Am Mittag des 30. August stiegen Honey und Leo - Petronius musste zu Hause bleiben, da Honey ihn fürs Einkaufen zu unpraktisch fand - pünktlich aus dem Kamin des Tropfenden Kessels. Hustend klopfte Honey sich die ein wenig Asche von ihrem Sommerkleid und schaute sich dann nach Lily um.
„Honey! Hier bin ich! Hallo!" Lily kam winkend auf sie zu, zwängte sich an mehreren Zauberern vorbei und umarmte sie begeistert. Nachdem sie Leo beiläufig begrüßt hatte, fuhr sie fort: „Wie gemein! Da hab ich mich gefreut, dass ich so viel gewachsen bin, dass ich fast so groß bin wie du und du wächst einfach auch!"Honey war es fast nicht aufgefallen, dass sie gewachsen war. Sie war es gewohnt in ihrer Familie die Kleinste zu sein und hatte deshalb nicht auf ein paar Zentimeter geachtet.
Plaudernd gingen sie hinaus auf den Hinterhof und Leo, den das Geplapper extrem zu nerven schien, tippte dreimal auf den Backstein, der das Tor öffnete und sagte dann mahnend: „Mach ja keinen Blödsinn und kauf kein Unnützes Zeug! Und vergiss nicht, wenn Mum fragt - "
„Du warst die ganze Zeit bei uns und hast auf mich aufgepasst. Ich weiß." Ergänzte Honey genervt. Sie war froh, dass sie ihn nicht die ganze Zeit ertragen musste, denn der einzige Laden, den er freiwillig und sogar mit Freude betrat war Qualität für Quidditch, in den er auch sofort verschwand, um sich seinen versprochenen Besen zu kaufen.
„Am besten wir gehen erstmal zu Flourish Blotts und kaufen die neuen Schulbücher, danach in Quacksalbers Apotheke, um unseren Zutatenvorrat aufzufüllen, oh, und ich muss noch in die Magische Menagerie und einen hübscheren Käfig für Tritogenia kaufen, dann brauchen wir natürlich noch Pergament und Tinte."
„Lily, atme doch bitte zwischen den Sätzen." Unterbrach Honey sie. Anscheinend hatte Lily ihren Einkaufstag ausgiebig und genauestens verplant. „Ich schlage vor, wir gehen einfach los, gehen in jeden Laden und kaufen unsere Eltern pleite. Apropos, musst du nicht nach Gringotts und dein Muggelgeld umtauschen?"
„Nein, Mum hat letztes Jahr so viel Geld umgetauscht, dass es noch für zwei Jahre Schulsachen reicht. Sie hatte gefürchtet, dass das ganze Zeug unglaublich teuer wird und dachte es wäre besser vorbereitet zu sein." Erklärte Lily augenrollend. „Also, auf geht´s!"
Vergnügt spazierten die beiden Mädchen durch die Winkelgasse. Als erstes füllten sie in der Apotheke ihren Zaubertrankzutatenvorrat wieder auf- Lily musste auf Grund ihrer Streiche so viel Zutaten nachkaufen, dass sie am Ende fast zehn Galleonen bezahlen musste - danach besorgten sie sich Tinte, Pergament und ihre neuen Schulbücher und kauften sich dann bei Florean Fortescue einen Vanille-Erdbeer-Karamell-Eisbecher mit Keksstücken.
Gerade als Honey den letzten Löffel geschmolzenen Eises aus ihrem Becher kratzte, sah sie aus dem Augenwinkel, wie eine dunkele, ihr wohlbekannte Gestalt in die Nokturngasse einbog. Sie erschreckte sich so sehr, dass sie sich an ihrem Eis verschluckte und furchtbar anfing zu husten.
„Was ist denn jetzt los?" Fragte Lily kichernd. „Hast du einen Geist gesehen?"
„Schlimmer!" Antworte Honey nach Luft schnappend. „Der alte Geier ist gerade in der Nokturngasse verschwunden."
„Was? Aber ich denke, da treiben sich nur schwarze Magier und Verrückte herum!" Sagte Lily aufgeregt, drückte Honey ihre Einkaufstüten in die Hand und schnappte sich ihre eigenen. „Los! Hinterher! Der hat bestimmt irgendwas vor!"
Missmutig folgte Honey Lily aus der Eisdiele. Sie hatte wirklich nicht das Bedürfnis dem alten Geier vor dem ersten Schultag zu begegnen und erst Recht nicht an einem Ort, wo es von Schwarzmagiern und allerlei anderen merkwürdigen Gestallten wimmelte.
Die Nokturngasse war düster und schmutzig. Honey konnte nicht genau erkennen, ob die Straße ungepflastert oder von einer dicken Schicht Dreck und Modder bedeckt war. Die Leute, die in der Gasse umhergingen waren nicht viel angenehmer. Eine bucklige, verschlagen dreinschauende Hexe verkaufte Schrumpfköpfe und halb verfaulte Körperteile auf einem kleinen Karren, ein kahlköpfiger, einarmiger Mann diskutierte lebhaft, aber kaum hörbar mit einer blassen Hexe und ein kleiner Kobold mit einer Nase wie eine Zuckerrübe und langen, spitzen Zähnen zählte blutbefleckte Galleonen in einem Beutel. Das Schlimmste war: alle starrten sie an! Natürlich passten die beiden Mädchen in ihren hellen Sommerkleidchen und ihren nervösen Gesichtern absolut nicht in diese Umgebung und fielen deshalb auf wie bunte Hippogreife. Baralis Zanzarah dagegen passte perfekt an diesen Ort. Doch auch hier wichen selbst die dunkelsten Gestalten vor ihm zurück, manche machten sogar eine kurze Verbeugung, wenn er vorüber ging. Es war nicht schwer ihm zu folgen, dafür aber sehr schwer unentdeckt zu bleiben. Jedesmal, wenn er irgendwo stehenblieb um sich etwas in einem Schaufenster anzukucken oder jemanden zu begrüßen, duckten sich Honey und Lily schnell hinter einer Hausecke oder einer tuschelnden Gruppe. Unwillkürlich griff Honey jedesmal ihre Tüten fester. Immerhin könnte ihr ja eine der Schreckgestalten irgendwas klauen.
„Was er wohl hier will?" Fragte Lily neugierig, als sie sich hinter einer besonders schmuddeligen Hausecke versteckten.
„Nichts Gutes vermutlich." Antwortete Honey versuchte den alten Geier in der Menge nicht zu verlieren. „Er ist weg!"
„Wie weg? Der kann doch nicht einfach verschwinden!" Beschwerte sich Lily und trat hinter der Ecke vor. „Hm. Vielleicht ist er disappariert." Nun kam auch Honey heraus und schaute suchend in die Richtung in der sie den alten Geier zuletzt gesehen hatte. Plötzlich teilte sich die Menge und Professor Zanzarah war wieder zu sehen - und er kam genau auf sie zu.
„Da ist er wieder! Schnell hier rein, bevor er uns sieht!" Sagte Honey panisch und zog Lily hinter sich her durch die nächstbeste Tür in einen Laden namens Borgin Burkes.
Aufgeregt versteckten sich die beiden hinter den Türpfosten und spähten durch die milchige Glasscheibe nach draußen.
„Sucht ihr etwas Bestimmtes?" Fragte sie überraschend ein grummeliger, zerfleddert aussehender Mann mit schleppender Stimme. Mit weit aufgerissenen Augen starrten die beiden Mädchen den Ladenbesitzer an. Honey überlegte nicht lange. Lieber würde sie noch eine Weile in dem Laden bleiben als eine Begegnung mit dem alten Geier zu riskieren.
„Nein, danke. Wir schauen uns nur um." Sagte sie schnell, lächelte nervös und zog Lily hinter sich her weiter in den Laden hinein. Es war eng und schaurig. Die Regale waren vollgestopft mit blutverschmierten Dolchen und gehörnten, menschlichen Totenköpfen., an den Wänden hingen rostige Folterwerkzeuge. Abgetrennte Hände, Bücher aus Menschenhaut, Fläschchen und Phiolen mit verschiedenen Giften, es wimmelte geradezu von mannigfaltigen Gegenständen an denen kleine Schildchen mit der Aufschrift „Achtung! Verflucht!" baumelten. Honey schaute sich fasziniert um.
„Sieh mal! Ein Keuschheitsgürtel!" Sagte Lily kichernd. Anscheinend hatte sie auf Grund der obskuren Dinge in diesem Laden ebenfalls ihre Furcht und Professor Zanzarah vergessen.
„Auf dem Schild steht: Achtung! Nicht verwenden! Erzeugt Lustlosigkeit! Da war wohl ein Vater besonders vorsichtig!" Während die beiden lachten, rempelte Honey plötzlich jemanden hinter ihr an.
„Oh! Ent- Wäh!"Sagte Honey erschrocken, denn als sie sich umdrehte um sich zu entschuldigen, entdeckte sie genau die Person, außer Zanzarah, die sie vor Beginn des neuen Schuljahres nicht wiedersehen wollte: Snape!
„Sieh an! Lassen eure Mammis die kleinen Gryffindormädchen alleine in die böse Nokturngasse?" Fragte er gehässig. Seine blassen Augen funkelten abwertend. Honey wusste sie nicht, ob sie mehr genervt oder angewidert war.
„Im Gegensatz zu dir trauen wir uns zumindest ohne unsere Mammi hierher." Antwortete sie zickig.
„Ui, so mutig und das ganz ohne deine Bodyguards." Antwortete er herausfordernd. „Es ist dir sicher schwer gefallen, Black und Potter die Ferien über nicht anhimmeln zu können." Jetzt ging er zu weit. Honey ließ sich ja einiges unterstellen, aber nicht dass sie sich an James oder Sirius ranschmeißen würde! Wütend ging sie einen Schritt auf ihn zu.
„Jetzt hör mir mal zu - ich - bin - verliebt!" Mitten im Satz verflog all ihre Wut urplötzlich. Sie bemerkte gar nicht wie Snapes bleiches Gesicht von einer Sekunde auf die nächste puterrot wurde und Lily sie mit offenem Mund anstarrte.
„Was?" Fragte sie fassungslos.
„Was?" Fragte Snape geschockt.
„Wow! Das ist das Schönste, das ich jemals gesehen hab." Honey war wie in Trance. Lily fuchtelte energisch mit der Hand vor ihrer Nase, doch sie reagierte nicht. Als Honey dann einen weiteren Schritt vorwärts ging, ergriff Snape Panik und er verschwand wortlos so schnell er konnte aus dem Laden.
„Bist du krank oder was?" Sagte Lily entsetzt zog ein Foto von den Jungs aus ihrem Geldbeutel und hielt es ihr vor die Nase. „Denk an Remus! Da! Tu ihm das nicht an!"
„Das ist einfach unglaublich!" Sagte Honey aufgeregt, ging schnurstracks auf die Vitrine gegenüber zu und drückte ihre Hände an die Scheibe. „Das ist die gleiche magische Halskette die Xandria Nightwish von Sirens, Nymphes, Muse and Monsters immer trägt!"
„Was?" Lily war vollkommen platt. Unsanft schlug sie Honey auf den arm. „Wie kannst du mich so erschrecken? Ich dachte schon du hättest dich in Snape verknallt!"
„Igitt, nein!" Sagte Honey angeekelt. Sie war erstaunt, dass Lily ihr etwas derartig Widerliches zutraute. „Wie kommst du bloß auf so einen Blödsinn? Ach, warum steht denn da kein Preis dran?"
Erneut ignorierte Honey Lily komplett und suchte nach dem unfreundlichen Ladenbesitzer. Dieses Schmuckstück musste sie einfach haben, egal wie teuer es war! Sie fand den Mann hinter der Theke. Mühselig versuchte sie sich zu beruhigen. Wenn sie zeigen würde, wie sehr sie die Kette haben wollte, würde das nur den Preis in die Höhe drücken.
„Entschuldigung, was hat es mit der Kette dort in der Vitrine auf sich?" Sagte Honey und zeigte auf das Objekt ihrer Begierde. Ihre Stimme zitterte leicht. Der Ladenbesitzer funkelte sie mit einer Mischung aus Gier und Misstrauen an. Honey fluchte innerlich. Er hatte sicher bemerkt, dass sie die Kette unbedingt haben wollte.
„Das ist ein ganz besonderes Stück. Die Kette von Brabbaz. Der Magier Theoros Verdadios hat sie einst geschaffen, weil er seine Gattin des Ehebruchs bezichtigte." Während er sprach, ging er langsam auf die Vitrine zu, öffnete sie und nahm die Halskette heraus. Die unzähligen geschliffenen Bernsteine in ihren Goldfassungen funkelten im schwachen Licht. „Legt man diese Kette einem Nicht-Magier um, ist er gezwungen immer die Wahrheit zu sagen."
„Wie mit Veritaserum?" Unterbrach Lily ihn neugierig. Sie lugte etwas verschüchtert hinter Honey hervor.
„Ja genau, Kleines." Fuhr der schaurige Mann fort. „Doch trägt ein Magier dieser Kette und wagt es zu lügen, dann zieht sich die Kette mit jeder Lüge langsam zu bis Futsch!" Er fuhr mit dem Finger an seiner Kehle entlang. Honey und Lily zuckten erschrocken zusammen. „Natürlich ist sie mit einem Zauber geschützt. Nur derjenige, der einem die Kette umgelegt hat, kann sie auch wieder abnehmen. Das wurde dem alten Theoros zum Verhängnis. Denn der Geliebte seiner Gattin legte ihm die Kette um, doch der gute Theoros brachte ihn um. Seine Gattin alarmierte die Gendarmerie und als er versuchte sich bei dem Mord aus der Affäre zu ziehen erdrosselte ihn die Kette. Sie mussten ihm den Kopf abschneiden, um an das schöne Stück zu kommen." Honey und Lily wichen unwillkürlich einen Schritt zurück.
„Aber das ist sicherlich nichts für ein so junges Ding." Sagte er mit irrem Blick. Doch Honey war fest entschlossen.
„Ich gebe ihnen 25 Galleonen." Sagte sie und versuchte überzeugend zu wirken.
„Das ist ein sehr wertvolles Stück." Sagte der Ladenbesitzer beiläufig.
„50!" Honey war unglaublich aufgeregt.
„Eine echte Antiquität."
„75!"
„Und dann diese unglaubliche Fähigkeit!"
„100 Galleonen. Und das ist mein letztes Angebot!" Sagte sie endlich und gab sich Mühe überzeugend zu klingen.
„Also schön." Sagte der Ladenbesitzer, lächelte zufrieden und ging zu seiner Theke. Honey freute sich und klatschte begeistert in die Hände.
„Hast du überhaupt noch so viel Geld?" Fragte Lily sie flüsternd.
„Nein, leist du mir zehn Galleonen?" Fragte Honey mit leidendem Blick. „Ich zahl´s dir zurück, ich verspreche es. Du brauchst mir für die nächsten 20 Jahre auch nichts zum Geburtstag oder zu Weihnachten zu schenken. Biiiiiiiiiiiitte."
„Ist ja gut. Hör bloß auf zu betteln." Sagt Lily genervt, zählte zehn Galleonen ab und drückte sie Honey in die Hand. „Du hast echt ´nen Knall. Nur weil irgendein Star auch so ein Ding hat."
Honey war Lilys Gemecker egal. Ebenso wie die Tatsache, dass sie nun kein Geld mehr hatte um sich neue Schulumhänge zu kaufen und nun ein Jahr lang in zu kleinen Klamotten herumlaufen musste. Grinsend hüpfte sie zum Tresen, schüttete dort den Inhalt ihres Geldbeutels aus und nahm ihre Halskette, die der Ladenbesitzer in ein schmuckloses Kästchen verpackt hatte, freudig entgegen.
„Du spinnst." Sagte Lily zum tausendsten Mal, nachdem sie den schaurigen Laden verlassen hatten.
„Ich weiß." Honey hörte gar nicht hin und freute sich nur über ihre Errungenschaft. Professor Zanzarah war bereits seit einer ganzen Weile in die Winkelgasse zurückgekehrt und die beiden brauchten sich nun endlich nicht mehr hinter Mauerecken zu verstecken. Doch plötzlich versperrte eine riesige Gestalt ihnen den Weg.
„Da seid ihr zwei ja! Hab euch schon überall gesucht! Wieso treibt ihr euch denn hier rum?" Hagrid schien gar nicht erfreut zu sein, sie in der Nokturngasse anzutreffen. Doch auch Honey war nicht gerade glücklich über diesen plötzlichen Auftritt.
„Hagrid! Hat Mum dich etwa zum spionieren hergeschickt?" Fragte sie empört.
„Ähm... natürlich nicht... ich bin zufällig hier." Stammelte er verlegen.
„Frechheit! Sie traut uns einfach nicht zu mal eine Stunde alleine außerhalb von Hogwarts zu überleben." Sagte Honey grummelnd. Sie hätte ahnen müssen, dass ihre Mutter sie nicht ganz ohne Babysitter in die Winkelgasse lässt.
„Sind gefährliche Zeiten! Und kleine Mädchen wie ihr sollten nicht einmal in die Nähe der Nokturngasse gehen! Kommt jetzt! Bloß weg hier!" Bestimmt schob er Honey und Lily vor sich her, bis sie drei Geschäfte weit vom Eingang der Nokturngasse entfernt waren. Dort erwartete sie auch schon Leo.
„Da lässt man euch mal eine halbe Sekunde aus den Augen und schon verschwindet ihr in der Nokturngasse! Was habt ihr euch nur dabei gedacht?" Raunte er sie wütend an.
„Beruhige dich, wir leben ja noch." Sagte Honey genervt. Es war ihr verdammt peinlich, dass ihr Bruder sie in der Öffentlichkeit anbrüllte.
„Hagrid, geh ruhig ´was trinken. Ich kümmere mich um die zwei Ausreißer." Sagte Leo, packte Honey und Lily grob an den Armen und zog sie ein Stück von Hagrid, der sich erleichtert zum Tropfenden Kessel aufmachte, weg.
„Musstet ihr euch ausgerechnet in der Nokturngasse erwischen lassen? Ich dachte ihr wolltet nur Schulsachen einkaufen und Mädchenkrams in den Schaufenstern ankucken." Zischte er zornig.
„Und wer sagt, dass Schrumpfköpfe und Riesenspinnen kein Mädchenkram sind? Und außerdem kriegst du sowieso allein den Ärger, weil DU nicht ordentlich auf uns aufgepasst hast." Sagte Honey und strecke ihrem Bruder die Zunge raus.
„Wer konnte denn ahnen, dass ihr ausgerechnet dorthin verschwindet? Was habt ihr dort eigentlich gemacht?" Fragte er verwirrt.
„Eingekauft!" Antwortete Honey grinsend und hielt stolz das Kästchen mit ihrer Kette drin hoch. Leo blickte sie fassungslos an.
„Schau nicht so blöd, das ist nur Mädchenkrams." Beruhigte sie ihn. Die besondere Fähigkeit ihres Einkaufes verschwieg sie sicherheitshalber.
„Hey, Jackson. Willst uns deine zwei Schneckchen nicht vorstellen?" Sagte Sirius plötzlich. Honey hätte vor Freude am liebsten aufgeschrieen als sie nicht nur Sirius, sondern auch James, Peter und vor allem Remus entdeckte. Alle vier waren mehr oder weniger mit Einkäufen beladen und trugen Muggelkleidung. Was sie allerdings, genau wie Leo und Lily, vollkommen verwirrte, war dass Sirius sie offenbar mit seinem berühmten Dr-Love-Meister-Verführer-Blick musterte.
„Geht´s noch?" Platzte es aus Leo heraus.
„Sirius, hast du Fieber?" Fragte Lily mit hochgezogener Augenbraue.
„Jetzt hör schon auf den Mädels Angst zu machen. Sonst müssen wir uns noch das nächste Jahr selber anfeuern." Sagte James grinsend. Sirius lachte kurz auf, legte einen Arm um Honey und den anderen um Lily und sagte dann: „Das wollen wir ja nicht. Kommt, zur Versöhnung gibt´s ein original Rumtreiber-Eis für den Fanclub. Peter, trag mal das Gepäck." Flink schob er die Taschen der Mädchen zu dem verdutzten Peter hinüber.
„Ja, nehmt sie mit und passt auf, dass sie nicht wieder irgendwelchen Blödsinn anstellen!" Rief Leo ihnen noch zu, bevor er wieder in Qualität für Quidditch verschwand, um endlich seinen Besen zu kaufen.
Kurze Zeit später saßen Honey und Lily zum zweiten Mal an diesem Tag bei Florean Fortescue und warteten auf ihr Eis. Zur großen Verwunderung der Mädchen hatte der Kellner zwar ein wenig gekichert, als Sirius strahlend sechs Rumtreiber-Eis bestellte, aber er schien zu wissen, was er bringen sollte. Doch anstatt einer ungewöhnlichen, spektakulären Eiskombination brachte der Kellner nur jeweils einen Becher mit 4 Kugeln Schokoladeneis, Vanillesoße, bunten Schokoladenraspeln, ein paar Erdbeeren und einer fröhlich spratzelnden Wunderkerze in der Mitte.
„Sirius, das ist ein Schokotraum mit Wunderkerze." Sagte Honey enttäuscht als sie ihr Eis vor sich hatte. Der Schokotraum war alles andere als außergewöhnlich und sie hatte ihn schon öfter hier gegessen; bloß ohne Wunderkerze.
„Für Normalsterbliche vielleicht, doch für uns höhere Wesen ist es original Rumtreiber-Eis." Antwortete Sirius mit erhabener Miene und biss genüsslich in eine Erdbeere.
„Erzählt schon was ihr angestellt habt!" Sagte James neugierig zwischen zwei Löffeln Eis. „Muss ja heftig gewesen sein, wenn er UNS bittet auf euch aufzupassen."
„Wir waren in der Nokturngasse." Sagte Honey stolz.
„Was machen denn zwei Häschen wie ihr in der Nokturngasse?" Fragte Sirius ungläubig. „Warum waren wir da eigentlich noch nie?"
„Freud und Leid, Qualität für Quidditch, Florean Fortescue - wir haben hier doch alles, was wir brauchen." Sagte Remus.
„Och, wir haben den alten Geier verfolgt und eingekauft." Sagte Honey als hätte sie mit Lily einen Sonntagsspaziergang gemacht.
„Und Honey hat sich in Snape verknallt." Ergänzte Lily leise, aber deutlich und erntete von ihr augenblicklich einen kräftigen Stoß in die Rippen. Den Jungs blieb vor Schreck das Eis im Hals stecken.
„Ist gar nicht wahr! Lily erzählt Blödsinn!" Verteidigte sich Honey schnell. „Ich hab doch nur eingekauft." Sie wusste genau, dass dieses dämliche Gerücht jetzt mindestens bis zum Ende ihrer Schulzeit an ihr kleben bleiben würde.
„Das ist so widerlich!" Sagte James und schaute drein, als hätte er gerade in eine Zitrone gebissen, während Peter sich angeekelt schüttelte.
„Wie konntest du nur?" Fragte Remus entgeistert.
„Da hilft nur noch Notschlachten!" Sagte Sirius entschlossen, zückte seinen Zauberstab und zielte direkt auf Honeys Nase. Honey kniff leidend die Augen zusammen und schluckte, doch zum Glück griff Lily ein.
„Steck das Ding wieder ein, bevor dich noch jemand damit sieht." Sagte Lily barsch. „Snape glaubt das nur, weil er da was in den falschen Hals gekriegt hat. Also beruhigt euch mal. Ist ja peinlich." Erleichtert atmeten die Jungs auf und auch Honey war froh, dass sie nicht geschlachtet werden musste.
„Was habt ihr denn Schönes eingekauft? Schrumpfköpfe? Abgeschnittene Körperteile?" Sagte Sirius neugierig und begann in Honey Einkaufstaschen zu graben. Noch bevor Honey ihm auf die Finger klopfen konnte, fischte er das Kästchen mit ihrer Kette aus der Tasche und holte die Kette heraus.
„Was´n das Tuntiges? Kann das irgendwas?" Sagte er enttäuscht und begann die Kette hin und her zu schütteln, während Honey versuchte sie ihm wieder abzuluchsen.
„Das ist gar nicht tuntig! Wenn man es jemandem ummacht und der lügt, wird er erdrosselt!" Sagte Honey schmollend. Sirius schaute kurz nachdenklich auf die Kette und schlang sie dann mit einer schnellen Bewegung Peter um den Hals.
„Das wollen wir doch mal testen!" Sagte Sirius entschlossen, während Peter vergeblich versuchte sich von dem tückischen Schmuck zu befreien.
„Hast du schon mal Frauenkleider getragen?" Fragte James mit ernster Miene.
„Was? Nein!" Antwortete Peter mit ängstlichem Blick. Doch kaum hatte er „nein" gesagt, zogen sich die goldenen Glieder der Kette langsam, aber deutlich sichtbar zusammen.
„Falsche Antwort. Versuch´s nochmal." Sagte James lachend. Peter war der einzige der das gar nicht komisch fand.
„Aber das war die Wahrheit! E-ehrlich!" Stammelte er nervös und versuchte weiter sich von der Schlinge zu befreien. Honey bekam langsam Mitleid mit ihm.
„Jetzt macht ihm das Ding wieder ab, bevor er noch blau anläuft." Sagte sie und versuchte gelangweilt zu klingen. Doch Sirius und James hörten gar nicht hin.
„Honey hat Recht. Was ist wenn der Verkäufer Blödsinn erzählt hat und Peter wirklich erwürgt wird?" Stimmte Remus ihr zu. Honey hatte es die ganze Zeit über vermieden ihn anzusehen, denn sie einerseits befürchtete, dass Lily irgendein dummes Kommentar abgeben würde, andererseits wusste sie genau, dass sie mit Eis, auch ohne verliebt zu sein, nur allzu leicht einsaute. Doch diesmal musste sie ihn ansehen und lächelte.
„Ist gut! Ich sage ja alles! Aber macht mich los!" Wimmerte Peter schließlich. Sein Kopf war bereits puterrot, als Sirius den Verschluss öffnete.
„Dann erzähl mal!" Sagte er und hielt die Kette triumphierend in den Händen.
„Als ich ungefähr zwei war, hat meine Mutter mir mal ein Kleid angezogen und eine Schleife in die Haare gebunden." Sagte Peter schnell und kleinlaut. Trotz der Tatsache, dass Peter beinahe erdrosselt worden wäre, war die Vorstellung von ihm als zweijährigem, kleinen Mops mit Kleidchen an und Schleife auf dem Kopf zu komisch, um nicht sofort laut los zu prusten.
„Oh man, hoffentlich gibt´s da ´n Foto von!" Sagte James lachend.
„Ja, das hängen wir dann in über Lebensgröße im Gemeinschaftsraum auf!" Schwärmte Sirius und warf Honey dann ihre Kette zu. „Nettes Spielzeug. Wen wolltest du denn damit aushorchen?"
„Niemanden!" Sagte Honey empört. Auf die Idee war sie gar nicht gekommen. Immerhin könnte dabei ja jemand umkommen und selbst wenn nicht würde das Opfer noch wissen von wem und was es gefragt wurde.
„Sie hat das Ding nur gekauft, weil irgendein Star genauso eins hat." Sagte Lily genervt. „So eine Sangria Wegwisch." Noch bevor Honey mit Lily über ihren Frevel schimpfen konnte, ergriff Remus das Wort.
„Meinst etwa Xandria Nightwish von Sirens, Nymphes, Muse and Monsters? Die machen gute Musik!" Sagte er überzeugt. Honey musste unwillkürlich grinsen, als sie hörte das Remus ihre Lieblingsband ebenfalls mochte.
„Ja, In the Shadows war nicht übel! Aber deswegen muss man sich doch nicht gleich ´ne Killerkette kaufen!" Sagte James tadelnd.
„Pah, Kunstbanausen!" Sagte Honey und packte die Kette behutsam in ihr Kästchen zurück.
Viel zu kurze Zeit später kam Leo, nun endlich mit Besen und neuen Schulbüchern bepackt, und zwang Honey und Lily sich zu verabschieden. Mürrisch folgten sie ihm in den Tropfenden Kessel und freuten sich schon auf King´s Cross und die Fahrt zurück nach Hogwarts.