Der November wich dem Dezember und Hogwarts lag tief im Schnee versunken. In den Kerkern war es jetzt so kalt, dass der Zaubertrankunterricht, sehr zum Missfallen Professor Zanzarahs, in den ersten Stock verlegt wurde. Am Dienstag vor den Ferien waren die Vertrauensschüler bereits dabei die Schule weihnachtlich zu schmücken und Professor Flitwick verteilte kichernd Weihnachtsliedertexte an sämtliche Hogwartsgeister.
Honey und Lily schlenderten in Begleitung von Leo, Jonathan, Steward und Joanna zum Duellierclub.
„Ich versteh gar nicht, warum die beiden wochenlang Moralpredigten halten, bevor sie uns ein paar Zauber beibringen!" Beschwerte sich Honey lautstark.
„Tja, Garbarec und Hawkins wollen halt sicher gehen, dass ihr euch nicht gegenseitig die Köpfe einschlagt." Antwortete Leo und wühlte seine Duellliste hervor. „Tyler Bourbon! Einer der Slytherinjäger. Den mach´ ich doch locker fertig!"
„Musst du auch! Daddy hat gesagt, du kriegst nichts zu Weihnachten, wenn du nicht Champion wirst." Sagte Honey grinsend.
„Meint dein Dad das ernst?" Fragte Lily flüsternd.
„Nein. Glaub ich..." Antwortete Honey zweifelnd.
In der Großen Halle angekommen liefen James, Remus, Sirius und Peter auf die beiden zu und drückten ihnen kleine Fähnchen in die Hand.
„Was soll das denn?" Fragte Honey verwirrt und starrte auf ihr Fähnchen.
„Ihr seid jetzt unser offizieller Fanclub!" Sagte Sirius breit grinsend.
„Wir sind was?" Fragten Honey und Lily zweifelnd.
„Unser Fanclub! In einer halben Stunde fangen die Drittklässlerduelle an; bis dahin solltet ihr euch einen Schlachtruf ausgedacht haben." Sagte James begeistert.
„Ihr erwartet doch nicht ernsthaft, dass wir uns an die Bühne stellen und mit diesen dämlichen Dingern wedeln." Sagte Honey. Die Fähnchen sahen nicht besonders spektakulär aus; auf rot-goldenem Hintergrund prangten in großen Buchstaben die Namen der Jungs.
„Naja, in den Ferien machen wir euch Hübschere. Dann hab ich wenigstens, was zu tun außer der Familie auszuweichen." Sagte Sirius seufzend.
„Seine Familie besteht nur aus Psychopathen." Sagte James und verdrehte die Augen. „Seht ihr die da vorne." Er zeigte auf eine hübsche Slytherin mit langen, schwarzen Haaren. „Das ist seine Cousine Bellatrix. Die ist total abgedreht."
Plötzlich dröhnte Professor Hawkins magisch verstärkte Stimme durch die Halle.
„Das Duell der fünften bis siebten Klassen beginnt in wenigen Minuten. Diese begeben sich bitte in die rechte Hälfte. Die ersten und dritten Klassen zu mir in den hinteren linken Teil und die zweiten und vierten zu Professor Garbarec in den vorderen linken Teil. Vielen Dank."
Die Klassen setzten sich gehorsam in Bewegung; die Erst- und Drittklässler scharrten sich um Professor Hawkins.
„Sind alle da? Gut! Heute lernen die Erstklässler ihre ersten beiden Zaubersprüche." Sagte Professor Hawkins.
„Wird auch langsam Zeit!" Unterbrach ihn Bobby Jo, Donald stimmte ihm lautstark zu. Doch Professor Hawkins ließ sich davon nicht stören.
„Damit sich keiner gegenseitig umbringt, wird jeder Erstklässler mit einem Drittklässler zusammen üben." Honey jubelte innerlich und wollte gerade unauffällig ein Stück näher an Remus heranrücken, als Professor Hawkins fortfuhr: „Der Fairness wegen machen wir es häuserübergreifend. Und nun sucht euch einen Partner."
„Das nennt der fair?" Zischte Lily ihr mit einem leidenden Blick auf James zu. Honey verdrehte zustimmend die Augen und blickte Eifersüchtig auf die Ravenclawziege Amber Fergeson, die sich fast augenblicklich Remus gekrallt hatte. Nach Ersatz suchend blickten sich die beiden um und fanden ihn in zwei etwas entfernt stehenden Ravenclaws. Während Lily auf die beiden Jungs zu schlenderte, drehte Honey sich noch einmal um und warf Amber einen bösen Blick zu. Plötzlich kam Professor Hawkins mit begeistertem Grinsen auf sie zu.
„Oh, Miss Jackson. Sie haben ja noch gar keinen Partner. Gehen Sie doch dort hinüber zu Mr Snape." Honey sah ihn panisch an.
„A-Aber Professor. D-Das ist nicht nötig, ich..." Stotterte sie und zeigte in Lilys Richtung.
„Ach was, seien Sie nicht so schüchtern. Er wird Sie bestimmt nicht beißen." Honey war sich da ganz und gar nicht sicher. Mit leidendem und protestierendem Blick ließ sie sich von dem immer noch begeistertem Professor Hawkins durch den Raum schieben. Auch Snape schien von dieser Zusammenstellung nicht viel zu halten, denn sobald er sah wie Professor Hawkins Honey auf ihn zu schob, verdunkelte sich seine Miene noch weiter und sie hatte das ungute Gefühl, dass sie nach einer Duell-Trainingsstunde mit ihm entweder im Krankenflügel oder auf dem Friedhof landen würde.
„Keine Sorge, Miss Jackson. Mr Snape hier wird sich gut um Sie kümmern." Sagte Professor Hawkins und wühlte sich aus der Menge. Honey und Snape schauten ihm mit bösem Blick hinterher, während er ein Podest erscheinen ließ, sich darauf stellte und versuchte sich Aufmerksamkeit zu verschaffen.
„Liebe Schüler der ersten Klasse! Ab heute werden Sie die beiden Grundzauber für das Duellieren lernen: den Weiche-zurück-Fluch Flipendo und den Schildzauber Protego. Wir beginnen am besten mit dem Protego. Ihre älteren Partner werden Sie bei dieser Übung mit einem schwachen Fluch angreifen, den Sie mit dem Protego auf ihren Gegner zurück werfen. Ich werde ihnen den Zauber nun vorführen. Mr Black, wenn Sie mir bitte assistieren würden." Sirius löste sich aus der Menge und sprang mit erhoben Zauberstab zu Professor Hawkins auf das Podest.
„Und nun greifen Sie mich bitte mit einem Fluch ihrer Wahl an. Ich werde mich dann mit dem Protego verteidigen." Sagte Professor Hawkins grinsend und begab sich in seine übliche Kampfposition.
„Okay, es ist ihre Beerdigung." Erwiderte Sirius schulterzuckend und machte sich angriffsbereit. Plötzlich rief er: „EXACOMPTA!"
Funkensprühend sauste der Fluch auf Professor Hawkins zu, der den Fluch mit einer langsamen, lockeren Zauberstabbewegung und einem deutlichen „Protego" auf Sirius zurückwarf. Sirius wurde von den Füßen gerissen und stürzte unsanft zu Boden. Professor Hawkins half ihm sich bedankend auf die Beine und schickte ihn zu seiner hellauf begeisterten Erstklässlerin zurück.
„Nun haben Sie gesehen, wie der Protego funktionieren soll. Nun haben Sie noch ungefähr eine viertel Stunde, um den Zauber zu üben. Dann beginnen wir mit den Zweit- bis Viertklässlerduellen. Ich werde in der Zeit ein wenig hin und her schleichen und Ihnen ein wenig zur Hand gehen. Viel Spaß!" Sagte Professor Hawkins grinsend und hüpfte von seinem Podest.
Honey sah angewidert und Böses ahnend auf Snape, der sie wie ein Raubtier fixierte. Plötzlich und ohne Vorwarnung erhob Snape seinen Zauberstab und sagte leise: „Furnunculus!" Panisch hob Honey ihren Zauberstab schützend vor ihr Gesicht, kniff die Augen zu und rief: „Protego!" Kurz darauf merkte sie schon wie ein riesiges Furunkel auf ihrer Nasenspitze spross.
„Nein, nein, nein, nein, Miss Jackson!" Hörte schon Professor Hawkins hinter sich. „Was machen Sie denn da? Sie dürfen doch keine Angst vor ihrem Gegner haben!"
„Ich hab keine Angst." Zischte sie grummelnd zurück.
„Papperlapapp!" Widersprach er. „Wenn Sie keine Angst gehabt hätten, hätten Sie jetzt nicht dieses eklige Ding auf der Nase." Mit einen Tippen seines Zauberstabes, ließ er das riesige Furunkel verschwinden.
„Und nun versuchen Sie es nochmal! Aber diesmal ordentlich! Mr Snape, fangen Sie an!" Befahl er und beäugte Honey wie ein Falke. Honey schluckte und hob ihren Zauberstab. Ebenso plötzlich wie vorher griff Snape an, doch diesmal war sie vorbeireitet und schleuderte den Fluch zurück. Überrascht blickte Honey von ihrem Zauberstab auf Snape, dessen fettiges Haar sich in einen Haufen giftiger, schwarzer Vipern verwandelt hatte und grinste zufrieden.
„Na bitte, geht doch!" Sagte Professor Hawkins zufrieden und klopfte ihr auf die Schulter, bevor er zum nächsten Schülerpaar wuselte.
„Hey, Sevi!" Brüllte James herüber. „Wenn du dich schon von ner Erstklässlerin fertig machen lässt, brauchst du gegen mich ja gar nicht erst antreten!" Alle umliegenden bis auf ein paar Slytherin Erstklässler und Snape selber lachten oder begannen hinter vorgehaltener Hand zu kichern. Snape warf James einen bösen Blick hinüber und widmete sich dann wieder Honey, die ihn herausfordernd und hämisch angrinste. Durch James´ Spruch ermutigt, hob sie ihren Zauberstab und erwartete Snapes nächsten Angriff, doch schon rief Professor Hawkins die Drittklässlerduelle aus. Die Fünft- bis Siebtklässler verschwanden nun zum Großteil aus der Großen Halle, während sich Zweit- bis Viertklässler um die Podeste scharrten.
Honey hatte sich augenblicklich zu Lily durchgeschlagen und beide erkämpften sich zwei Plätze ganz vorne. Unter tosendem Applaus sprang Sirius auf die Bühne und verbeugte sich breit grinsend, während ihm gegenüber ein schüchterner, spitznasiger Ravenclaw hinaufkletterte. Honey fiel auf, dass viele Mädchen verträumt zu ihm hinaufblickten.
„Mach die Pfeife fertig!" Rief es plötzlich in unglaublicher Lautstärke hinter den Mädchen. Als sie sich umdrehten, entdeckten sie James, Remus und Peter, die Sirius, wild mit den Fähnchen schwenkend anfeuerten. Zögernd griffen Honey und Lily in ihre Taschen, zogen ihre Fähnchen hervor und blickten einander zweifelnd an.
„Sollen wir auch?" Fragte Lily mit schelmischem Blick. Honey drehte sich noch einmal zu den Jungs um, die sich vor lauter Jubel fast überschlugen und nickte grinsend. Doch schon sprang Sirius von der Bühne und ließ sich von allen gratulieren und auf die Schulter klopfen. Honey starrte ihn ungläubig an.
„Du bist schon fertig?" Fragte sie erstaunt.
„Klar, der Typ war doch ´n Loser." Antwortete Sirius locker zwinkernd.
Nach drei sehr unspektakulären Kämpfen war James an der Reihe und besiegte seinen Ravenclaw eben so schnell wie Sirius. Honey staunte nicht schlecht über die unglaublichen Fähigkeiten der beiden und hoffte insgeheim, dass Remus die beiden noch übertreffen würde.
Remus kam erst als einer der letzten an die Reihe und die meisten Schüler waren bereits in ihre Gemeinschaftsräume gegangen. Sein Gegner war ein hässlicher, kleiner Gnom, der allerdings weitaus mehr bejubelt wurde als Remus.
„Warum sind die alle so begeistert von dem ekligen Winzling?" Fragte Honey verwundert.
„Das ist Norman Bloch, der Sucher von Slytherin. Scheiße, Remus hat echt Pech." Antwortete James. Honey blickte ihn fragend an.
„Hat dir dein Bruder eigentlich gar nichts beigebracht?"
„Slytherins betrügen immer. Und vor allem die vom Quidditchteam." Belehrte sie Sirius.
„Und Norman Bloch hat Remus letztes Jahr das Finale gekostet." Ergänzte Peter. Honey verzog das Gesicht. Auf der anderen Seite des Podestes sah sie das Quidditch-Team und einen Haufen weitere Slytherins grölen, während Remus sichtlich nervöser wurde. Die beiden Duellanten begaben sich in Kampfposition.
„Ohoh, nicht gut." Sagte Sirius besorgt. „Schaut euch an wie seine Hand zittert. Das Duell hat er jetzt schon verloren." Zu Honeys Bedauern schien Sirius recht zu behalten, denn schon nach kurzer Zeit stand es 0:7 für Norman. Während Sirius und James noch versuchten hoffnungsvoll und aufmuntert zu kucken, vergrub Peter bei jedem Angriff das Gesicht in den Händen. Auch Lily hatte das Fähnchenschwenken bereits aufgeben. Gegenüber johlten die Slytherins und schienen schon ihren Sieger zu feiern, wobei sie Remus einige ziemlich fiese Beleidigungen an den Kopf warfen. Honey kochte innerlich vor Wut. Sie ballte die Fäuste so fest, dass sie ihr Fähnchen mit einem lauten Knacks! zerbrach.
„Hey, Remus! Mach diesen widerlichen, schleimigen Schlappschwanz endlich fertig!" Platzte es aus ihr heraus. Plötzlich sahen sie alle an, als hätte sie sich augenblicklich in ein feuerspeiendes Ungeheuer verwandelt.
„Und du, du hässlicher Schleimbeutel!" Wie eine Furie keifend, wandte sie sich an den ebenfalls verdutzten Norman. „Pass bloß auf, denn Remus wird dir jetzt den Arsch aufreißen, bis dich deine eigene Mutter nicht wiedererkennt. Aber sie wird dich geschrumpfte Kreuzung aus Fettel und Troll danach bestimmt sowieso hübscher finden als jetzt." Honeys unglaubliche Beleidigungsflut prasselte weiter auf Norman nieder, während sie mit großen Augen und offenen Mündern angestarrt wurde. Nachdem sie ihr Erstaunen überwunden hatten, fielen Sirius und James begeistert in Honeys Redeschwall mit ein und Lily und Peter begannen wieder wild mit ihren Fähnchen zu wedeln. Remus, von den Anfeurungsrufen ermutigt, begab sich mit angrifflustigem Blick in Kampfstellung und auch Norman hatte sich wieder gefasst. Doch das Blatt hatte sich zu Remus´ Gunst gewendet. Fast problemlos ließ er selbst die fiesesten Flüche abprallen und traf Norman immer wieder. Kaum 5 Minuten später ging Norman schwankend zu Boden und Remus gewann 11:7. Honey sprang überglücklich auf und ab, wedelte dabei mit ihrem kaputten Fähnchen, fiel Sirius um den Hals und sprang weiter. Lily sah sie schief an.
„Was denn?" Fragte Honey verwundert.
„Solltest du nicht lieber das da oben umarmen?" Zischte Lily tadelnd und wies auf Remus.
„Psssst! Bist du still." Flüsterte Honey energisch und sah sich mit puterrotem Kopf um, ob jemand gehört hatte, was Lily gesagt hatte. Doch zum Glück waren die Jungs noch in ihren Freudeschwall versunken und hatten nichts mitgekriegt.