ins Gemach ihrer Herrin zu gehen und ihr zu sagen, dass Will vor der Tür stand.
„Ich habe Stimmen gehört... Elizabeth? Was machst du im Nachtgewand auf dem Flur? Es geziemt sich nicht...", begann der Govenor mit einer bemüht strengen Miene.
„Das nächste mal nehme ich Will mit auf mein Zimmer", sagte Elizabeth unschuldig und erntete von ihrem Vater einen entrüsteten Blick.
„ELIZABETH! Du gehst zu weit..."
Will trippelte unruhig hin und her. Am liebsten hätte er sich einfach in Luft aufgelöst, was hatte er sich auch dabei gedacht noch hierher zukommen?
„Verzeihung, Governor, Sir... Ich bin schon so gut wie weg, ich musste ihrer Tochter nur eine wichtige Frage stellen! Verzeiht mein Verhalten", entschuldigte sich Will höflich.
„Schon gut... Eigentlich hatte ich mich nur gewundert Stimmen zu hören. Aber nun komm Kind, es ist spät", bemerkte Elizabeths Vater fürsorglich und nahm sie an den Arm.
„Gute Nacht Will. Sehe ich dich Morgen", fragte Elizabeth und ließ sich von ihrem Vater bereitwillig ein Stück die Treppe hinaufziehen.
„Selbstverständlich. Wenn du es wünscht und dein Vater es erlaubt", antwortete Will und war wie immer darauf bedacht einen guten Eindruck bei Governor Swann zu hinterlassen.
Und in der Tat warf im der Governor einen Blick zu, der ihm sagte wie beeindruckt er von Will war. Will lächelte und verließ das Haus, nachdem er Elizabeth und ihrem Vater noch einmal zugenickt hatte.
