Nach dem Unterricht lief ein ziemlich nervöser Jonathan die Treppen auf und ab.
„Habt ihr zwei zufällig James Potter gesehen? Wir haben nach dem Unterricht Training und ich find ihn einfach nicht. Leo und ich haben schon das halbe Schloss nach ihm abgesucht." Fragte er Honey und Lily aufgeregt.
„Also vorhin ist er nach unten gegangen. Vielleicht hat er gerade Kräuterkunde oder Verwandlungen." Antwortete Lily ihm. Sofort galoppierte er „Danke" rufend nach unten.
„Dürfen wir beim Training zuschauen?" Rief Honey ihm noch schnell hinterher.
„Klar!" Brüllte er im Laufen zurück. Erfreut lächelten Honey und Lily sich an und gingen zum Flugunterricht.

„Heute vertiefen wir die Übung vom letzten Mal." Sagte Professor Hawkins, der Fluglehrer, mit seinem strahlendesten Lächeln. Er hatte einen kurzen, dunkelblonden Bürstenhaarschnitt und trug ständig eine alte Fliegerbrille. Er war ebenso jung und beliebt wie Professor Garbarec und ein genauso großer Angeber. „Besteigt eure Besen und fliegt nacheinander durch die Ringe."
„Ähm... welche Ringe Professor?" Fragte Simon irritiert. Professor Hawkins drehte sich um, schwang kurz seinen Zauberstab und mehrere bunte Ringe schwebten in verschiedenen Höhen in der Luft.
„Diese Ringe." Er wies begeistert auf seine soeben geschaffenen „Meisterwerke". „Ich werde es ihnen schnell vormachen." Mit seinem charmantesten Lächeln sprang er auf seinen Besen und stieß sich vom Boden ab. Mit unglaublicher Leichtigkeit und übertrieben scharf geschnitten Kurven sauste er durch seine Ringe und sprang danach einen Meter über dem Boden von seinem Besen.
„Und jetzt schön nacheinander. Die Ravenclaws durch die Blauen und die Gryffindors durch die Roten. Okay, Miss Evans, Mr Abrasion. Sie beginnen." Lily und Samuel stiegen auf ihre Besen und flogen los. Beide durchquerten fast problemlos die Ringe. Die anderen folgten ihrem Beispiel. Honey schaffte es sogar ziemlich schnell. Professor Hawkins zwinkerte ihr begeistert zu. Honey und Lily stellten sich in eine Ecke und warteten darauf, dass auch die anderen ihren Parcours beendeten. Sally Warren, die letzte von den Gryffindors winkte sie heran.
„Honey, Lily. Ich hab gehört, ihr dürft nachher beim Quidditchtraining zusehen?" Fragte sie verlegen. „Darf ich mitkommen?"
Honey überlegte kurz. Sie dachte an die schmachtenden Blicke, die Sally Steward Fly, dem Treiber der Gryffindors immer zuwarf.
„Okay, du kannst mitkommen." Antwortete Honey. Sally hüpfte vor lauter Freude auf und ab und umarmte Honey und Lily überraschend. Als Sally endlich mit dem Flugparcours an der Reihe war, zischte Lily Honey zu: „Müssen wir die denn unbedingt mitnehmen?"
„Ach, die wird uns gar nicht stören." Beruhigte sie Lily. „Sobald sie Steward sieht, fällt sie doch wieder in ihre gewohnte Trance." Honey imitierte dabei auf recht übertriebene Weise Sallys Gesichtsausdruck, woraufhin Lily in heftiges Lachen ausbrach und sich beide einen missbilligenden Blick von Professor Hawkins.
„Ich muss sie doch bitten, meine Damen. Hatten sie in Professor Garbarecs Stunde nicht genug Zeit zum plaudern?"
„Tut uns Leid, Professor." Antwortete Lily immer noch kichernd.
„Zur Belohnung dürfen sie beide eine extra Runde drehen." Er warf ihnen ein kurzes Band zu. „Synchron bitte."
Honey und Lily sahen einander an. Synchron? Das war unmöglich! Zitternd bestiegen sie ihre Besen und nahmen jeder ein Ende des Bandes. Mühselig schwankten sie durch die magischen Ringe, stießen hin und wieder zusammen und drohten mehrmals von ihren Besen zu fallen. Nach unendlichen viereinhalb Minuten ließen sich, unter dem Gelächter der anderen, Honey und Lily erschöpft zu Boden gleiten.
„Das war beeindruckend!" Professor Hawkins lief fröhlich auf sie zu und zog sie auf die Beine. „Das gibt 10 Punkte für Gryffindor." Weder Honey noch Lily konnten sich erklären, was an ihrem kläglichen Manöver beeindruckend gewesen sein sollte. Donald Simmons zischte ihnen ein gereiztes „Streber" zu. Honey zog eine Grimasse hinter seinem Rücken.
„Wenn sie so weitermachen, werden sie nächstes Jahr noch ins Quidditchteam aufgenommen. Das soll´s für heute gewesen sein. Bis nächsten Freitag."

Während die anderen zurück ins Schloss gingen, machten sich Sally, Lily und Honey auf zum Quidditchstadion.
„Steward wird doch auch da sein, oder? Meint ihr er mag mich? Sitzen meine Haare? Hab ich was zwischen den Zähnen?" Sprudelte es aus Sally heraus.
„Keine Sorge, Sally. Du bist hübsch genug. Und warum sollte er nicht da sein? Er ist schließlich Treiber." Honey und Lily waren jetzt schon genervt. Wie sollte das erst werden, wenn das Training begann? Sie ließen die Ländereien hinter sich und sahen schon von weitem die Tribünen des Quidditchstadions. Fast das gesamte Quidditchteam war schon versammelt, nur einer fehlte noch ...
„Honey? Was willst du denn hier?" Fragte Leo genervt.
„Ist schon okay, ich hab´s ihnen erlaubt. Habt ihr James gesehen?" Fragte Jonathan Wood aufgebracht.
„Hast du ihn vorhin nicht gefunden?" Fragte Lily etwas enttäuscht, während Sally in ihre gewohnte Trance verfallen war und Steward sehnsüchtig anstarrte.
„Doch, aber er ist noch nicht aufgetaucht." Besorgt und verärgert versuchte er James irgendwo zu entdecken.
„Wo bleibt er bloß?" Ungehalten trat er von einem Fuß auf den anderen, bis die Jägerin Liza Thompson gen Himmel zeigte und sagte: „Ich glaube da oben kommt er." Alle, bis auf Sally, die immer noch den armen Steward begaffte, blickten nach oben. Wie der Blitz kam James auf seinem Besen über die Ländereien gerauscht und sprang aus über zwei Metern Höhe vor ihnen ins Gras.
„Wartet ihr auf jemanden?" Fragte er breit grinsend.
„Auf jemanden? Wir warten schon seit fast zehn Minuten auf dich! Kannst du denn nicht einmal pünktlich sein?" Beinah fünf Minuten prasselte Jonathans Redeschwall auf den armen James ein, der langsam immer kleiner wurde bis Richard Williams sie unterbrach.
„Ähm, Jonathan. Wollen wir nicht endlich anfangen?" Fragte er vorsichtig.
„Was? Oh, natürlich! Gehen wir!" Die Mannschaft wandte sich zum Gehen. Jonathan drehte sich noch einmal zu Sally, Honey und Lily um.
„Und ihr setzt euch am besten auf die Tribüne da oben. Von dort aus habt ihr den besten Ausblick." Er gönnte ihnen noch ein freundliches Grinsen und verschwand. Sally, Lily und Honey ließen sich auf der Tribüne nieder und beobachteten wie Jonathan unter wildem Armgefuchtel versuchte seiner Mannschaft Spielzüge zu erklären. Dann ließ er den Schnatz und die Klatscher frei und das Training begann. Mit unglaublicher Geschwindigkeit rasten Joanna und Steward den Klatschern hinterher und pfefferten sie auf Liza, Jonathan und Richard, die geschickt auswichen und sich den Quaffel zuwarfen, während Leo die Torstangen umkreiste. Keine drei Minuten später brüllte James aus vollem Hals: „Hab ihn!" Alle drehten sich zu ihm um, wobei Liza und Steward unsanft zusammen stießen.
„Jetzt schon?" Fragte Jonathan ungläubig. „Ähm... gut, dann lass ihn los und mach´s nochmal."
James zuckte mit den Achseln ließ den Schnatz wieder frei und ließ ihm etwas Vorsprung. In aller Ruhe drehte er ein paar Loopings und Schrauben und grinste dabei stolz.
„So ein Angeber." Sagte Sally. „Er fliegt nicht einmal halb so toll wie Steward." Lily und Honey seufzten genervt und sparten sich eine Antwort. James hielt es anscheinend für Zeit sich wieder dem Schnatz zuzuwenden, denn plötzlich raste er im Sturzflug zu Boden. Immer näher kam er dem Boden, Lily fummelte nervös an ihrem Umhang herum.
„Was ist wenn er nicht mehr rechtzeitig hochziehen kann?" Fragte sie mit zitternder Stimme. Honey antwortete mit besorgtem Blick: „Dann ist er ein hässlicher Fleck am Boden." Doch schon zog James seinen Besen so plötzlich hoch, dass er wie eine Kanonenkugel gen Himmel schoss. Lily schnappte erschrocken nach Luft.
„Der will sich nur wichtig machen." Sagte Sally schnippisch und rümpfte die Nase.
„Klasse Wronski-Bluff, Potter!" Rief Leo James zu und ließ sich dabei so vom Besen baumeln, dass er sich nur noch mit einem Fuß und einer Hand festhielt, während er den Quaffel auffing und Jonathan zuwarf.
„Danke!" Brüllte James zurück. „Dein Seestern und Stiel war aber auch nicht schlecht!"
Lily wandte sich hilfesuchend an Honey: „Was reden die da?"
Doch Honey war ebenso ratlos.
„Keine Ahnung. Quidditch-Latein würde ich sagen."
Honey blinzelte. Etwas kleines Goldenes flog auf sie zu und stoppte genau vor Lilys Nase.
„Nicht bewegen." Flüsterte Honey. Lily schielte auf das glitzernde Goldding vor ihrer Nase.
„Warum? Beißt er?"
„Nein, aber ..."
„DUCKEN!" Brüllte es von weiter oben und schon kam James wie der Wind angebraust. Er flog keine 10 Zentimeter über ihren Köpfen hinweg, während Lily nichts anderes einfiel als sich rücklings in die Zuschauerbänke fallen zu lassen. James streckte nur kurz den Arm aus und hatte den Schnatz, dann bremste er scharf ab, drehte einen Looping und sprang knapp über der Tribüne ab. Lily lag immer noch mit geschocktem Blick in den Bänken, Honey kniete neben ihr und fuchtelte mit den Fingern vor ihrer Nase herum.
„Lily! Sag´doch was! Geht´s dir gut?"
Mühsam und von dem Sturz noch etwas benommen setzte Lily sich auf.
„Ist alles okay?" James kniete neben ihr und blickte sie mit schuldbewusster Miene an.
„Ähm... Ja." Stammelte Lily.
„Dann ist ja gut." Grinste James, nahm Lilys Hand und zog sie so schwungvoll auf die Beine, dass sie beinahe wieder gestürzt wäre. Honey bemühte sich verzweifelt, bei dem Anblick von Lilys tomatenrotem Gesicht nicht laut loszulachen.
Als James seinen Besen wieder bestiegen hatte, rief sie ihm, hauptsächlich um Lily aus ihrer „Trance" zu wecken, hinterher: „Hey, James. Dieses Fangmanöver war echt genial!" Er lächelte stolz zurück und machte noch einen Ehrenlooping bevor er den Schnatz wieder losließ und ihm erneut hinterher jagte.
Da Lily das Training jetzt mit der gleichen verträumten Miene beobachtete wie Sally, wurde es Honey schnell langweilig und deshalb beschloss sie Hagrid besuchen zu gehen und die beiden sabbern zu lassen.
„Lily, ich geh´ mal Hagrid besuchen. Du kannst gerne noch hier bleiben, wenn du möchtest."
Lily schenkte ihr ein abwesendes Nicken.

Honey streifte über die Ländereien und hielt Ausschau. Eigentlich wusste sie nicht wirklich wonach sie Ausschau hielt, entdeckte dann aber doch etwas höchst Interessantes, denn sie sah gerade noch Professor Zanzarahs wehenden Umhang im Eingang zum Verbotenen Wald verschwinden. Kaum war er nicht mehr zu sehen, hörte sie aus dem Wald ein aufgeregtes Summen und Piepsen. Sie lugte vorsichtig zwischen die Bäume und versuchte die Ursache dieser komischen Geräusche zu erkennen, doch sie sah nichts zwischen den Bäumen als Dunkelheit. Diese Dunkelheit allerdings bewegte sich mit hoher Geschwindigkeit auf sie zu! Eine dunkle Wolke ähnlich der blauen Wichtel-Wolke von vorhin kam sirrend und brummend aus dem Verbotenen Wald direkt auf sie zu! Honeys erster Gedanke war „Bloß nicht bewegen!" Sie hatte mal von Tieren gehört, die einen nur registrierten, wenn man sich bewegte. Diesen Gedanken verwarf sie allerdings schnell wieder, denn die Wolke kam sehr zielstrebig auf sie zu. Sie schaute sich um. Hagrids Hütte war nicht einmal mehr 250 Meter entfernt. Also lief sie so schnell sie konnte los, doch die Wolke war schnell. Das Surren und Brummen kam ihr schnell näher und bald erkannte sie auch schon, aus was die Wolke bestand. Es waren Doxys. Viele Doxys! Noch 100 Meter trennten sie von Hagrids Hütte, auf die Idee um Hilfe zu schreien kam sie erst gar nicht. Plötzlich befand sie sich mitten in der Wolke. Die Doxys umschwirrten sie wild, schlugen mit ihren Flügeln und immer wieder stürzte eine nieder um Honey zu beißen. Verzweifelt versuchte sie, die summenden, kleinen Ungeheuer abzuwehren, aber es waren einfach zu viele. Obwohl sie wusste, dass es hoffnungslos war, zückte sie ihren Zauberstab und rief so viele Zauberflüche, wie ihr nur einfielen, doch dieser beißenden Masse war sie einfach nicht gewachsen. Honey spürte, wie sich das Gift der Doxys langsam in ihrem Körper ausbreitete, kämpfte aber tapfer weiter. Es waren immerhin nur Doxys. Plötzlich hörte sie hinter drei ihr bereits wohlbekannte Stimmen: „Immobilus!", „Flipendo!"
Honey sank wie in Zeitlupe ins weiche Gras und ihr wurde schwarz vor Augen.