Kapitel 3
Jay zieht die gläserne Tür auf und betritt mit einer blauen Sporttasche in der Hand das Fitnessstudio. Es ist früh am Morgen und ein älterer, sonnengebräunter Mann mit Goldkettchen um den Hals, ist der einzige Besucher. Er rackert sich am Gerät für den Aufbau der Brustmuskulatur ab und beobachtet mit verbissenem Gesicht sein Spiegelbild an der gegenüberliegenden Wand. Die gesamten Wände sind mit großen Spiegeln, die sich vom Boden bis zur Decke erstrecken, verkleidet.
Der kleine, drahtige Trainer, hat einen Ellbogen auf die dunkelbraune Theke gestützt und ist in die Morgenzeitung vertieft.
„Was gibt´s Neues in der Welt?"unterbricht ihn Jay.
Der Mann schaut auf und lächelt erfreut: „Auch wieder im Lande?"
„Und da denk ich mir, muss ich doch auch bei meinem Kumpel Luke vorbeischauen."
„Und da komm ich endlich dazu dir zu sagen, dass dein neuer Haarschnitt viel besser ausschaut als mit den langen Zotteln zuvor."
Jay grinst verlegen und fährt sich instinktiv über seine kurzen, braunen Haare.
„Musst dir doch selbst eingestehen", meint Luke.
Jay nickt: „Wenn ich die alten Bilder sehe möchte ich schreiend davonlaufen."
Beide lachen herzlich.
„Zwei deiner Leute sind schon da", erzählt Luke beiläufig.
Jay nickt: „Ich wird dann auch mal", und macht sich auf den Weg zu den Umkleidekabinen.
Durch die geschlossene Tür hört er bereits das ausgelassene Lachen von Chris und Andrew.
Die Neugier packt ihn und er öffnet die Tür lautlos einen kleinen Spalt. Nun ist ihre Unterhaltung einwandfrei zu verstehen.
„Wie die zwei am Pool standen."
„Nur mit ihren Handtüchern."
„Was hätten sie wohl ohne gemacht?"
Bei dieser Vorstellung brechen sie erneut in Gelächter aus.
„Andererseits wär ich schon gern an Jay´s Stelle gewesen", lässt Chris verlauten.
„Wir können das Ganze noch mal mit dir in der Hauptrolle durchziehen", schlägt Andrew belustigt vor.
„Glaubst du er hat sie schon flach gelegt?"
Jay stößt die weiße Tür ganz auf. Beide Männer verstummen sofort und starren den Hinzugestoßenen mit weit aufgerissenen Augen an.
„Warum seit ihr plötzlich so ruhig?"fragt Jay mit gespielt unwissender Miene.
„Sind wir doch gar nicht", leugnet Andrew.
Jay setzt seine Tasche neben einem metallenen Umkleideschrank ab und zieht den Reißverschluss seiner blauen Jacke herunter. Er spürt die Blicke auf seinem Körper, dreht seinen Kopf in die Richtung zu Chris und Andrew. Tatsächlich kleben ihre Augen auf ihm.
„Was ist? Seid ihr schwul, oder was?"fährt sie Jay verärgert an.
Andrew schüttelt den Kopf und wendet seine Augen von Jay ab.
Chris nimmt sich das weiße Handtuch, dass er unachtsam über die Kante eines Schranks geworfen hat, klopft Jay im Vorbeigehen, ohne ein weiteres Wort zu verlieren, auf den Rücken und verlässt den Raum.
Andrew verweilt einige Sekunden. Unsicher, ob er ein weiteres Wort an Jay richten soll oder es doch lieber sein lässt. Bevor er eine Entscheidung treffen kann erntet er einen Und-was-willst-du-noch-hier- Blick. Er schaut den kleineren Mann unbeholfen an und verlässt den Umkleideraum ebenfalls.
Jay setzt sich auf die Holzbank an der Wand, stützt die Ellenbogen auf die Knie und legt sein Gesicht in die Hände. Reglos bleibt er in dieser Position bis ihm ein Gedanke kommt. Er lacht leise vor sich hin.
„Matt, hast du Cycy gesehen?"erklingt Jay´s aufgeregte Stimme aus dem Telefonhörer.
„Sie ist bei mir", antwortet dieser.
„Ich muss ihr was erzählen. Ich bin gleich bei dir."
„Okay."
Matt legt den schwarzen Hörer auf die Gabel und wendet sich Cycy zu, die auf einem grauen Sessel, der entgegen dem Fenster gewandt ist, mit einem Fuß auf dem Knie liegend, sitzt. Ihre Aufmerksamkeit hat sie auf den kleinen Fernseher gerichtet, der auf der dunklen Anrichte platziert ist und eine Wrestling-Sendung ausstrahlt.
„Das war Jay", sagt Matt und bekommt einen kurzen räsonanten Blick von der Frau. „Er kommt vorbei, um dir was zu erzählen."
Sie nickt und beide wenden sich wieder der Mattscheibe zu.
Kaum fünf Minuten später vernehmen sie ein Klopfen an der Tür.
„Geh du", wünscht Matt.
„Es ist dein Zimmer."
„Aber es ist für dich."
Erneutes Klopfen.
Cycy seufzt kurz auf und erhebt sich schließlich von ihrem Platz und geht, die Augen nicht vom Bildschirm abwendend, zur Tür. Sie drückt die Klinge nach unten und zieht die Holztür auf.
„Hi", sagt Jay und tritt unaufgefordert in den Raum.
Matt, der mit ausgesteckten Beinen auf dem Bett liegt, hebt nur die Hand zur Begrüßung.
„Hast du Zeit?"will Jay von der blonden Frau wissen.
„SD! läuft gerade", erwidert sie und deutet auf den Fernseher.
„Es dauert nicht lange", überredet er sie.
„Leg los", fordert sie den Mann auf.
„Unter vier Augen."
Matt beobachtet die Beiden aus den Augenwinkeln.
„Okay", willigt sie ein und folgt Jay, der bereits die Tür, zum Gehen bereit, geöffnet.
„Peace, Matt", verabschiedet sich Cycy.
„See ya", erwidert dieser.
Sie sind in Jay´s Zimmer. Cycy hat sich auf das Bett gesetzt und Jay sitzt ihr auf einem umgedrehten Stuhl, mit der Brust davor gelehnt, gegenüber. Er hat ihr bis auf wenige, besser zu verschweigende Details der mitgehörten Konversation von Chris und Andrew berichtet. Sie schaut ihn belustigt an, als er schließlich geendet hat.
„Was willst du jetzt von mir hören? Ich hab die Sache schon längst abgehakt", gibt sie ihre Stellungsnahme ab.
„Das verlangt nach Revange", gibt Jay nicht nach. „Vor allem Chris soll damit nicht so durchkommen. Mit ihm hab ich sowieso noch eine Rechnung offen."
„Mach doch", meint Cycy desinteressiert.
„Ich brauch aber deine Hilfe dazu."
Sie zieht die Augenbrauen hoch und grinst: „Brauchst ´nen Babysitter, traust dich nicht allein?"
Jay schüttelt lachend den Kopf: „Brauch keinen Babysitter, aber trotzdem..."
„Was willst du machen?", fragt Cycy neugierig geworden.
„Vielleicht eine kleine Schaumparty in Chris´ Badezimmer", überlegt Jay. „Bist du mit dabei?"
Ohne lang zu überlegen mit dem Drang nach etwas Nervenkitzel und Abenteuerlust willigt sie mit
Kopfnicken ein: „Könnte ganz witzig werden."
Jay grinst, er hält ihr die Hand hin und sie schlägt kameradschaftlich ein.
Sie stehen vor Chris´ Zimmertür. Jay gibt Cycy Anweisungen, dass sie Wache stehen soll, damit niemand kommen und das Treiben bemerken würde. Er zieht aus seiner hinteren, rechten Hosentasche seine Brieftasche und entnimmt eine Kreditkarte.
„Pass auf, dass niemand kommt", befiehlt Jay Cycy, die den Mann ungläubig anschaut.
Sie kommt sich wie in einem schlechten Film vor. Nur das es leider die verrückte Realität ist in der sie sich befindet. Ein Türschloss mit einer Plastikkarte öffnen.
„Das funktioniert doch nie im Leben", gibt sie ihr Meinung kund, während sich der Mann bereits an der Türentriegelung zu schaffen macht.
„Ich mach das nicht zum ersten Mal", erzählt er nebenbei.
Sie meint daraufhin mulmig: „Dir ist aber schon klar, dass das gesetzwidrig ist?"
Nach dieser Frage wendet sich Jay von seiner Tätigkeit ab und schaut sie belustigt an: „Ich hatte dich eigentlich cooler eingeschätzt."
Sie starrt ihn etwas verärgert an: „Ich bin cool! Aber das ist... ach, weißt du was, mach was du willst, aber mach schnell!"
Er betrachtet sie sekundenlang und lächelt in sich hinein. An sein Vorhaben scheint er nicht mehr zu denken.
„Jay...", holt ihn Cycy in die Wirklichkeit zurück.
Mit den Händen gestikuliert sie, dass er sich beeilen soll.
Er zwinkert ihr neckisch zu und fingert mit seiner Karte am hölzernem Türrahmen, wo er das Schließsystem vermutet. Sein Gesicht zeugt von hoher Konzentration. Gleichzeit wie sich die Tür wie von Zauberhand öffnet, kommt der Lift am Ende des Ganges zum Stehen. Sie hören entferntes Lachen einer Frau. Schnell verschwinden sie in dem fremden Zimmer und schließen die Tür lautlos.
Sie lassen die Blicke durch das Hotelzimmer schweifen: An der cremefarben gestrichenen Wand hängen naturlandschaftliche Bilder. Das Bett bedeckt eine dunkelblaue Samtdecke, die mit silbernen Fäden durchzogen ist. Neben dem Bett steht ein sandfarbener Nachttisch mit einer Lampe, dessen kirschroter Schirm den Raum in lieblichen Schein erhellt. Die beigen Vorhänge sind vor das Fenster gezogen, so dass die Aussicht verborgen bleibt. Daneben liegt ein kleines, silbernes Handy.
Geräusche von einen ins Schloss geführten Schlüssel lassen beide ruckartig zusammenzucken. Noch bevor Cycy weiß wie ihr geschieht, hat Jay seine Hand um ihr Handgelenk gelegt und zieht sie mit festem Griff in Richtung Kleiderschrank. Er öffnet eine Tür und sie zwängen sich in die dunkle Räumlichkeit. Auf Augenhöhe befinden sich Lüftungsschlitze, die eine kleine Einsicht in das Zimmer bieten.
Das zuvor vernommene Lachen können sie nun Trisha zuordnen, die mit Chris in das Zimmer stolpert.
Er hat seine Arme um ihre Taille geschlungen und küsst ihren Hals, wobei er ihr unhörbare Worte ins Ohr flüstert.
„Du bist ein ganz Schlimmer", sagt sie mit verführerischen Lächeln, dreht sich um, damit sie sich gegenüber stehen.
„Und ich kann noch viel schlimmer sein", haucht er ihr ins Ohr.
„Wirklich?" steigt sie auf das kleine Spiel ein.
„Soll ich es dir beweisen?"
„Ja, ich steh auf böse Jungs."
„I´m a sexy beast, baby!"
Beide lächeln sich verliebt an.
Ihre Augen signalisieren feurige Leidenschaft. Sie pressen ihre Körper aneinander und verfallen in einen wilden Kuss. Chris Hände fahren von Trisha´s Hals, über ihren Rücken bis hinunter zu ihren prallen, festen Pobacken, die nur von dem dünnen, glatten, schwarzen Stoff ihrer Hose bedeckt werden.
Sie lassen sich auf das Bett sinken. Chris zieht den Reißverschluss der dunkelgrünen Jacke, die sich eng an ihrem Körper schmiegt, nach unten. Sie hat außer eines schwarzem BHs nichts darunter an. Chris vergräbt sein Gesicht in den Ansätzen ihrer vollen Brüste. Ihr Atem geht hörbar schneller.
Cycy wird sich plötzlich Jay´s Körper bewusst. Es scheint ihr so, als ob er näher an sie heran gerückt ist. In diesem Moment macht es ihr nichts aus. Im Gegenteil: Auf eine unbestimmte Art fühlt sie sich von ihm angezogen. Das beobachtete Geschehen lässt ihr Blut pulsieren.
„Das ist so heiß", flüstert sie fast lautlos in Jay´s Richtung.
Ohne es zu sehen, spürt sie Jay´s Augen auf sich gerichtet. Sie fühlt seine Hände, die sich auf ihrem Körper vortasten. Er streicht über ihre Arme und lässt sie leicht erschauern. Er streicht über ihr Haar, ihr Gesicht. Seine warmen, weichen Lippen küssen zuerst ihre Wange und wandern bis zu ihren bebenden Lippen.
Chris fährt mit seiner Zunge über Trisha´s durchtrainiertem Bauch. Ihr Brustkorb hebt und senkt sich in schnellem Rhythmus. Er umgreift mit seinen kräftigen Händen ihre Hüften. Seine Lippen saugen an ihrem Nabel, seine Zunge umspielt ihn. Sie presst ihren Unterleib gegen seinen heißen Körper. Sie streicht durch seine Haarmähne. Ihre Hände fahren über seinen angespannten, muskulösen Rücken. Mit einer Hand öffnet er den Knopf und Reißverschluss ihrer enganliegenden dunkelgrünen Hose. Sie hebt ihren Hintern an, damit er ihr das Kleidungsstück besser über die schlanken Beine ziehen kann. Er streichelt über die weiche Haut ihrer Schenkel.
„Ich will dich", haucht sie drängend mit erregter Stimme, „ganz tief in mir spüren!"
Er knöpft seine Hose auf. Unterbrochen werden sie vom schrillen Klingeln des auf den Nachttisch liegenden Handys.
„Fuck!" flucht Chris.
"Geh nicht ran!" fleht Trisha und versucht den blonden Mann mit ihrem graziösen Händen, die sich den Weg zu seiner Männlichkeit bahnen, abzulenken.
„Es könnte wichtig sein", wehrt er sie notgedrungen ab, ihren enttäuschten Augenausdruck ignorierend.
Er greift sich das klingelnde Gerät, drückt die Annahmetaste und meldet sich mit belegter Stimme: „Hallo?"
Er richtet sich mit dem Hörer am Ohr auf und hört einige Momente aufmerksam auf die Person am anderem Ende der Leitung.
„Muss es unbedingt jetzt sein?"fragt er seinen Gesprächspartner missbilligend.
Wieder vergehen einige Sekunden, in denen ihn Trisha ungeduldig mustert.
„Okay", gibt er mit leichten Seufzer von sich.
Er beendet die Verbindung.
„Was ist?"will die Frau wissen.
Sie hat sich aufgesetzt und ihre Hände fahren begehrend über die nackte Brust des Geliebten.
„Ich muss weg", sagt er kurz angebunden, als er sich vom Bett erhebt und seine Hose zuknöpft.
Trisha schaut ihn verzweifelt an: „Aber nicht jetzt!"
„Wir holen das nach", versucht der Mann die Frau schwerlich zu trösten, gibt ihr einen flüchtigen Kuss auf den Mund und streift sich den weißen Wollpullover über den Kopf und hastet zur Tür. Er dreht sich noch einmal um: „Wir sehen uns dann."
Trisha nickt traurig, als die Tür schon ins Schloss gefallen ist. Sie geht zum Fenster, zieht den Vorhang ein kleines Stück zur Seite und schaut hinab auf die Strasse. Es ist bereits dunkel. Chris sieht sie nicht. Langsam trottet sie zum Bett zurück, neben dem ihre Hose und ihre schwarzen Schnürstiefel stehen. Sie hebt ihre Hose auf und zieht sich an. Sie geht zur Tür, macht das Licht aus und verlässt das Zimmer ebenfalls.
