2 – Von Reporterinnen und Hexen

Herr Tierlieb hatte für seine Gäste ein Picknick auf der schönen grünen Zoowiese vorbereitet, wo sich gerade alle einfanden.

Inzwischen war auch der Zoowärter Karl zu ihnen gestoßen, der Harry, im Gegensatz zu seinem Chef, äußerst sympathisch war.

„Schlagt zu", nuschelte Benjamin, der bereits dabei war sich Zuckerstückchen mit dem Rüssel in das Maul zu befördern.

„Hattet ihr denn eine angenehme Reise?", fragte Karl, mit einem genervten Blick auf den schmatzenden Elefanten.

„So angenehm es eben sein kann mit Floh-Pulver zu reisen", antwortete Hermine und bediente sich an der großen Schüssel voller Kartoffel-Salat.

„Floh-Puder?", fragte Karl Stirn runzelnd.

„Seit ihr denn nicht mit eurem Kartoffelbrei gekommen?", fügte der kleine Otto hinzu.

„Kartoffelbrei?", fragte Ron, schaute jedoch dabei, wie schon die ganze Zeit, wie gebannt auf Benjamin, der sich noch immer ohne Unterlass Zuckerstückchen in sein großes Maul stopfte.

„Na, euer Besen", antwortete Otto.

„Die scheinen sie irgendwie nicht mehr alle zu haben", flüsterte Harry Hermine zu, die daraufhin kichernd ihren Teller fallen ließ.

„Was ist denn?", fragte Harry überrascht.

„Was meinst du, für was die uns erst halten", gluckste sie.

Währenddessen erklärte Dumbledore, dass der Weg mit dem Besen um einiges zu weit und beschwerlich gewesen wäre.

„Hascht duhh keihneeen Huuunger?", fragte Benjamin mit vollem Maul an Ron gewandt, der als einziger noch immer nicht aß.

„Nein", antwortete Ron prompt.

Hermine stieß ihm ihren Ellenbogen in die Seite, woraufhin er endlich aufhörte Benjamin anzustarren, jedoch noch immer nichts aß.

„Reichen sie mir mal die …".

Harry brach ab, als er lautes Geknatter aus der Ferne hörte.

Im Nu war er auf den Beinen und blickte hektisch um sich.

„Da ist aber jemand sehr schreckhaft", kiekste Herr Tierlieb.

„Keine Sorge Harry, das ist nur Karla", meinte Karl und blickte seinen Chef vorwurfsvoll ins Gesicht.

„Wer ist denn das nun schon wieder?", fragte Ron.

Als er merkte, dass er dies laut ausgesprochen hatte, stieg ihm ein zartes Rosa ins Gesicht und er richtete den Blick auf seine Füße.

Ein paar Sekunden später sah Harry den Verursacher der Geräusche um die Ecke biegen. Ein knallroter Motorroller kam genau auf ihn zu.

Erst blieb er stehen wo er war, doch als er merkte, dass der Fahrer des Rollers keine Anstalten machte zu bremsen, sprang er zur Seite.

Er stolperte über die ausgestreckten Beine Hermines und landete mit dem Gesicht voran in einem Maulwurfshügel.

Ron prustete gerade los vor Lachen, als auch er bemerkte, dass der Roller noch immer nicht langsamer wurde. Alle anderen hatten sich bereits in Deckung gebracht, nur Ron lag noch auf der Picknick-Decke.

Hätte Dumbledore nicht derart geistesgegenwärtig gehandelt, wäre der Roller geradewegs über Rons Bauch gebrettert.

Der Schulleiter hatte seinen Zauberstab gezogen und etwas Eiliges gemurmelt.

Rons Augen waren so weit aufgerissen, dass es schien, als drohten sie aus ihren Höhlen zu fallen. Das Vorderrad des Rollers war nur Zentimeter von ihm entfernt zum stehen gekommen.

Die Person auf dem Roller riss sich den Helm, der genau wie das laute Gefährt von einem dunklen knallrot war, vom Kopf und zum Vorschein kam eine dunkelhaarige Frau. Ihr Gesicht hatte beinah die Farbe des Helmes angenommen und sämtliche Schminke in ihrem Gesicht schien verwischt zu sein.

„Es tut mir ja so leid. Meine Bremsen haben versagt. Ist jemanden etwas passiert? Ach, Gottchen. Ich hoffe doch nicht. Es tut mir wirklich außerordentlich leid", sagte die Frau, deren Stimme so schrill war, dass Harry augenblicklich leichtes Ohrendröhnen bekam.

„Alle sind okay", sagte Karl und half Otto, der in der Eile ebenso wie Harry gestolpert war, auf die Beine.

„Schön, schön. Und da ist ja auch unsere lebende Sensation", sagte die Frau nun.

„Hallo Frau Kolumna", erwiderte Benjamin.

„Nicht sie, Herr Blümchen", entgegnete sie, stieg von ihrem Roller und ging schnellen Schrittes auf Harry zu.

„Guten Tag Herr Potter. Mein Name ist Kolumna – Karla Kolumna".

„Hi", antwortete Harry verlegen.

„Ich bin Reporterin des Neustädter Tageblatts und würde ihnen gern ein paar Fragen zu ihrem sensationellen Aufenthalt in unserem kleinen Neustadt stellen. Sie haben da übrigens etwas im Gesicht", plapperte sie.

Eilig wischte Harry sich übers Gesicht und stellte fest, dass nicht wenig Erdklumpen vor ihm auf dem Boden fielen. Ihm dröhnten die Ohren immer mehr, denn diese Frau hatte nicht nur eine nervtötende Stimme, sondern sprach auch noch so schnell, dass er ihr kaum folgen konnte.

„Ich fürchte, er wird ihnen keine Fragen beantworten können", warf Hermine ein.

„Und warum nicht, wenn ich fragen darf, junge Dame?", entgegnete Karla Kolumna.

„Ich möchte mich ungern einmischen, da meine Anwesenheit offensichtlich nicht halb so spannend ist, wie der Aufenthalt unseres jungen Harrys, aber ich denke, es spricht nichts dagegen, dass Harry ein kleines Interview gibt. Voldemort und seine Gefolgsleute werden sicher nicht die Zeitung dieses kleinen Kaffs lesen", sagte Dumbledore.

Harry schaute ihn überrascht an. Hatte er da wirklich so etwas wie Eifersucht in der Stimme seines Schulleiters gehört?

„Natürlich nur, wenn er dies auch möchte", ergänzte Dumbledore.

„Später vielleicht", sagte Harry schüchtern.

Er war es gewohnt Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, aber er hatte gehofft, dass ihm dies zumindest in diesem unbekannten Land erspart bleiben würde.

Als hätte er seine Gedanken erraten, fragte nun Ron die Reporterin, woher sie Harry überhaupt kannte.

„Wer kennt den berühmten Harry Potter denn nicht?", antwortete Karla Kolumna.

„Setzen sie sich doch erstmal zu uns", sagte Herr Tierlieb, der genau wie Hermine, Otto und Benjamin schon wieder auf der Decke am Boden saß.

„Was für eine Reporterin sind sie denn genau?", fragte Hermine, als auch Karla neben ihr einen Platz gefunden hatte.

„Eine Sensationsreporterin", sagte Karl grinsend.

„Hoffentlich keine zweite Kimmkorn", meinte Ron.

„Was für ein Korn?", fragte Karla interessiert.

Hermine erzählte daraufhin der Reporterin die ganze Geschichte von ihrer Erz-Feindin Rita Kimmkorn. Karla unterbrach sie nicht ein einziges Mal, schrieb jedoch eifrig auf einem kleinen Notizblock alles mit, was Harry an die flotte Schreibefeder von Rita Kimmkorn erinnerte.

Als Hermine geendet hatte, schien Karla vollends begeistert.

„Kann ich das auch lernen?", fragte sie.

„Sie meinen, ob sie sich auch in ein Insekt verwandeln können?"

„Ja, vielleicht in eine kleine Biene. Dann könnte ich immer sofort die neusten Neuigkeiten aus dem Rathaus von unserem lieben Herrn Bürgermeister erfahren", antwortete Karla grinsend.

„Da sie keine Hexe sind, ist das wohl leider nicht möglich", erwiderte Hermine.

„Du hörst dich ja fast so an wie Bibi", kam es von Otto.

„Bibi?", fragte Hermine.

„Die werdet ihr sicher auch bald kennen lernen", antwortete Otto.

„Da fällt mir ein, dass die noch etwas dazu sagen wollten, warum Herr Tierlieb wusste, dass Ron ein Weasley ist, Professor", sagte Harry unvermittelt in die aufkommende Stille.

Ron, der in den letzten Minuten wieder sehr abwesend Benjamin angestarrt hatte, schaute nun gespannt zu Dumbledore.

„Da hast du Recht, Harry. Euch ist doch sicher eine gewisse Ähnlichkeit zwischen Otto und unserem jungen Mr. Weasley aufgefallen", sagte der Schulleiter.

Harry betrachtete den kleinen Jungen, den er auf etwa zehn Jahre schätzte.

Tatsächlich glichen sich die beiden Jungen nicht nur von der Haarfarbe her. Sowohl Ohren, als auch Nase, sahen sich recht ähnlich und beide hatten Haselnussbraune Augen.

„Sind wir verwandt?", fragte Ron den Jungen.

„Ich bin der Sohn von der Tochter, der Schwester deines Opas", antwortete Otto strahlend.

„Hmm", entgegnete Ron.

Einige Minuten lang war alles still und alle schienen darüber nachzudenken in welchem Verwandtschaftsgrad die beiden nun wirklich zueinander standen.

Das angestrengte Schweigen wurde erst durch den kreischenden Schrei einer Eule unterbrochen.

Harry, Hermine, Ron und Dumbledore blickten sich suchend um.

Nur Augenblicke später landete eine weiße Schneeeule, die Harrys Hedwig zum verwechseln ähnlich sah, auf Dumbledores Brust.

„Hallo Sera", sagte der Schulleiter, streichelte der Eule liebevoll über den Kopf und ergriff dann ihr Bein, an dem baumelnd ein Briefumschlag hing.

„Es wird langsam Zeit für mich aufzubrechen", sagte Dumbledore nachdem er seine Post gelesen hatte.