12. Can't make you love me, Bonnie Raitt

„Rory, Rory..."

Sie öffnete ihre Augen langsam. Er sah übermüdet aus. Er hatte dunkle Augenringe.

„Du müsstest fahren"

Erst jetzt bemerkte sie dass sie standen, an einer dunklen Landstraße. Sie richtete sich auf, und sah dass Jess ihre Hand noch immer hielt, und mit seinen Finger streichelte. Gehörte sie jetzt zu ihm?

Jess' Herz explodierte fast, er wollte sie küssen. Aber richtig, nur diesen scherzhaften Kuss in Motel. Sie sah noch so verschlafen, aber so schön aus. Ihre Haare hatten unten leichte Locken. Er konnte noch immer nicht glauben das dieses Wesen mit ihm mitgekommen ist. Sie gehörte jetzt ihm, und niemand, niemand würde sie auch nur anfassen dürfen.

Er beugte sich über sie. Er war ihr so nah, er legte seine Hand auf ihre Hüften, und sie ihre auf seinen Rücken.

Beide haben so lange darauf gewartet. Er schloß seine Augen, sie sah ihn noch kurz an, bis auch ihre Lieder zusammenfielen, und ihre Lippen sich fanden. Es war ein zärtlicher Kuss, erforschend doch zurückhaltend. Sie roch noch immer nach Erdbeeren. Er kam immer näher und lag fast auf ihr, seine Küsse wurden leidenschaftlicher und sie konnte ihm nicht mehr standhalten. Er fuhr mit seiner Hand zu ihrem Oberschenkel... Plötzlich stieß sie in weg.

„Jess, nein..." sie setzt sich wieder auf.
„Tut mir Leid, es ist nur..." er schlug leicht auf das Lenkrad.

Sie spürte wie ihre Lippen aufquollen, wie sich ihre Augen mit Tränen füllten, sie wollte nicht dass er sie angriff oder küsste, nicht jetzt, noch nicht.
„Rory, es ist so verdammt hart! Du lagst die ganze Nacht neben mir und ich konnte mich nicht einmal rühren, tut mir Leid, ich wollte dir nicht wehtun, ich würde dir nie wehtun, nie!"

Sie musste raus. Es wurde zu laut und heiß.

„Rory verdammt, renn da draußen nicht herum"

Und sie rannte nach vorne, immer geradeaus, ihr war egal dass er Angst hatte. Sie hatte mehr Angst gehabt vor ein paar Sekunden...

Sie lief und lief. Er stieg aus dem Wagen und wollte ihr nachrufen. Doch es kam ein Wagen, die Straße war sonst leer, und es hielt vor Rory an.

Wer zum Teufel waren sie? Zwei Männer stiegen aus, Rory ging rückwärts zum Auto. Sie drehte sich dauernd um nach Jess, wo war er bloß? Einer nahm sie an der Hand, der andere hielt sie von hinten fest. Sie fassten sie überall an.

Adrenalin, Tonnen flossen durch Jess' Körper. Er war noch nie so wütend, noch nie so voller Aggressivität. Er stieg wieder in den Wagen. Er grief unter den Sitz. Verdammt, wo war sie? Er hatte sie. Seine Waffe. Eine 45. Er würde sie töten.

Er ging zu ihr, er rannte, diese A.rschlö.cher können sich auf was gefasst machen.

Solche Wut hat er noch nie gespürt, er würde alles für sie tun. Er wird sie erschießen. Wie fühlt es sich wohl ein Mörder zu sein.

Sie schrie, sie schrie so laut sie konnte. Er drehte sich um. Kein Wagen kam, kein Mensch war in der Nähe. Sie sah zu ihm, sie weinte.

Jess' sah in ihren Augen die Angst und die Verzweiflung, das Flehen, warum gerade ihr so etwas passieren müsste. Er würde sie retten.

Die Männer lachten und griffen ihr unter ihren Rock. Jess ging schneller. Er nahm die Waffe, ladete sie... Die Männer sahen ihn und ließen Rory los.

„Verdammt Alter, wir haben sie schon los gelassen..." rief einer. Beide hoben die Arme. Rory fiel auf den Rücken, er half ihr auf. „Jess, nicht... lass uns gehen..." sie flehte.

„Nein" er war laut.

Er hasste es wen man ihm sagte was er tun soll.

Sie waren im mitten von nichts. Woher hatte er die Waffe? Sie heulte sich die Seele aus dem Leib, „oh Gott!", sie rief und zog und Jess an der Hand. Alles schien in Zeitlupe. Er schrie sie an.

„Renn in den Wagen..."

Aufeinmal sahen die Männer so hilflos aus, fand Rory.

„Rory verdammt dreh dich um" er wollte nicht dass sie es sah.

Sie rannte zurück zum Wagen, sie hörte ihren Atem und ihre Schritte, dann auf einmal, Schüsse. Einen, zwei, drei... Drei Schüsse nacheinander. Sie schrie, fiel auf den Boden. Sie konnte sich nicht mehr bewegen. Sie fühlte sich wie ein Stein. Es kamen Schritte von hinten, er hob sie auf und schmiss sie förmlich in den Wagen. Jess fuhr schnell los. Rory drehte sich weg, sie konnte nicht hinschauen, zu den Männern, sie blickte auf ihren Schoß. Ihre Füße und ihr Rock waren ganz schmutzig. Jess schwieg, er legte die Waffe zurück unter den Sitz.

„Jess, sind sie tot?"
„Keine Ahnung"
„Jess..."

Er schrie los. „Verdammt Rory halt endlich die Klappe!"

Sie schaut nach draußen, doch ihr Blick war abgelenkt, man sagte dass der Mensch einen Teil seiner Seele verlor wenn er einen anderen Menschen tötet. Sie wollte Jess nichts so lange ansehen um zu merken ob ihm ein Stück seiner selbst fehlte. Sie weinte noch immer, Tränen liefen ihr Gesicht herunter doch sie schluchzte nicht. Man hätte es kaum gemerkt. Das Radio war aus. Jeder Song der auch nur laufen würde, wäre für alle Zeit verdammt.

Sie schwiegen Stunden, bis...

„Ich muss die Waffe loswerden..."

Sie nickte.

„Es gibt einen Stausee in der Nähe, dort kann ich sie..."
„Ok."
„Gut."

Er war ihr fremd. Er hätte sie beschützen können aber er hätte niemanden ermorden müssen. Sie füllte sich so schmutzig, niemand hatte sie jemals dort berührt wo diese Männer ihre Hände hatten.

Kein schlechtes Gewissen plagte ihn, denn er kannte diese Art Männer, doch Rory sollte das nie erfahren. Das Solche seine Mutter mal auf der Straße schlugen, nur weil sie das Geld nicht bezahlen wollte. Solche Männer waren hier bekannt, sie vergewaltigten Frauen und Mädchen. Und Jess wollte nicht das sie dasselbe Rory antun. Doch er würde ihr diese Geschichte nie erzählen können. Nie.

Sie hielten an, die Straßen schienen ihr schon seit Ewigkeiten leer. Auch auf dieser fuhr niemand in dieser sternenklaren Nacht. Sie stiegen aus, er nahm die Waffe. Es war eine Brücke über dem Stausee, das Wasser war schwarz und glänzte, es bewegte sich kaum, wie ein Lacke voll Öl.

Jess sah die Waffe an, und holte aus und schmiss sie in das ewig dunkle unbewegte Wasser.

„Woher hattest du die Waffe?"
„Gestohlen"
„Gestohlen?" er schockte sie immer wieder aufs neue. „ Verdammt Jess!"
„Du glaubst ich fahre die Ostküste hin und her ohne irgendetwas mitzuhaben mit dem ich uns verteidigen könnte?"

Sie schrieen sich gegenseitig an.

„Eine gestohlene Waffe? Hätte ein Messer nicht gereicht? Und für was wolltest du dass ich mitkomme? Du fährst sowieso diesem Typen sein Päckchen durch die Gegend..."
„Damit wir die Fahrt über Geld haben, Rory! Ich bekomme 2000 Dollar in Miami!"
„Du hättest nicht schießen dürfen..."

Sie wurden leiser.

„Rory, er hätte sonst was gemacht." Jess musste einfach wieder lauter werden.

„Du weißt nicht wie sich das anfühlt..." eine einzelne Träne lief über sein Gesicht. „...wenn du jemanden so verdammt liebst dass es so sehr weh tut, wenn du nur daran denkst dass ein anderer sie berührt, und wenn sie es dann noch nicht will. Als ich dich das erste Mal gesehen habe, war es... Ich habe mir so gewünscht dass du nur an mich denkst, und als du mich geküsst hast..." seine Stimme beruhigte sich „...dass du mitkommen wolltest... du kannst es nicht verstehen..." er schüttelte seinen Kopf, presste seine Lippen zusammen.

Es war wie im Traum, das unbewegte Wasser. Alles was er gerade für sie getan hat, und er hat ihr gesagt dass er sie liebt.

Er liebte sie.

Sie konnte ihn nur ansehen, nichts sagen.

„Wir müssen hier weg..."

Sie stiegen in den Wagen. Kein Wort verloren sie während der Fahrt. Alles war so surreal. . . Ihr wurde klar dass sie ihn nicht kannte, nicht auf diese Weise. Einzig und alleine die Musik sie ablenken.

Cause I can't make you love me
if you don't
You can't make your heart feel
something it won't
Here in the dark
in these final hours
I will lay down my heart
And I'll feel the power
but you won't
No, you won't
Cause I can't make you love me
if you don't

Die Nacht verging schlaflos für beide. Der Morgen brach an.
„Jess..." sie schlatete das Radio lauter „...die Nachrichten"