4. Kapitel
Ein Zauberer, der nicht zaubern kann!
Harry war es leid Tag für Tag jeden Morgen in seinem kleinen Krankenzimmer aufzuwachen. Er grübelte zuviel wenn er allein war und es war zermürbend, die Erinnerung an den Kampf mit Voldemort nicht greifen zu können.
Harry fragte jeden Tag, wann er St. Mungo denn endlich verlassen konnte, er bekniete seinen Heiler geradezu und Ron unterstützte ihn tatkräftig dabei. Sie schworen, dass Harry die Zeit, bevor er nach Hogwarts ging, in Ruhe im Fuchsbau verbringen würde. So erhielt Harry also die Einwilligung, die letzte Woche des August im Fuchsbau verbringen zu dürfen bevor er pünktlich am 1. September nach Hogwarts starten würde.
Per Kamin reisten Ron, der es sich nicht nehmen ließ, seinen besten Freund abzuholen, und Harry in den Fuchsbau geradewegs in die Arme von Molly Weasley, der vor Freude schon die Tränen in den Augen standen. Sie umarmte Harry herzlich, stuckte ihn dann sofort in einen der bequemen alten Sessel im Wohnzimmer, legte eine Decke über seinen Schoß und versorgte ihn mit dampfendem Tee. Harry, peinlich berührt, schoss die Röte bis über beide Ohren ins Gesicht. Er versicherte, sich völlig wohl zu fühlen und auf keinen Fall solche Umstände verursachen zu wollen aber seine Einwände wurden schlichtweg ignoriert. Ron hielt sich den Bauch vor Lachen bis seine Mutter ihm eine spielerische Schelle gab und ihm gebot, Harrys Gepäck nach oben zu bringen. Nun, wo bis auf zwei Kinder alle Sprösslinge der Weasleys das Haus verlassen hatte, konnte sich Harry aussuchen, ob er im alten Zimmer von Percey oder der Zwillinge nächtigen wollte – er wählte das Zimmer der Zwillinge.
Pünktlich zum Abendessen gab es nochmals eine stürmische Begrüßung als Ginny und Mr. Weasley nach Hause kamen. Ginny fiel Harry überschwänglich um den Hals und Arthur Weasley schüttelte strahlend seine Hand. Auch wenn sie nicht so viele wie früher am Tisch waren, war es doch für Harry an diesem Abend als wäre die Zeit zurückgedreht. Ron und Ginny berichteten von ihrer Arbeit – Ron war nun auch für das Ministerium tätig und zwar in der Abteilung für magische Sport- und Spielarten, speziell Quidditch. Er berichtete ganz stolz von seiner Begegnung mit der englischen Nationalmannschaft was Ginny und ihre Mutter mit einen genervten Blick und ein Schmunzeln kommentierten wovon Ron jedoch nichts mitbekam. Ginny arbeitete seit kurzem – sie hatte ja im Juni erst ihre Abschlussprüfungen abgelegt und bestanden – bei Ollivanders. Der alte Meister der Zauberstabherstellungskunst hatte keine eigenen Kinder und suchte jemanden zum anlernen, der das Geschäft später einmal weiterführen sollte. Von allen Bewerbern hat er sich Ginny ausgesucht. Sie hätte ein natürliches Gespür, wie die verschiedenen Materialien zusammenpassten und einen Blick für die Feinheiten an den Zauberstäben wie Molly Weasley jedem voller Stolz berichtete. Das brachte Harry darauf, dass er ja einen neuen Zauberstab brauchte bevor er an seine alte Schule zurückkehren würde, seiner war ja zerstört worden. Es wurde also ein Einkaufsbummel in der Winkelgasse für einen der nächsten Tage beschlossen. Ron wollte sich dafür frei nehmen und auch Hermine wollten sie fragen, ob sie nicht mitkommen wolle.
Am vorletzten Augusttag machten sich also die drei Freunde auf den Weg in die Winkelgasse. Inzwischen war auch ein Brief aus Hogwarts eingetroffen. Es war nicht der übliche Brief wie Schüler ihn erhalten sondern eine offizielle Einladung nebst eines Portschlüssels in Form eines neuen Gryffindorschals, der ihn am 01. September pünktlich zum Festessen nach Hogwarts bringen würde.
Der Trubel in der Winkelgasse war für Harry eine willkommene Abwechslung zur Ruhe in den letzten Wochen. Im Krankenhaus hat man Aufregung von ihm ferngehalten und Molly Waesley sorgte auch im Fuchsbau dafür, dass Harry keinerlei Anstrengungen unternehmen musste.
Alle drei waren in ausgelassener Stimmung. Sie kehrten in der Magischen Menagerie ein, um ihre Vorräte an Eulenkekse für Pig und Hedwig aufzufüllen, holten bei Madam Malkins ein paar neue Umhänge – es musste für Harry ja nicht mehr die Hogwartsuniform sein -, gönnten sich einen leckeren Eisbecher bei Fortescue, schafften es mit hängen und würgen Hermine nach nur einer Stunde aus Flourish & Blotts zu schleifen (Harry hatte nach fünf Minuten alle Bücher die er brauchte) dafür konnte die Jungs bei Qualität für Quidditch rumtrödeln ohne das Hermine sie zum weitergehen antrieb. Schlussendlich fehlte nur noch Harrys neuer Zauberstab also machten sie noch bei Ollivanders halt.
Ginny begrüßte sie freudestrahlend, wurde jedoch gleich vom alten Ollivander durch die Regale gescheucht, um die verschiedensten Zauberstäbe aus den Regalen zu holen. Harry probierte jeden einzelnen durch und die Schachteln der erfolglos probierten Stäbe stapelten sich auf und mittlerweile auch schon neben dem Schreibtisch. Ron gähnte herzhaft was ihm ein Rippenstoß von Hermine einbrachte. Ollivander murmelte grübelnd vor sich hin. Harry wurde langsam nervös. Er erinnerte sich noch sehr gut wie er vor acht Jahren seinen alten Zauberstab von Ollivander gekauft hatte. Es dauerte schon einige Versuche bis er den richtigen gefunden hatte denn der Zauberstab sucht sich den Zauberer oder die Hexe aus und nicht umgekehrt aber er musste schon doppelt so viele Stäbe als damals probiert haben. „Mr. Ollivander" fragte Harry schließlich schüchtern nach „ähm … also ist es schon einmal vorgekommen … ich meine … was wenn sich keiner der Zauberstäbe für einen entscheidet?" Ron und Hermine blickten auf, sie hatten wohl dasselbe gedacht aber nicht gewagt, es auszusprechen. Ginny mit einem Stapel Schachteln auf dem Arm blieb stehen und sah ihren Lehrmeister fragend an. Ollivander blickte Harry geradewegs in die Augen „Mr. Potter so ein Fall ist meines Wissens nach noch nie aufgetreten. Ich bin mir sicher, es gibt auch für sie den passenden Zauberstab." Doch Harry entging nicht die Unsicherheit in Ollivanders Stimme.
Nach wie es schien Stunden hatte Harry alle Stäbe die es in Ollivanders Laden gab durchprobiert ohne Erfolg. Es gab nicht die geringste Reaktion – kein Kribbeln, kein Leuchten, kein einziger Funke aus der Spitze eines Stabes. Harry fühlte sich so niedergeschlagen wie noch nie in seinem Leben. Was war nur mit ihm los? Ollivander schüttelte unablässig den Kopf, so etwas hatte er noch nicht erlebt „Seit 382 v. C. ist dieses Geschäft nun schon im Besitz meiner Familie ... ich schreibe sofort einen Brief an Dumbledore!" Damit verschwand er in den hinteren Teil des Ladens. Hermine stellte unzählige Mutmaßungen an „Vielleicht bist du einfach noch nicht gesund genug oder du hast so etwas wie eine innere Blockade? Vielleicht ist auch nur nicht der richtige Stab dabei gewesen – Ollivander könnte dir einen Stab wie deinen letzten herstellen mit einer Schwanzfeder von Fhawkes, ich bin sicher das Dumbledore Fhawkes überreden kann, noch eine seiner Federn zu geben. Ich werde zu Hause gleich in ein paar meiner Bücher nachschauen." Doch Harry konnten Hermines Worte nicht wirklich trösten „Harry, du hast Ollivander gehört, es kam noch nie vor, dass ein Zauberer keinen Zauberstab gefunden hatte." meinte Ron „Du würdest … naja, der erste sein dem das passiert und …" meinte Ron schulterzuckend „Ja und das wäre auch nichts neues! Schließlich bin ich auch der erste und einzigste, der den schlimmsten aller Flüche überlebt hat, oder?" antwortete Harry gereizt zurück was ihm allerdings noch im selben Moment leid tat als er in Rons Gesicht blickte sein Freund konnte ja nichts dafür. „Ach laß uns zurück in den Fuchsbau gehen Ron!" sagte er und ging mit hängendem Kopf durch die Tür.
Die Geschäfte in der Winkelgasse waren bereits geschlossen und der Himmel verdunkelte sich langsam so spät war es bereits. Die drei verabschiedeten sich und Harry und Ron machten sich auf den Weg zum nächsten öffentlichen Kamin. Im Fuchsbau angekommen entschuldigte sich Harry vor dem Abendessen damit, dass er müde sei und sich hinlegen wolle. Ron erzählte seinen Eltern derweil was bei Ollivanders passiert war. Auch Mr. und Mrs. Weasley waren besorgt wegen dieser Tatsachen. Ein Zauberer der nicht zaubern kann wäre doch kein richtiger Zauberer mehr?
Ende Kapitel 4