„Oh! Mein Lieblingslied!" Rief sie begeistert und drehte das Radio so laut, dass ihr Bruder mit einen „RUMS!" aus dem Bett fiel, was ihn aber nicht besonders zu stören schien, denn er schlief seelenruhig weiter. Honey tanzte währendessen durch die Küche und schmierte sich ein Toast. Laut singend stolzierte sie in ihr Zimmer und zog sich an. Petronius hüpfte bellend um sie herum.
„Na? Du scheinst dich ja auch endlich zu freuen?" Sagte sie erfreut und durchwühlte noch einmal ihren riesigen Koffer, um sicherzugehen, dass sie nichts vergessen hatte.
„Dein Schild kuckt raus!" Nörgelte eine Stimme aus dem Spiegel. Honey versuchte auf ihren Nacken zu sehen und steckte das Schild ins T-Shirt.
„Danke! Wie soll ich nur ohne dich auskommen!" Lachte sie ihrem Spiegel ironisch zu. Sie schaute auf die Uhr. Halb Neun erst? Erst in zwei Stunden würde sie sich mit Lily treffen. Genervt wühlte sie ein Schulbuch aus dem Koffer und warf sich auf ihr Bett, während sich Petronius sein Frühstück aus dem Kühlschrank stibitzte. Sie schaute auf den Einband. Arsenius Bunsen, Zaubertränke und Zauberbräue. Sie las ein wenig darin und hoffte, dass die Zeit so schneller vergehen würde. Um halb zehn beschloss sie, dass es Zeit wäre Leo und ihre Mum aus dem Bett zu schmeißen. Sie ging in das Zimmer ihrer Mutter, zog die Vorhänge auf und stupste sie an.
„Aufstehen! Is schon halb zehn!"
„Wa... was? Ach du. Guten Morgen. Warum ist die Musik denn so laut?"
„Ich frage mich eher, warum du davon nicht aufgewacht bist! Jetzt steh auf! In einer Stunde müssen wir am Bahnhof sein!"
Ihre Mutter quälte sich aus dem Bett, während Honey in das Zimmer ihres Bruders huschte. Aus seinem Zimmer war ein lautes Schnarchen zu hören. Sie wollte sich gerade an sein Bett schleichen um ihn wach zu kreischen als - RUMS!
„Autsch!"
„Hey! Wasnnu?"
Honey fand sich bäuchlings auf dem Boden wieder. Sie versuchte zu erkennen, worüber sie wohl gestolpert war, als der Deckenberg, den sie erblickte, begann sich zu bewegen und zu maulen.
„Was machst du denn hier, midden inne Nacht?" Nuschelte ihr Bruder Leo genervt.
Honey lachte.
„Ich wollte dich wecken. Ist dir dein Bett zu klein geworden oder ist der Fußboden bequemer?"
Leo blickte sich müde um. Er lag tatsächlich auf dem Boden! Dann begann auch er zu lachen.
„Ich hab vorhin ein lautes RUMS! gehört. Ich glaub, das war ich!" Immer noch lachend standen beide auf und gingen in die Küche.
„Was? Nur zwei Teller?" Beschwerte sich Honey, als ihre Mutter gerade das Frühstück vorbereitete.
„Du hast doch schon gefrühstückt." Sagte sie selbstverständlich und wies auf Honeys achtlos zurückgelassenen Teller.
„Da!" Sie warf Honey einen Apfel zu. „Falls du noch Hunger hast, kannst du mal Obst essen!"
Während ihr Bruder genüsslich an seinem Toast kaute, holte sie ihr Zaubertränkebuch aus ihrem Zimmer und setzte sich in die Küche. Leo schaute kurz auf den Titel und sagte dann anerkennend: „Gute Idee, Honey! Der alte Geier liebt es Erstklässler bloßzustellen."
„Warum ist euer Zaubertranklehrer denn ein Geier?" Fragte Honey neugierig.
„Wir nennen ihn so, weil seine Hände vom vielem Giftmischen wie Geierkrallen aussehen und weil er es liebt Leute fertig zu machen, die schon am Boden sind."
Honey zog ängstlich die rechte Augenbraue hoch. Das konnte ja eine schöne Schulzeit werden.
Der Bahnhof von King´s Cross war wie immer überfüllt. Die Muggeluhr
zeigte 5 nach halb 11. Familie Jackson betrat Bahnsteig 9 und 10.
Zwischen den Menschenmassen entdeckte Honey Lily mit ihren Eltern,
diesmal ohne Schwester. Petronius lief freudig bellend auf sie zu. Die
Umstehenden wichen vor dem riesigen Wolf erschrocken zurück. Doch Lily
hatte keine Angst und streichelte ihn. Trotz ihrer Vorurteile gegenüber
Muggeln begrüßte Mrs Jackson Mr und Mrs Evans freundlich. Gemeinsam
gingen sie durch die Absperrung zwischen Gleis 9 und 10 direkt zum
Gleis 9 3/4. Während Mr und Mrs Evans noch über diesen ungewöhnlichen
Eingang staunten, unterhielten sich Honey und Lily angeregt. Mrs
Jackson verabschiedete sich von ihrem Sohn, der in den Zug einstieg.
„Und kümmere dich ein bisschen um Honey. Und ärger sie nicht so
viel. Und benimm dich bloß anständig!" Sie umarmte Leo, gab ihm einen
Kuss auf die Wange und winkte ihm beim Einsteigen kurz hinterher.
Danach umarmte sie auch Honey.
„Lass dich von deinem Bruder nicht ärgern und benimm dich
anständig. Ich muss los. Viel Spaß mein Schatz." Mit einem „Plopp"
disapparierte sie vom Gleis. Auch die Evans verabschiedeten ihre
Tochter herzlich und verließen das Gleis.
Die Mädchen schoben ihre Koffer Richtung Zug. Während Honey Lily
noch einmal die Quidditchregeln erklärte, zog eine kleine Gruppe
Drittklässler an ihnen vorbei. Einer von ihnen hatte helles braunes
Haar und wunderschöne graue Augen. Honeys Blick blieb an ihm hängen und
sie bemerkte nicht, wie sie ihren Koffer mitten in eine weitere Gruppe
ziemlich düster wirkende Drittklässler hineinfuhr und einen Jungen mit
fettigem, schwarzem Haar, Hakennase und fahler Haut durch einen Stoß in
den Rücken zu Fall brachte. Alles um sie herum begann zu lachen, Lily
und den Jungen mit den grauen Augen eingeschlossen. Nur Honey und die
Gruppe in die sie gerade geraten war, lachten nicht.
„Kannst du nicht aufpassen, wo du hinläufst?" Brüllte er sie an.
Noch bevor sie merkte, was sie tat, zickte sie zurück: „Pass du lieber auf, wo du rumstehst!"
Er schaute sie an, als ob er sich im nächsten Moment auf sie
stürzen und sie in kleine Stückchen zerreißen würde. Warum muss ich
meine Klappe auch immer soweit aufreißen? Dachte sich Honey noch, als
plötzlich Petronius neben ihr auftauchte und die Gruppe Schüler, so
grimmig wie er nur konnte, anknurrte. Mit hochnäsigem Blick wandte
Honey sich ab und schob ihren Wagen zu Lily, die immer noch lachte.
„Was sollte das denn werden? Erste Annäherungsversuche?"
„WAS? BEI DEM DA? DU BIST WOHL BLIND!" Das Lachen
verstummte langsam und beide stiegen in den Zug ein. Sie versuchten
mühselig ihre Koffer die Stufen hochzuheben, doch irgendwie wollte es
nicht recht klappen. Plötzlich tauchten der Junge mit den grauen Augen
mit seinen Freunden in der Tür auf.
„Sollen wir euch helfen?" Fragte einer von ihnen. Er war groß, ziemlich hübsch und hatte dunkle Haare.
„Ja, das wäre nett." Antwortete Honey verlegen.
„James, fass mal hier mit an. Peter und Remus, ihr nehmt den
anderen." Ein weiterer Junge mit strubbligem schwarzen Haar und Brille
nahm sich Lilys Koffer vor. Honey fragte sich gerade, ob er wohl je von
der Erfindung des Kammes gehört hatte, als die beiden den Koffer
abstellten und der Junge mit den grauen Augen und ein weiterer kleiner,
untersetzter ihren Koffer die Stufen hinauf hoben. Also war er entweder
Remus oder Peter!
Mit viel Mühe brachte sie ein „Dankeschön" hervor und versuchte
zu Lächeln, als sie bemerkte, dass sie bereits bis über beide Ohren
grinste. Lily tickte sie an die Schulter.
„Hast du nicht jemanden vergessen?" Honey hörte auf zu Grinsen
und versuchte zu überlegen, wen sie vergessen haben könnte, als sie von
draußen ein leises Knurren vernahm.
Sie beugte sich aus der Tür und rief: „Petronius! Komm
her!" Petronius, der die gesamte Zeit über die Gruppe Jungen
angeknurrt hatte, in die Honey hineingefahren war, kam in den Zug
gesprungen. Die vier Jungen wichen vor ihm zurück. Petronius jedoch,
schlau wie er war, legte seine Pfoten bei dem Jungen mit den grauen
Augen auf die Schultern und leckte ihm höchst begeistert übers Gesicht.
Nein! Honey hatte sich noch nie so für ihn geschämt. Seine Freunde
allerdings schienen unglaublich komisch zu finden.
„Hey, Remus! Ich glaub das Hündchen steht auf dich!" Sagte James
grinsend, während Honey Petronius verlegen am Halsband packte und
versuchte ihn von Remus (Remus also!) wegzuzerren. Dieser wischte sich
ein wenig angewidert das Gesicht ab und murmelte ihr ein „Danke" zu.
„Die Aktion mit Snape vorhin, war echt witzig." Sagte der andere
schwarzhaarige Junge und grinste sie freundlich an, Honey jedoch
brachte nur einen betretenden Leidensblick hervor.
„Keine Sorge", fuhr er fort und klopfte ihr auf die Schulter. „Den kann sowieso keiner Leiden." Diesmal lachte auch sie.
„Na kommt schon, bevor wir alle Abteile voll sind." Begann James
zu hetzen. Die Vier verabschiedeten sich lässig mit einem frechen
Grinsen und Remus rief ihnen, bevor sie in einem Abteil verschwanden
zu: „Ich hoffe, wir sehn uns in Gryffindor."
Honey und Lily starrten ihnen hinterher.
„Wir müssen unbedingt nach Gryffindor." Stammelte Honey dämlich grinsend.
„Ohhhh ja!" Stimmte Lily ihr mit dem gleichen Grinsen im Gesicht zu.
„Die Türen schließen! Der Hogwarts-Express fährt ab! Vorsicht am
Bahnsteig!" Brüllte plötzlich die Stimme des Zugführers aus einem
Lautsprecher und ebenso plötzlich wurden die Türen geschlossen. Mit
einem heftigen Ruck fuhr der Zug an und Honey und Lily wurden durch
einen unsanften Fall aus ihrer Trance geweckt. Etwas verlegen
durchquerten sie mit ihrem Gepäck und Petronius im Schlepptau den Zug
und fanden ein einsames Abteil ganz am Ende des Zuges, das bis auf eine
Kiste völlig leer war. Honey öffnete die Tür und bemerkte sofort warum
dieses Abteil noch immer leerstand.
„Igitt! Was ist das denn?" Stöhnte Lily angeekelt.
„Riecht wie ..." Gerade als Honey antworten wollte, begann die Kiste zu wackeln und zu rumoren.
„Hey, ihr miesen Drecksgören! Ich will raus aus dieser
Scheißkiste!" Meckerte eine Stimme, die aus der Kiste zu kommen schien.
Honey und Lily traten vorsichtig näher und untersuchten sie neugierig.
In unleserlicher Krakelschrift war „Vorsicht! Jarvey für schulische
Zwecke!" auf die Kiste geschrieben worden.
„Ein Jarvey!" Honey fasste sich an die Stirn. „Kein Wunder dass er die ganze Zeit schimpft!"
„Über die hab ich in einem unserer Schulbücher gelesen. Wozu braucht ihn die Schule wohl?" Fragte Lily.
„Keine Ahnung." Antwortete Honey schulterzuckend. „Lass uns mal
das Fenster aufmachen. Den Gestank hält man ja nicht aus."
„Sitzt ihr auf euern verfluchten Ohren?" Motzte der Jarvey in
der Kiste weiter, doch Honey und Lily beschlossen ihn zu ignorieren und
zerrten ihre Koffer ins Abteil. Mit offenem Fenster ließ sich der
Gestank ertragen und die Beiden konnten die Zugfahrt genießen.
Genüsslich verspeisten sie einen großen Teil von Honeys
Süßigkeitenvorrat, der Dank Mrs Jackson immer sehr üppig ausfiel. Nach
einer Weile öffnete sich die Abteiltür und eine dicke, etwas erstaunte
Hexe blickte die Zwei verwundert an.
„Ich hätte nicht gedacht, dass sich jemand in dieses Abteil verirrt. Wollt ihr etwas Süßes?"
„Nehmen wir noch was?" Fragte Honey Lily mit frechem Grinsen.
„Sicher! Schließlich muss ich doch meine
Schokofroschkartensammlung ausbauen." Und so kauften sie sich noch für
20 Sickel Schokofrösche und ein paar Kesselkuchen.
„Habt ihr dämlichen Ziegen mich vergessen? Soll ich hier drinnen jämmerlich krepieren? Füttert mich gefälligst!"
Ein wenig genervt warfen sie ein Stück Kesselkuchen und einen
halben Schokofrosch in die Kiste, die daraufhin wie wild zu wackeln
begann. Den Geräuschen nach zu urteilen, schien es dem Jarvey zu
schmecken. Honey und Lily ignorierten ihn und seine Beleidigungen
weiterhin und zogen sich ihre Hogwartsumhänge an. Kurz darauf hörten
sie auch schon wieder die Stimme des Zugführers durch den Lautsprecher:
„Wir treffen in wenigen Minuten in Hogwarts ein! Vorsicht beim
Aussteigen! Lassen sie das Gepäck bitte im Zug, es wird für sie ins
Schloss gebracht! Ein frohes Schuljahr!"
Honey musterte Petronius nachdenklich.
„Zählst du wohl als Gepäck?" Ein etwas beleidigtes Murren ließ
darauf schließen, dass Petronius sich auf keinen Fall zu einem
Gepäckstück herabsetzen lassen wollte und so beschloss sie ihn
mitzunehmen.
„Was ist mit der Meckerratte hier?" Fragte Lily. („Wen nennst du hier Ratte, du Vollei?")
„Ach, um den wird sich schon jemand kümmern." Antwortete Honey
uninteressiert, denn schon tauchte der Bahnhof in Sichtweite auf.
