3 – Andere Länder – Andere Sitten

„Das ist ja sensationell", kreischte Karla Kolumna, als Dumbledore begleitet von einem lauten Knall verschwunden war.

„Das werden wir auch bald lernen", erwiderte Hermine, mit vor Stolz geschwellter Brust.

„Das würde ich auch gern können", sagte Otto leise.

„Ich fürchte …", begann Hermine, wurde jedoch eilends von Ron unterbrochen.

„Ja, ja Hermine. Wir wissen schon was du sagen wolltest."

„Aber Moment mal", kam es von Harry.

„Was gibt's denn?", fragte Ron.

„Gibt es in deiner Familie irgendjemanden, der kein Zauberer war?", fragte Harry.

„Nicht, dass ich wüsste", antwortete Ron, der offenbar nicht recht mitbekam worauf sein Freund hinaus wollte.

„Harry, du hast Recht. Otto ist mit Sicherheit auch ein Zauberer", sagte Hermine aufgeregt.

„Meine Mama kann aber auch nicht zaubern", sagte Otto, dessen Augen, angesichts dieser Idee von Harry riesig geworden waren vor Aufregung.

„Vielleicht ist sie ein Squib", entgegnete Ron nachdenklich.

„Ein was?", fragte Otto Stirn runzelnd.

„Bring uns doch einfach morgen zu deiner Mutter und dann klären wir das ganze", antwortete Hermine.

Otto war augenscheinlich sehr enttäuscht sich noch so lange gedulden zu müssen, doch er nickte zustimmend.

„Wollen wir nicht noch ein bisschen die Stadt erkunden gehen, bevor es dunkel wird?", fragte Harry mit einem viel sagenden Blick auf seine Freunde.

„Otto und ich kommen mit", sagte Benjamin begeistert.

„Ähm, würde es euch etwas ausmachen uns allein gehen zu lassen? Wir möchten nicht gleich am ersten Tag so viel Aufmerksamkeit auf uns ziehen, weißt du?", erwiderte Hermine, nachdem sie ein flehender Blick von Harry getroffen hatte.

„Warum Aufmerksamkeit?", fragte Benjamin.

Ron schüttelte angesichts seiner Begriffsstutzigkeit zum wiederholten Male an diesem Tag den Kopf.

„Na ja, ähm … du wirst doch zugeben müssen, dass du nicht besonders unauffällig bist", stotterte Hermine.

„Wie ihr meint", entgegnete Benjamin und widmete sich wieder seinen Zuckerstückchen.

„Dann lasst uns mal aufbrechen", sagte Harry und fügte noch flüsternd „bevor er es sich doch anders überlegt" hinzu.

„Besonders viel gibt es hier anscheinend nicht zu sehen", sagte Ron gähnend.

Sie schlenderten schon seit fast zwei Stunden durch die Stadt und waren noch kaum einem Menschen begegnet.

„Oh, schaut mal. Da ist das Rathaus", sagte Hermine strahlend und deutete auf ein Gebäude, das sich unglaublich von den restlichen Bauten der Kleinstadt abhob.

„Sieht ziemlich gut gepflegt aus", meinte Harry.

„Das glänzt ja richtig", erwiderte Ron.

Hermine gab ein erstauntes „Oh" von sich, Ron begann sich die Augen zu reiben und selbst Harry, der gedacht hatte nichts, noch nicht einmal ein sprechender Elefant, könnte ihn mehr schocken, riss erstaunt die Augen auf.

Aus einem der oberen Fenster des Rathauses, war gerade ein Mädchen auf einem Besen gekommen.

Kurz nachdem sie gestartet war, erschien ein Mann am Fenster, dessen Gesicht – dies konnten die Drei sogar aus derart weiter Entfernung erkennen – knallrot vor Zorn war.

„Bibi Blocksbergi, wage es ja nicht", rief er wutentbrannt, doch das Mädchen schaute sich nicht einmal nach ihm um. Stattdessen flog sie direkt auf Harry, Ron und Hermine zu, die sie noch immer fasziniert beobachteten.

„Hi", sagte sie strahlend, als sie genau vor ihren Füßen zur Landung gekommen war.

„Hallo", antworteten die Drei wie im Chor.

„Ich bin Bibi", sagte das strohblonde Mädchen, unaufhörlich strahlend.

„Ähm, das sind Hermine und Ron und ich bin …", sagte Harry bis er von Bibi unterbrochen wurde.

„Harry Potter", beendete sie seinen Satz.

„Genau", erwiderte er und gegen seinen Willen zeigte sich ein breites Grinsen auf seinem Gesicht.

Normalerweise mochte er es nicht im Geringsten, dass jeder ihn sofort erkannte, doch bei diesem Mädchen war es etwas anderes. Ihr Lächeln wirkte so anziehend auf ihn, wie er es noch nie erlebt hatte. Er hatte ein furchtbar drängendes Verlangen danach, ihr über das glänzende Haar zu streicheln.

„Was treibt ihr denn gerade so?", fragte Bibi.

Diese Lippen, dachte Harry. Er grinste noch immer, nahm dies jedoch nicht wahr.

„Wir erkunden gerade die Stadt", antwortete Hermine, nachdem sie ein paar Sekunden gewartete hatte, in der Annahme Harry würde antworten.

„Was hast du denn dem armen Mann angetan?", fragte Ron und deutete auf den rotgesichtigen Mann, der noch immer am Fenster des Rathauses stand.

„Ach, das ist nur unser Bürgermeister. Der regt sich immer schnell auf", antwortete Bibi. „Ich habe ihm angedroht das Rathaus kunterbunt zu hexen, wenn er nicht ein bisschen mehr Geld für den Kindergarten in der Schillerstraße locker macht".

„Das scheint er wohl sehr ernst genommen zu haben", sagte Hermine, die recht empört schien von Bibis heftigen Maßnahmen.

„Habt ihr nicht Lust ein bisschen mit zu mir zu kommen? Ich würde so gern mehr über euch erfahren", sagte Bibi nun und Harry glaubte erkannt zu haben, dass sie ihm zugezwinkert hatte.

„Gerne", antwortete er prompt und so weit dies noch möglich war, wurde das Grinsen auf seinem Gesicht noch ein Stückchen breiter.

„Eure Besen habt ihr wohl nicht dabei?", fragte Bibi.

„Die sind im Zoo, aber das ist kein Problem", entgegnete Harry stolz und zog seinen Zauberstab aus seiner Hosentasche hervor.

„Accio Feuerblitz", rief er und kaum zwei Minuten später landete der Besen, den ihm sein Pate einst geschenkt hatte, sicher in seiner Hand.

Auch Ron hatte seinen Besen herbei gerufen, nur Hermine stand noch ohne eine Fluggelegenheit da.

„Ich habe keinen Besen", sagte sie etwas beleidigt.

„Du kannst auf Kartoffelbrei mitfliegen", sagte Bibi lächelnd und deutete auf ihren Besen.

„Dein Besen hat einen Namen?", fragte Ron, der es kaum schaffte sein Kichern zu unterdrücken.

„Klar, wie soll ich ihn denn sonst zum fliegen bringen, wenn ich ihn nicht ansprechen kann?", erwiderte Bibi überrascht.

Bevor einer von ihnen antworten konnte, hatte sich Bibi schon auf ihren Besen geschwungen und bedeutete Hermine es ihr gleich zu tun.

Das hübscheste Mädchen der Welt und das klügste Mädchen der Welt zusammen auf einem Besen, dachte Harry, weiterhin grinsend, was will Man(n) mehr?

„Ene mene Mai, flieg los Kartoffelbrei", sagte Bibi laut.

Ein lautes „Pling Pling" folgte und schon waren Bibi und Hermine in der Luft.

„Ene mene Mai?", fragte Ron kichernd.

„Andere Länder, andere Sitten", sagte Harry lachend und erhob sich nun ebenfalls mit seinem Feuerblitz in die Lüfte.