„Honey! Lily! Ist das nicht ein wunderschöner Tag?" Sagte sie unendlich begeistert und fiel einer nach der anderen um den Hals.
„Ist alles in Ordnung mit dir? Vorhin ging es dir doch noch so schlecht, weil Steward dich nicht bei den Valentinskarten ausgewählt hat?" Fragte Lily, denn Sally hatte während Zauberkunst und Geschichte der Magie, mehr geschluchzt als geatmet.
„Hat er doch! Eben gerade! Es wollte es nicht vor den andern sagen, weil es dann nichts besonderes gewesen wäre!" Antwortete sie schwärmerisch und widmete sich wieder in voller Begeisterung dem Training.
Honey und Lily blickten einander grinsend an. Höchstwahrscheinlich hatte Steward sie nur deshalb gefragt, um in Ruhe trainieren zu können, denn Sally machte das Zusehen nichts aus, im Gegenteil! Es war zwar ein wenig gemein, was er tat, aber immerhin war Sally glücklich. Kopfschüttelnd gingen sie an ihr vorbei und machten es sich auf ihren Stammplätzen bequem. Wie sich herausstellte, hatten Joanna und Jonathan einfach einander eingeladen, um Schwierigkeiten mit Verabredungen zu vermeiden und Patricia Smith, das Ravenclawmädchen, fand es ‚sexy' Leo beim fliegen zu beobachten. Honey befremdete es sehr, das Wort ‚sexy' im Zusammenhang mit ihrem Bruder zu hören, aber zumindest schien Patti nicht so ein kreischendes, fanatisches Weib wie Sally zu sein.
Als die Stunde ‚Gnadenfrist' vorbei war, erschien James ausnahmsweise pünktlich auf dem Quidditchfeld und machte sich wortlos an die Schnatzjagd, während Sirius und Peter mit den beiden Mädchen vom Frühstück auf die Tribüne kamen. Unwillkürlich hielt Honey Ausschau nach Remus, während Lily die beiden Mädchen mit giftigen Blicken strafte.
„Wow! Schaut euch das an!" Rief Sirius plötzlich und zeigte begeistert aufs Quidditchfeld, wo James wieder einen seiner genialen Sturzflüge vorführte. Gebannt schauten alle zu, wie er in die Tiefe stürzte und sich in allerletztem Moment hochzog und Richtung Himmel schoss.
„Das ist seine Spezialität." Hörte Honey plötzlich eine Stimme hinter sich. Erschrocken drehte sie sich um und entdeckte Remus und zum Glück ohne Anhang.
„Wo kommst du denn plötzlich her?" Fragte sie ihn erstaunt.
„Ich war hinter Sirius und Peter." Antwortete er mit unschuldigem Blick. Peter nickte zustimmend und blickte auch als könnte er kein Wässerchen trüben. Honey sah ihnen genau an, dass irgendwas faul war, konnte aber nicht genau sagen was.
Mittlerweile tuschelte die Verabredung von James aufgeregt mit Patti Smith und Remus und Peter hatten sich neben Honey und Lily gesetzt. Neugierig drehte sich Honey nach Sirius und seinem Mädchen um und musste feststellen, dass die beiden bereits in eine wilde Knutscherei vertieft waren. Honey wandte sich verlegen ab und starrte geradeaus.
„Keine Sorge, das ist normal." Meinte Remus vergnügt. „Aber dreh dich lieber nicht nochmal um, du könntest blind werden."
„Scheint ja mit dieser Bradshaw gut gelaufen zu sein. Bei der guten Laune, die du hast." Sagte Lily und wandte dabei den Blick kaum von den beiden tuschelnden Ravenclaws ab. Honey grummelte innerlich. Theresa Bradshaw hatte sie schon fast vergessen.
„Es lief sogar sehr gut." Erzählte Remus grinsend. „Zuerst hat Sirius ihr weiß gemacht, dass meine Eltern mich ohne Anstandsdame nicht mit einem Mädchen alleine lassen wollten. Also ist Peter mitgekommen und hat dauernd ihre Sätze wiederholt und ihr gesagt, direkte Gespräche seien auch verboten. Mich wundert es, das sie es trotzdem eine ganze Stunde ausgehalten hat. Wenigstens ist sie nicht wieder auf die blöde Idee gekommen mich zu küssen." Er verzog angewidert das Gesicht. Honey war ebenso froh darüber, dass Theresa das nicht getan hatte, denn dann hätte sie das dämliche Nilpferd wohl oder übel erschlagen müssen.
„Letztes Jahr hat sie ihn überrascht und er konnte sich nicht schnell genug weg flüchten. Danach hat er eine halbe Stunde lang Ofenreiniger gegurgelt." Sagte Peter kichernd.
Trotz des täglichen harten Trainings war das Quidditchteam am Morgen
des Spiels gegen Hufflepuff mit den Nerven am Ende. Nicht dass die
Hufflepuffs so starke Gegner gewesen wären, aber immerhin wurden sie
beim Spielen von einem echten Profi beobachtet. Vor allem Leo war
ein nervliches Wrack, schließlich hatte Edmond ihm Weihnachten ein paar
Tricks gezeigt und spielte auf der gleichen Position wie er.
Honey dagegen war vollkommen ruhig, als sie mit Lily zum Stadion
spazierte, denn Jonathans 24-Stunden-Training musste ja gefruchtet
haben. Immerhin hatte er sooft das Quidditchfeld gebucht gehabt, dass
Hufflepuff kaum zum Trainieren gekommen war. Sirius, Remus und Peter
schienen genauso zuversichtlich, denn als Honey und Lily auf ihren
Stammplätzen eintrafen, hatten sie schon ihr „Potter vor für
Gryffindor"-Plakat entrollt und befestigten es am Tribünenrand. Während
Remus es zum spratzeln brachte, hielt Peter mit einem Fernglas Ausschau
nach dem berühmten Gast.
„Peter, du solltest vielleicht in die Gästetribünen schauen und
nicht unter den Schülern suchen." Empfahl Sirius ihm mit höhnischem
Grinsen. Auch Honey versuchte Edmond irgendwo zwischen den Massen zu
entdecken, doch mit bloßem Augen erkannte sie nur einen aus Menschen
und keine einzelnen Personen.
„Ich glaube, da ist er!" Sagte Peter und hüpfte aufgeregt auf
und ab. Honey nahm ihm das Fernglas aus der Hand und blickte in die
Richtung, in die Peter wies. Zu ihrer Überraschung entdeckte sie nicht
nur Edmond und Sandrine, sondern auch ihre Eltern, die ihrerseits durch
ein Fernglas kuckten und ihr begeistert zuwinkten. Kichernd winkte sie
zurück und gab Peter das Fernglas wieder.
„Meine Eltern sind auch da!" Erklärte sie ihr freudiges Winken.
„Was? Dein Dad geht am helllichten Tag nach draußen? Müsste er
da nicht in Flammen aufgehen oder zu Staub zerfallen?" Fragte Sirius
hämisch. Honey wollte gerade schlagfertig antworten, als Lily sie
darauf aufmerksam machte, dass die Mannschaften das Feld betraten.
Professor Garbarec machte seine übliche Ansprache und stellte die
Mannschaften vor. Honey, Lily und die Jungs brüllten sich fast heiser,
als er die Namen der Gryffindors ausrief.
Dann begann das Spiel. Anscheinend hatten die Hufflepuffs doch
mehr trainiert als Honey angenommen hatte, denn sie kamen sofort in
Quaffelbesitz. Blitzschnell flog Nicoletta Vince an Liza und Jonathan
vorbei, wich einem Klatscher von Joanna aus und raste auf die Torringe
zu. Honey riss Peter aufgeregt das Fernglas wieder aus der Hand, beugte
sich so weit sie konnte über den Tribünenrand und fixierte ihren
Bruder. Leo sah aus, als würde er heute zum ersten Mal auf einem Besen
sitzen; sein Gesicht war käseweiß, seine Hände waren in den Besenstiel
verkrallt und er starrte Nicoletta an, als würde sie auf einem
Ungarischem Hornschwanz anstatt eines Besens sitzen. Und schon war das
Unglück geschehen. Leo schaffte es zwar seinen Besen von der Stelle zu
bewegen, doch er verschätzte sich, flog zu weit nach rechts und der
Quaffel traf ihn nicht nur mit voller Wucht am Kopf, sondern danach
auch noch den Torring. Während die Hufflepuffs jubelten, schwenkte
Honey von ihrem Bruder auf die Gästetribüne und sah wie ihre Mum ihren
Dad mühselig davon abhielt Nicoletta oder Leo - wahrscheinlich beide -
zu verfluchen.
Mittlerweile war Gryffindor im Quaffelbesitz. Jonathan, Liza und
Richard passten einander so schnell den Ball zu, dass Professor
Garbarecs Stimme sich dreimal überschlug, bis Jonathan das erste Tor
für Gryffindor schoss. Honey war froh, dass zumindest die anderen die
Nerven behielten und nicht vor Nervosität fast vom Besen fielen wie ihr
Bruder. Nun war Hufflepuff wieder am Ball. Tim Taylor passte zu Larry
Rider, Larry zurück zu Tim und weiter zu Nicoletta. Es war die gleiche
Situation wie vorher! Nicoletta zischte wild durch die Luft auf Leo zu,
doch der Treffer an den Kopf schien ihn aufgeweckt zu haben. Obwohl
Nicoletta geschickt antäuschte, gelang es Leo fast problemlos den
Quaffel abzufangen. Nun, da ihr Hüter endlich wieder wusste, wie man
einen Besen benutzt, hatten die Gryffindors das Spiel vollkommen in der
Hand und schossen ein Tor nach dem anderen.
Honey zitterte vor Aufregung. Gebannt verfolgte sie den Weg des Quaffels, bis Sirius ihr plötzlich das Fernglas mopste.
„Wo steckt der Kerl bloß? Der soll endlich den Schnatz fangen!" Sagte er genervt und suchte das Stadion nach James ab.
„Warum? Das Spiel läuft doch grad so gut!" Sagte Honey und versuchte ihm das Fernglas wieder abzujagen.
„Das ist doch langweilig, wenn die Hufflepuff stundenlang untern Tisch spielen."
„Was ist denn das da hinten?" Fragte Peter auf einmal unruhig. „Sieht aus wie eine Wolke."
„Eine Wolke, die aggressiv surrt und auf uns zu kommt. Das kenn ich doch irgendwoher." Sagte Sirius wissend.
„Was ist das wohl? Doxys? Oder wieder Wichtel?" Fragte Lily und fingerte nervös an ihrem Umhang.
„Ich finde, wir sollten nicht hier bleiben, um es herauszufinden." Sagte Remus. „Wir sollten besser gehen."
„Aber-" Begann Honey, doch Sirius unterbrach sie: „Komm schon,
die andern merken das früh genug." Mit gemischten Gefühlen folgte sie
Lily und den Jungs und hoffte, dass die Wolke die Richtung noch
wechseln würde.
Kaum hatten sie das Stadion verlassen, ertönte hinter ihnen eine kalte, harte Stimme.
„Sie wollen schon gehen? Sehr ungewöhnlich, wo das Spiel doch
noch gar nicht beendet ist." Professor Zanzarah blickte sie forschend
an.
„Das Spiel ist öde. Selbst wenn Hufflepuff den schnatz noch
fängt, gewinnen wir. Deshalb wollten wir schon mal gehen und uns
Wichtigerem widmen." Erklärte Sirius ruhig.
„Und sie glauben nicht, dass sich der Spielstand noch ändern könnte? Immerhin könnte einige Spieler noch ausfallen."
Honey gefiel sein Ton überhaupt nicht. Es schien als ob er
irgendwas Fieses vorhätte. Vielleicht hatte er sogar die Wolke
heraufbeschworen! Doch Honey konnte diesen Gedankengang nicht beenden,
denn schon war vom Stadion aus lautes Geschrei zu hören. Honey ging
erschrocken einige Schritte nach vorne um von unten ins Stadion hinein
blicken zu können. Zu ihrer Erleichterung stellte sie fest, dass die
Wolke die Zuschauertribünen und somit ihre Eltern anscheinend unberührt
gelassen hatte, statt dessen hatte sie sich in mehrere kleine Wölkchen
zerteilt und verfolgte die einzelnen Spieler! Sirius suchte durch das
Fernglas nach James.
„Wow! Sieht nach Billywigs aus!" Sagte er erstaunt. „Niedlich, die Hufflepuffs scheinen sie lieber zu mögen."
„Wie praktisch." Sagte Professor Zanzarah und lächelte kalt.
„Für mich sieht das aus, als hätte jemand geplant Gryffindor auf diese
Weise zum Sieg zu verhelfen. Und für den Fall, dass der Plan außer
Kontrolle gerät, ist es besser zu verschwinden, bevor die Billywigs
zuschlagen." Honey verstand langsam, worauf er hinaus wollte; und sie
war nicht die einzige.
„Sie glauben doch wohl nicht, dass wir die Sache angezettelt haben?" Fragte Sirius entrüstet.
„Wir waren das nicht! Wir würden doch nicht unser eigenes Team
mit gefährden!" Pflichte Remus ihm bei, während Peter energisch nickte.
„Die Tatsachen sprechen eindeutig gegen sie. Und es scheint mir,
als würde gerade Mr Potter sich außerordentlich Geschickt der Billywigs
erwehren." Sagte Professor Zanzarah zynisch. Damit hatte er Recht.
James zischte durch die Luft, doch anstatt zu versuchen die Billywigs
abzuschütteln, flog er dicht an langsameren Hufflepuffs vorbei und
seine Verfolger somit auf ein neues Ziel lenkte.
„Nur weil James ein Fluggenie ist und Billywigs auf schwarz-gelb
abfahren, heißt das doch noch lange nicht, dass wir daran Schuld sind!"
Versuchte Sirius sich zu verteidigen. Während Sirius und Professor
Zanzarah versuchten sich gegenseitig tot zu argumentieren, tickte Lily
Peter an.
„Ward ihr es?" Fragte sie flüsternd, doch Peter schüttelte den
Kopf. Somit schien sich Honeys Verdacht noch zu bestätigen.
„Meine Herren, ich muss sie leider bitten mich in mein Büro zu
begleiten. Wir werden uns dort weiter unterhalten." Sagte Professor
Zanzarah schließlich, dann wandte er sich an Honey und Lily. „Und
sie, meine Damen, sollten sich angemessenere Gesellschaft suchen.
Diese Herren sind gefährlich für sie, auf mehrere Arten." Dann
verschwand er gefolgt von den leise grummelnden und maulenden Jungs.
„Ich glaube, der alte Geier hat die Billywigs aufgehetzt, um zu
verhindern, dass Gryffindor mit 1000 Punkten gewinnt und dann in der
Liste nicht mehr zu schlagen ist!" Sagte Lily bestimmt.
„Seh ich genauso!" Stimmte Honey ihr zu. „Es kam ihm bestimmt
sehr gelegen, dass die Jungs gerade jetzt auf die Idee kamen zu
verschwinden. Hörst du auch das Brummen?" Lily schaute sie als Antwort
panisch. Langsam drehten sich die beiden Mädchen um, und entdeckten
direkt vor ihnen einen Teil der Billywigwolke. Anscheinend schienen sie
den Gefallen an den Besen berittenen Opfern verloren zu haben und sich
nun auch auf Zuschauer zu stürzen. Doch während die Lehrer es schafften
die winzigen Insekten erfolgreich zu betäuben, waren Honey und Lily
außerhalb des Stadions vollkommen schutzlos.
„Mach bloß keine schnellen Bewegungen." Zischte Honey Lily aus
dem Mundwinkel zu. Doch Lily hörte nicht zu und blickte versteinert auf
ihre Nase, vor der eine der winzigen Kreiselfliegen schwebte. Plötzlich
stieß das kleine Tierchen vor und versetzte ihr einen winzigen, aber
schmerzhaften Stich mitten auf die Nasenspitze. Lily schrie überrascht
auf und wie auf Befehl zischten die Billywigs auf die zwei Mädchen los.
Mühselig versuchten sie sich mit fuchtelnden Armen zu wehren, doch das
Billywiggift wirkte zu schnell. Als erstes fiel Lily, betäubt von der
hohen Giftmenge, denn auf Grund ihres Aufschreis, hatte sie die meisten
Stiche bekommen. Dann schwindelte auch Honey, aber gleichzeitig fühlte
sie sich ungewöhnlich leicht. Sie verlor das Gleichgewicht und ihr
wurde schwarz vor Augen. Als sie fiel, fühlte sie sich, als würde sie
mitten in einer weichen Wolke landen.
