Weltherscherchen: Danke für den Keks! Grins Ich mag Faramir auch, sehr sogar.
Leonel: Das mit Radagast war Zufall. Es war Faramirs Glück, dass Radagast gerade in dieser trostlosen Gegend weilte.
Aranwen: Danke! Und jetzt kommt das nächste Kapitel.
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Kapitel 5: Alatariel
Bereits am nächsten Mittag erreichten Faramir und Radagast die Emyn Muil. Ein düsteres Gebirge, das sich entlang des Anduin zog.
„Ich weiß einen geheimen Pass durch die Emyn Muil," erklärte der Zauberer. „Dort können wir uns bequem auf den Pferden fortbewegen."
Faramir war mehr als dankbar, dass Radagast ihn begleitete. In seiner Nähe fühlte er sich irgendwie sicher und geborgen. Im Wesen war er Gandalf sehr ähnlich. Sie unterhielten sich oft über ihn. Als sie die das Gebirge hinter sich gelassen hatten, erreichten sie die Braunen Lande. An einer Furt überquerten sie den Anduin und kamen auf die Ebene des Celebrant. Eine Woche hatten sie für diesen Abschnitt der Reise gebraucht. Als am Horizont die ersten Bäume des Goldenen Waldes zu sehen waren, zügelte Radagast plötzlich sein Pferd und hielt an.
„So, mein lieber Freund, ich muß Euch nun verlassen," meinte er zu Faramir.
Dieser sah ihn bedrückt an.
„Ihr kommt nicht mit nach Laurelindórenan?"
„Nein," sagte Radagast kopfschüttelnd. „Mir ist es nicht gestattet, den Goldenen Wald zu betreten. Und auch Ihr, Faramir, müsst sehr vorsichtig sein. Die Galadhrim wissen ihr kleines Reich gegen die Außenwelt zu schützen. Ich gebe Euch einen guten Rat: legt Euere Waffen am ersten Mallornbaum, den Ihr sichtet, nieder. Somit werden Euere friedlichen Absichten klar."
„Und wenn es niemand sieht?" fragte Faramir besorgt.
„Der Goldene Wald hat überall Augen," erwiderte Radagast lächelnd. „Man wird Euch auf jeden Fall sehen. So lebt nun wohl und grüßt mir meinen Vetter Gandalf, wenn Ihr ihn wieder seht."
Faramir nickte traurig.
„Ich danke Euch für alles, Radagast. Vielleicht sehen wir uns ja doch eines Tages wieder. Lebt nun auch wohl."
Der Zauberer winkte noch einmal zum Abschied, dann ritt er davon auf seiner braunen Stute. Faramir näherte sich nun langsam dem geheimnisvollen Wald. Er war aufgeregter, als er sich selbst eingestehen wollte. Als er die ersten Mallornbäume erblickte, uralte riesige Bäume mit goldenen Blättern, stieg er vom Pferd. Er legte den Schwertgürtel ab und seinen Dolch daneben. Dann holte er den großen Langbogen und den Köchern mit den grüngefiederten Pfeilen. Zweifelnd blickte er auf seine Waffen, die jetzt alle auf einem Haufen unter dem Baum lagen. Ohne Waffen kam er sich ungeschützt vor. Er stieg wieder bedächtig auf sein Pferd und ritt vorsichtig weiter, tiefer in den Goldenen Wald hinein. Die Luft war hier würziger und reiner als anderswo in Mittelerde. Er hatte keine Ahnung, wo denn nun die geheimnisvolle Stadt im Elbenwald war, in der Galadriel und ihr Gemahl Celeborn residierten. Plötzlich merkte er, dass er beobachtet wurde. Als erfahrener Waldläufer hatte er ein gutes Gespür für so etwas.
„Ist hier jemand?" fragte er laut in die Stille.
Und dann kamen sie, die Krieger der Frau Galadriel. Mit kunstvoll gearbeiteten Elbenbogen bewaffnet. Ein Dutzend Pfeile war auf Faramir gerichtet. Er saß auf seinen Pferd und rührte sich nicht von der Stelle. Die Krieger, die graue Kettenhemden trugen und alle weißblondes, langes Haar hatten, kamen langsam näher. Ein Elb, der offensichtlich ihr Hauptmann war, ließ seinen Bogen sinken, und stellte sich direkt vor Faramir hin.
„Was tut ein Sterblicher in Laurelindórenan?" fragte er arrogant.
„Ich bin Faramir von Gondor und bringe Botschaft von meinem Vater, dem Truchseß von Gondor," erwiderte Faramir, der sich nicht von den hochnäsigen Worten des Hauptmannes aus der Fassung bringen ließ.
Doch der Elb zeigte sich unbeeindruckt.
„Es ist nicht üblich, dass Menschen aus Gondor der Herrin des Waldes Botschaft bringen. Es wäre besser, Ihr würdet Laurelindórenan wieder verlassen."
Faramir schluckte, als er das hörte. Das konnte doch nicht der Ernst dieses Elben-Hauptmannes sein! Sollte die ganze beschwerliche Reise etwa umsonst gewesen sein?
„Wer seid Ihr, dass Ihr solche Befehle erteilen dürft?", fragte er schließlich vorsichtig.
„Das ist Haldir, der Hauptmann der Galadhrim," sagte plötzlich eine weibliche Stimme.
Faramir drehte sich um in die Richtung aus der die Stimme kam. Und dann sah er eine wunderschöne Elbenkriegerin, die – genau wie die Männer – ein graues Kettenkemd trug und mit einem Bogen bewaffnet war. Ihr Haar war genauso weißblond und lang wie das der anderen Krieger. Ihr Augen waren von so einem intensiven Blau, dass Faramir glaubte, in ihnen ertrinken zu müssen.
„Und wer seid Ihr, holde Elbenmaid?" flüsterte er kaum hörbar.
„Ich bin Alatariel, Belegs Tochter,"erwiderte die Elbenkriegerin stolz.
Faramir nickte lächelnd, dann wandte er sich wieder Haldir zu.
„Ich wäre Euch dankbar, wenn Ihr Frau Galadriel und Herrn Celeborn fragen würdet, ob meine Anwesenheit tatsächlich nicht gestattet ist."
Haldir war ein wenig erstaunt über die Hartnäckigkeit des jungen Menschen, der da vor ihm stand. Er unterhielt sich leise mit seinem Bruder Rumil, der neben ihm stand, auf Elbisch. Faramir verstand jedes Wort, denn er sprach perfekt Sindarin.
„Ihr könnt Euch auch ruhig an mich wenden, ich verstehe Euch."
Haldir verschlug es nun tatsächlich die Sprache.
„Es gibt nicht viele Menschen, die Sindarin sprechen," sagte er schließlich nach einer Weile. „Ich denke, es ist kein Fehler, Euch zu Frau Galadriel zu bringen. Steigt von Euerem Roß ab, Faramir von Gondor!"
Faramir stieg nun aufatmend von Flammenmähne. Alatariel ergriff die Zügel des Pferdes. Dabei berührten sich ihre und Faramirs Hände. Irritiert blickte die Elbin den Menschen an. Sie hatte noch nie in den 1200 Jahren ihres Lebens einen Menschen aus der Nähe gesehen. Seine Hand fühlte sich rau und schwielig an. Faramir sah sie ebenfalls an. Doch Alatariel blickte schnell weg. Sie musste sich eingestehen, dass ihr gefiel, was sie da sah, obwohl Faramir so anders aussah als ein Elb. Seine Haare waren von einer ungewöhnlichen roten Farbe und dann hatte er noch einen Bart. Sie hatte so etwas noch nie gesehen, da alle Elben bartlos waren. Alatariel verspürte den seltsamen Wunsch, sein Gesicht zu berühren.
Doch rasch verwarf sie ihre merkwürdigen Gedanken und nahm wieder Haltung an. Der kleine Zug setzte sich nun Bewegung. Links und rechts von Faramir gingen zwei Krieger, die ihre Hände am Schwertgriff hatten. Sie würden sofort zustoßen, falls sich der junge Gondorianer irgendwie verdächtig benahm. Faramir versuchte sie nicht zu beachten. Statt dessen bestaunte er die wundervollen Blumen, die im Wald wuchsen.
„Wir nennen diese Blumen Elanor und Niphredil," sagte Alatariel hinter ihm leise, die seine Blicke bemerkt hatte.
Faramir dreht sich um und lächelte sie an.
„Ich danke Euch. Diese Namen sind genauso wundervoll wie die Blumen, die sie tragen."
Alatariel nickte nur. Sie zeigte wieder eine selbstbeherrschte, undurchdringliche Miene, wie sie die Elben oft an den Tag legen.
Dann sahen sie den Hügel, auf dem die Stadt Caras Galadhon lag. Riesige Mallornbäume umgaben sie wie eine grüne Mauer. Die Elben von Caras Galadhon lebten auf den Bäumen. Zu ihren Wohnungen führten unzähligen Treppen hinauf. Verbunden waren die Bäume durch zahllose Hängebrücken. Unzählige Laternen blinkten in der Dunkelheit. Haldir führte Faramir zu einem grünen Palast, der auf einer Art Plattform in der Spitze des größten und stärksten Mallornbaum lag. Die Gesänge der Elben wehten durch die abendliche Stille. Die anderen Krieger verschwanden jetzt. Auch Alatariel. Nur Haldir blieb bei Faramir.
„Habt keine Angst, Frau Galadriel und Herr Celeborn werden jetzt zu Euch kommen," sagte er leise.
Dann wurde Faramir von einem Lichtschein geblendet. In diesem Licht wandelten zwei Gestalten. Sie kamen langsam näher und das Licht verblasste. Der junge Mann erkannte einen Elb und Elbenfrau. Beide wirkten jung und waren von strahlender Schönheit. Das Haar der Frau schimmerte golden, während der Mann weißblondes Haar wie die anderen Galadhrim hatte.
„Frau Galadriel und Herr Celeborn?" fragte Faramir schüchtern.
„Ja, die sind wir," sagte die Elbin mit einer glockenklaren Stimme.
Faramir verneigte sich und nannte seinen Namen.
„Ich weiß, wer du bist," erwiderte Frau Galadriel leise, aber gut verständlich. „Auch in deinen Adern fließt elbisches Blut. Das Blut einer uralten Rasse, die einst Dol Amroth besiedelte. Aber ansonsten bist du ein fast reinblütiger Numenórer. Du musst dich deiner Herkunft nicht schämen, Faramir von Gondor."
Faramir sah sie verlegen an und zog dann die Schriftrolle heraus, die ihm sein Vater mitgegeben hatte.
„Das soll ich Euch von meinem Vater überreichen. Ich weiß nicht, was für eine Botschaft diese Rolle enthält."
Galadriel lächelte entrückt.
„Ich weiß längst, was Fürst Denethor von mir will. Doch leider kann ich ihm nicht weiterhelfen. Ich werde die Schriftrolle an Heru weitergeben."
Faramir sah sie fragend an.
„Heru ist der älteste Elb, der hier in Lothlórien lebt," erklärte Galadriel weise. „Er ist sogar noch älter als ich und Celeborn. Er wurde bereits kurz nach Melkors Verbannung geboren. Du hast Glück, dass du ihn noch antriffst, denn bald wird er sich auf zu den Grauen Anfurten machen."
„Komm mit mir, Faramir von Gondor," sagte jetzt Celeborn.
Der junge Mann folgte dem Elbenfürsten zögernd. Sie verließen den grünen Palast wieder und gingen über mehrere Hängebrücken zu anderen besiedelten Bäumen. Schließlich kamen sie zu einem weiteren, schönen Baumgebäude. Sie gingen hinein. Celeborn lief voraus. Dort saß auf einem kunstvoll gearbeiteten Stuhl der Elb, von dem Galadriel gesprochen hatte. Sein Gesicht wirkte alterslos, doch in seinen Augen konnte man die Zeitalter, die er durchlebt hatte, erblicken. Sein Haar war silbrig-weiß und reichte ihm bis zur Hüfte.
Faramir verneigte sich vor dem alten Elb.
Celeborn beugte sich zu ihm hinunter.
„Ada, hier ist ein junger Mensch aus Gondor, der eine seltsame Botschaft bei sich trägt."
Heru streckte die Hand nach der Schriftrolle aus. Faramir gab sie ihm vorsichtig. Der alte Elb brach das Siegel auf und entrollte das Pergament.
„Ich habe lange nicht in der Schrift der Menschen gelesen," sagte er mit einer melodischen Stimme. „Gebt mir Zeit bis morgen früh, Fremder."
„Nehmt Euch die Zeit, die Ihr braucht, Heru," erwiderte Faramir demütig.
Zusammen mit Celeborn verließ nun der junge Mann wieder das Gebäude in den Bäumen.
Sie kehrten wieder zum Palast zurück, wo inzwischen ein Nachtmahl aufgetragen worden war.
Zu Faramirs Freude erschien auch Alatariel zum Essen. Sie trug jetzt ein hellgrünes, edel gearbeitetes Kleid und hatte ein Diadem auf dem Haar. Faramir konnte kaum den Blick von ihr lassen. Galadriel erzählte ihm, dass Alatariel ihre Pflegetochter war.
„Ihre Eltern wurden von den Orks getötet, als sie nach Bruchtal reisten. Damals war sie noch ein Kind. Seitdem lebt sie in meiner Obhut. Ihr größter Wunsch war es immer, Kriegerin zu werden, um sich eines Tages an den Orks rächen zu können."
„Doch inzwischen trachte ich nicht mehr nach Rache und Blut," fügte Alatariel weise hinzu. „Mein Ziel ist es, den Goldenen Wald auch weiterhin vor Eindringlingen zu schützen."
„Bin ich für Euch auch ein Eindringling?" fragte Faramir ein wenig herausfordernd. „Ich kam schließlich zu Euch als ungebetener Gast."
„Aber Ihr kamt in friedlicher Absicht," fügte Haldir hinzu, der neben Alatariel saß. „Wir haben gesehen, wie Ihr Euere Waffen am Rand des Waldes niederlegtet – eine Geste des Friedens."
