11 - Streitereien
„Er hat sicher den Brief nicht erhalten", sagte Hermine.
„Meinst du, ja? Wahrscheinlich hält er deine Befürchtungen nur für ängstliches Kinder-Geschwätz. Er nimmt außer sich niemanden auf der Welt ernst, das solltest du doch mittlerweile gelernt haben, Hermine", entgegnete Harry erbost.
„Mein Gott, Leute. Ich war fast eine Viertelstunde weg und trotzdem streitet ihr noch immer?", sagte Ron, der gerade mit einer großen Tüte Brötchen in der Hand das Hotelzimmer betreten hatte.
Hermine und Harry beachteten Ron nicht, sondern stritten munter weiter.
„Harry, du weißt dass das nicht wahr ist", sagte Hermine laut.
„Ach nein?", erwiderte er.
„Nein", gab Hermine zurück und es fehlte nicht viel, um ihre Antwort als Schrei zu bezeichnen.
„Hermine, werde jetzt bitte nicht hysterisch. Wir sollten das in einer sachlichen Art und Weise klären", sagte Justus und deutete ein höfliches, aber gezwungen wirkendes Lächeln an, als Hermine ihm wütend entgegen starrte.
„Langsam geht mir dein geschwollenes Gerede auf den Wecker", sagte sie.
Peter und Bob fingen an zu lachen, verstummten jedoch sofort, als Hermine nun sie böse anfunkelte.
Justus räusperte sich, überlegte einen Moment und sagte dann:
„Wie genau hast du denn deine Vermutungen und Befürchtungen in dem Brief an euren Schulleiter formuliert?"
„Ich habe ihm erklärt, dass mir etwas an der Familie Blocksberg und auch an Herrn Tierlieb nicht richtig vorkommt. Ich schrieb, dass ich der Ansicht war etwas stimme mit ihnen nicht", antwortete Hermine, nun wieder etwas leiser.
„Vielleicht hat er es tatsächlich nicht sehr so ernst genommen. Er könnte doch gedacht haben, dass ihr mittlerweile sehr schnell misstrauisch werdet bei allem was ihr erlebt habt. Das heißt ja nicht, dass er dich nicht ernst nimmt, oder? Wir wissen nicht in wie weit er Herrn Tierlieb vertraut. Wer weiß wie lange sie sich schon kennen", entgegnete Justus.
„Ich habe aber ganz eindeutig eine Antwort von ihm verlangt", erwiderte Hermine trotzig.
„Dumbledore würde uns nie einfach so sitzen lassen, wenn auch nur die kleinste Möglichkeit besteht, dass etwas nicht stimmt", sagte Ron entschieden.
„Wenn du meinst", entgegnete Harry kopfschüttelnd.
Bis auf zwei finstere Blicke von Ron und Hermine erntete er für diesen Satz keine Reaktion der anderen.
Nach kurzer Zeit richtete Hermine ihren Blick auf Justus.
„Es tut mir leid, dass ich dich eben so angefahren habe. Ich mag dich wirklich gern", sagte sie traurig.
„Kein Problem, ist schon okay. Ich mag dich auch sehr gern und wollte dir wirklich nicht zu nahe treten", entgegnete er lächelnd.
„Und was machen wir nun?", fragte Ron.
„Wie auch immer die Lage ist", sagte Justus, „Ob er nun den Brief einfach nicht bekommen hat oder ihn nicht recht ernst genommen hat. Wir müssen ihn einfach noch einmal kontaktieren".
„Da hast du recht", kam es einstimmig von Peter und Ron, die sich darauf grinsend anschauten.
„Wir sollten diesmal die Muggelpost benutzen. Die ist sicherer und auch schnell", meinte Hermine.
Von Boris kam ein lautes Auflachen; das erste Geräusch, dass er an diesem Morgen von sich gab.
Alle schauten ihn interessiert an, woraufhin er grinsend zu erklären begann.
„Ihr habt wohl noch nie etwas über die Deutsche Post gehört, oder? Die ist weder zuverlässig, noch schnell. Eher genau das Gegenteil".
„Aber wie sollen wir ihn dann informieren?", fragte Bob.
„Wie wäre es wieder mit einem Raben oder einem anderen Vogel?", schlug Ron vor.
„Nachdem wir uns nicht sicher sein können, ob der Rabe, den Hermine ausgesandt hat überhaupt jemals an seinem geplanten Ziel angelangt ist, sollten wir dies nicht noch einmal riskieren", entgegnete Justus.
„Außerdem wüsste ich nicht, wo wir noch mal einen zahmen Vogel herbekommen sollten", sagte Hermine nachdenklich.
„Warum habe ich denn bloß Hedwig nicht mitgenommen?", ärgerte sich Harry.
Kurzer Einwurf des Autoren: Weil das Ganze dann nicht halb so spannend gewesen wäre Harrylein
„Das frage ich mich auch. Du hängst doch sonst so an ihr", erwiderte Hermine barsch.
„Nicht schon wieder Streit", sagte Boris flehend.
Nach einigen Minuten, in denen alle angestrengt überlegten, erhellte sich plötzlich Hermines Gesicht.
„Ich habe es", rief sie begeistert.
„Und?", fragte Ron.
„Otto", antwortete Hermine knapp und grinste Harry an, in dessen Gesicht sich, im Gegensatz zu dem von Ron und dem Rest der Mannschaft, Erkenntnis zeigte.
„Ottos Mutter", sagte er.
„Hä?", kam es von Ron.
„Oh man", meinte Hermine aufstöhnend und verdrehte genervt die Augen.
„Was denn? Die anderen verstehen es doch auch nicht", sagte Ron aufgebracht.
„Die wissen auch nicht, was du weißt", entgegnete Hermine.
„Nun rückt schon raus mit der Sprache, sonst platze ich gleich vor Neugier", sagte Justus mit Nachdruck.
„Jetzt weißt du auch mal wie das ist", erwiderte Peter schmunzelnd.
„Wir haben festgestellt, dass Otto mit Ron verwand ist und das heißt, dass seine Eltern, besser gesagt seine Mutter, eventuell auch eine Hexe ist", sagte Harry.
„Und eine Hexe kommt doch sicher an eine Eule ran, nicht wahr?", vollendete Hermine die Enthüllung.
„Da muss man aber auch erst mal drauf kommen", sagte Ron, der noch immer äußerst beleidigt schien.
„Sehr gut", sagte Justus, „am besten Hermine, Harry und ich gehen zu Otto und Ron sagt im Zoo bescheid, dass ihr in Ordnung seid. Sie werden sich langsam wundern, wo ihr die ganze Nacht gesteckt habt. Ihr anderen wartet im Hotel. Später treffen wir uns dann wieder hier".
„Wer hat eigentlich dich zum Anführer bestimmt?", fragte Harry angriffslustig.
„Da musst du dir nichts bei denken", entgegnete Bob grinsend.
„Wenn du etwas an meinem Plan auszusetzen hast, musst du es nur sagen und einen besseren Vorschlag bringen", sagte Justus und der sonst so ausgeglichene Junge schien nun fast aus der Haut zu fahren.
„Dein Plan? Das war unsere Idee", entgegnete Harry schroff.
„Wenn du schon dabei bist so eine Haarspalterei zu betreiben, dann bitte auch richtig", meinte Hermine, „Es war nicht unsere, sondern meine Idee".
„Auf wessen Seite bist du eigentlich?", fragte Harry wutentbrannt.
„Auf wessen Seite?", fragte Hermine, „sind wir hier im Kindergarten? Ich bin auf niemandes Seite. Wir spielen alle im gleichen Team und ich wollte dich lediglich ein bisschen zügeln".
„Wir sollten gehen", sagte Justus, nun wieder seelenruhig.
„Es gibt da nur ein Problem", sagte Hermine.
„Und das wäre?", fragte Justus.
„Wir wissen nicht, wo Otto wohnt", antwortete Hermine resigniert klingend.
„Aber ich weiß es", antwortete Justus zwinkernd.
„Du scheinst ja wirklich von allem eine Ahnung zu haben", sagte Harry in einem eindeutig sarkastischem Tonfall.
„Wir halten uns schon eine ganze Weile in Neustadt auf und haben einige Leute, die wir zusammen mit Bibi gesehen haben, observiert", entgegnete Justus, dessen Gesicht langsam ein auffallendes Rot annahm.
„Observiert?", fragte Harry, „na dann Sherlock, lass uns aufbrechen".
„Hast du irgendein Problem mit mir?", fragte Justus.
„Nein, nein", entgegnete Harry, funkelte den 1. Detektiv jedoch so wütend an, als würde er ihm im nächsten Moment an die Gurgel springen.
