Disclaimer: das übliche

Author's Note: und weiter geht's :)

Vielen Dank an alle Reviewer!!! Ich kann's gar nicht oft genug sagen, wie glücklich mich das macht, Feedback zu kriegen!

Loony: naja, sie muss nicht unbedingt schreiben, dass Sirius deswegen so ausgerastet ist. Mir genügt's wenn herauskommt, dass Snape bei der ganzen Nummer die Fäden in der Hand hatte und das alles so geplant hat :)

Arwen: Huhu! Prima, dass Du wieder mit an Bord bist!

Shila: Danke! Das hatte ich bei "Der Erlkönig" auch so. Severus und Lily sind auch mit 10 in die Schule gekommen und dann Ende November 11 geworden. Die Grundschule dauert doch in GB so lang wie bei uns oder? Ich bin auch mit 10 aufs Gymnasium gekommen.

Fairy: Ach, du kennst doch Sirius :) Der sieht es garantiert so, dass Snape das sehr wohl begriffen hatte, dass er unschuldig ist. Abgesehen davon trau ich Snape so einen Stunt schon zu... Yup, wie Arthur und Severus sich getroffen haben, werd ich noch erzählen.

Cara: zur Legilimentik: ich glaub nicht, dass Snape da wirklich seine Erinnerungen durchforsten konnte, wie er das bei Harry mit einem richtigen Zauber macht. Aber er konnte wahrscheinlich die Gefühle identifizieren, die unter der Oberfläche brodeln.

Sveni: Danke! Prima, dass es doch noch klappt. Manchmal spinnt der Laden hier auch, da muss man versuchen, die Nerven zu bewahren :)

So, zurück zur Auflösung der Rowan-Sache. :) Man wird doch als Snape noch ein bisschen ironisch von seiner Tochter erzählen dürfen...

Ich bin übrigens sehr glücklich, dass niemand erraten hat, an wen Sirius seine Unschuld verliert. Lasst Euch überraschen ;) Ich zumindest find's originell. Aber das, was Sirius im Spiegel Nerhegeb sieht, ist mir auch gut gelungen, finde ich.

IV. Schande

I am looking for someone who can take as much as I give
Give back as much as I need and still have the will to live
I am intense, I am in need, I am in pain, I am in love
I feel forsaken, like the things I gave away
But blood and fire are too much for these restless arms to hold
And my nights of desire are calling me back to your fold

-- Indigo Girls

Seine Tochter.

Nun, in meinem hohen Alter kann es bisweilen schon mal passieren, dass das Gehör einen kurzzeitig im Stich lässt. Kein Gedanke, dass es das Gehör nur besser machen kann, einen Hund als Animagus zu haben. Sicher hab ich mich verhört. Snape hat überhaupt keine Kinder (zum Glück für alle Beteiligten). Obwohl es natürlich einen Grund für das abrupt eingetretene Schweigen geben muss.

Nach der Schreierei von vorhin ist die plötzliche Stille dermaßen ohrenbeäubend, das ich zunächst denke, ich bin ganz und gar taub geworden. Dann geht mir auf, dass ich der Grund bin. Wie auf ein geheimes Signal hin, richten sich die Blicke der Drei zögernd auf mich. Moodys magisches Auge spielt völlig verrückt, sein eigenes ist schmal und unsicher, als er zu Snape zurückblickt. Snapes sind weit offen und drücken soviel Schrecken aus wie für ihn eben möglich ist. Als hätte er sich eben erst erinnert, dass ich da bin und mithöre.

Aber Remus – Remus schaut mich an mit so etwas wie Bedauern. Mit Unbehagen. Als hätte er gewusst, dass dieser Moment kommen würde, ihn aber nicht so schnell erwartet, und sei nun innerlich noch nicht bereit für dieses Gespräch. Er beugt sich leicht über den Tisch und macht eine Bewegung, als wolle er nach meiner Hand greifen.

„Ich glaube, wir streiten woanders weiter."murmelt Moody und schleift Snape aus der Küche. Der lässt sich lammfromm mitziehen. Aber jetzt meiden seine trotzigen Augen ganz entschieden meinen Blick.

Ich konnte ihm nicht ins Gesicht sehen, als sie nach einer Ewigkeit so schien es, ins Schloss zurückstolperten. Ich wartete an der Treppe auf sie, das mutmaßliche Geschehen hatte ich über die Karte des Herumtreibers verfolgt. Und ich hätte gerade jetzt lieber sämtlichen Dämonen Großbritanniens gegenübergestanden als Severus Snape.

Statt dessen suchte mein Blick James, der ihn nicht erwiderte. Wie mit allem anderen, ist es auch mit echter Freundschaft so, dass man erst bemerkt, wieviel sie einem bedeutet, wenn man Gefahr läuft, sie zu verlieren. Ein hübsches Veilchen zierte sein linkes Auge, die Brille allerdings war unversehrt. Snape musste sie ihm fürsorglicherweise abgenommen haben, bevor er zuschlug.

Als mir das klar wurde, fing ich an zu lachen. Die Ereignisse des Abends schlugen wie eine Sintflut über mir zusammen und lautes, hysterisches Gelächter sprudelte aus mir heraus, ohne dass ich etwas dagegen unternehmen konnte. Ich konnte überhaupt nicht mehr aufhören. Es war wie ein Krampf.

Jemand schlug mir mit aller Kraft mit der flachen Hand ins Gesicht. Der Schreck brachte mich augenblicklich zur Besinnung. „Klasse,"hörte ich Peter sagen. „Willst du mir jetzt auch noch eine reinhauen, damit du uns alle durchhast?" Mit der schneidenden Bemerkung, er solle schon aufhören, dumm rumzulabern, hieß uns James mit zu Dumbledores Büro zu kommen. So begann sie, die schlimmste Zeit meines 16jährigen Lebens.

Dumbledore war sein übliches Selbst – ruhig, gefasst, anteilnehmend. Trotzdem zitterte ich, als ich vor ihm stand. Ich glaube, lieber wäre ich selbst dem Werwolf gegenübergetreten, als diesen kummervollen Blick auf mich gerichtet zu sehen. Er zog uns sämtliche zur Verfügung stehenden Hauspunkte ab. Und dann sagte er gelassen, solange er hier Schulleiter sei, werde niemand hinausgeworfen. Allerdings zwang er mich, mich bei Snape zu entschuldigen. Er wollte diesen auch zwingen, sich bei James zu bedanken, aber da war unser Schulleiter schief gewickelt.

Bereits am Frühstückstisch erwartete mich der nächste Schlag. Dumbledore hatte nämlich keine Zeit verloren und noch in derselben Nacht an meine Eltern geschrieben. „Sirius", tönte die furchtbare, magisch verstärkte Stimme meiner Mutter durch die Große Halle, als ich ihren Heuler geöffnet hatte. „Wenn du jemand umbringen musst, dann tu es, in Salazars Namen. Aber stell dich nicht so dusselig an!"Danach konnte ich sicher sein, dass es nun wirkich alle wussten.

Im Vorbeigehen hörte ich den Anlass für meine sämtlichen Schwierigkeiten mit erhobener Stimme bekanntgeben: „Ich bin ja immer noch der Meinung, es muss sich bei ihm um einen Wechselbalg handeln. So was kann einfach nicht der Familie Black entsprungen sein."Um ein Haar hätte ich mich umgedreht und meiner ach so hochwohlgeborenen Cousine ins Gesicht gesagt, wer von uns beiden der Wechselbalg war.

Aber wenn ich etwas aus den Ereignissen der vergangenen Nacht gelernt hatte, dann dass ich wenn Bellatrix involviert war, lernen musste, mein Temperament besser zu zügeln. Und es brachte nicht viel, auf sie loszugehen, wenn ich ganz Gryffindor wegen der verlorenen Haupunkte gegen mich hatte und niemanden, der mich im Falle eines Falles unterstützt hätte.

Snape saß neben ihr und begutachtete höchst aufmerksam und mit einem stillen Lächeln die frostige Stimmung zwischen meinen Freunden und mir. Zwischen Bellatrix und Snape bestand ein besonderes Band. Es war gleichzeitig viel mehr und viel weniger als das Miteinandergehen, das der Rest unserer Altersgenossen praktizierten. Sie küssten sich nie in der Öffentlichkeit und fassten sich nur selten an, aber trotzdem wussten alle, dass ihre Beziehung keine rein freundschaftliche war.

So war er stets in ihrer Nähe und hatte daher feststellen können, dass sie die erste Person war, nach der ich immer Ausschau hielt, wenn ich einen Raum betrat, dass ich absichtlich die Regeln verletzte und Streit mit den Slytherins anfing, in der Hoffnung ihre Aufmerksamkeit ein bisschen festhalten zu können und dass ich manchmal bei den Mahlzeiten so beschäftigt war, zum Slytherintisch hinüberzustarren, dass ich darüber das Essen vergaß...

Dieses Wissen hatte er gespeichert und bereitgehalten für den Moment, wenn er es schließlich zur Anwendung bringen konnte, weil er mich mal unter vier Augen erwischte. Und ich war dumm genug gewesen, es ihm heimzahlen zu wollen, woraufhin er und Remus sich fast umgebracht hätten und James sich in Gefahr bringen musste und wir alle Hauspunkte verloren hatten und keiner mit mir reden wollte und mein Leben zerstört war und das schlimmste immernoch vor mir lag.

Mit klopfendem Herzen betrat ich den Krankenflügel, wo Remus sich, ohne zu ahnen, was vorgefallen war, von seiner Wolfsnacht erholte.

„Rowan," sagte ich leise und Remus wich meinem Blick nicht aus. „Ich kenne jemanden, der so heißt."

„Ja."

Das strapaziert die Wahrheit nur ein ganz kleines bisschen. Die Rowan, die ich kannte, war ein Baby, als ich sie zuletzt gesehen habe – und müsste inzwischen so alt wie Harry sein. Fast. Sie ist zwei Monate jünger.

Ich erinnere mich noch, wie wir uns amüsierten, dass beide Kinder das McKinnon-Haar geerbt hatten, das einfach nicht glatt liegen will, egal, was man damit anstellt. Harry und James bekamen es durch Maggie, James' Mum, die eine geborene McKinnon war und die Geburt von Harry und Rowan nicht mehr erlebte. Und Rowan hatte es natürlich von Eliza.

Warum es schwarz war und nicht blond wie das ihrer Mutter – dafür konnte es alle möglichen Erklärungen geben. Ich suche jetzt geradezu nach einer, die mit meinem Weltbild übereinstimmt, um nicht das Offensichtliche darin aufnehmen zu müssen.

„Eliza," sage ich zu Remus. „Und Snape."

„Ja," sagt er wieder.

Wie alle andern in unserem Bekanntenkreis habe ich getan, als würde ich darüber hinwegsehen, dass Eliza nicht verheiratet war und uns den Namen des Vaters ihrer Tochter nie genannt hatte – nur um mir in der Stille um so mehr Gedanken darüber zu machen. Bei all den Varianten, die ich in meinem Kopf durchgespielt hatte – er hätte mit jemand anders verheiratet sein können oder ein Todesser, der sie vergewaltigt hatte – war ich auf diese Idee nie verfallen.

Weil der bloße Gedanke mir den Magen umdreht. Eliza. Meine – unsere Eliza. Okay, ich habe nicht das Recht, sie meine Eliza zu nennen, genausowenig wie Remus. Aber jetzt verstand ich zumindest, wie sie auf diesen egenartigen Namen für ihr Kind gekommen war.

„So ist das also," sage ich leise.

Ich dachte an Selbstmord.

Ernsthaft, als Remus klar wurde, was ich getan hatte und er nichts sagte, mich nicht anbrüllte, um sich Luft zu machen, mich nur mit diesen zerschmetterten Augen anblickte, da dachte ich, es wäre für alle das beste, wenn ich jetzt von seinem Bett im Krankenflügel aufstünde, die paar Schritte zum Fenster ging, es öfnnete und mich drei Stockwerke tief hinunterstürzte.

James sprach kein Wort mit mir. Das hatte er noch nie vorher getan. Wenn wir stritten, dann immer wortreich und lautstark, diese Stille war etwas Neues. Und ich mochte es überhaupt nicht. Peter beobachtete uns abwartend, unsicher, wie er sich in dieser Situation verhalten sollte. Aber letztlich hielt er natürlich zu James. Ich verübelte es ihm nicht. Ich wusste, ich war katastrophal im Unrecht.

Mit dem Rest meines Hauses war ich ebenfalls überkreuz, nachdem ich so viele Punkte verloren hatte und ihnen nicht mal sagen konnte, weswegen. Nicht dass es einen Unterschied gemacht hätte, wenn alle die Wahrheit gewusst hätten. Der Hauspokal war dahin und das war uns allen klar.

Im Schloss hielt ich es nicht aus, also umging ich das „Hausarrest auf unbestimmte Zeit", das Professor McGonagall mir aufgebürdet hatte, und stahl mich nach Hogsmeade davon. Es war früher Montagnachmittag und mir stand nicht wirklich der Sinn nach einer Doppelstunde Kräuterkunde. Das Leben wäre leichter mit James' Umhang gewesen, aber da konnte man nichts machen. Ich vertraute auf meine Schleichwege.

Mein Atem stob in weißen Wölkchen in der eiskalten Luft davon und ich fühlte mich ein wenig leichter, während ich auf das Dorf zuhielt. Hogsmeade war ein ruhiges Pflaster unmittelbar nach dem Wochenende. Niemand war zu sehen, als ich ganz allein durch die Gassen wanderte. Die meisten Geschäfte waren geschlossen. So auch die „Drei Besen". Unschlüssig stand ich im ersten Schnee des Winters herum. Vielleicht konnte ich trotzdem ein Butterbier kriegen?

Die Stühle standen verkehrt herum auf den Tischen. Durch den Raum bewegten sich Besen und gleich neben mir am Fenster fiel ein Lappen in einen Eimer mit Wasser, um an die Fensterscheibe zurückzukehren und weiterzuwischen.

Wir haben eigentlich geschlossen." Madam Rosmertas Kopf tauchte hinter der Theke auf, wo sie offenbar gerade ihr Inventar in Ordnung brachte.

Ja, das weiß ich doch." Ich lächelte so schelmisch wie ich mich eigentlich nicht im Entferntesten fühlte.

Und du denkst, nun mach ich für dich eine Ausnahme?"

Ich sagte nichts, vertiefte nur mein Grinsen auf diese Art, die die Mädchen in Hogwarts grundsätzlich dazu brachte zurückzulächeln. Es verfehlte seine Wirkung nicht. Mit einem kleinen Seufzer bückte sie sich nach einer Flasche Butterbier und stellte sie vor mich auf den Tresen. Ich machte es mir auf einem der hölzernen Barhocker gemütlich.

Du warst lang nicht mehr da, Sirius," meinte Rosmerta.

Recht hatte sie. Ich hatte ja auch niemanden mehr, mit dem ich herkommen konnte. Aus meinen Hogsmeadewochenenden wurde nicht mehr viel ohne meine Freunde und mir war auch ganz einfach nicht danach. Aber das war auch so etwas, das mir unheimlich fehlte: mit Peter, James und Remus die „Drei Besen" unsicher zu machen. Rosmerta hatte uns gern in ihrem Pub, das wusste ich. James und ich flirteten immer ein bisschen mit ihr und es schien ihr zu gefallen. Sie ließ keinen Zweifel daran, dass sie uns für Tunichtgute hielt – Tunichtgute, denen trotz allem das Herz auf dem richtigen Fleck saß.

Heute erlebte ich sie allerdings von einer komplett anderen Seite. Aber ich war ja auch anders drauf als sonst. „Geht's dir nicht gut, Sirius?" Sie lehnte sich über den Tresen, die großen, braunen Augen forschend auf mich gerichtet.

Doch," sagte ich unglücklich. „Doch, ich hab nur so viel im Kopf." Ich drehte die Flasche in der Hand umher und blinzelte sie schließlich an: „Kann ich was richtiges haben?"

Sie hielt meinen Blick für eine kleine Weile. Dann lächelte sie, als wüsste sie etwas, dass ich nicht wusste, jedoch nicht unfreunlich, und sagte: „Warum nicht?"

Es war höchst seltsam: ich war eigentlich gewöhnt an Feuerwhiskey. Meine Eltern hatten immer welchen im Haus, es gab ihn bei jeder Gryffindor-Party und mit meinen Freunden trank ich an jedem Hogsmeadewochenende. Vielleicht war es der Gedanke an sie und der ganze emotionale Druck, dem ich zur Zeit ausgesetzt war, aber das Zeug hatte nicht die gewohnte Wirkung auf mich.

Anstatt den Kopf leichter zu machen, fühlte ich mich trübsinniger, als das flüssige Feuer mir ins Blut schoss. Der Alkohol verstärkte nur die düstere Stimmung, in der ich mich ohnehin schon befand. Ich hatte das Gefühl, in ein tiefes schwarzes Loch zu fallen, aus dem ich allein nicht wieder herauskrabbeln konnte.

Rosmerta beobachtete mich aufmerksam und nahm mir schließlich das Glas weg. „Vielleicht ist das keine so gute Idee." Schuldbewusst und bemüht, nicht allzu niedergestreckt zu wirken, blickte ich sie an, aber damit war's wohl nichts.

Warum kommst du nicht mit rauf?" schlug sie vor. „Und erzählst mir alles?"

Sie hatte eine hübsche kleine Wohnung über dem Pub. Als ich in ihrem Bett unter der Dachschräge mit den winzigen Fenstern aufwachte, wusste ich nicht, wieviel Zeit vergangen war. Der Himmel war rabenschwarz, das einzige Licht im Zimmer kam von den Schwimmkerzen, die Rosmerta angezündet hatte. Sie saß auf der Bettkante, etwas legerer gekleidet als zuvor und ließ die Fingerspitzen sacht durch meine Haare streichen.

Es wird Zeit," meinte sie. „In der Schule fahnden sie wahrscheinlich schon nach dir." Es war seltsam unwirklich, sie die Schule erwähnen zu hören nach dem, was vorgefallen war.

Warum hast du das gemacht?" fragte ich sie. „Was hast du davon, dich mit mir abzugeben?"

All die Mädchen in Hogwarts – wieviele waren es gewesen? Jedesmal war ich gerade weit genug gegangen, um mir nicht die Finger an meinem eigenen Feuer zu verbrennen. Auch so gewinnt man einen gewissen Erfahrungsschatz... Aber jetzt war ich so überrumpelt von dem, was mit mir passierte, wie es jeder andere Sechzehnjährige an meiner Stelle auch gewesen wäre. Ich fiel und wurde aufgefangen. Auf halbem Weg schien ich mich dabei von allem verabschiedet zu haben, was ich in den letzten anderthalb Jahren über das andere Geschlecht gelernt zu haben glaubte.

Rosmerta war geduldig und feinfühlig, weil ihr klar war, dass sie es mit einem unerfahrenen Jungen zu tun hatte. Vielleicht war es das, was sie an der Sache reizte: die Mischung aus Abgebrühtheit und Unschuld, die ich war. Die Arroganz und die Verletzlichkeit, die sich darunter verbarg und von der sie wahrscheinlich eher gewusst hatte, dass sie da war, als ich selbst.

Das verstehst du nicht," lächelte sie mich an. „Du hast etwas an dir. Ich weiß nicht, wie ich es ausdrücken soll... Von dir geht etwas aus. Eine Frau sieht dich einfach an und will dich."

Oh," sagte ich nur. Nicht zum ersten Mal während der letzten Stunden fiel mir Bellatrix ein. Wie sie wohl auf mich reagieren würde, wenn ich einfach zu ihr ginge mit dem ganzen Selbstvertrauen und der ganzen Skrupellosigkeit, die mir das Bewusstsein einflöste, dass mein eigenes Fleisch und Blut gar nicht anders könnte als verstehen, was in mir vorging und darauf zu antworten. Bei dem Gedanken wurde mir heiß und kalt. Die Schande, dachte ich und noch während ich es dachte, war mir klar, dass ich das nur dachte, weil ich es denken wollte. Vielleicht war es, wie Rosmerta gesagt hatte. Ein Blick genügt und man weiß, das muss ich haben oder ich sterbe. Vielleicht hatten wir beide so etwas – Bellatrix und ich. Ich verdrängte diesen und ähnlich gefährliche Gedanken, doch Rosmerta suchte erneut meinen Blick.

Oder klappt es bei allen, außer bei der auf die's ankommt?"

Oh Merlin, dachte ich. Sie glaubte vermutlich, ich schleppte irgendeinen höchst romantischen Liebeskummer mit mir herum und sei deswegen am Boden zerstört. Welches Bild sollte sie auch von mir haben, wenn nicht das, was ich aller Welt immer hatte vermitteln wollen. Was würde sie sagen, wenn sie die Wahrheit über mich wüsste? Dass ich ums Haar einen oder mehrere meiner Mitschüler umgebracht hätte und michin irgendwelche krankhaften Fantasien über meine Cousine hineinsteigerte? Ich war nicht besser als das Pack, das mich in die Welt gesetzt hatte. Wenn man's genau bedachte, war ich noch schlimmer – die Blacks heuchelten wenigstens nicht.

Ich bin nicht, wofür alle Welt mich hält," sagte ich schließlich elend.

Zärtlich legte sie mir die Hand auf die Stirn. „Also, nach meiner Erfahrung trifft das sowieso auf die meisten Menschen zu."

„Wann genau hattet ihr vor, mir das zu erzählen?" frage ich, eine Spur anklagend.

„Du hast nie gefragt." sagt Remus.

Verdammt richtig. Wer denkt denn auch an so was? Ich war zwölf Jahre außer Gefecht – ich habe erst jetzt erfahren, dass Elizas Partner und seine Frau von meiner Cousine und ihrer angeheirateten Familie in den Wahsinn gefoltert wurden. Die ganze Zeit dachte ich, sie hätten Bellatrix bei dem Versuch geschnappt, ihren gestürzten Herrn auf dem Balkan zu suchen. Jetzt weiß ich, dass alles noch viel schlimmer war.

„Du hast es gewusst."

„Damals nicht," widerspricht Remus. „Ich hab es erst nach Voldemorts Sturz erfahren. Als Dumbledore sich für Severus verbürgt hat und sie ihn wieder freigelassen haben."

„Und dann?" frage ich. „Haben sie sie ihm einfach so anvertraut?"

Es war schwer, sich auf der Flucht und im Ausland mit längst gegessenen Neuigkeiten aus der alten Heimat zu versorgen – geschweige denn herauszufinden, was mit den Kindern alter Freunde passiert war. Ich habe immer angenommen, dass Dumbledore die letzte McKinnon in Sicherheit bringen würde vor allen, die ihr irgendwie schaden könnten. Das hatte er offensichtlich auch getan. Snape hatte etwas von einer Familie erwähnt, die sie aufgenommen hatte, doch Moody scheint mit dieser Wahl nicht so richtig glücklich zu sein.

„Sie ist... bei Freunden von ihm aufgewachsen. In den Ferien ist sie natürlich bei ihm."

„Bei Freunden von ihm?" wiederhole ich ungläubig. Snape hat keine Freunde außer von der Sorte, der man nachts nicht in dunklen Gassen begegnen möchte. Wie kann Dumbledore da zugestimmt haben? Sie ist alles, was von seiner Familie noch übrig ist. Und Durmstrang! Was war das für ein Einfall, das Kind ausgerechnet zu den Leuten zu schicken, die seine Mutter soviel gekostet hatten?

Rowan. Eberesche. Der Zauberstab ihres Vaters ist aus dem Zeug gemacht. Lily hat mir einmal davon erzählt, als sie mir den Fluchumkehreffekt erklärte. Das Holz, das seinen Träger vor dem Bösen schützt. Marlene pflanzte es auf Elizas Grab. Ich war dort nach meiner Flucht – ein großer Baum ist aus dem kleinen Setzling geworden. Eliza hat sich sicherlich was dabei gedacht, als sie ihrer Tochter gerade diesen Namen gab. Wer hat Schutz bitterer nötig als das Kind einer Aurorin und eines Todessers?

Das Leben war einsam im Spätherbst 1974.

Im Nachhinein kann ich natürlich sagen, es waren nur circa zwei Monate und es war auszuhalten. Aber damals, als kein Ende der Eiszeit in Sicht war, dachte ich, mein Leben sei komplett im Eimer. Nach fünf Jahren, in denen ich mich als ein fester Bestandteil unseres Quartetts betrachtet hatte, war es eine unglaubliche Erfahrung, praktisch allein dazustehen. Ich hatte keine Lust, mich irgendjemand anders anzuschließen, ich wollte Moony, Wurmschwanz und Krone.

Zum ersten Mal in meinem Leben schaffte ich es tatsächlich, mich auf den Unterricht zu konzentrieren, weil er eine willkommene Abwechslung zu meinen Problemen bot. Ich verlor an Gewicht, weil ich die meiste Zeit zu viel über mein Leben nachgrübelte, anstatt regelmäßig zu essen.

Aber schlimmer als James' Zorn, Remus' Schmerz und Enttäuschung und Snapes stille Zufriedenheit, dass er es schließlich geschafft hatte, einen Keil zwischen uns zu treiben, setzte mir die Erinnerung an das zu, was die ganze Krise eigentlich ausgelöst hatte. Ich konnte gar nicht anders, als darüber nachzudenken, nach Snapes schneidenden Kommentaren und Rosmertas sechstem Sinn und – tja, der Entdeckung, die ich eines verschneiten Dezemberabends machte, nachdem ich dank der unberechenbaren Treppen den Gryffindorturm verpasst hatte und mich in einem Teil des Schlosses wiederfand, in den die wenigsten jemals Fuß gesetzt hatten.

Ich war natürlich schon hier gewesen. Es gab wenige Winkel, die wir Vier nicht ausgekundschaftet hatten. Es gab mir einen Stich, jetzt daran zu denken, was ich verloren hatte und, wie ich damals allmählich anfing zu glauben, nie zurückgewinnen konnte.

Ich weiß nicht mehr, wie ich darauf aufmerksam wurde. Ich hatte nicht wirklich etwas besseres zu tun als hier herumzustiefeln, also suchte ich gar nicht nach einem Weg zurück, sondern steckte die Nase in jedes Zimmer. Und so stand ich dann schließlich vor ihm – vor dem Spiegel Nerhegeb. Meine Mutter hatte meinem Bruder Regulus und mir davon erzählt, bevor wir nach Hogwarts kamen. Im Spiegel Nerhegeb sieht man das, was man sich am meisten wünscht, auch wenn man sich dessen nicht bewusst ist. Sein Herzbegehren.

Ich sah auf ein Trümmerfeld. Rostrotes Laub wirbelte mit dem Wind eine Straße entlang, die mir von irgendwoher bekannt vorkam. Die Szenerie war friedlich. Gedämpftes Licht wie bei frühem Morgen oder spätem Sommerabend, was nicht ganz zu den herbstlichen Bäumen passen wollte, die die Straße säumten.

Die Trümmer eines Hauses, wo alle anderen noch standen, störte den Frieden des Bildes nicht im geringsten. Ich sah auf die herumliegenden Gesteinsbrocken – eingestürzte Säulen und herausgerissene Wände, dazwischen kaputte Möbelstücke und zerstörte Portraits, die sich nicht mehr bewegten – und fühlte mich seltsam wohl und bestärkt dabei. Ich wusste, es ging nicht anders. Mit dieser Vernichtung war es möglich, ein neues Leben anzufangen, dem der Fluch des alten nicht mehr anhaftete.

Vor meinen Augen wehte der Wind einen uralten, zerfetzten Wandbehang vorüber. Ich konnte unser Familienmotto deutlich ablesen. Toujours Pur. Es war Grimmauld Place, was ich vor mir sah. Das Haus meiner Väter zerstört. Kein Stein war auf dem andern geblieben, bis auf die Vorderfront mit dem runden Torbogen. Und in diesem Torbogen standen zwei Menschen, die ich kannte.

Ich war dort und ich lächelte, wie ich es in der letzten Zeit nicht getan hatte oder vielleicht noch nie. Alles wird gut, sagte mein Gesichtsausdruck, der sich an die Person richtete, die mir da im Eingang zu meinem zerstörten Vaterhaus gegnüberstand. Ich erinnerte mich, in den ersten Jahren in Hogwarts hatte sie das Haar so getragen: einen Teil davon am Hinterkopf zusammengefasst. Nicht mehr die Rattenschwänze, die sie als kleines Mädchen hatte, und noch nicht die ungebändigte Mähne, die sie jetzt hatte und die ich mit vielen schlaflosen Nächten, in denen ich darüber fantasierte, wie sie sich unter meinen Händen anfühlen würde, assoziierte.

Mit weitgeöffneten Augen beobachtete ich, wie mein Spiegel-Ich einen Schritt auf Bellatrix zumachte und wie sie mir ihrerseits entgegenkam. Verrückt, dachte ich, zweimal dasselbe Profil, wie zwei Seiten einer Medaille. Dieselbe Stirn, dieselbe Nase, dasselbe Kinn – nur dass bei ihr all das etwas zarter geraten war. Und dasselbe Haar, nachtschwarz und schimmernd vermischte es sich miteinander, als ich den Kopf zu ihr herunterneigte und vorsichtig ihr Gesicht in die Hände nahm. Unsere Lippen berührten sich und ihre Arme schlangen sich um meinen Hals.

Ich fröstelte, aber mein Gesicht glühte, als hätte ich Fieber. Ein Teil von mir wehrte sich vehement gegen die Erkenntnis, ein anderer sah sich der Erinnerung an Snapes höhnische und Rosmertas mitfühlende Augen gegenüber. Aber die ganze Zeit stand ich nur da und starrte mit einer krankmachenden Sehnsucht auf das Bild, wie meine Cousine und ich aus den Trümmern unseres Vaterhauses traten und eng umschlungen miteinander davongingen, ohne uns umzublicken.

„Du hast sie also gesehen?"frage ich.

„Oft," erwidert Remus, und ich frage mich, ob Snape und er die ganzen Jahre über unfreiwillig Kontakt gehalten haben. Der Trank hat es vielleicht nötig gemacht... Oder vielleicht wollte Remus sehen, wie Elizas Tochter aufwächst. Snape als Vater – jetzt hab ich wirklich alles gesehen.

„Sieht sie ihrer Mutter ähnlich oder...?" Ich mache eine Kopfbewegung in Richtung der Tür.

„Beides," sagte Remus, was nicht dazu beiträgt, mich zu beruhigen. Er zeichnet das Bild eines jungen Mädchens, das ich mir vorstellen kann, weil ich ihre Eltern kenne.

„Haarfarbe?"

„Schwarz. Aber nicht so dunkel wie seins. Bisschen Kastanienbraun ist mit drin, im Sonnenlicht kann man's sehen."

„Das Dumbledore-Erbe vielleicht?"

„Vielleicht. Aber mehr so beschaffen wie das von Eliza und James – es liegt nicht, egal wie oft sie es kämmt und... sie trägt es kurz. Es reicht nur zu einem kleinen Pferdeschwanz. Wie bei ihrer Mutter, als wir sie kennenlernten."

„Das muss Schiefelus ja sauer aufstoßen, dass seine Tochter mit demselben Haar herumläuft wie zwei Generationen von Potters."

„Wenn es so ist, dann sagt er es nicht." Wir grinsen uns an.

„Und die Augen?"

„Elizas. Blau und unheimlich hell."

„Wie Dumbledores eben. Klingt, als wär sie ein richtiger kleiner Ableger von ihnen allen." Dann fällt mir etwas elementar Wichtiges ein. „Und die Nase?" Ich kann nicht umhin, etwas besorgt zu klingen beim Gedanken an Snapes Ungetüm.

Remus schüttelt beruhigend den Kopf. „Nicht eindeutig zuzuordnen, aber auf jeden Fall nicht die ihres Vaters. Voller Sommersprossen außerdem. Kannst du dir das vorstellen?" Er lacht. „Ein Kind von Eliza und Severus mit Sommersprossen."

Ich lache auch. Das alles klingt, als wär's durchaus sehenswert.

Die Wärme, die ich aus Rosmertas Bett mitgebracht hatte, war längst verflogen, als ich mich wieder auf Schulgelände befand. Es war kurz vor Weihnachten, die fünfte Nacht, die wir zusammen verbracht hatten. Ich hatte das Gefühl, dass ich Fortschritte machte – zu unserer beider Zufriedenheit. Es gab auch wenig anderes, was mich oben hielt.

Wenn ich geglaubt hatte, die Nachricht vom Überfall der Todesser auf die deutsche Schule Wolkenkuckucksheim würde meine Freunde dazu bringen, wieder mit mir zu reden – und sei es auch nur, weil wir ein Gesprächsthema hatten, das unsere eigenen Probleme nicht betraf – so hatte ich mich getäuscht. Die Dinge waren unverändert.

In der Zwischenzeit war eine Menge Schnee gefallen, die es schwierig machte, nach Hogsmeade und wieder zurück zu kommen, ohne geschnappt zu werden. Diesmal war ich es, der erschrocken, die Luft einsog, als eine dunkle Gestalt vor mir auf den Weg trat. Ein bleiches Gesicht mit onyxschwarzen Augen, hohen Wangenknochen und einer wilden Hakennase betrachtete mich neugierig und schadenfroh unter der Kapuze seines Mantels hervor.

So spät noch unterwegs, Black?"

Das geht dich einen Dreck an," fauchte ich. Seine unergründlichen Augen hielten meinen Blick, wie er es in jener Nacht getan hatte. Wieder stellte ich fest, dass es unmöglich war, wegzusehen. Ein winziges Lächeln spielte um seinen Mund.

War's wenigstens ein netter Abend?"

Meine Augen weiteten sich. Ich wusste, in Hogwarts ging seit geraumer Zeit das Gerücht um, dass Severus Snape Gedanken lesen konnte. Ich hatte das immer für kompletten Schwachsinn gehalten, ein Gerücht, das Snape selber in die Welt gesetzt hatte, um sich wichtig zu machen.

Er legte den Kopf schief. „Oder planst du mal wieder einen kleinen Mord unter Schulkollegen?"

Derzeit nicht," gab ich zurück. „Aber wenn ich's mir anders überlege, mach ich vermutlich da weiter, wo ich aufgehört hab." Ich wandte mich um und ging auf die Schule zu. Er erwiderte kein Sterbenswörtchen. Das war so ungewöhnlich, dass ich mich auf der obersten Stufe der Treppe zur Eingangshalle noch einmal umdrehte. „Severus?" Vor Verwirrung benutzte ich sogar seinen richtigen Namen.

Er blieb, wo er war, regte sich nicht und hielt den Blick unverwandt in die Ferne gerichtet – in den Himmel über dem Verbotenen Wald. „Was zum Geier ist das?" fragte er leise.

Was?" fragte ich. Es war nichts zu sehen als Schwärze in einem schwarzen Nachthimmel.

Siehst du nicht?" meinte er ungeduldig und zeigte nach oben. Gerade wollte ich ihm sagen, er solle mich nicht für dumm verkaufen, als ich tatsächlich etwas entdeckte. Etwas flog auf uns zu, eine dunkle Gestalt, die zu groß war für einen Vogel. Wir standen da und starrten, wie sie sich im Sturzflug näherte, bis es beinah zu spät war auszuweichen und wir nur noch nach zwei Seiten ausweichen konnten.

Auf den Treppenstufen lagen ein Mensch und ein Besen. Ich kombinierte haarscharf, dass der eine auf dem anderen hergelangt war. Neugierig kamen wir näher, Snape einen Schritt hinter mir. Unser Besucher rührte sich nicht, blieb einfach liegen, wie er gefallen war. Ich fragte mich gerade, ob er sich bei dem Sturz auf unser Gelände verletzt hatte und ohnmächtig geworden war, als aus den dunklen Kleidern eine weiße Hand auftauchte und sich auf den kalten Stein der Treppe stützte. Gleich darauf hob sich auch ein Kopf mit kurzem, zerzaustem, blondem Haar daraus.

Es war eine Frau. Oder besser gesagt: ein junges Mädchen. Sie schien in unserem Alter zu sein, trug aber unter dem Reisemantel eine Schuluniform, wie ich sie noch nie gesehen hatte. Beides war nicht in bestem Zustand. Als sie uns bemerkte und vom Boden aus zu uns aufblickte, fiel mir außerdem ein hässlicher, roter Striemen auf, der sich quer über ihre Wange zog. Die scharfen, kristallblauen Augen erinnerten mich an jemanden... mir wollte jedoch nicht einfallen, an wen.

Ich beugte ich zu ihr herunter und streckte eine Hand aus, um ihr aufzuhelfen. Sie nahm sie nicht, sondern kam von selbst auf die Füße, die sie jedoch nur unsicher zu tragen schienen. Ich zuckte die Achseln und hob stattdessen den Besen auf – eine Geste, die ich später noch bedauern sollte.

Ihr Haar leuchtete selbst in der Düsternis des Dezemberabends. Wie goldene Flammen, die sich um ihr Gesicht schmiegten.

Zu Professor Dumbledore, bitte."

Professor Dumbledore ist nicht da," gab ich Auskunft. „Er ist im Moment in Deutschland."

Was?" Diese Neuigkeit schien ein Schlag für unsere nächtliche Besucherin zu sein. Ihr Blick huschte zwischen Severus und mir hin und her. „Oh mein Gott..." flüsterte sie. „Er ist dort und ich bin hier. Warum hab ich nicht gewartet? Wenn nun..." Bevor sie ihr Gestammel zu Ende bringen konnte, gaben tatsächlich ihre Beine unter ihr nach.

Ich machte einen Schritt auf sie zu, wurde aber von ihrem Besen daran gehindert, etwas wirklich Effektives zu unternehmen. Snape fing sie derweil so geschickt in den Armen auf, als hätte er darin Übung, junge Mädchen herumzutragen. Hatte er vielleicht auch, dachte ich übellaunig. Vielleicht trug er meine Cousine manchmal so... Ich verscheuchte das Bild, konzentrierte mich auf unseren bewusstlosen Gast.

Krankenflügel," meinte ich düster. Snape nickte und wir wandten uns der Tür zu. Doch bevor ich den Versuch machen konnte, sie zu öffnen, erledigte das jemand von der anderen Seite und wir sahen uns den äußerst ungnädigen Gesichtern unserer Professoren Moody und McGonagall gegenüber.

Das hatte mir noch gefehlt. Ich hatte Ausgehverbot bis auf weiteres – und irgendwas sagte mir, die Chancen, dass sich das in Bälde ändern würde, hatten sich gerade deutlich verschlechtert.

Was hat das hier zu bedeuten? Mr. Black –"

"Hast du noch nicht genug?" raunzte Moody seinen Neffen an. Er kannte ihn schlecht, dachte ich.

Doch dann wurde McGonagall auf das Mädchen aufmerksam und ihr Benehmen änderte sich vollkommen. „Miss Eliza!"

Miss Eliza?" wiederholten Snape und ich wie aus einem Mund und gleichermaßen verständnislos. Unsere Lehrer wussten offenbar besser als wir, was sie von der Situation halten sollten. Sie wechselten einen Blick. Kannten sie das Mädchen?

Folgen Sie mir, Mr. Snape," befahl McGonagall schließlich. Ich wollte mich so leicht nicht abschütteln lassen und machte einen Schritt nach vorne, doch vergebens. sie machte eine unmissverständliche Geste. „Mr. Black, Sie gehen zurück in ihren Schlafsaal, wo sie hingehören."

Aber, Professor..." Sie würde doch nicht im Ernst denken, dass ich mich jetzt wegschicken ließ.

Keine Widerrede," fuhr sie mich an und ich stellte mich automatisch etwas gerader hin. „Und seien Sie dankbar, dass sie keine Punkte abgezogen bekommen."

Autsch. Die Frau wusste, wie man einem Salz in die Wunden streute. Snape, diese Landplage, rauschte mit Eliza in den Armen an mir vorbei und die ganze Gesellschaft machte sich auf den Weg zum Krankenflügel, jedenfalls vermutete ich das. Mein Kopf drehte sich vor Fragen. Wen hatten wir da aufgegabelt? Einen Flüchtling aus Wolkenkuckucksheim am Ende? Unwahrscheinlich, für mich hatte es sich angehört, als seien sie dort komplett eingeschlossen – aber wenn ja, woher kannte McGonagall ihren Namen? Und der hörte sich nicht besonders deutsch an, wenn man darüber nachdachte...

Natürlich! Es musste jemand von hier sein. Eine Verwandte von einem unserer Lehrer wahrscheinlich, die deshalb Hogwarts nicht besuchen konnte. Wenn bloß die Welt in Ordnung wäre und man Peter in Animagusform hinschicken könnte, um herauszufinden, was vor sich ging.

Seufzend machte ich mich auf den Weg in meinen Schlafsaal, in Gedanken immer noch mit den Ereignissen des Abends beschäftigt. Ich fühlte mich unsagbar allein auf der Welt. Spannende Dinge liefen unter unserer Nase ab und doch konnte ich meinen Freunden nicht davon berichten, weil wir ja nicht miteinander redeten. Was blieb sonst noch vom Leben – achja, richtig.

Doch zwischen dem Bett einer zehn Jahre älteren Frau und den verbotenen Gefühlen für Bellatrix konnte ich mich der Erkenntnis nicht erwehren, dass in meinem Leben etwas nicht so lief, wie es sollte. Eine normale Entwicklung für einen 16jährigen war das hier jedenfalls nicht.

Es gab einen Ausweg aus der Misere und ich kannte ihn nur zu gut. Lange hatte ich es vermieden, aber jetzt wenn ich so darüber nachdachte, kam es mir sehr intelligent vor zu tun, was alle meine Klassenkameraden entweder schon hinter sich gebracht hatten oder gerade dabei waren zu bewerkstelligen. Ich beschloss, mir eine feste Freundin zuzulegen.

Sie würde es werden, beschloss ich trotzig auf dem Weg in den Gryffindorturm, dieses Mädchen mit den Kristallaugen und dem Flammenhaar, das im wahrsten Sinn des Wortes vom Himmel gefallen war. Und dann würden wir ja sehen, ob ich meines abartigen Verlangens nach meiner Cousine nicht Herr werden konnte.

Aber das Leben funktioniert nicht immer so, wie man es sich zurechtlegt. Und schließlich und endlich war nicht ich es, der sie in der Nacht ihrer Ankunft über die Schwelle ihrer neuen Heimat getragen hat. Wie schrecklich romantisch.

Ich frage mich, ob sie sich noch daran erinnert hat – später, im richtigen Moment. Oder hat er es ihr erzählt? Ihr in allen Einzelheiten beschrieben, wie es damals war, sie zum ersten Mal in den Armen zu halten? Wie sind sie zusammengekommen? Ich kann es mir einfach nicht vorstellen. War es nur einmal? Einmal zu viel?

Und hätten sie geheiratet, wenn nicht... Das gehört zu den Dingen, die ich wissen will. Jetzt gleich.

Ich stehe auf und stürme aus der Küche, um mir Snape vorzuknöpfen. Alles in allem, sind es wunderbare Aussichten, sich nicht mehr mit den eigenen unglücklichen Affären beschäftigen zu müssen, sondern mit denen anderer Leute.

Author's Note: Für alle, die „Der Erlkönig"nicht gelesen haben und durch die Familienverhältnisse verwirrt sind: Marlene McKinnon, die in Band 5 als Mitglied des Ordens erwähnt wird, ist in meinen Stories Dumbledores Tochter. Eliza ist wiederum ihre Tochter und die Mutter von Rowan.

Bei welcher Familie Rowan aufgewachsen ist, finden wir später heraus. Im nächsten Kapitel konfrontiert Sirius erst mal Snape und es fliegen wie üblich die Fetzen :) Sirius erinnert sich, wie er von zu Hause abhaute und was überhaupt der direkte Anlass dazu war.

Denkt ans Reviewen, Leute – Ihr wisst ja, das hält nicht nur die Story, sondern auch mich am Leben :)