2. Kapitel: Aller Anfang ist schwer!
Thranduil saß in der großen Halle seines unterirdischen Palastes an einem reich gedeckten Tisch. Jedoch rührte er sein Essen kaum an, denn seine Gedanken schweiften immer wieder ab und verdarben ihm den Appetit. In letzter Zeit mehrten sich die Angriffe durch Orks, und bald schon, so schien es, würde seine Garde nicht mehr in der Lage sein, das Waldreich zu schützen. Er seufzte tief und nahm erneut das Stück Brot in die Hand, das er bereits vor einiger Zeit hatte essen wollen. Doch bevor er es zum Mund führen konnte, kam sein Gardemeister in die Halle geeilt mit einem leicht überraschten Gesichtsausdruck.
"Mein Herr", sagte er und verbeugte sich kurz.
"Was gibt es, Haltharon?" fragte Thranduil freundlich. Er hatte ohnehin keinen Hunger mehr.
"Gäste aus Imladris, mein Herr", antwortete der Elb, und der König Düsterwalds musterte ihn verwundert.
"Aus Imladris? Ist Legolas bei ihnen?" Doch Haltharon schüttelte nur den Kopf. Thranduil befürchtete bereits, seinem einzigen Sohn könne auf einem seiner Streifzüge etwas zugestoßen sein, und die Boten aus Imladris wären gekommen, um ihm die Nachricht zu überbringen. Haltharon musste seine Gedanken erraten haben, denn er winkte ab.
"Es ist Elrond persönlich." Nun war Thranduil wirklich überrascht. Er stand von seinem Stuhl auf und ging zum Ausgang und hinaus auf den lichten Platz vor seinem Palast. Mit Allem hätte er gerechnet, nur nicht mit diesem Besuch, doch tatsächlich - auf einem weißen Pferd saß der Herr von Bruchtal umgeben von einigen Gefolgsleuten. Der höfischen Ordnung halber begrüßte Thranduil ihn.
"Seid willkommen, Herr Elrond", sagte er etwas kühl, doch in seinem Kopf formte sich die Frage 'Was in Erus Namen tust du hier?'
Elrond hatte nicht mit der Überraschung der Anderen gerechnet, als er in den Hof geritten war. Er schien nicht erwartet worden zu sein, was ihn unruhig werden ließ. Doch einer von Thranduils Offizieren war mit den Worten verschwunden, er würde ihn anmelden.
Nun wartete er auf den König des Düsterwaldes, und eine dunkle Vorahnung beschlich sein Herz. Irgendetwas stimmte nicht, und Elrond wurde immer nervöser, je länger er wartete und die die Fragen der Höflinge beantwortete.
Groß, schlank und anmutig wie damals vor fast 3000 Jahren kam der Herr der Waldelben auf ihn zu, und Elronds Herz sank. Die Begrüßung seitens Thranduils fiel äußerst kühl aus, und Elrond war kurze Zeit sprachlos.
"Seid gegrüßt, Thranduil, Herr des Düsterwaldes. Ich kam Eurer Aufforderung so schnell nach, wie es mir möglich war." Innerlich wand sich Elrond bei diesen Worten, aber er wusste, dass es besser war, Thranduil das Gefühl zu geben, Herr über die Situation zu sein.
Thranduil warf Elrond einen verwirrten Blick zu. "Welche Aufforderung? Verzeiht, Herr Elrond, doch wovon sprecht Ihr?"
Nun war es an Elrond, verwirrt zu sein. "Ihr habt doch Euren Sohn geschickt mit einem Brief." Stirnrunzelnd zog er einen Umschlag mit dem Siegel von Thranduils Haus hervor.
Thranduils Stirn legte sich in immer tiefere Falten, doch sah es seinem Sohn ähnlich, mal wieder einen seiner Streiche zu spielen. Er ging auf Elrond zu und betrachtete den Umschlag. Es war in der Tat sein Siegel, und auch seine Handschrift war geschickt imitiert worden. Wäre Legolas bei der Gruppe dabei gewesen, so hätte Thranduil wahrscheinlich der Wunsch überkommen, seinen Sohn wie einen ungezogenen Elbling übers Knie zu legen. Die Situation war ihm äußerst unangenehm und peinlich. Wie sollte er dem Herrn von Bruchtal erklären, was geschehen war? Er räusperte sich und überlegte dann einige Augenblicke, um die richtigen Worte zu finden. "Das ist wahrhaftig mein Siegel, Herr Elrond, doch habe nicht ich diesen Brief geschrieben. Wenn Ihr mich ihn lesen lassen würdet, könnte ich Euch vielleicht sagen, wer der Verfasser ist, doch vermute ich, dass mein Sohn vermutlich der Urheber dieses Missverständnisses ist."
Mildes Erstaunen machte sich auf Elronds Zügen breit. Warum sollte Legolas so etwas tun? Er wusste, dass der junge Elb zu Späßen neigte, vielleicht nicht so extrem, wie seine beiden Söhne, so saß doch auch ihm der Schalk im Nacken. Doch der Brief hatte sehr dringlich geklungen, so als würde es wirklich ein Problem geben. Seufzend überreichte er Thranduil den Brief, nachdem er von seinem Pferd abgestiegen war.
"Ich kann es kaum glauben, dass Legolas einen Spaß mit uns getrieben hat. Er weiß, wie gefährlich es ist, zu reisen, und er weiß auch, dass ich daheim gebraucht werde." Kopfschüttelnd wartete er, bis Thranduil den Brief gelesen hatte
Als Thranduil den Brief zu Ende gelesen hatte, ballte er seine Hand automatisch zur Faust und zerknitterte das Papier. Was hatte Legolas sich dabei nun schon wieder gedacht? In dem Brief hatte er in seinem Namen um Hilfe gebeten. Thranduil biss sich auf die Unterlippe und wand sich dann an Elrond. "Ich muss Euch für die Streiche meines Sohnes um Verzeihung bitten. Es muss für Euch höchst unangenehm sein, diese weite Reise umsonst angetreten zu haben. Doch wo Ihr schon einmal hier seid, sollt Ihr wenigstens meine Gastfreundschaft genießen, so lange es Euch beliebt. Meine Diener werden Euch Eure Gemächer zeigen. Danach könnt Ihr und Eure Leute mit mir speisen. Ich bitte nochmals um Entschuldigung." Die Höflichkeit gebot es Thranduil, wenigstens dieses Angebot zu machen, doch wünschte er sich fast, Elrond würde auf der Stelle wieder abreisen. Er hatte wichtigere Dinge zu tun, als irgendwelche Gäste zu unterhalten, während die Orks seine Wälder heimsuchten.
Argwöhnisch betrachtete Elrond Thranduil. Er glaubte nicht, dass es wirklich umsonst war, und auch nicht, dass es sich wirklich nur um einen Streich gehandelt hatte. Der König des Düsterwaldes hatte dunkle Ringe unter seinen leuchtend grünen Augen, und auch das goldblonde Haar wirkte stumpfer als sonst. Elrond war bewusst, dass irgendetwas Thranduil belastete, und er hatte beschlossen, es herauszufinden, und, wenn nötig, zu helfen. Sicherlich hatte Legolas den Brief nicht als Scherz geschrieben.
"Ich danke Euch für Euer Angebot und werde es mit Freuden annehmen. Wir sind alle müde nach der Reise. Wir sehen uns dann zum Essen". Mit diesen Worten folgte er einem Diener, den Thranduil schon angewiesen hatte, ihnen die Gästezimmer zu zeigen. Ein Stein fiel von seinem Herzen, aus Thranduils Gegenwart verschwinden zu können. Er fragte sich, ob sie jemals wieder anders, als betont höflich und unterkühlt miteinander umgehen würden.
Thranduil sah dem Herrn von Bruchtal hinterher, als er in den Palast geführt wurde. Er hätte nur zu gerne gewusst, welche Absichten Legolas verfolgt hatte, und warum er ausrechnet in Imladris Hilfe gesucht hatte. Er hätte sich auch an Galadriel und Celeborn wenden können, wo er doch ohnehin viel häufiger in Lorien verkehrte, als in dem anderen Elbenreich. Doch selbst dies hätte Thranduil nicht gewollt. Er wollte nicht um Hilfe betteln, so lange es noch die Möglichkeit gab, allein mit der Situation fertig zu werden. Doch gab es sie überhaupt? Er seufzte, als er sich langsam wieder zu seinem Palast aufmachte. Elrond war bereitwillig hierher gereist, um ihm zu Hilfe zu kommen... Und das, nach all dem, was damals... Nein, er wollte nicht wieder darüber nachdenken. Er ließ sich in einem Sessel in seiner Halle nieder und nahm das Buch zur Hand, welches er zuvor bereits gelesen hatte. Doch die Zeilen schwammen vor seinen Augen dahin, als seine Gedanken zu der letzten großen Schlacht schweiften, bei der er Seite an Seite mit dem Halbelben gekämpft hatte.
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Vielen Danke für dein Review, Galu, ich hoffe, dir hat dieses zweite Kapitel auch gefallen ;) und fühl dich in den Boden geknuffelt. Ob die beiden einmal ein Liebespaar waren, verraten wir noch nicht… aber glaub mir, diesmal liegt die Lösung nicht so leicht auf der Hand, wie sonst ;). Der Plot ist schon älter… eigentlich ist die FF sogar schon älter als Die, die wir lieben, aber da Leandra keine Zeit mehr hatte zum schreiben, hat es länger gedauert, bis ich einen zweiten Mitschreiber gefunden habe ;).
An Alle anderen:
Wie würden uns sehr über Kommentare freuen, denn es wird doch einige wenige interessieren, denn zu diesem Thema gibt's im Deutschsprachigen doch noch gar nicht soviel ;).
