Kapitel 3 - Was machen wir bloß mit dir?
Nachdem ich mich ins Bett geschleppt hatte, schlief ich den Schlaf der Gerechten. Am nächsten Morgen hatte ich einen Schädel in der Größe eines Fußballstadions und wunderte mich ernsthaft wie ich damit durch die Tür gepaßt hatte. Mein erster Weg führte also in Richtung Krankenflügel oder besser gesagt in die Richtung in die ich selbigen vermutete. Wenn man Gemälde in einem Anfall von Morgenlaune anmault mag das noch in Ordnung sein, sie aber mit der mir eigenen Direktheit anzublaffen offenbar nicht. So verbrachte ich eine halbe Stunde damit ziellos von einem Korridor in den nächsten zu latschen bis ich durch Zufall mein Ziel gefunden hatte. Genervt klopfte ich mit den Fingerknöcheln gegen die Tür....dann noch einmal.... noch mal etwas lauter....Wieso war die Pompfrey eigentlich nicht da wenn man sie mal dringend brauchte? Vielleicht sollte ich zu Haggrid runterlatschen und da weiter machen wo ich abends aufgehört hatte. Nein, so dringend brauchte ich den Schnaps auch wieder nicht. Also den ganzen Weg wieder zurück und ab in die Große Halle Kaffee tanken. Zu meiner Überraschung war schon jemand dort. An seinem Platz am Lehrertisch saß Snape und kritzelte etwas auf ein Stück Pergament. Vor ihm stand ein Becher mit Kaffee. Er war so von dem Pergament eingenommen, daß er nicht mitbekam, daß ich reingekommen war. Auch nicht, daß ich "Hallo:" sagte oder daß ich auf ihn zugestapft kam. Also entweder ist das Pergament der Zaubererplayboy oder der ignoriert mich extra. Als ich vor ihm stand und mit der Hand vor seinem Gesicht rumwedelte sprang er wie von der Tarantel gestochen auf, zischte was von "Unverschämtheit" und raffte seine Sachen zusammen. "Öhm, tschuldigung. Hörst du schlecht?" wollte ich wissen. Mein breites Grinsen stieß auf grenzenloses Unverständnis. Er nuschelte irgendwas davon das man arbeitende Menschen nicht stören sollte, daß ich meine Nase gefälligst nicht in Dinge stecken sollte, die mich nichts angingen und überhaupt. Damit wünschte er mir wohl guten Tag und verschwand in einem Geflatter aus Robe und Pergament. "Ey! Du hast deinen Stift...ach, vergiss es." Nicht mal seine blöde Feder wollte er zurückhaben. Pfff. Der is aber auch zickig! Und schon war ich wieder alleine in der großen Halle.
Nachdem ich eine Zeit lang gelangweilt Luftlöcher geguckt hatte, beschloss ich mein Glück zu testen und mir einen Kaffee reinzuziehen. Kurz hab ich drüber nachgedacht, einfach den von Snape zu saufen ( der stand ja nun mal da rum ), aber der war kalt. Also hab ich mich an den nächstbesten Tisch gesetzt ( ist ja nicht so als hätte ich keine Auswahl gehabt ) und lautstark nach Kaffee verlangt. Der Kaffee war heiß und stark und auch wenn mein Magen erstmal rumohrte, kippte ich ihn mir rein und er blieb drin. Da saß ich also und hatte nicht den blassesten Schimmer was ich mit dem neuen Tag anfangen sollte. Wieder runter zu Haggrid und noch ein paar Kurze kippen? Nee, das Gepichel vom Vortag hält erstmal vor. In die Bibliothek latschen und Bücher konsultieren? Bei aller Liebe nicht! Mein Schädel bringt mich um. Dann vielleicht wieder sinnlos durch die Flure eiern, damit ich mir die Wege endlich behalten kann? In dem Zustand kann ich froh sein wenn ich mein Zimmer wiederfinde. Nicht mal Dumbledore konnte ich heute nerven. Der alte Katheterträger hatte sich mit seiner Leidensgenossin McGonagall aufgemacht diesen höchst ominösen Zauberer zu finden, der für meinen Gedächtnisverlust und den damit verbundenen Schlamassel verantwortlich war. Also beschloss ich erstmal unter die Dusche zu hüpfen. Eine heiß-kalte Dusche würde meine Lebensgeister schon wieder auf Vordermann bringen. Soweit zumindest der Plan.
Nach dem Duschen legte ich mich wieder aufs Bett um etwas zu entspannen und mein "Tagebuch" zu schreiben. Für eine Aspirin würde ich jetzt töten. Ich mußte wohl eingeschlafen sein, denn als ich wieder aufwachte ging es zwar meinem Kopf besser, aber mein Finger steckte - wie sollte es auch anders sein - wieder im Tintenfass. So ein Dreck! Also erstmal brav die Griffelchen waschen. Da ich nicht den leisesten Peil hatte, wie spät es eigentlich war, dackelte ich erstmal los um mir etwas Essbares zu organisieren. In der großen Halle lauerte schon der Fast-Kopflose Nick, den ich am liebsten gleich von seinem Elend befreit hätte. Mit lautem Geschrei schwebte er hinter einem etwas kleinerem Geist her, der mit Tellern jonglierte. Der Kleine war allerdings so grottenschlecht, daß alle Nas lang ein lautes Krachen ertönte, als die Teller unliebsame Bekanntschaft mit dem Marmorboden machten. Meine Fresse! So ein Geschrei am frühen Morgen! Oder wann auch immer. "Ey! Geht das auch ne Tonspur leiser?!" gröhlte ich durch die Halle. Nee, offensichtlich nicht. Der fast-Hirnlose Nick schwebte immer noch kreischend wie die Trümmertunte die er war hinter dem jonglierenden Rotzlöffel her. So laut wie es meine Lungen zuließen, startete ich noch einen Versuch. "He ihr Arschkrampen!!! Leeeeeeiser!!" Ja, das hatte funktioniert. Wie angetackert blieben die zwei in der Luft hängen. Peeves kam wie ein nervtötendes Speedboat auf mich zugeschossen und blieb auf Augenhöhe hängen. "Geht doch!" grinste ich. "Das mit dem Jonglieren solltest du übrigens noch mal üben." "Und was wenn ich das so mag?" Zu meiner Verärgerung meinte der Nervbolzen er müsse unbedingt noch einen obendrauf setzen und eine Kaugummiblase direkt in meinem Gesicht platzen lassen. "Du kleiner Drecksack!" Ich versuchte ihn zu schnappen, aber da Geister die unangenehme Eigenschaft haben wegfliegen zu können hatte ich keine Chance.
Was folgte war eine wilde Hetzjagd quer durch die Große Halle, über Tische und Bänke. Es war ein Bild für die Götter - vorneweg Peeves, dahinter die Heulsuse Nick und hintendrein ich. Und obwohl ich eigentlich meine Ruhe wollte, machten wir drei einen Radau für zwölf. Ich stand gerad auf dem Lehrertisch und wollte einen Teller auf Peeves werfen, doch wie sollte es auch anders sein, genau in diesem Moment mußte jemand hereinplatzen. Damit aber nicht genug, zu meinem Glück mußte es Argus Filch, der ewig stinkige Hausmeister sein. Um seine Beine strich schnurrend die häßlichste Kreatur auf Erden die sich jemals Katzte hatte schimpfen dürfen. Mir drängte sich die Frage auf, ob Mrs. Norris vielleicht Mrs. Filch heißen würde, wenn in der Zaubererwelt Sodomie bloß nicht so verpönt gewesen wäre.... Leider bemerkte ich ihn circa zwei Sekunden zu spät und der Teller hatte meine Hand schon verlassen, beschrieb einen wunderschönen Bogen über den sich mein Sportlehrer den Arsch weggefreut hätte und landete geräuschvoll und in seine Bestandteile zerlegt auf dem Marmorfußboden der großen Halle. Peeves brach sofort in ein Freudengeheul aus, das an die Feuerwehrsirene in meinem Ort erinnerte. Der Fast-genauso-dämlich-aussehende-wie-schwule Nick flog mit einem Schwall Tiraden und Entschuldigungen auf Filch zu. Der nahm davon allerdings keine Notiz sondern glotze wie ein Bücherregal auf Tauchfahrt. Das wiederrum löste bei mir einen heftigen Lachkrampf aus. So eine selten dämliche Fratze war mir schon länger nicht mehr untergekommen.
"Miss Gordok!?" Oy, der alte Zausel wußte meinen Namen. Naja, Neuigkeiten machen hier wohl schnell die Runde. Wie von der Tarantel gestochen raste er mit ausgestreckten Armen auf mich zu und nur ein beherzter Sprung rückwärts vom Tisch konnte mich davor bewahren von ihm umarmt zu werden. "Ey, Alter. Deine Wichsgriffel behälst du gefälligst bei dir, ist das klar?" Mrs. Norris quittierte das mit einem zustimmenden Fauchen. Wäre das Ganze nicht sowieso schon erschreckend genug gewesen hätte ich wahrscheinlich schnellstens das Weite gesucht. Doch meine Neugier und die Tatsache, daß mir der Fettlumpen Filch den direkten Weg zum Ausgang versperrte, führte dazu, daß ich mich, nachdem ich gebührenden Abstand zwischen mich und das Narbengesicht gebracht hatte, hinsetzte. "Also, Argus...Kennen wir uns schon...öhm...länger?" Hah! Der Penner konnte tatsächlich lachen. Das hätte ich nicht erwartet. Als nächstes würde ich wohl herausfinden, daß Dumbledore Strapse trug - was mich im Übrigen auch nicht gewundert hätte. Offensichtlich kannten wir uns nicht nur schon länger sondern auch besser. Okay, das reichte! Ich mußte da raus - sofort!! Und wie ich also da saß und meinen schnellstmöglichen Abgang plante trat Dumbledore in Erscheinung. Der Mümmelgreis hatte McGonagall im Schlepptau, die mal wieder eine Fresse zog, als hätte man ihr den Pferdeschwanz mit der Drahtbürste gezogen. Wenn ich nur nahe genug heran käme könnte ich sicher die Kratzspuren sehen!
Doch Dumbledore erstickte jeden Spaß im Keim und enließ McG, die schmalllippige Faltenfresse mit einem Nicken. Mir bedeutete er ihm in sein Büro zu folgen, wo er "höchst aufregende Neuigkeiten" für mich hätte. Nachdem er mich durch die Korridore gelotst und sein Passwort runtergeleiert hatte, machte er es sich in seinem Sessel bequem und lutschte in aller Seelenruhe Bonbons. Ich hoffte insgeheim es wären Berti Botts Bohnen in allen Geschmacksrichtungen und er würde eine finden, die nach angepisster Wolldecke schmeckte. Leider schien dem nicht so zu sein - sein "ich habe einen Stock im Arsch und mir gefällts" - Lächeln hielt sich jedenfalls so zäh in seinem Gesicht wie ein weggerotzter Kaugummi unter meinen neuen Stilettos. Zur Sache, du Sausack! Nachdem er endlich fertig gelutscht hatte, ich dankend ein Bonbon und Tee abgelehnt hatte, machte er sich daran die Bombe platzen zu lassen. Nach und nach kristallisierte sich bei seinem Gebrummel etwas heraus, daß sich als der Grund dafür herausstellte, warum ich in Hogwarts festsaß und der Dummbeutel von einem Zauberer, der für mein Fiasko verantwortlich war immer noch nicht auf der Matte stand. Es handelte sich tatsächlich um Gilderoy Lockhart, den Hobbyidioten und dümmsten aller Aufschneider, der es geschafft hatte, sich mit Ron Weasleys kaputtem Zauberstab das Hirn wegzupusten. Liebes Schicksal, du bist die größte Schlampe von allen, nur daß du's weißt! Und was fiel dem Jammerlappen von einem Direktor zu meiner Situation ein? Nichts.
"Was sollen wir nur mit Ihnen machen?" Ja, gute Frage, Opa. "Da Sie ja offensichtlich nicht die geringste Ahnung von der Zauberei haben sollten Sie fürs Erste hier bleiben. Morgen kommen allerdings die Schüler zurück." Ach nein, Suuuper! Dann häng ich hier mit einer Horde Teenies rum, die mir ohne Probleme die Cholera an den Hals hexen können und ich kann mich nicht mal wehren? Das könnte euch so passen! Ich verzog mich in die Bibliothek und verbrachte den Rest des Tages und einen Großteil der Nacht mit dem was jeder vernünftige Mensch getan hätte - ich konsultierte die Verbotene Abteilung der Bibliothek solange von Madamme Pince noch nichts zu sehen war. Mit einer Feder (was hätte ich für einen simplen Kugelschreiber gegeben) notierte ich mir schnell noch das Wichtigste und verzog mich irgendwann ins Bett. Hätte ich mir ja auch denken können, daß ich den Schlaf hätte brauchen können.... Ja, HÄTTE!!!
