Disclaimer: Alles gehört Tolkien und ich besitze leider keinen Krümel, womit ich Geld machen könnte.

Anm: Eins meiner ersten Ficlets, und Reviewen wird auch nicht mehr mit dem Tode bestraft, also scheut euch nicht, euren Senf dazu zu geben! hoff


Gedanken eines Vaters

Da geht sie dahin, meine kleine Tochter.

Ich bin nicht mehr verbittert über ihre Wahl. Dass sie ihn gewählt hat und nicht mich.

Sie soll glücklich sein im Leben.

Und wenn das heißt, dass ich sie aufgeben muss bis über das Ende der Welt hinaus, dann soll es wohl so sein.

Fast hätte ich sie vor der Zeit verloren. Und nicht nur ich.

Auch er, in dessen Armen sie jetzt liegt, hat wohl nicht mehr an ein gemeinsames Leben mit ihr geglaubt.

Es ist verrückt, aber wenn ich ihn so groß und als König sehe, habe ich noch immer den kleinen Fünfjährigen vor Augen, wie er mich an meiner Robe gezupft hat, als ich ihm Geschichten aus längst vergangenen Tagen erzählen sollte.

Das ist wohl das Schicksal aller Eltern: Den Moment zu erleben, an dem ihre Kinder erwachsen geworden sind und sich in die große weite Welt hinauswagen, und zu wissen, nichts dagegen tun zu können.

Und sich schließlich damit abfinden zu müssen.

Oh, aber es war die richtige Entscheidung.

Sie sehen beide so glücklich aus, dass mein Herz fast zerspringt.

Und er ist wirklich jeden Zoll ein König.

Gab es Zeiten, da wir beide an ihm zweifelten? Er wohl stärker als ich...

Naja, meine Ansicht ist, dass ein wahrer Held wohl Selbstzweifel haben muss, die er zu besiegen hat. Das macht ihn sympathischer.

Königin der Westlande... meine Kleine hat es wirklich zu etwas gebracht.

Ich bin so stolz auf sie.

Nicht nur, weil sie sich von ihrem sturen Vater lösen konnte, sondern auch wegen allem anderen.

Sie hat ihren Teil zur Erhaltung dieser Welt beigetragen, indem sie ihm jahrelang Mut und Zuversicht schenkte, und vor allem, als sie den Ringträger vor den Nazgûls rettete.

Schade, dass das nicht wirklich gewürdigt wird.

Zusammen mit allen anderen auf diesem Platz folge ich dem Beispiel unseres neuen Königs und verbeuge mich vor den Hobbits.

x-x-x

Ich hatte mir diesen Tag immer mit meiner Tochter vorgestellt. Heute früh haben wir noch miteinander gesprochen; sie ist extra aus Minas Tirith hierher gereist um einen Abschied zu nehmen, der über alle Zeitalter hin ewig andauern wird.

Entgegen aller Erwartungen haben wir kaum Worte gefunden. Alles, was wir uns noch zu sagen hatten, war gesagt.

Dann hatte sie aber doch eine Neuigkeit, und ich bin froh, dass sie es mir noch gesagt hat. Schade, dass ich mein Großvaterdasein nicht mehr genießen kann.

Außerdem soll ichihre Mutter grüßen, die sie nie wieder erblicken wird.

Und so stehe ich jetzt hier, an den grauen Anfurten, und sehe die fünf Hobbits mit Gandalf die Stufen herunterkommen. Cirdan neben mir gibt ein staunendes Geräusch von sich. „Diese kleinen Wesen sollen die Welt gerettet haben?" „Nicht alle", antworte ich. „Bilbo, der alte Hobbit, war daran nur indirekt beteiligt." „So etwas traut man ihnen auf den ersten Blick gar nicht zu, nicht wahr?", sagt Galadriel, die Dritte im Bunde.

Ich geleite Bilbo auf das Schiff; von dort aus beobachten wir, wie Frodo sich von seinen Freunden verabschiedet. Mir kommen die Tränen, als ich die Fassungslosigkeit auf ihren Gesichtern lesen kann, und ich weiß, wie ihnen nun zumute ist.

Frodo kommt mit Gandalf auf das Schiff, und sieht sich noch einmal um. Er lächelt seinen Freunden zu.

Inzwischen suche ich mit den Augen das übrige Ufer ab. Ich weiß, dass ich irgendwo meine Tochter entdecken werde. Und ich täusche mich nicht.

Sie hebt langsam die Hand, Tränen laufen ihr über ein Lächeln, das ich nun zum letzten Mal sehe.

Dann fährt das Schiff los.

Zusammen mit Frodo stehe ich am Heck und blicke zu meinem bisherigen Leben zurück.

Irgendwann, verschwinden Mittelerdes Küsten hinter dem Horizont.