Ich entschuldige mich für die lange Wartezeit, aber die Schule nimmt eben doch viel Zeit in Anspruch...


Kapitel 5

Harry war sichtlich nervös, als er die Küche betrat. Snape saß auf einem der Stühle und schaute Harry mit einem Hasserfüllten Blick an.

„Danke, dass Sie gekommen sind..."

„Potter! Wenn Sie bitte zum Punkt kommen könnten. Ich habe nicht den ganzen Tag Zeit.", unterbrach ihn sein Lehrer für Zaubertränke. Harry erinnerte sich an Remus Ratschlag und holte tief Luft, bevor er weiterredete. Worauf hatte er sich da nur wieder eingelassen?

„Ähm ja, also ich wollte mich bei Ihnen entschuldigen. Es war nicht richtig in Ihre Gedanken einzudringen. Ich will mich nicht rechtfertigen. Aber zu der Zeit dachte ich, dass der Orden Dinge von mir fernhält. Was mir aber nicht das Recht gibt, ihre Privatsphäre zu verletzen. Es tut mir leid."

Puh, das war doch noch mal gut gegangen. Und er hatte sich noch nicht mal verhaspelt. Harry war zufrieden mit sich. Vorsichtig hob er den Kopf und schaute in das leicht verblüffte Gesicht von Snape. Dieser aber setzte seinen emotionslosen Gesichtsausdruck wieder auf und musterte Harry aus seinen schwarzen Augen.

„So, so der große Harry Potter lässt sich zu einer Entschuldigung hinab. Ich hoffe, du und deine kleinen Gryffindor Freunde hatten eine Menge Spaß, als ihr euch über dieses wunderschöne Erlebnis ausgelassen habt."

„Wenn Sie es unbedingt wissen wollen, ich habe keiner meiner Freunde von dem erzählt, was ich in ihrem Denkarium gesehen habe. Die Einzigen, die ich darauf angesprochen habe waren Remus und Sirius und das auch nur, weil ich wissen musste, ob Sie recht hatten und mein Vater wirklich so arrogant gewesen ist.", Harry funkelte seinen Professor böse an.

Snape betrachtete Harry mit einem abwertenden Blick, „Wenn Sie fertig sind meine Zeit zu verschwenden, Mr. Potter, dann werden Sie ja auch nichts dagegen haben, wenn ich mich jetzt von Ihnen verabschiede."

„Eigentlich wollte ich Sie um etwas bitten, Professor... Und zwar möchte ich Sie fragen, ob Sie bereit wären, mit dem Occlumency Unterricht fortzufahren. Ich verspreche Ihnen auch, dass ich mehr dafür tun werde, als letztes Jahr. Ich weiß jetzt wie wichtig dieser Unterricht für mich ist." Harry hatte sich bemüht Snape geradewegs in die Augen zu schauen, als er dies gesagt hatte und beobachtete nun dessen Reaktion.

Snape musterte seinen Schüler mit einem misstrauischen Blick und schien einem inneren Kampf verfallen zu sein, ob er es wagen sollte dem jungen Gryffindor erneut Unterricht zu erteilen. Schließlich schien er zu einem Entschluss gekommen zu sein. Mit einem letzten Blick auf Harry gewandt verkündete er, „Wir fangen im August mit dem Unterricht an. Immer dienstags und donnerstags. Sie wissen ja, was Sie in der Zwischenzeit üben sollten, Potter." Damit verschwand er auch schon aus der Küchentür. Sein Umhang wehte wie immer hinter ihm her und ließ seinen Abgang noch dramatischer wirken.

Erleichtert, das Gespräch nun endlich hinter sich zu haben, ließ Harry sich auf einen der Stühle sinken. Kurz darauf flogen die Türen wieder auf und Hermine, Ron und Ginny kamen herein gelaufen.

„Wir haben Snape gerade desapparieren sehen. Wie ist es gelaufen?"

„Oh, er konnte es natürlich nicht lassen, seine typischen Kommentare abzugeben. Aber letztendlich hat er eingewilligt."

„Das ist doch fantastisch, Harry."

„Überlass es Hermine, dass sie sich über extra Stunden mit Snape freut.", war Rons typischer Kommentar, der ihm einen ärgerlichen Blick von Hermine und Ginny einhandelte.

Die Tage flogen nur so an Harry vorbei und schon fand er sich in der Küche von Grimmauldplatz 12 wieder. Alle seine Freunde waren da und redeten aufgeregt durcheinander. Vor ihm auf dem Tisch lag ein Stapel Geschenke, die nur darauf warteten von Harry geöffnet zu werden. Denn es war der einunddreißigste Juli, Harrys Geburtstag. Schon kurz nachdem er aufgestanden war, hatte er Remus gefragt, wann sie aufbrechen würden, um seine Eltern zu besuchen. Doch dieser hatten ihn nur lächelnd fortgeschickt und gemeint, er solle sich erst mal von seinen Freunden feiern lassen.

„Öffne meins zuerst, Harry. Das Blaue." Und schon hatte Ron ihm eine kleine in blaues Geschenkpapier gewickelte Box in die Hand gedrückt. Als Harry den Deckel der Box öffnete surrte ein kleiner goldenschimmernder Ball heraus. Harry schnappte mit seiner freien Hand nach ihm. Es war ein Schnatz. „Danke, Ron." Bevor der Ball erneut davonfliegen konnte, sperrte Harry ihn zurück in die Box.

Von Hermine bekam er, wie jedes Jahr, ein Buch. In großen goldenen Buchstaben stand auf dem Einband: ‚Du willst dich selbst verteidigen? – Ein Buch über die verschiedensten Zauber gegen die Dunklen Künste'. Fred und George gaben ihm einen ganzen Karton voll mit Süßigkeiten, deren Namen Harry noch nie gehört hatte. Er konnte nur ahnen, dass sie aus dem Sortiment der Beiden stammten. Und somit machte er sich eine gedankliche Notiz nichts von all dem zu essen, da er nicht wusste was sie bewirkten. Von der ganzen Weasley Familie bekam er ein Foto, auf dem er mit der restlichen Weasley Familie zu sehen war. Es musste in dem Sommer vor seinem vierten Jahr in Hogwarts aufgenommen worden sein, bevor die Quidditch Weltmeisterschaft begann.

Remus Geschenk brachte erneut Tränen in Harrys Augen. Als er das alte Lederbuch in den Händen hielt, hatte er mit einem fragenden Blick zu Remus geschaut. Dieser hatte ihn mit einem kleinen Lächeln ermutigt, das Buch zu öffnen. Die Seiten waren bereits leicht vergilbt und ein Geruch, den er schon öfter bei Büchern aus der Bibliothek war genommen hatte, stieg Harry in die Nase. Auf der ersten Seite stand in grüner Tinte:

In Erinnerung an die guten, alten Zeiten

Die Schrift war ordentlich und sauber. Die einzelnen Buchstaben waren geschwungen. Verdutzt blätterte Harry weiter. Auf der nächsten Seite war ein Foto zu sehen. Ein junger James Potter und Sirius Black standen kameradschaftlich vor den schweren Eingangstüren Hogwarts. Und winkten geheimnisvoll in die Kamera. Der Rest der Seiten war ebenfalls mit Fotos gefüllt, welche die Marauder und später auch Lily in ihren Jahren in Hogwarts und danach zeigten.

„Ich weiß, Hagrid hat dir bereits ein Fotoalbum geschenkt, aber dieses hier ist viel persönlicher. Du wirst keines der Fotos in Hagrids Album finden."

„Danke, Moony."

Da nun alle Geschenke geöffnet waren, präsentierte Molly stolz einen großen Schokoladenkuchen, den sie anlässlich Harrys Geburtstag gemacht hatte. Sogar Dumbledore kam kurz vorbei, um Harry zu gratulieren.

Am späten Nachmittag saßen Hermine, Ron, Harry und Ginny im Wohnzimmer und spielten verschiedene Partien Schach und zwei, drei Muggelkartenspiele. Ron war etwas enttäuscht, dass die Karten nichts besonderes machten.

„Harry, kann ich dich kurz sprechen." Remus erschien in der Tür und lächelte den Teenagern zu. Die beiden gingen raus in der Halle um ungestört miteinander reden zu können, denn Remus hatte sich denken können, dass Harry nicht wollte, dass seine Freunde über ihren Plan Bescheid wussten.

„Wenn du bereit bist, können wir jetzt nach Godrics Hollow aufbrechen." Auf den verwirrten Blick Harrys fügte er hinzu, „Dem Dorf, wo deine Eltern gelebt haben und nun begraben sind."

„Okay, ich ziehe mir nur schnell ein Pulli drüber." Kurz darauf apparierte Remus mit Harry, dem er eine Hand auf die Schulter gelegt hatte, davon.

Wenig später fand sich Harry vor schwarzen Toren wieder, hinter denen sich ein Pfad erstreckte.

„Na dann lass uns gehen." Remus leitete Harry mit einer Hand an seinem Rücken behutsam durch die schweren eisernen Tore hindurch. Rechts und links von dem Pfad zweigten kleinere Wege ab, an denen Gräber aufgereiht waren. Remus führte Harry in einen dieser Wege im hinteren Teil des Friedhofes bis sie vor einem größeren Grab stehen blieben. Auf dem Grabstein war zu lesen:

Hier ruhen in Friede

Lily und James Potter

Geliebte Eltern und Freunde

Unter ihren Namen war ein Hirsch eingraviert, der an einer Blume schnupperte. Das Grab selbst schmückten verschiedene Blumen, die alle in ihrer vollen Bracht blühten. Remus drückte die Schulter des jungen Zauberers leicht, bevor er sich entfernte und den Jungen mit seiner Trauer allein ließ.

Harry starrte den Grabstein eine lange Zeit einfach nur schweigend an. Er bemerkte nicht, als sich Tränen in seinen Augen bildeten und wie Remus davon ging. Er ließ seiner Trauer freien Lauf und murmelte leise Worte an seine Eltern.

„Oh Mum... Dad ich vermisse euch so sehr. Ich wünschte, ihr könntet bei mir sein. Alles was ich von euch habe sind Fotos... und Geschichten...

Das Leben mit den Dursleys ist schrecklich. Wie hast du es nur mit Petunia ausgehalten, Mum? Aber ich habe großartige Freunde gefunden, die mir Helfen. Und auch Remus ist eine große Stütze.

Ich hoffe euch geht es gut, da wo ihr jetzt seit. Und vielleicht könntet ihr Sirius von mir ausrichten, wie leid mir alles tut und dass ich mich bemühen werde, mehr zu lernen..."

Harry blieb noch länger am Grab seiner Eltern stehen und erzählte ihnen von seinem Leben. Am Ende stand er nur noch da, Tränen liefen ihm stumm über die Wangen, und starrte den Grabstein an. Eine Hand auf seiner Schulter ließ ihn aus seiner Trance schrecken. Remus stand neben ihn und betrachtete ebenfalls das Grab.

„Wir sollten jetzt besser gehen, Harry. Es ist schon spät."

„Hm... Hat Sirius... hat er auch ein Grab?"

„Nein, sein Körper ist nicht zurückgeblieben, als er durch den Bogen gefallen ist."

„Könnten wir ihm hier eine Erinnerung setzen? Nicht viel. Nur ein paar Worte unten auf dem Grabstein?"

Remus antwortete nicht, sondern schwang seinen Zauberstab etwas und Worte gravierten sich, wie von Geisterhand, in den Stein.

‚In liebevoller Erinnerung an Padfoot',
stand nun dort.

Harry musste lächeln. Ja, so hätten seine Eltern es sich bestimmt gewünscht. Mit einem letzten Blick auf das Grab folgte er Remus aus dem Friedhof hinaus.

„Remus, noch eine letzte Bitte. Meine Eltern haben doch hier gewohnt, oder? Kannst du es mir zeigen?"

„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist, Harry. Von dem Haus ist nicht mehr fiel übrig. Im Grunde sieht es noch so aus, wie es nach Voldemorts Angriff aussah. Wir sollten nach Hause..."

„Bitte, Moony. Ich will es sehen." Remus machte den Fehler und schaute in die grünen Augen Harrys, in denen noch immer der Schmerz zu sehen war, den er beim Anblick der Gräber empfunden hatte. Widerstrebend willigte Remus schließlich ein und führte Harry durch einige Straßen hindurch.

Der junge Zauberer sah sich seine Umgebung genauer an und musste feststellen, dass viele der Häuser verlassen und leicht heruntergekommen waren. Es dämmerte bereits und ein leicht kühler Wind blies ihnen ins Gesicht. Vor den Ruinen eines Hauses kamen sie zum Stehen.

„James hatte hier schon seine Kindheit verbracht. Im Grunde hat in diesem Haus immer ein Potter gewohnt. Nachdem seine Eltern gestorben waren, stand es erst einmal leer. Denn James war noch in Hogwarts und danach zogen er und Sirius in ein kleines Häuschen. Dann ging alles ziemlich schnell. Er und Lily heirateten und er beschloss das Haus seiner Eltern wieder auf Vordermann zu bringen und mit ihr einzuziehen.

Das Haus war schon immer klein gewesen. Ich meine, für ihr Vermögen hätten sich die Potters locker ein größeres Haus leisten können. Aber sie hatten es lieber gemütlich. Wobei, ich glaube, sie hatten noch ein Schloss in Schottland. Ich bin mir aber nicht sicher. Na ja, jedenfalls hat das Haus für euch drei gereicht. Lily hat es schon immer geliebt."

Harry starrte traurig auf die Überreste seines Elternhauses. Er konnte sich natürlich nicht an sein erstes Jahr erinnern, das er hier mit seine Eltern verbracht hatte. Ganz im Gegenteil, die einzige Erinnerung, die in seinem Kopf auftauchte, waren die Schreie James und Lilys als Voldemort sie in jener Halloween Nacht aufsuchte. Die selben Schreie, die er hörte, wenn sich ein Dementor näherte. Ärgerlich schüttelte er den Kopf, um seine Gedanken zu vertreiben.

„Warum hat sich nie jemand darum gekümmert, es wieder aufzubauen oder ganz abreisen zu lassen?"

„Das Haus wurde dir vererbt. Nur du allein kannst darüber entscheiden, wenn du volljährig bist. Und wie du schon bemerkt hast, wohnen nur noch wenige Menschen in dieser Gegend. Da stört das keinen."

„Und was ist mit ihren Sachen? Die Möbel und alles persönliche? Das wurde doch nicht etwa weggeschmissen, oder Moony?"

„Oh nein, ich glaube, dass es alles in einem Verlies bei Gringotts liegt. Dumbledore müsste den Schlüssel für dich aufbewahren. Nun komm, Harry. Es ist schon spät. Wir sollten zurück gehen."

Widerwillig wandte Harry den Blick ab und stellte sich dicht neben Remus, so dass dieser mit ihm zurück zum Grimmauldplatz apparieren konnte. Mittlerweile war es schon dunkel geworden und Grimmauldplatz lag in Stille da. Harry bedankte sich bei Remus, für alles was er für ihn getan hatte und überraschte ihn und sich selber, als er ihn kurz umarmte.