Blinde Eile
Marceline, eine Nichte von Alejandro lebte seit mehreren Wochen
bei den de La Vegas. Seit einiger Zeit arbeitete sie in der Mission Los
Angeles als Lehrerin. An diesem Morgen verabschiedete sie sich von Diego
und Alejandro. Dann fuhr sie mit dem Wagen zum Pueblo. Gegen Mittag wurde
die junge Frau von ihrem Onkel abgeholt. Nach einem Essen in der Taverne
bei Victoria, begaben sich die de La Vegas auf dem Heimweg. Sie hatten
die Hazienda noch nicht erreicht, als ein Vaquero aufgeregt entgegen kam.
Don Alejandro stoppte den Wagen und wollte wissen was geschehen war.
Der Vaquero antworte:" Banditen haben zwei Pferde aus der südlichen
Koppel gestohlen. Sie reiten auf die Sierrahügel zu."
" Werden sie verfolgt?", fragte der Haziendero.
" Ich war allein. Gerade wollte ich zur Hazienda um Hilfe zu holen."
"Gut. Kümmert euch um die Senorita." Damit gab er die Zügel
der Wagenpferde an den Diener und schwang sich auf das Pferd des Vaquero.
Im nächsten Moment ritt er zur Hazienda. Marceline folgte ihm etwas
langsamer im Wagen.
Don Alejandro eilte in die Eingangshalle. Hier spielte Diego
gerade eine neue Komposition auf dem Klavier. Von seinem Vater erfuhr er
das Geschehen. Diego sagte:" Vater reitet ins Pueblo und berichtet
dem Alcalde."
Alejandro sah seinen Sohn verständnislos an." Ins Pueblo?", fragte
der Vater. " Wir müssen den Banditen nach. Es dauert, bevor die Soldaten
hier sind und wir verlieren wertvolle Zeit."
Diego, der darauf brannte Zorros Kleidung anzulegen und den Banditen
hinterher zureiten, hatte auf die Worte seines Vater keine Antwort. Er
versuchte noch einmal Alejandro zum Alcalde zu schicken. Es war der Moment
als Marceline das Haus betrat.
"Vater die Banditen sind gefährlich. Du hast doch gehört
das sie versuchten den Vaquero zu töten."
Alejandro der genug von Diegos Ausreden hatte, unterbrach seinen Sohn:"
Diego worauf wartest du noch oder muss ich annehmen das mein Sohn ein Feigling
ist. Du hast nur diese Spielereien, die du Experimente nennst, das Malen
und das Klavier im Kopf. Manchmal frage ich mich wirklich ob du mein Sohn
bist." In dem Moment als er es sagte, bereute Alejandro es schon. Doch
es war bereits zu spät.
Diego warf Marceline einen Blick zu, stürmte an Alejandro und
seiner Cousine vorbei. Dabei hatte er einen Degen und die Pistole vom Tisch
mitgenommen. Er sprang auf das Pferd des Vaquero und ritt nach Süden
davon. Da es das einzige gesattelte Pferd war, verlor Alejandro wertvolle
Zeit.
Marceline kannte Diego gut und wusste wie sehr Alejandro's Worte den
Cousin verletzt hatten. Da sie sich um Diego sorgte, konnte Alejandro die
junge Frau nicht davon abhalten mit zureiten. Sie waren noch nicht einmal
drei Meilen vom Haus entfernt als ein Schuss viel. Besorgt trieben sie
die Pferde zur Eile an, da gleich darauf ein zweiter Schuss zu hören
war.
Eigentlich hatte Diego vorgehabt, Zorros Höhle durch den
anderen Eingang zu betreten. Er ritt einen Bogen um Alejandro abzuschütteln,
falls er ihm gefolgt war. Da tauchten vor dem Cabellero mehrere Reiter
auf. In ihrer Mitte entdeckte Diego seine Freundin Victoria und die beiden
Pferde seines Vaters. Bevor er irgend etwas unternehmen konnte fiel ein
Schuss und tötete sein Pferd. Diego stürzte und schlug mit dem
Kopf auf. Er wurde ohnmächtig.
Marceline und Alejandro fanden kurz darauf nur das tote Pferd
und viele Spuren. Alejandro hatte das Gefühl eine Faust würde
nach seinem Herz greifen und es in seinen eisigen Klauen halten. " Verdammt.
Es sind zu viele", rief Alejandro nachdem er die Spuren betrachtet hatte.
Zu Marceline gewandt:" Reiten wir ins Pueblo und holen die Soldaten."
Gleich darauf war er wieder aufgestiegen und lenkte sein Pferd Richtung
Los Angeles. Marceline hatte die Spuren ebenfalls betrachtet und ihre eigenen
Schlüsse gezogen. Ihr Entschluss stand fest. Sie wollte etwas unternehmen.
Trotzdem folgte sie ihrem Onkel.
Der Alcalde war gerade von einem Ausritt zurückkehrt und
wollte sein Amtszimmer betreten. Alejandro und Marceline hielten ihn auf.
Luis Ramon, war sehr ungehalten über die Störung, durch die de
La Vegas. Bevor er jedoch etwas sagen konnte stürmte Sergeant Mendoza
herbei und rief:" Die Taverne. Man hat die Taverne überfallen."
Alejandro wandte sich an den Sergeant und sagte:" Beruhigt euch erst
einmal Mendoza und erzählt dann."
Der Soldat holte tief Luft und begann:" Ich wollte gerade in die Taverne
um einen kleinen Nachmittagsimbiss einzunehmen, als ich das Chaos sah.
Bänke waren umgeworfen, Flaschen zertrümmert und von Victoria
keine Spur."
Ramon wollte die Sache nicht weiter beachten und betrat seine Amtsstube.
Auf einmal brüllte der Alcalde:
" Mendoza."
Der Sergeant, Don de La Vega und Marceline betraten den Raum. Offenbar
hatten die Banditen auch vor der Garnison nicht halt gemacht. Man hatte
den Alcalden ebenfalls bestohlen.
Alejandro bemerkte:" Jetzt haben sie nicht nur Diego und vermutlich
Victoria, sondern unsere Steuern. Was wollen sie tun Senior Ramon."
Zum Sergeant gewandt im Befehlston sagte der Alcalde:" Sammelt die
Männer. Wir folgen den Banditen und räuchern ihr Versteck aus."
" Si, My Alcalde, "Mendoza stimmte unbehaglich zu, und begann seine
Männer einzusammeln.
Marceline beobachtete mit bangen, die Soldaten als sie davon
ritten. Sie hörte noch wie Alejandro warnend gelobte:" Wenn mein Sohn
oder Victoria verletzt werden, Ramon, mache ich sie persönlich verantwortlich."
Der Alcalde streichelte seinen Schnurrbart und ein Lächeln entstand
auf seine Lippen. " Ich hoffe das ist keine Drohung gewesen, de la Vega."
Marceline kehrte auf die Hazienda zurück. Hier traf sie
auf den aufgeregten Felippe. Er gestikulierte wie wild. Es dauerte eine
Weile bis Marceline verstand. Die Banditen waren in einem Tal. So viel
wie der junge Bursche herausfinden konnte ging es den Geiseln gut.
Die junge Frau kleidete sich um und dann ritt sie los. Gleich nachdem
Marceline fort war handelte auch der Junge. Er ging zum Kamin und betätigte
einen verborgenen Knopf. Dann schlüpfte er durch den Spalt in der
Wand. Hinter ihm schloss sich die Wand wieder und Felippe eilte einige
Stufen hinab. Hier unten sattelte er Zorros Pferd, packte seine Sachen
in die Satteltasche und verließ die Höhle durch den natürlichen
Eingang.
Als Diego wieder zu sich kam war es bereits dunkel. Die Banditen
hatte in einem kleinen Tal Rast gemacht. Nur wenige Meter entfernt lag
Victoria an Händen und Füßen gefesselt. Diego erging es
Ebenso. Man hatte ihn wohl gerade vom Pferd genommen und war gerade dabei
seine Füße zu binden. Dann ging der Bandit zum Feuer. Diego
rief leise Victorias Namen.
Die Angesprochene drehte sich um und antwortete:" Ich dachte schon
man hat euch getötet, Diego."
" Viel hat nicht gefehlt. Außer Kopfschmerzen und einer kleinen
Beule, geht es mir gut. Ich hoffe nur sie töten uns nicht."
" Zorro wird rechtzeitig hier sein und uns befreien." flüsterte
Victoria beruhigend.
Diego wollte darauf etwas erwidern wurde aber mit dem Fuß angestoßen.
" Hier wird nicht gesprochen!"
Es war einer der Wachen die ums Lager patrouillierten. Sobald die Wache
fort war, bewegte sich Diego. Er versuchte näher an Victoria zu kommen.
Sein Vorhaben wurde jedoch vereitelt. Am Feuer stand ein Mann auf und näherte
sich den beiden Gefangenen. Trotz, das dieser Mann ein Bandit war, hatte
er ein gepflegtes Äußeres. Die Kleidung war sauber und die Stiefel
glänzten, wie frisch poliert. Offenbar hatte dieser Mann eine ausgezeichnete
Bildung genossen. Diego merkte es sofort an der Aussprache.
" Senior und Senorita. Ich hoffe sie verzeihen mir die Unannehmlichkeiten.
Ich fürchte nur, wenn man ihnen die Fesseln abnimmt, werden sie versuchen
zu fliehen. Das will ich auf jeden Fall verhindern. Als Geiseln sind sie
mir zu wertvoll."
Victoria zischte als Antwort:" Warten sie nur bis Zorro auftaucht."
Der Mann stieß ein kurzes höhnisches Lachen aus.
" Vor Zorro fürchte ich mich noch lange nicht.", entgegnete der
Bandit.
Diego blieb die ganze Zeit über ruhig. Er versuchte den Mann einzuschätzen.
Bevor der Mann sich abwandte sagte er noch:" Kurz nach Mitternacht
werden wir aufbrechen. Dadurch bekommen wir einen kleinen Vorsprung vor
den Soldaten die uns folgen."
Gleich darauf saß der Mann wieder am Feuer und unterhielt sich
mit seinen Kumpanen. Diego hatte inzwischen genug Zeit gehabt sich umzusehen.
Langsam entwickelte er in Gedanken einen Plan. Da die Wache gerade außer
Hörweite war wollte Diego wissen wie Victoria in die Fänge der
Banditen geraten war.
So erfuhr Diego:
" In Los Angeles herrschte gerade Siesta und die Menschen waren in
ihren Häusern. In der Garnison waren zum Zeitpunkt des Überfalls
kaum Soldaten. Die meisten waren mit dem Alcalde seit dem frühen Morgen
unterwegs. Als alles ruhig war, haben sich einige Banditen in das Pueblo
geschlichen und die Steuergelder aus der Amtsstube des Alcalden geraubt.
Auf dem Rückweg ist ihnen Victoria fast in die Arme gelaufen. Sie
war in ihre Taverne geflüchtet und dort hat sie sich heftig gewehrt.
Jeder Wiederstand war zwecklos. Am Ende wurde die junge Frau überwältigt
und mitgenommen.
Nachdem Diego Victorias Bericht gehört hatte sagte er:"
Es war nicht eure Schuld. Wir werden aus der Misere herauskommen." Nachdem
der junge Mann einige seltsame Verrenkungen gemacht hat, fuhr er fort:"
Wenn ich nur meine Hand frei bekäme."
Er wurde von Victoria unterbrochen:" Diego. Vorsicht!"
Gerade näherte sich eine der Wachen. Die beiden Gefangenen stellten
sich schlafend. Plötzlich flüsterte eine Stimme zwischen beiden:"
Bewegt euch nicht."
Überrascht rief Diego leise:" Marceline."
" Pst." antwortete die junge Frau. " Wartet bis ich fort bin. Dann
versucht zu fliehen. Hinter dem Hügel findet ihr zwei Pferde."
Danach merkte Diego wie seine Fesseln durchtrennt wurden. Das gleiche
tat Marceline bei Victoria.
Nach einem: " Viel Glück.", verschwand die junge Frau, genauso
leise wie sie gekommen war. Vom Talrand, außerhalb der Patrouillierenden
Wachen beobachtete Marceline, das weitere Geschehen. Am Taleingang ertönten
plötzlich Schüsse. Das war Felippe, er wollte die Banditen ablenken
damit die beiden Gefangenen fliehen konnten. Unterwegs war Marceline auf
den Jungen gestoßen und gemeinsam haben die beiden dann einen Plan
ausgearbeitet. Bis jetzt lief alles gut. Die junge Frau beobachtete, wie
mehrere Banditen tatsächlich zum Eingang des Tales liefen. Währenddessen
schlichen sich Diego und Victoria davon. Gerade als der Ruf: " Die Gefangenen
entfliehen." erscholl, fand man Felippe. Man hatte ihn umzingelt. Seine
Lage war aussichtslos. Mit Bangen hatte Marceline beobachtet wie Felippe
in Gefahr geriet. Da sie sah, das Victoria und Diego in Sicherheit waren,
handelte die junge Frau. Sie zog ihren Degen und sprang mitten unter die
Banditen. Überrascht durch das auftauchen der Frau gerieten die Banditen
durcheinander. Gleich darauf war Felippe verschwunden. Es gelang Marceline
zwei der Banditen zu verwunden und zu entwaffnen. Dann stand sie dem Anführer
gegenüber. Für ihn war es ein leichtes der jungen Frau den Degen
zu entreißen. Der Bandit lächelte die junge schöne Frau
an, während einer seiner Männer ihr Fesseln anlegte. Der Anführer
zog seinen Handschuh aus und strich über Marcelines Wange.
" Ihr seid wirklich eine Schönheit. Ihr seid bestimmt viel mehr
wert als die beiden anderen."
Weiter kam er nicht. Schmerzlich zuckte seine Hand zurück. Marceline
hatte den Luftzug gespürt. Eine Peitsche.
" Zorro.", dachte die junge Frau. Da ertönte die Stimme des Maskierten.
" Nehmt eure dreckigen Finger weg. Diese Frau ist viel zu schade für
euch."
Als Antwort zog der Bandit einfach seinen Degen und griff den Maskierten
an. Als die anderen Banditen heran stürmten wurden einige durch die
Peitsche außer Gefecht gesetzt. Marceline, die inzwischen von Zorro
befreit worden war, nahm ihren Degen wieder auf und half ihrem Retter.
Es dauerte nicht lange und die sieben Banditen lagen ohnmächtig oder
verwundet am Boden. Einige gaben freiwillig auf. Nachdem alle gefesselt
waren verabschiedete sich Zorro mit einem Kopfnicken von der jungen Frau
und verschwand.
Victoria und Diego waren am Talausgang stehen geblieben und
schauten zurück. Sie sahen wie Marceline Felippe geholfen hatte. Gleich
darauf tauchte der Junge bei ihnen auf. Hinter dem Rücken von Victoria
machte Felippe ein "Z" und deutete nach Norden. Diego verstand. Er bat
Felippe Victoria in ein kleines Seitental zu führen und zu warten
bis er kommen würde. Er selbst wollte sehen was mit Marceline passierte.
Nachdem die beiden außer Sichtweite waren, lief der junge Mann nach
Norden. Kurz danach tauchte Zorro im Tal auf und befreite Marceline.
Nachdem alles vorbei war, lief Diego zu dem kleinen Seitental
um Felippe und Victoria zu holen. Als die drei zurück in das andere
Tal kamen, sah Victoria das 'Z' in der Kleidung des Anführers.
Die junge Frau war etwas enttäuscht, das Zorro hier war und sie
ihn nicht gesehen hatte. Da kam Marceline und verabschiedete sich. Sie
ritt wieder zurück zur Hazienda. Sie wollte nicht das Alejandro von
ihrem Abenteuer erfuhr. Dabei vergaß sie aber das Victoria alles
erzählen würde.
Als am nächsten Morgen, Alejandro, Luis Ramon und die
Soldaten ins Tal geritten kamen fanden sie die Banditen gefesselt vor.
Diego, Victoria und Felippe waren wohlauf.
Ramon betrachtete den Anführer und sagte:" Pedro Valdez. Ihr habt
ja nicht viel dazu gelernt. Nicht einmal zwei Monate und ihr landet wieder
hinter Gittern."
Der Bandit spuckte vor dem Alcalden aus und antwortete:" Das ist bestimmt
nicht euer Verdienst Ramon. Wenn Zorro nicht gewesen wäre, wären
wir über alle Berge."
Verächtlich knirschte der Alcalde:" Zorro. Eines Tages leistet
er euch Gesellschaft." Zu Mendoza gewandt:" Bringt ihn ins Gefängnis."
Während Valdez fortgeführt wurde, rief dieser noch:" Ich
komme zurück."
Während das Gespräch zwischen Valdez und Ramon stattfand,
war Alejandro zu Diego getreten. Der Vater sagte:" Es tut mir leid, was
ich gestern zu dir gesagt habe."
Diego lächelte und antwortete:" Ist schon gut Vater."
" Ich bin sehr stolz auf dich.", sagte Alejandro. Mit einem lächeln
fügte er noch hinzu:" Allerdings auch auf Marceline und ebenfalls
auf Felippe. Victoria hat mir alles erzählt. "
Nun mußte auch Diego lächeln und dann umarmten sich beide.
Ende
© 29.06.2001
