Witterung
„Inuyasha?"
Miroku näherte sich dem Halbdämon ganz langsam und behutsam. Wieder konnte er ihn spüren! Wieder sah er Inuyashas Aura. Sie glühte blau um ihn herum, doch ihre Kräuselung verriet ihm, dass etwas nicht stimmte.
„Lass mich allein!" antwortete der Halbdämon, ohne sich herum zu drehen.
„Nein, das werde ich nicht tun! Du kannst nicht immer vor allem davon rennen!"
Wütend drehte sich Inuyasha herum.
„Ich renne niemals davon! Verstanden?"
Mit einem Schlag schickte er Miroku zu Boden und blieb schnaufend vor ihm stehen.
„Wage es nicht noch einmal, so was zu sagen! Ich habe dich noch nie im Stich gelassen, ich bin niemals davon gerannt, wenn ihr in Schwierigkeiten ward!"
Miroku hielt sich die Wange und hörte Kagomes erschrockenen Aufschrei, als sein Streit mit Inuyasha bemerkt worden war. Mit seiner Zunge prüfte der Mönch, ob noch alle Zähne saßen. Als er alle gefunden hatte, sammelte er Spucke und Blut in seinem Mund und spie neben sich aus. Dann erfasste er Inuyasha mit eisernem Blick.
„Du läufst nicht vor Dämonen davon! Nein! Aber vor dir selbst! Ich kann es spüren. In deinen Worten, in deiner Aura. Verdammt, Inuyasha! Teile dich mir mit! Ich bin dein Freund und werde dir helfen, bei allem!"
Der Halbdämon sah auf und erblickte Kagome und die anderen, welche zu ihnen herüber starrten. Sango hatte die Hand an ihrem Bumerang und war bereit, einzuschreiten, sollte die Situation es verlangen. Aber Inuyasha wollte so weit nicht gehen.
„Wenn ich es dir jetzt sage, dann wirst du mir folgen wollen. Aber das will ich nicht. Es ist eine Sache, die nur mich angeht."
„Du willst zu Sesshoumaru, nicht wahr?" Mirokus Frage war überflüssig, denn er wusste bereits die Antwort. „So viele Jahre! So viel Hass!"
„Du musst das nicht verstehen."
Inuyashas Augen verschwanden unter seinem silbernen Haar. Miroku starrte ihn fassungslos an.
„Ist da unter all der Zwietracht, unter all dem Neid noch immer Sorge?"
„Sei still!" schrie Inuyasha den Mönch an. „Ich will lediglich wissen, was da hinter mir her ist, bevor ich das Biest eigenhändig erledige!"
Aber Miroku schüttelte den Kopf und die Wut in Inuyasha sammelte sich in seinen Fäusten, so dass sie anfingen zu zittern. Wie konnte das sein?! Wieso konnte Miroku ihn nur so leicht durchschauen?
„Wie du willst, Inuyasha. Dann lass uns gemeinsam los ziehen, um den Dämon zu erledigen, wie wir es immer getan haben. Als Team!"
„Das geht nicht," flüsterte Inuyasha heißer.
„Es gibt nichts, aber auch gar nichts, das nur deine Sache ist," sprach Miroku eindringlich auf ihn ein. „Wir sind deine Freunde und um was auch immer es hier gehen mag, ob nun um den Dämon oder um deine Bruderliebe, wir stehen dir zur Seite."
„Er hat versucht uns alle zu töten. Auch dich, wenn du dich zurückerinnerst."
„Das kümmert mich nicht, wenn es dich nicht kümmert. Mir macht nur Angst, warum du dich so um Sesshoumaru sorgst. Dein Bruder ist stark und kommt allein zurecht. Was ist also los?"
„Dieser Dämon kann Herr über meine Sinne werden. Er kann sie einfach überlisten. Und sein Geruch…"
Inuyasha sprach nicht weiter, musste zuerst tief Luft holen.
„Er widert mich an und kommt mir doch so bekannt vor. Lieber stelle ich diese Kreatur jetzt, als dass sie eines Tages unbemerkt auftaucht und ich sie nicht kommen sehe."
Unerwartet streckte Inuyasha eine Hand nach dem Mönch aus. Miroku sah auf und überlegte, ob er sie gefahrlos annehmen konnte.
„Na komm schon!" meinte der Halbdämon schließlich. „Ich hab nicht den ganzen Tag Zeit."
Miroku nickte und griff nach der Hand.
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Kagome sah Miroku aus den Augenwinkeln an, als er und Inuyasha zurückgekommen waren. Aber der Mönch wich ihr aus. Was hatten die beiden dort drüben nur besprochen?
„Alles in Ordnung?" fragte sie Miroku, als dieser sich neben sie setzte.
Der Mönch nickte nur zur Bestätigung.
„Wir werden Sesshoumaru nachgehen," setzte er sie ins Bild und ihr entsetzter Ausdruck in den Augen wollte mehr wissen. „Inuyasha will diesen Dämon jagen. Er hat zwei Juwelensplitter und ist somit von großem Wert."
„Achso… natürlich."
Miroku sah diesen traurigen Ausdruck in ihren Augen, der ihm fast das Herz zerspringen ließ. Kagome war so wunderschön, um nicht zu sagen heilig. Er fragte sich…
„Sieh dir Inuyasha an," bat er sie leise und Kagome richtete ihren Blick auf den Halbdämon. „Was siehst du?"
Die junge Schülerin schwieg einen Moment und überlegte, was der Mönch wohl von ihr erwartete, was sie wohl sagen sollte.
„Ich sehe… einen Halbdämon. Inuyasha. Seine rote Robe, sein silbernes Haar mit den beiden Ohren, die sich unentwegt hin und her drehen."
„Konzentriere dich Kagome. Ist da nichts sonst?"
Kagome wunderte sich, was das sollte, aber verengte dann ihre Augen zu zwei engen Schlitzen. Sie griff mit ihrem Geist hinaus, wie sie es auch tat, wenn sie nach den Splittern suchte. Sie versuchte, sich auf Inuyasha zu konzentrieren und ihn zu ergreifen. Fast konnte sie ihn erreichen!
Da schrak sie auf.
„Zwei Juwelensplitter! Ich kann sie fühlen!" rief sie und die Gruppe horchte auf.
„Geht zurück ins Lager," befahl Kouga seinen Wölfen und schickte sie fort.
„Du solltest besser auch gehen," sagte Inuyasha drohend, aber Kouga schüttelte den Kopf.
„Nein, das ist auch meine Sache. Dieser Dämon hat mir meine Juwelensplitter gestohlen, jetzt hole ich sie mir zurück!"
„Du bist verletzt!" rief Sango ihm ins Gedächtnis.
„Es geht schon wieder. Ich bin ein Volldämon, schon vergessen? Außerdem werde ich nicht zusehen, wenn Inuyasha meine Frau in Gefahr führt."
Eigentlich hätte nun sofort der Streit zwischen Inuyasha und Kouga entbrennen müssen, aber zu aller Erstaunen, drehte der Hundedämon seinen Kopf blitzschnell in eine andere Richtung.
„Ich rieche ihn!"
