Kapitel 2 – Vorwarnung

„Hier bin ich, Tom", sagte die finstere Stimme.

„Wer wagt es mich so zu nennen?", schrie Voldemort, sprang auf und drehte sich suchend im Kreis.

Diese Situation war ganz und gar nicht nach seinem Geschmack.

„Ich", sagte die Stimme, dessen Besitzer Voldemort nun endlich zu Gesicht bekam.

Vor ihm stand plötzlich eine silbrig schimmernde Person, die ihn von oben bis untern musterte.

Nur ein Geist, beruhigte sich Voldemort.

„Nur ein Geist, aber ein Geist, der dich warnen muss", sagte die schimmernde Gestalt.

„Du willst mir drohen?", fragte Voldemort, dem es nur knapp gelang sich nicht anmerken zu lassen, dass er äußerst erschüttert davon war, dass der Geist seine Gedanken gelesen hatte ohne, dass er etwas davon bemerkt hatte.

„Nicht drohen, warnen, Tom", entgegnete der Geist.

„Wer bist du?", fragte Voldemort.

„So schnell hat man mich vergessen?", erwiderte der Geist kopfschüttelnd.

Voldemort konnte nicht fassen, was hier geschah. Er fühlte sich beinahe wie ein kleines unbeholfenes Kind. Er war es nicht gewohnt, dass er nicht Herr der Lage war.

„Wer bist du?", wiederholte er.

„Genau aus diesem Grunde bin ich hier, Tom. In einigen Jahren wird es dir vielleicht genau so gehen. Die Leute werden deinen Namen hören und sich fragen, wer dieser Voldemort gewesen ist", entgegnete der Geist.

„Meinen Namen wird kein Zauberer und keine Hexe je vergessen und niemand wird es wagen ihn je auszusprechen. Und wer so töricht ist, es doch zu tun, wird dafür zu büßen haben", wütete Voldemort.

„Du solltest dir eingestehen, dass es nicht so kommen wird", erwiderte der Geist ruhig.

„Wie kommst du dazu so etwas zu behaupten?", fragte Voldemort lächelnd.

Was da vor ihm stand war nur das Abbild eines Menschen. Was solle er ihm großartiges antun? Und warum sollte er etwas, dass dieser Geist sagte ernst nehmen?

Langsam fragte er sich, wie er noch vor ein paar Sekunden so aufgeregt hatte sein können. Es war nur ein Geist, ein lächerlicher kleiner Geist.

„Mein Name war Grindelwald", sagte der Geist und riss Voldemort aus seinen Gedanken.

„Grindelwald?", fragte er nach.

„Ich denke du weißt etwas mit diesem Namen anzufangen, nicht wahr?", entgegnete der Geist.

„Selbstverständlich", erwiderte Voldemort.

„Ich wurde besiegt und genau wie mir wird es dir allzu bald auch gehen, Tom", sagte der Geist Grindelwalds.

„Du warst ein mächtiger Zauberer", stellte Voldemort fest. „Ich muss dich jedoch auf den Boden der Tatsachen zurückholen und dir sagen, dass ich deinem vergangen Ich um Längen überlegen bin".

„Es ist nicht einfach sich einzugestehen, dass man keine Chance hat seine Ziele durchzusetzen", entgegnete Grindelwald.

„Was dir geschah, wird nicht meine Zukunft sein", beharrte Voldemort.

„Dein größter Feind war auch mein größter Feind und er wird nicht tatenlos zusehen wie du an die Macht gelangst", erklärte Grindelwald.

„Albus Dumbledore hat es bisher nicht geschafft mich aus dem Weg zu räumen und es wird ihm auch in Zukunft nicht gelingen", entgegnete Voldemort unbeirrt.

„Dumbledore hat Stärken, die du niemals haben wirst und dies wird dir früher oder später das Genick brechen", führte Grindelwald weiter aus.

Warum diskutiere ich das mit ihm aus, fragte sich Voldemort und erschreckte als eine Stimme tief in seinem Inneren antwortete.

Weil er recht haben könnte.

„Nein", schrie Voldemort.

„Tom, es ist nicht zu spät aufzugeben", sagte Grindelwald sachlich.

„Verschwinde", zischte Voldemort.

„Dies war nur die erste Warnung, die du erhalten hast, Tom. In den nächste Tagen werden dich drei weitere Geister besuchen kommen", sagte Grindelwald und kurz darauf verschwand er so schnell wie er gekommen war.

Voldemort starrte weiterhin auf den Punkt, von dem der Geist soeben verschwunden war.

„Was war das?", fragte er laut in den leeren Raum.

Nagini, die sich nach der Ankunft des Geistes hinter das einzige Möbelstück im Raum, Voldemorts Sessel, verkrochen hatte, glitt nun vorsichtig hervor und beobachtete mit trüben Augen ihren Herren.

„Welch ein Unsinn", sagte Voldemort und schritt langsam auf den Sessel zu, was Nagini erneut zurück weichen ließ.

„Keiner wird mich aufhalten können. Kein Dumbledore und erst recht kein mickriger kleiner Harry Potter."

Doch wieder erklang tief in seinem Inneren eine Stimme, die ihm sagte, dass es Harry Potter schon einmal gelungen war ihn aufzuhalten.

„Aufgehalten, aber nicht gestoppt", antwortete er der Stimme barsch.

Nagini wurde immer unruhiger, denn sie hatte ihren Herren nie zuvor so erlebt.

Verunsicherung war ein Wort, das in Voldemorts Wortschatz keinen Platz hatte, doch zum ersten Mal in seinem Leben verspürte er etwas in dieser Art.

Er konnte diese zweifelnde Stimme aus seinem Inneren, von der er bisher nie auch nur einen Ton gehört hatte, nicht mehr in den Griff bekommen.

War es möglich, dass ein Zauberer allein gegen derart viele Gegner ankam, sei er auch noch so mächtig?

„Es ist möglich", sagte Voldemort. „Selbst wenn man nicht daran glaubt, dass ich allein es schaffe, ich habe noch immer meine Todesser".

Aber meine Anhängerschaft wird immer kleiner. Zu viele sind im Ministerium geschnappt wurden und die, die mir bleiben sind nicht die größten Leuchten.

„Und wenn schon", zischte Voldemort sich selbst an. „Ich bin auf diese Idioten nicht angewiesen".

Ohne sie würdest du noch immer irgendwo in Albanien in einer kaum existenten Gestalt hocken.

„Verdammt", schrie Voldemort.

Doch nun endlich fand er ein Mittel die Stimme in seinem Kopf zum Schweigen zu bringen. Viel wichtiger war doch jetzt herauszufinden, was diesen Geist dazu bewogen hatte zu ihm zu kommen.

„Was sollte das?", fragte er in den Raum hinein.

Vielleicht war es ein Trick von Dumbledore, um mich unsicher zu machen, überlegte er.

Doch er kam zu dem Ergebnis, dass dieser Tölpel zu so einem cleveren Schachzug nicht in der Lage sein würde.

„Es bringt nichts, sich darüber den Kopf zu zerbrechen oder Nagini?", fragte er seine Schlange, die daraufhin langsam auf ihn zu geglitten kam.

„Ich habe wichtigeres zu bedenken und zu planen, nicht wahr, meine Süße?".

Zwar sprach er diese Worte laut aus und meinte sie durchaus ernst, doch konnte er in sie in Wahrheit nicht in die Tat umsetzen.

Die Ankündigung des Geistes verfolgte ihn. Sie hatte sich in seinem Hirn festgesetzt und ließen ihn keinen klaren Gedanken mehr fassen.