Author's Note: miese Zeiten fuer Euren Schreiberling, das habt Ihr sicher schon gemerkt. Ich kann bloss hoffen, dass ich das naechste Kapitel schneller fertig habe. Diese Pruefungen machen mich alle, es ist nicht mehr feierlich.

Ach ja: Falls Ihr Euch wundert, warum ich so komisch schreibe, mit ae und ue und ss, das liegt an der beknackten Tastatur, die ich zur Zeit habe :) Da sind manche Buchstaben nicht drauf, sieht also etwas daemlich aus, aber nicht irritieren lassen.

Arwen: Ja, von Rowan wirds in einer der folgenden Geschichten so viel zu lesen geben, dass sie Euch am Ende zum Hals raushaengt. Auf die freu ich mich schon :)

cara: die Seite spinnt manchmal, das ist mir auch schon aufgefallen. Also, die Rosmerta in meiner Story ist so um die 25 als sie mit Sirius was anfaengt. Also keine alte Lady :) Achja, Sirius" Qualen... Ich glaube, Du kommst in diesem Kapitel auch auf Deine Kosten :) Der Aermste hats echt nicht leicht. Das freut mich aber, dass Du Eliza magst - bei meinen eigenen Charakteren bin ich immer total unsicher, wie sie aufgenommen werden. Ich hab noch nichts ueber ihren Tod verraten - das gehoert auch in eine ganz andere FanFic, also Geduld... ;)

fairy: Natuerlich kenn ich Anne Rice - daher hab ich das ja, dass Eberesche vor dem Boesen schuetzt. Hab ich doch gleich mal geklaut :) Das erfahrn wir noch, wie Snape Legilimentik gelernt hat. Ja, ich glaub schon, dass die Prophezeihung sich wortwoertlich erfuellt. Warum? :)

loony: lol "gekriselt" ist ein beschoenigender Ausdruck. Aber das erzaehl ich alles huebsch der Reihe nach wie die zusammengekommen sind. Uebrigens keine schlechte Idee fuer Rowans Adoptivfamilie :)

maia: Dankeee! Ja, ist richtig, ich kann nicht so viel ueber Severus und Eliza vorwegnehmen, sonst bleibt fuer denen ihre Story nix mehr uebrig :)

boesewicht: hmmm, wie kommst Du gerade auf Alexandra? :) Warts ab, das klaert sich alles noch.

shila: ja, ich hoff, dass das nicht so kompliziert wird mit den Familienverhaeltnissen?

fabula: -lacht- ich find die Idee auch romantisch... lol Findest Du Snape wirklich so strahlend? Ich finde er baut ne ganze Menge Sch...

Sooo, in diesem Kapitel kratzt Sirius die Kurve. Es gibt auch einen ganz tollen Anlass dafuer. Tja, und zum Schluss erfahrn wir (und er) noch was ganz schockierendes ueber die Umstaende, wie er nach Askaban kam.

IV. Die Vertreibung aus der Hölle

Haven't slept in a week.
My bed has become my coffin.
Cannot breath, cannot speak.
My head's like a bomb, still waiting.
Take my heart and take my soul.
I don't need them anymore.

The one I love
Is striking me down on my knees.
Drowning me in my dreams.
Over and over again.
Dragging me under.

-- The Rasmus

Einmal hab ich den Fehler gemacht, meine Mutter zu fragen, wie es denn sein könne, dass eine Familie wie die unsere – die sich soviel darauf einbildet, ihre Ahnenkette bis in die Zeit vor Wilhelm dem Eroberer zurückverfolgen zu können – sich zu einem französischen Familienmotto verstieg.

Toujours Pur. Es kam mir absurd vor. Warum kein lateinisches Motto, wie nahezu alle anderen es hatten? Sogar die „spät Hinzugekommenen", wie mein Vater manchmal spöttisch sagte – also die reinblütigen Familien, die französischen Ursprungs waren und erst nach 1066 nach England gekommen waren. Was taten wir – die sich praktisch für so was ähnliches wie königliches Blut hielten – mit einem französischen Motto?

Die Reaktion meiner Mutter war ganz so, wie ich es mir hätte denken können, aber auch während der folgenden Tirade („Ich weiß nicht, wo der Junge das herhat, dass er immer alles in Frage stellen muss!") kaute ich weiter daran herum. Andromeda erzählte mir dann schließlich, es sei ein Spaß gewesen, den sich Phineas mit der reinblütigen Gemeinde erlaubt hatte. Er hatte das Familienmoto übersetzt – ursprünglich war es lateinisch gewesen – um all die „zugezogenen" Malfoys und Lestranges zu mockieren. Reines Blut war schön und gut, doch einige von uns waren eben schon länger im Land ansässig als andere und darauf mussten wir noch extra herumreiten.

Wie auch immer – jetzt steht es da, thront über sämtlichen Ästlein und Zweiglein des Black'schen Familienstammbaums auf dem Wandbehang meiner Mutter. Das Ding sieht übel aus, wie der Rest des Hauses. Ich weiß nicht, was Kreacher in der ganzen Zeit, die er hier allein mit den Portraits meiner Ahnen gehaust hat, eigentlich getrieben hat. In den zehn Jahren, die seit dem Tod meiner Mutter vergangen sind, hätte er doch mal ein bisschen für Ordnung sorgen können, das ist ja wohl nicht zu viel verlangt. Aber Fehlanzeige.

„Du behandelst die Hauselfen besser als mich," habe ich meiner Mutter einmal vorgeworfen mit einer Stimme, von der ich mir gewünscht hätte, sie solle sprühen vor Verachtung, die aber nur mürrisch und gekränkt klang. „Die machen, was ich will, nicht wahr?" gab sie zurück. Im Gegensatz zu mir, sollte das natürlich heißen. Wenn Kreacher wirklich nur getan hat, was sie verlangte, dann hat ihre Einstellung zur Raumpflege in den vergangenen zwölf Jahren aber gewaltig gelitten. Ich, der verlorene Sohn, kann das bezeugen.

Ich habe mich oft gefragt, wie mein Leben wohl verlaufen und wie es mit uns allen gekommen wäre, wenn das Jahr 1975 nicht so einen brütendheißen Sommer gehabt hätte. Damit ein finsteres, steinernes Haus wie das unsrige in Grimmauld Place Nummer 12 sich aufheizte, mussten die Temperaturen im restlichen England schon derart unerträglich sein, dass die Leute sich nur noch vom Bett in den Swimmingpool und wieder zurück bewegten.

Ich für meinen Teil saß zu Hause fest. Nach einem Riesenstreit mit meinen Eltern, in den sich wie üblich die ganze Familie eingemischt hatte, hatte man mir verboten, Grimmauld Place zu verlassen oder auch nur an meine Freunde zu schreiben. Nun, es war nicht so, als ob diese sich überschlagen hätten, als sie zaghafte Versuche unternahmen, mich wieder ein wenig in die Gruppe zu integrieren – nein, ich konnte auf ihre Gesellschaft, so wie sie jetzt war, verzichten. Es war jedesmal ein Ritt auf einer Rasierklinge, nur nichts falsches zu sagen.

Hier war es allerdings auch nicht gerade ein Zuckerschlecken. Noch nie zuvor war ich mir so deutlich bewusst geworden, welche Weiten mich inzwischen von meiner Familie trennten. Es bereitete mir schon Kopfschmerzen, auch nur die Stimmen meiner Eltern zu hören. Ich beneidete Narzissa, die in Frankreich ihren Astronomiestudien nachging, weit weg von der Familie. Und ich beneidete Andromeda.

Ja, und dann war da noch der wesentliche Faktor, der einen Sommeraufenthalt in Grimmauld Place zu einer lebensgefährlichen Angelegenheit machte. Elladora und Bellatrix beratschlagten zwar darüber, sich nach Black Manor in Sussex zurückzuziehen, wo es vermutlich kühler war als in der Stadt, doch die Aussicht, überhaupt die schützende Kühle des Hauses verlassen zu müssen, schreckte sie davon ab. Sie blieben also – leisteten uns heldenhaft weiter Gesellschaft – und somit meine Versuchung.

Die Hitze sickerte ins Haus und verwirrte meine Sinne. Lange, heiße Nachmittage waren die Folge, in denen ich nichts tun konnte, als auf meinem Platz in der Bibliothek oder im Wohnzimmer verharren und Bellatrix dabei zusehen, wie sie die Lektionen ihrer Mutter verinnerlichte und alles ganz genau in unseren Nachschlagwerken ueberpruefte - die, das muss ich wohl nicht erst erwaehnen, samt und sonders auf dem Ministeriumsindex standen.

Ich war mir ihrer Anwesenheit unter demselben Dach nie zuvor so bewusst gewesen. Es war absurd, denn ich hätte so was wie geheilt sein müssen. Schliesslich wusste ich jetzt, wie es ging - kennt man eine Frau, kennt man alle Frauen, oder? (Naja, ich war gerade erst siebzehn geworden, das zu meiner Entschuldigung.) Es stand mir nicht mehr zu, ein Maedchen bloss anzuschmachten und keinen Finger krumm zu machen, wie ein liebeskranker Jüngling.

Statt dessen gab ich mir bei Tag Mühe, an meiner Cousine vorbeizuschauen, und wälzte mich bei Nacht unruhig in meinem Bett hin und her – tja, wie der liebeskranke Jüngling, der ich nun mal war.

Ich war krank vor Verlangen. Ich konnte nicht mehr essen und nicht mehr schlafen. Ich verstand die Welt nicht mehr. Ich meine, ich hasste meine Cousine. Ich hasste alles an ihr - von ihrem impertinenten Augenaufschlag, wenn sie Dumbledore oder McGongall infrage stellte, ueber ihr Talent, Menschen gegeneinader aufzuhetzen und sie ihrem Willen zu unterwerfen, bis zu ihrer leidigen Angewohnheit, unsere zahlreichen Duelle stets zu ihren Gunsten zu entscheiden. Es gab auf dieser Welt keinen Menschen, den ich mehr verabscheute als sie.

Klar, Sirius, versicherte ich mir. Deswegen geisterst du auch nachts durchs Haus, auf die Gefahr hin, von Kreacher erwischt und an Muttern verpetzt zu werden, deswegen schleichst du mehrmals pro Nacht an ihrer Zimmertür vorbei und stellst dir vor wie es wäre, jetzt einfach hineinzugehen... und Bellatrix wäre da... mit nichts an außer ihrem dunklen rätselhaften Lächeln...

So etwas war mir noch nie vorher passiert – und auch niemandem sonst auf der Welt, davon war ich überzeugt. Wie hätten Menschen wie mein Vater, Tante Elladora oder Professor McGonagall schon einmal so empfinden und danach ruhig weiterleben können? Nein, ich war mir sicher – diese Leidenschaft war erst mit mir geboren worden. Ich dachte an James und sein unschuldige Kinderverliebtheit. Wie hätte er je verstehen können, was ich durchmachte?

Und wie hätte Bellatrix, wenn sie die geringste Ahnung von meinen Gefühlen gehabt hätte, so ruhig und friedlich schlafen sollen, wie sie es tat, als ich eines Nachts gegen Ende Juli wirklich heimlich, still und leise ihr Schlafzimmer betrat, fuer eine Ewigkeit an ihrem Bettpfosten lehnte und auf ihre zartes Elfenbeinprofil, das sich gegen die glaenzende Ebenholzschwaerze ihres Haares abhob, herunterstarrte, ehe ich es schliesslich wagte, mich zu naehern.

Sie schlief immer auf der Seite, das wusste ich noch aus unserer Kinderzeit. Eine Hand unter ihrer Wange, das nachtfarbene Haar ueber das Kopfkissen gebreitet. Sie trug den Aussentemperaturen entsprechend nicht viel unter dem Leinen, mit dem sie sich zugedeckt hatte und unter dem sich die Kurven ihres Koerpers deutlich abzeichneten.

Und wenn ich sie nun einfach... weckte? dachte ich. Vielleicht würde sie es für einen Traum halten... sich morgen früh an nichts Konkretes mehr erinnern...

Ich weiß nicht, wie oft ich in dieser Nacht die Hand nach ihr ausstreckte und mich im letzten Moment zurueckhielt. Das Verlangen, den feinen schwarzseidenen Traeger ihres Negligees herunterzustreifen und mit den Lippen die alabasterweisse Haut zu beruehren, war uebermaechtig. Herauszufinden, wie sie schmeckte... Nach Himbeer vielleicht, die Farbe ihres Mundes... Und wie sie sich anfuehlte... Ihre Haut, ueberall an meiner... Da lag sie friedlich schlafend und ahnte nichts von meinen Qualen. Ich starrte auf sie herunter und hasste sie so sehr, dass mir alles wehtat.

Keine Ahnung, wie ich in jener Nacht in mein Zimmer zurueckstolperte, ich schaffte es jedenfalls, ohne gesehen zu werden. Ich wusste, ich hatte mich richtig verhalten - besser gesagt: ich haette ueberhaupt nicht erst in ihr Zimmer gehen sollen, aber da sich dieser Impuls nicht hatte unterdruecken lassen, war es gut, dass ich nicht noch mehr Dummheiten gemacht hatte. Es dauerte lange, bis ich einschlief - und dann wachte ich auf, nur um ein oedes Familiendinner ueber mich ergehen lassen zu muessen.

Muerrisch schlenzte ich mich auf meinen Stuhl und fing einen kleinen Streit ueber irgendwas mit meiner Mutter an. Mein Vater mischte sich ein, alle anwesenden Familenmitglieder gaben der Reihe nach ihren Kommentar dazu ab und mein uebliches Suendenregister kam in vollem Umfang neu aufs Tapet.

Und dann gerieten Bellatrix und ich in Streit ueber die Tatsache, dass Lily und James - zwei Gryffindors - zun unseren Schulsprechern ernannt worden waren. Diese Entscheidung von Dumbledore als einziger Gryffindor in einem Slytherinhaushalt zu verteidigen, war kein Spaziergang. Und mit Bellatrix ueber die "chronische Benachteiligung von Slythrins" wie sie es nannte zu diskutieren, war jedesmal ein Hoellentrip.

Wir waren bei dem besonders spektakulaeren Fall des Hauspokals in der vierten Klasse angelangt, als sie mich damit ueberraschte. „Warst du gestern nacht in meinem Zimmer?"

Das Kluegste waere gewesen, es sofort abzustreiten. Ich suchte zu lange nach einer intelligenten Antwort. Schon wurden sich alle andern der peinlichen Stille bewusst, schon musste ich dem milden, neugierigen Blick meiner Tante Elladora ausweichen. Und dann fing es an - nicht einmal gehaessig, sondern leise und gutmuetig kommentierte meine Familie diese Enthuellung.

"Sehr traditionsbewusst von dir, mein Junge. Unser weisses Schaf schickt sich an, in den Schoss der Familie zurueckzukehren."

"Na, also wirklich... Und ich hab mir tatsaechlich schon Sorgen gemacht, der Junge koennte sich ein Halbblut anlachen."

"Wenn das keine erfreulichen Neuigkeiten sind..."

"Nicht so weit her mit dem Gryffindorgeschwaetz, wenn der Slytherinteil der Familie mit Bellatrix aufwarten kann."

"Ja, alles nur jugendliche Flausen. Am Ende bleibt doch alles in der Familie..."

"Ich kann euch gar nicht sagen, wie es mich freut, das zu hoeren."

Das Schlimmste war in gewisser Weise, dass Bellatrix einfach nur dasass und kein Wort zu unserer Verteidigung sagte. Sie starrte auf ihren Teller hinunter und schien das alles gar nicht richtig mitzubekommen. Sie fand es zu abstossend, um auch nur ein Wort darueber zu verlieren, dachte ich. Die Schande. Die Schande...

Ich weiss nicht, wie ich vom Tisch wegkam und in mein Zimmer. Ich kann aber bis heute noch das Lachen hoeren, das mir folgte. Oben stopfte ich wahllos ein paar Klamotten in meinen Rucksack und dazu das Buch, das ich gerade las. Binnen fuenf Minuten war ich aus dem Haus und die Strasse hinunter. Ich sah nicht zurueck.

Godric's Hollow war weit - doch ich hatte gleich nach meinem siebzehnten Geburtstag Apparieren gelernt. James sagte kein Wort, als er mich mit meinem Rucksack draussen stehen sah. Gab nur der Haustuer einen Schubs, so dass sie sich weiter auftat und den Weg nach drinnen freigab. Einen Moment blendete mich das viele Licht.

Und doch bin ich hier.

Als ich das Zimmer betrete, muss ich gegen den Impuls ankämpfen, hinüberzustürmen und den Wandbehang abzureißen. Ich kann mir schon Kreachers höhnisches Gegacker vorstellen, wenn ich es nicht schaffe, weil er hundertpro magisch befestigt ist. Zum andern steht jemand davor, den ich wegschubsen müsste, um überhaupt freien Zugang und Platz zum Manövrieren zu haben. Und es müsste schon ein außergewöhnlicher Notfall sein, damit ich freiwillig Hand an Snape lege.

Er steht mit dem Rücken zu mir, obwohl er gehört haben muss, wie ich hereingepoltert bin, den Kopf voller wüster Gedanken. Seine Haltung ist seltsam angespannt – wie es meine wäre, wenn ich da stünde, den Blick auf meinen Stammbaum gerichtet. Ob er bereits daran gedacht hat, was uns bevorsteht? Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit, bis er sie befreien wird. Er moechte es, vielleicht liegt es ihm ebensosehr am Herzen wie die Prophezeihung in voller Laenge zu hoeren.

Aus den Prozessakten geht eindeutig hervor, dass Bellatrix ueber viele Jahre seine persoenliche Schuelerin war und seine engste Vertraute unter allen Todessern. Als sie nach der Folterung der Longbottoms gefasst wurde, sah sie keinen echten Grund mehr, mit irgendetwas hinter dem Berg zu halten. Es haette mich schockieren sollen, als Remus mir daraus zitierte, aber mich kann seit langem nichts mehr ueberraschen, wo meine Cousine betroffen ist. Und jetzt werden sie bald wieder vereint sein, Meister und Schuelerin. Ich weiss das ebenso wie der Mann, der im Augenblick meinen Familienstammbaum studiert und dabei unmerklich den Griff der rechten Hand um den linken Unterarm spannt.

„Die Stimme deines Herrn?" kann ich mir nicht verkneifen zu fragen.

„Pass auf, was du redest, Black."

„Warum bist du ausgestiegen?" bohre ich in meiner unbelehrbaren Art weiter.

Er sieht mich kalt an. „Das fragst du dich."

„Allerdings."

„Vielleicht hab ich ja das Licht gesehen. Vielleicht sprach eines Tages aus dem Chaos eine Stimme zu mir, die sich irritierenderweise genau wie Dumbledore anhörte: Severus, lass ab von deinem fürchterbaren Tun und sei der Gesellschaft endlich mal von Nutzen."

„Hört, hört. War das vor oder nach – Rowan?"

„Mit anderen Worten: war Eliza der Grund für meinen Ausstieg?"

„War sie's?"

„Nein. Zwischen meinem Seitenwechsel und unserem ersten Kuss lag etwa ein halbes Jahr."

Kuss. Schreck lass nach. Eliza. Schniefelus. Küssen. Wo ist der nächste Kotzkübel? Ich sollte wirklich mal lernen, mich aus andrer Leute Angelegenheiten rauszuhalten. Da erfaehrt man immer mehr, als man wisen moechte.

Snape dreht sich spoettisch zu mir um. "Wofuer haeltst du mich, Black? Fuer einen liebeskranken Narren, der als Anstoss, zu den Guten zu wechseln, nur die richtige Frau braucht und ploetzlich seine Irrtuemer erkennt? Wie schrecklich romantisch. Passt zu dir, so was zu vermuten. "

Jede Wette, dass es so gelaufen ist? denke ich aufsaessig. Wenn er schon in diesem Ton davon spricht... Das ist romantisch, so wahr Merlin mein Zeuge ist. Auch wenn's natuerlich schwer faellt, ausgerechnet Snape in so einem Szenario zu sehen

"Du uebersiehst nur, dass wir uns nicht alle in solchem Masse von unseren Hormonen durchs Leben leiten lassen wie du."

"Was willst Du damit wieder andeuten?" fahre ich auf, obwohl ich eine ziemlich genaue Vorstellung davon habe, was jetzt kommt. Es waere ja auch zu schoen gewesen, um wahr zu sein, einen Abend ohne dieses Thema zu erleben.

Er laechelt mich an. "Nur, dass es fuer jemanden, der sich von einer Frau, in die er verliebt war, aus seinem Elternhaus hat vertreiben lassen, typisch ist anzunehmen, dass alle anderen sich genauso stark davon beeinflussen lassen."

In der Nacht meiner spektakulaeren Flucht schlug das Wetter um. Ich lag im Gaestezimmer der Potters, zu aufgewuehlt, um zu schlafen, , und hoerte den Wind ums Haus heulen. Er brachte Regen mit sich und die allseits ersehnte Abkuehlung.

Die kommenden Tage waren ruhig - wenn man von den anfangs fast stuendlich eintreffenden Heulern von meiner Mutter absieht. Gelegentlich schallte auch mein Vater durchs Haus, aber hauptsaechlich war es eine von ihr inszenierte Kampagne. Maggie und Nathan verhielten sich grossartig, obwohl auch sie von den Drohungen und Beschimpfungen meiner Familie nicht verschont blieben.

Aber ihre Geheimwaffe hatten sich die Blacks bis zum Schluss aufgehoben. Genau eine Woche, nachdem ich weggelaufen war, kamen James und ich nachmittags vom Einkaufen zurueck, als Maggie mich ins Wohnzimmer winkte. Und da sass mein Bruder. Einen wahnsinnigen Moment lang gab ich mich der Hoffnung hin, er wäre mir gefolgt. Ich weiß nicht, was mich darauf brachte, aber als ich ihn hier sah, am Ort meines Exils, da wuenschte ich es mir mit der Leidenschaft eines Kindes, das auf ein bestimmtes Weihnachtsgeschenk hofft.

Dann wandte ich, einer boesen Ahnung folgend den Kopf und sah, wer es sich in dem anderen Sessel bequem gemacht hatte. Sie sass mit dem Ruecken zur Fensterfornt des Wintergartens, so dass das diesige Licht des Augusttages sie einhuellte und ihren Gesichtsausdruck unkenntlich machte. Ich sah jedoch, dass sie die Arme auf den Lehnen gelegt und den Kopf zurueckgelehnt hatte - als sei dies ihr Thronsaal und ich muesste an dieser Stelle auf die Knie fallen.

Was ich nicht zu tun gedachte.

"Sirius, deine Eltern moechten, dass du nach Hause kommst." sagte Bellatrix. Als ich nichts sagte, fuhr sie fort. "Du bist abgehauen, ohne jemandem ein Wort zu sagen oder eine Nachricht zu hinterlassen. Sie haben sich grosse Sorgen gemacht."

Maggie sprang ein, als ich nichts sagte. "Ich habe Mrs. Black sofort eine Nachricht geschickt, als Sirius hier ankam. Es bestand also kein Grund zur Sorge." Unter Bellatrix' steinernem Blick schien ihre Stimme tatsaechlich ein wenig an Selbstbewusstsein einzubuessen. Fast haette ich darueber gelaechelt. Keiner von uns streifte den Grund meines ueberstuerzten Aufbruchs, wofuer ich aeusserst dankbar war, und auch Maggie fragte nicht danach.

"Deine Eltern sind mit deinem Vorhaben hierzubleiben nicht einverstanden. Ich soll dir ausrichten, dass du dich laecherlich auffuehrst und dass du besser deine Gryffindor-Freundschaften nicht ueber deine Familienehre stellst."

"Vielen Dank. Ich denke aber, ich kann selbst entscheiden, wovon meine Zukunft bestimmt wird und brauche den Rat meiner Eltern in diesen Dingen nicht."

"Da du deine Zukunft erwaehnst: mit welchen Mitteln planst du sie zu bestreiten? Denn ich garantiere dir, du wirst von der Familie keinen Sickel sehen, wenn du weiter Scheisse baust."

"Es mag fuer die Blacks ein Fremdwort sein, aber tatsaechlich ueberleben viele Hexen und Zauberer, indem sie fuer ihren Lebensunterhalt arbeiten. Das habe ich auch vor, wenn ich Hogwarts beendet habe und ich werde wunderbar zurecht kommen. Ihr seid mir nichts schuldig, ich bin euch nichts schuldig. Eine einfache Rechnung."

"Dann wirf doch mal einen Blick in den Spiegel. Oder auf dein Zeugnis. Die Mitglieder der Familie Black sind innerlich und aeusserlich weit ueberdurchschnittlich mit allen Talenten ausgestattet. Was denkst du, woher das kommt? Von Muggelgrosseltern, die noch nie einen Zauberstab in der Hand hatten? Du bist das Ergebnis jahrhundertelanger genetischer Selektion. All deine Vorteile wie Intelligenz und gutes Aussehen verdankst du deiner Familie - und du willst das wegwerfen und dich deiner Verpflichtung entziehen wegen liberaler Launen."

"Das sind keine Launen, sondern meine Ueberzeugungen," gab ich zurueck. "Nicht nur, dass Muggelstaemmige ebenso Menschen sind wie wir, sie sind auch ebenso gute Hexen und Zauberer, in einigen Faellen sogar bessere, und wenn ich irgendwann mal heirate, dann wird die Abstammung das letzte sein, worauf ich bei meiner Frau achte."

"Ach ja," meinte Bellatrix siegesgewiss. "Dann verrat mir doch mal eines: die ganzen Maedchen in Hogwarts, von denen ich nicht wissen muss, was genau du mit ihnen getrieben hast - war da auch nur eine dabei, die kein Reinblut war?"

"Jetzt reicht es." sagte Maggie scharf. Sie legte eine Hand auf meine Schulter, wie um mich zu beruhigen, aber ich fuehlte mich eigentlich mehr erschoepft, als aufgeregt. Bellatrix hatte richtig vermutet: jedes Maedchen, mit dem ich bis jetzt romantisch involviert gewesen war, war reinbluetig. Sogar Rosmerta. Sogar Eliza. Es war mir vorher noch nie aufgefallen. "Wenn das die Art ist, wie Sirius bei seinen Eltern behandelt wurde, wundert mich nichts mehr, aber in meinem Haus wird er sich so etwas nicht anhoeren muessen."

"Dann ist dieses Gespraech wohl beendet. Auf Wiedersehen, Sirius," sagte meine Cousine und stand mit einer fliessenden Bewegung vom Stuhl auf. Regulus tat es ihr gleich und wollte an mir vorbeigehen, ohne mich eines Blickes zu wuerdigen. Ich packte ihn jedoch am Arm und zwang ihn, mich anzusehen.

"Du weisst doch," platzte ich heraus, "was sie tun. Frueher war es Grindelwald und jetzt dieser Namenlose. Sie unterstuetzen die Moerder und Folterer oder werden selbst welche - willst dabei etwa auch noch mitmachen?"

"Sirius" sagte mein Bruder mit einer harten Stimme, zu der er sich verpflichtet fuehlte und die nicht zu ihm passte. "Du bist mein Bruder und ich liebe dich. Aber eher wuerde ich uns alle tot und die Nigelli vernichtet sehen wollen, als dass ich mich mit dem hier -" sein entnervter Blick schloss Maggie und Godric's Hollow mit ein "jemals anfreunden koennte." Bellatrix laechelte fein.

Ach, Reggie, hab ich noch das Recht, dich so zu nennen? Was redest du fuer Bloedsinn, das bist doch nicht du, das ist sie und was sie hoeren will, wie sie hier neben uns steht...

Er nickte ihr zu und verliess vor ihr das Zimmer. Sie verhielt neben mir, wandte den Kopf so dass sie mich direkt ansah und ich ihren Atem auf der Wange spüren konnte, als sie sagte: „Du kommst nie von uns frei. Und wenn du stirbst, wird unser Name auf deinem Grabstein stehen."

Dann waren sie endlich fort. Maggie klopfte auf das Sofapolster neben sich und goss mir Tee ein, als ich Platz genommen hatte. „Deine Cousine ist ein merkwürdiges Mädchen." stellte sie fest.

"Du musst doch schon daran gedacht haben," meint Snape. "Jetzt ist es nur noch eine Frage der Zeit."

"Was?" fahre ich ihn an. Ich weiss natuerlich, was er meint, aber es tut gut, es nicht gleich zugeben zu muessen. Snape sieht mich mit etwas an, das man beinahe mit Mitleid verwechseln koennte. Mit dem Daumen deutet er ueber seine Schulter auf den Wandbehang.

"Er wird sie befreien. Es liegt ihm am Herzen."

Voldemorts Herz, ach ja. Ein Thema, mit dem man Bibliotheken fuellen koennte. "Hat er das gesagt, als du ihn unlaengst gesprochen hast?" floete ich.

Seine Augen funkeln. Aber er hat sich in der Gewalt. "Oh, es wurde irgendwie erwaehnt," sagt er trocken. Er sieht mich nachdenklich an. "Er ist nicht der einzige, der nicht schlecht aussieht, dafuer dass er dreizehn Jahre tot war."

"Sieh mal an," fauchte ich. "Glaubst du es jetzt wenigstens, wenn du Wurmschwanz mit eigenen Augen gesehen hast?"

"Was war es fuer ein Gefuehl, sie dort zurueckzulassen?" schiesst er prompt zurueck. "Konntest du ueberhaupt klar genug denken, um irgendwas zu fuehlen? Hast du ein schlechtes Gewissen deswegen?"

"Sie wusste, dass ich unschuldig war und haette mich ohne zu zoegern dort vorrotten lassen, als sie sie wieder raus- Ich bin dir ueberhaupt keine Rechenschaft schuldig!" falle ich mir selbst ins Wort.

Er laechelt. "Ja, doch. Ich denke, das beantwortet die Fragen."

Andromeda war auch keine Hilfe. Unter ihrem besorgten Blick schien mir mein "Ausbruch" immer weniger wie etwas Heroisches oder als Zeichen geistiger Unabhaengigkeit, sondern eher wie eine Kurzschlusshandlung, deren Folgen noch nicht abzuschaetzen waren.

„Du wirst mir jetzt nicht vorwerfen, dass ich das gleiche getan habe wie du."

Nein, und genau deswegen fühl ich mich schuldig. Du hast eben nicht das gleiche getan wie ich, für jeden von uns bedeutet das Exil etwas anderes."

Wir sassen auf dem Tonksschen Familiensofa in Teds und Andromedas kuscheliger kleiner Wohnung und guckten zu, wie Nymphadora ihr Flaeschchen trank. Ich hatte mir immer lange nicht erklaeren koennen, was Andromeda geritten hatte, ihre Tochter mit diesem Namen zu strafen. Aber in diesem Moment fiel es mir ein und ich wusste, was es bedeutete.

Nymphadora war Bellatrix' Zweitname. Ein sehr alter, in unserer Familie ueber Generationen hinweg oft verwendeter Name. Meiner war Reginald - auch so ein Volltreffer. Als Kinder hatten wir uns einen Spass daraus gemacht, uns gegenseitig bei diesen Monstrositaeten zu rufen. Dass Andromeda ihrem Kind solch einen Namen gab, zeigte, dass sie sich unterschwellig immer noch mit dem Haus Black verbunden fuehlte und sich auch als Teil der Familie betrachtete - selbst wenn meine Mutter da anderer Ansicht war.

Andromedas Mutter und Schwestern hatten nach wie vor Kontakt zu ihr, das wusste ich. Es liess sich auch nicht vermeiden, dass man sich gegenseitig ab und zu begegnete. Wie einst bei Elladora waren Zauberkunst und Geschichte der Magie auch die Lieblingsfaecher ihrer aeltesten Tochter - eine natuerliche Folge war, dass Andromeda eine aehnliche Laufbahn eingeshclagen hatte, wie ihre Mutter. Allerdings liessen sich bisher keine Dunklen Tendenzen feststellen.

Sie hatte es geschafft - sie hatte sich von all dem Dreck bei uns zuhause losgesagt und mit Ted ein neues Leben angefangen. Jetzt wollte ich das Patentrezept, doche meine Cousine behauptete, es nicht zu kennen.

Du hast immer gewusst, dass es nur eine Frage der Zeit sein würde, bis ich dir folge," sagte ich. "Ich musste es tun. Ich wäre erstickt dort." Selbstverstaendlich hatte ich Andromeda nicht gesagt, was der eigentliche Anlass fuer meine Flucht gewesen war. Ich konnte es nicht ertragen, auch nur daran zu denken, geschweige denn Dritten zu erzaehlen, was zwischen Bellatrix und mir vorgefallen war.

Erstickt! Sirius... solche rebellischen Phasen macht jeder durch. Das ist kein Grund, alle Brücken hinter sich abzubrechen, ohne etwas zu haben, wodurch man das Leben wie es bisher war, ersetzen könnte. Es gibt kein Zurück, das weißt du. Und du liebst sie doch."

Ich fragte nicht, wer sie sein sollte. Die Szene, die ich im Spiegel gesehen hatte, tauchte wieder vor mir auf: Wie wir engumschlungen durch die von Laubhaufen gesäumte Straße davongingen, bis wir nur noch zwei kleine Punkte waren, die Grimmauld Place weit hinter sich gelassen hatten. Mein Herzbegehren... ist das so... Wissen es eigentlich alle?

Seit ich abgehauen war, herrschte eisiges Schweigen in der Schule. Ich hatte noch nie ein so ruhiges Schuljahr erlebt: keine Duelle mit Bellatrix, keine Streitereien. Sie tat, als waere ich Luft. Wenn Bellatrix oder Regulus sich wirklich einmal gezwungen sahen, das Wort an mich zu richten, taten sie es ueber Dritte. Im Stil von "Potter, sag bitte meinem Cousin/Bruder..." und so weiter. Bei ihr wirkte es natuerlich sehr viel ueberzeugender als bei ihm.

Bei allen anderen sammelte ich Punkte durch das, was passiert war - von daheim abhauen war schlicht und ergreifend der Gipfel der Coolness. Besonders die Maedchen fanden es toll. Sogar Eliza, die sonst an allem, was ich tat, kein gutes Haar liess. Eine Weile war das Leben tatsaechlich schoen - James und Lily brachten es endlich fertig, sich fuer ein zivilisiertes Hogsmeade-Wochenende zu verabreden, was tatsaechlich eine ganze Reihe von Verabredungen nach sich zog und Eliza und ich liessen uns ein wenig davon anstecken. Auf diese Weise machte es mir nicht so viel aus, meinen besten Freund an ein Paar jadegruene Augen zu verlieren.

Nach aussen hin tat ich, als ginge es mir besser als je zuvor. Innerlich hatte ich das Gefuehl tot zu sein. Ueber Monate, vielleicht Jahre hinweg hatte sich in mir eine Spannung aufgebaut, die durch meine Flucht verpufft war, ohne wirklich ein Ventil gefunden zu haben. Zwar sah ich endlich Licht am Ende des Tunnels, doch gleichzeitig erschien mir meine Situation hoffnungsloser, als sie es je gewesen war.

Ich wusste nicht, was Bellatrix ueber all das dachte, was an meinem letzten Tag zuhause hochgespuelt wurde - ob sie wusste, dass ich eine ungesunde Besessenheit entwickelt hatte und ob sie vorhatte, das gegen mich zu verwenden. Ich zog es vor, nicht so viel darueber nachzudenken, es machte mich wahnsinnig. Und wieder kreisten meine Aengste bevorzugt um einen Punkt: Wenn es nur niemand herausfindet.

Nicht ein einziges Mal zog ich damals in Erwaegung, dass es Bellatrix vielleicht so gehen koennte wie mir.

Zurueck zu den wirklich interessanten Affairen meiner Generation. „Das ist dann wohl der Grund," sage ich leise.

Eine pechschwarze Braue wölbt sich in seinem fahlen Gesicht. „Der Grund?"

„Der Grund, dass Dumbledore dich unterichten lässt. Ich hab mich das oft gefragt."

"Erspar mir das. Du hattest bis vor ein paar Wochen keine Ahnung, was ich war und du hast jetzt noch keine, was ich bin, also raeum mal wieder das Haus auf oder tu sonst irgendwas Nuetzliches, aber ueberlass die wichtigen Fragen den Leuten, die damit umgehen koennen."

Irgendwie bezwinge ich mein Temperament in diesem kritischen Moment und sage nicht, was ich gern sagen wuerde. „Irgendwie überrascht's mich nicht so wie es sollte. Eliza war schon immer zu gut für diese Welt."

Er fuhr herum. „Nur, dass sie selbst es nie so gesehen hat – wie du wüsstest, wenn du ihr nahe genug gestanden hättest." Seine Augen gluehen mit einem Feuer, das ich doert noch nie gesehen habe. "Das ist Ironie, nicht wahr? Ein selbstgerechter Heuchler wie du zählt sich selbstverständlich zu den Guten, während der Mensch mit dem besten und reinsten Herzen, den ich je gekannt habe, zeitlebens von chronischen Gewissensbissen heimgesucht wurde, weil sie tat, was sie tun musste."

Fuer einen Moment bin ich um Worte verlegen. Die ganze Zeit ueber, seit ich von ihnen beiden erfahren habe, ist mir nie so richtig zu Bewusstsein gekommen, was es bedeutet, dass Snape mit ihr zuasammen war - sie vermutlich besser gekannt hat, als irgendein anderer von uns, ihren Freunden. Sogar besser als ich - und Eliza und ich waren immerhin... aber das gehoert nicht zu den Dingen, an die ich gern zurueckdenke.

Er weiss solche Dinge ueber sie, wie dass es ihr zu schaffen machte, in ihrem Beruf die Unverzeihlichen Flueche anzuwenden. Das ist etwas, das sie beide gemeinsam haben - die Unverzeihlichen und Skrupel. Sonst waere er ja nicht zurueckgekommen, wenn er es denn ist. So ganz weiss ich noch nicht, was ich von einem reformierten Snape halten soll. Aber wenn ausgerechnet Eliza mit ihrer Menschenkenntnis ihm vertraut hat... Eliza, die immer wusste, wenn jemand log. Die Peter nicht mochte.

Ein seltsamer Gedanke kommt mir in diesem Augenblick: Wer von uns war ihr denn wirklich gewachsen? Wer von uns konnte sie denn voellig begreifen - verstehen, was es hiess zu tun, was getan werden musste, auch wenn man seine Seele in Gefahr bringen musste und es einen auf jede erdenkliche Art fertig machte? Ich ganz sicher nicht. Auch nicht Remus, der ueber einen Zeitraum von zwei Jahren in der Winkelgasse mit ihr zusammenlebte.

Es war nichts Sanftes an ihr, das haben die Vorkommnisse in Wolkenkuckucksheim, als sie sechzehn war, fuer immer verdorben. Welcher andere Mann haette es denn mit ihr aufnehmen koennen, wenn nicht Snape? Wer sonst haette wirkliche ihre "andere Haelfte" sein koennen - sie war auf dieselbe Weise anstrengend wie er. Sie war eine Getriebene, genau wie er. Der Wunsch nach Rache und ihr eigenes Schuldgefuehl, dass sie als einzige davongekommen war, das sie nie geschafft hatte abzulegen, begleiteten sie ihr ganzes Leben lang.

Im Nachhinein kann man sagen, dass es an katastrophale Dummheit grenzender Leichtsinn war, in der Situation, die im Winter 1975/76 bei uns herrschte, zu Andromeda zu fahren. Allerdings war ich nicht der einzige, der das Risiko eingegangen war, in den Weihnachtsferien Verwandte zu besuchen. Es war die letzte Atempause, die uns in diesem Krieg goennt sein sollte. Die Seuche, die Weihnachten 1975 gerade am Ausbrechen war, beeintraechtigte das Handeln beider Seiten in diesem Konflikt gleichermassen, und auf diese Art herrschte eine Zeitlang Waffenstillstand.

Das Verhaengnis folgte uns jedenfalls auf dem Fuss, als wir nach Hogwarts zurueckkehrten. Noch gegen Ende der Ferien gab es die ersten Krankheitsfaelle und in der zweiten Januarwoche wurde die Schule offiziell zur Quarantaenezone erklaert.

Damit waren wir eingeschlossen - jeder Kontakt nach draussen war untersagt, wir konnten nicht einmal unseren Familien Nachricht geben (nicht dass ich den Wunsch verspuert haette). Aber das wirklich Ueble war, dass uns keine Linderungsmittel hereingeschickt werden konnten - ein magisches Heilmittel gegen Grippe gab es sowieso nicht - und auch in der Bibliothek befanden sich keine Rezepte fuer die Mixturen, die wir dringend gebraucht haetten.

Die Reinblueter traf es am schlimmsten - ohne Kontakt zur Muggelwelt grossgeworden, waren wir gegen Grippe nicht im geringsten immunisiert. Zu Zeiten schien ganz Slytherin in den Krankenfluegel umgezogen zu sein. Mein Bruder erkrankte als einer der ersten. Nach und nach lagen auch saemtliche Mitglieder von Bellatrix' Gang darnieder, sie selbst schien jedoch unverwuestlich. Ich vermutete, dass ihr das insgeheim ziemlich zu schaffen machte - da besonders reines Blut auch besonders schwere Faelle von Grippe nach sich zu ziehen schien. Ich selbst sah mich mit dem Problem konfrontiert.

Zwei Tage nachdem die Quarantaene verhaengt worden war, klagte Peter abends ueber Kopf- und Gliederschmerzen. Am naechsten Morgen ging es ihm so schlecht, dass ich ihn in den Krankenfluegel bringen musste - und am fruehen Nachmittag spuerte ich auch bei mir die ersten Anzeichen.

Es war abscheulich. Ich war noch nie krank gewesen, mein Leben lang hatte ich mich auf meinen Koerper verlassen koennen. Doch nun musste ich erleben, wie meine Kraft und Gesundheit dahinschwanden, so dass ich am Abend zu nichts mehr in der Lage war, als auf meinem Bett im Krankenfluegel vor mich hinzudaemmern. Dazu kamen die Horrorgeschichten ueber die Seuche, mit denen ich grossgeworden war. Bei der letzten Grippewelle irgendwann Ende des 19. Jahrhunderts waren Hexen und Zauberer gestorben - wie meine Mutter nie muede wurde zu erwaehnen, wenn ich damit anfing, dass freundschaftliche Beziehungen zur Muggelwelt sinnvoll und unerlaesslich fuer den Fortbestand der magischen Gemeinschaft seien.

Ich spuerte die Leute um mein Bett herum mehr, als dass ich sie durch den Nebel aus Schmerz und Benommenheit wirklich sehen konnte. Aber ich hoerte sie sprechen. Fieber - dieses Wort schnappte ich mehrmals auf. Nach und nach verstummten die Stimmen und die verschwommenen Gesichter wurden durch andere Bilder ersetzt - Bilder, die schaerfer, doch zugleich unwirklicher waren.

Ich sah schwarzgekleidete Hexen und Zauberer um ein offenes Grab im Schnee versammelt und glaubte fuer einen Moment, ich sei gestorben und schaute jetzt bei meiner eigenen Beerdigung zu. Doch das Bild zerfloss, bevor ich einer bedeutungsvollen Analyse naehertreten konnte.

Der Wind brauste ueber eine oede Heidelandschaft und trocknete den Schweiss auf meinem Gesicht. Eine feine, hoehnische Stimme sprach die Worte, die ich fuerchten gelernt hatte und meine Welt explodierte in Schmerz. Ich schrie und schrie, aber nur unbarmherziges Gelaechter antwortete.

Gruener Nebel waberte ueber den Ruinen eines Hauses. Ein Kind weinte herzzereissend und ich lag auf den Knien in dem Bewusstsein, dass ich versagt hatte...

Tote. Ich konnte sie nicht zaehlen, aber der Tod war ueberall um mich herum. Blut und Truemmer, wohin ich sah und es war meine Schuld und doch nicht meine Schuld und ich konnte nicht aufhoeren zu lachen...

Andere Bilder kamen, Gesichter. Remus, vor der Zeit gealtert, der mich in seine Arme zog. Ein Junge, der wie James aussah, lehnte in einem Fensterrahmen und sah mich mit flehenden Augen zu mir auf. Meine Cousine drehte sich im Lichtgewitter einer Schlacht zu mir um. Ein roter Blitz erhellte ihre ausgemergelten Zuege, blendete meine Augen und dann war da nichts mehr... nur fluesternde Schwaerze und ein Meer aus Zeit...

Ich wusste nicht, wie lange es so ging, doch irgendwann kehrten die Schmerzen von einem Moment auf den anderen zurueck, ohne Vorwarnung. "Nein!" hoerte ich eine weibliche Stimme schreien. "Kaempfe, undankbarer Blutsverraeter!" Die Stimme eines Mannes antwortete, mahnend und kraftvoll, aber ich wusste, die Frau wuerde sich in dieser Sache durchsetzen. Ich hatte das Gefuehl die beiden gut zu kennen.

Mein Geist wirbelte durch dunkle Orte, die Schwaerze schien mich zu durchfliessen wie ein Strom. Wieviel Zeit vergangen war, konnte ich nicht sagen, doch langsam, als schwaemme ich aus grosser Tiefe nach oben, kehrte ich zu meinem Traumbewusstsein zurueck und dann - erwachte ich. Als ich die Augen aufschlug, fuehlte ich mich normal. Ich kannte meinen Namen und wusste, dass ich im Krankenfluegel von Hogwarts lag, weil ich die Grippe hatte. Dass ich neun Tage dort zugebracht hatte, nachdem ich noch in meiner ersten Nacht ins Delirium gefallen war, dass sie so sehr um mich gebangt hatten, dass sie ein Lebenslicht fuer mich aufgestellt hatten, das in dem Moment, wenn die Seele den Koerper des Zauberers verlaesst, erlischt, dass Bellatrix mich unter Einsatz ihres Lebens auf eine Weise von den Toten zurueckgebracht hatte, die nur sie als mein eigen Fleisch und Blut beherrschte, und sich diesen Ausflug in die Blutmagie von Dumbeldore ertrotzt hatte, um Zeit zu gewinnen, bis sie mit Lily und Snape das langentbehrte Heilmittel fuer die Seuche entwickelt hatte - das alles sollte ich erst spaeter erfahren.

Aber ich sah meine Cousine in dem Plueschsessel neben meinem Bett schlafen. Den Kopf auf einen Arm gebettet, hatte sie den anderen um meine Taille geschlungen, damit sie spueren wuerde, wenn ich aufwachte. Nichtsdestotrotz schlief sie weiter, da ich mich nicht ruehrte, nur dalag und sie betrachtete. Ihre Schultern hoben und senkten sich im Rhythmus ihres ruhigen Atems. Ihr Mund stand leicht offen und die ungekaemmten Haare umzuengelten ihr feines porzellanweisses Gesicht wie schwarze Flaemmchen. Zu meiner masslosen Ueberraschung fand ich die Kraft, den Arm zu heben und die Fingerspitzen ganz sacht ueber ihre Wange streichen zu lassen. In meinem schwachen, schlaefrigen Zustand schien mir ihre Haut das zarteste, perfekteste Material, das ich je beruehrt hatte.

Sie gab einen winzigen Laut von sich, der vielleicht Zufriedenheit bedeutete und schlummerte ungeruehrt weiter. Der Ruecken wuerde ihr wehtun von der unbequemen Haltung wenn, sie erwachte, dachte ich und grinste. So war es also, das Aufwachen mit Bellatrix. Mir fielen die Augen wieder zu.

Als ich das naechste Mal aufwachte, sassen James und Remus an meinem Bett und dann erfuhr ich schliesslich, was sich alles zugetragen hatte. Sie konnten mir nicht sagen, was es fuer ein Zauber gewesen war, doch sie sprachen mit sichtlichem Unbehagen davon. Es machte Sinn, dachte ich - egal, wer nun ihr Vater sein mochte, Tante Elladora war auf jeden Fall die Cousine meines Vaters. Somit war Bellatrix durchaus meine Blutsverwandte, nur eben nicht in dem Grad, wie alle Welt glaubte. Und ich versuchte nicht daran zu denken, welche Spuren die Schwarze Magie in mir hinterlassen wuerde und ob das bedeutete, dass ich so was wie eine Lebensschuld gegenueber Bellatrix hatte.

"Falls es dich interessiert: Ich glaube nicht, dass Dumbledore dich nur deshalb beschuetzt, weil du ihm ein paar Informationen geliefert hats und zufaellig der Vater seiner Urenkelin bist."

"Black, ganz unter uns: Was du denkst, interessiert mich ungefaehr so viel wie Scheisse, die durch den Rinnstein treibt."

"Ich weih dich trotzdem in meine Gedanken ein," sagte ich. "Bei deiner Vergangenheit muesstest du eigentlich in besagtem Rinnstein liegen, statt dessen hast du einen gutbezahlten und verantwortungsvollen Job..."

"Das verstehst du nicht," beschied mich Schniefelus hochmuetig. "Und selbst wenn ich versuchen wuerde, es dir zu erklaeren, dieses Vorhaben waere wohl kaum von Erfolg gekroent."

(Hab ich vorhin gesagt, dass niemand mein Blut so zum Kochen bringt wie meine Cousine? Streichen.)

"Nicht noetig," brause ich auf. "Ich denke, ich sehe jetzt klarer."

"Und ich denke, dir fehlen eigene Angelegenheiten, mit denen du dich befassen kannst. Deswegen liegt dir mein Leben so am Herzen - du hast keins."

"Dumbledore scheint zu glauben, dass er an dir was gutzumachen hat, weil er dich nie genug vor uns beschuetzt hat." Zu meinem Entzuecken stopft ihm das erstmal das Maul. "Er denkt, weil er mich damals mit einem blauen Auge hat davonkommen lassen, hast du dich von ihm ab- und Voldemort zugewandt," fahre ich fort. "Er hat nie sehen wollen, was fuer ein niedriges, schleimiges Gewuerm du bist und dass du dich mit was anderem als deinesgleichen einfach nicht wohlfuehlen wuerdest."

"Deinesgleichen - ein schoenes Wort. Jetzt kommen wir der Sache schon naeher, Black. Mir war gleich klar, dass die alte Erziehung bei dir anschlagen wuerde, wenn du erst mal wieder hier im Schosse der Familie bist..."

Aber der Trick wird diesmal nicht funktionieren. Wir besprechen jetzt seinen Dreck und nicht meinen, und ich weiss, wo ich ansetzen muss, um eine Reaktion zu erhalten. So ist das, wenn man sich schon ewig kennt und ueber Jahre hinweg befehdet hat: man weiss genau, wo es wehtut. "Er behaelt dich nur in Hogwarts, weil er dir gegenueber wegen der Sache von damals ein schlechtes Gewissen hat."

Diesmal habe ich ihn getroffen und ich kann es sehen. Seine Augen weiden sich unmerklich und fuer einen Moment sind hektische rote Flecken auf seinen Wangenknochen sichtbar. Doch er hat sich schnell wieder in der Gewalt, viel schneller als ich vermutet haette. Das bedeutet, er hat die richtige Antwort in petto.

"Dir gegenueber hat er wohl keins," fluestert er und macht einen Schritt auf mich zu, ohne den Blick vom Boden zu heben.

"Severus, nicht." Ich bemerke erst jetzt, dass Remus in der Tuer steht. Seine Stimme hat etwas so Draengendes, dass es mich aufhorchen lassen wuerde, wenn Snapes lauernder Ton nicht schon ein Uebriges getan haette.

"Damals," sagt Snape leise und ignoriert Remus, "machte Crouch an Dumbledore das Zugestaendnis, dass einer seiner ehemaligen Schueler, die auf die Dunkle Seite gewechselt waren, eine faire Anhoerung bekommen sollte. Nur einer. Und wie du siehst -" noch ein Schritt naeher, waehrend in meinen Ohren das Blut donnert "weile ich noch unter den Lebenden. Verstehst du? Er hat sich fuer mich verbuergt, ohne sich auch nur die Muehe zu machen, dich anzuhoeren."

Es ist sehr still im Raum. Zum ersten Mal seit Stunden faellt mir auf, wie finster es im Haus ist. Die Nacht hat hier nichts gemein mit der blossen Abwesenheit von Licht.

„Tja," sagt Snape in diese Duesternis. „Tut mir Leid, Sirius. Aber schlafende... Hunde soll man nicht wecken." Ich hoere seine Schritte auf dem Steinfussboden leise widerhallen, als er davongeht.

Author's Note: Und? Was denkt ihr?

Naechstes Kapitel: Schulabschluss und der unvermeidliche Abschlussball :)