Titel : Eine Frage der Zeit - A Matter of Time
Autor : astrophilia
Inhalt : Harry ist nicht mehr derselbe . nicht seit dem Kampf um
Hogwarts. Das Leben erscheint so sinnlos. Und dann geschieht etwas
vollkommen Unglaubliches, etwas, dass Harry wieder einmal seinem ärgsten
Feind gegenüberstellt .
Feedback : aber immer doch : mione@web.de
Altersbeschränkung : Aufgrund er mangelnden Liebeszenen und der Tatsache,
dass Herr der Ringe auch ab 12 freigegeben ist . ja, ab 12 eben :o)
Disclaimer : Alle hier enthaltenden Figuren und Orte (mit Ausnahme derer,
die ich erfunden habe) gehören Joanne K. Rowling und Warner Bros., eine
Copyright-Verletzung ist nicht beabsichtigt.
Kategorie: Mystery, Drama, Dark-Fiction
Betaleser : Die liebe, liebe Tia *wild wink* .. Danke für die Hilfe!
Widmung : Das hier ist für Johanna, die mich erst zum Harry Potter -
Lesen gebracht hat, für meine beste Freundin Drea und alle, die das
Träumen nicht verlernt haben.
Anmerkung : Gaaaanz wichtig: das hier ist Stand nach Buch 4, das heißt
unser Lieblingsanimagus lebt noch - mehr oder weniger. die Idee kam mir
vor "Order of the Phoenix", deswegen sieht die "Realität" hier etwas
anders aus . nur das ihr's wisst *gg* . Ach und ja, etwas worauf mich Tia
aufmerksam gemacht hat: An einer Stelle spricht Ron Harry mit "Henry" an,
das ist kein Schreibfehler sondern Absicht. Im Englischen ist "Harry" die
allgemein gebräuchliche Abkürzung von "Henry", deshalb und ich wollte
betonen, dass Ron wirklich sauer ist. Wer kennt das nicht, im Alltag
heißen wir "Steffi", aber wenn wir was angestellt haben heißen wir
plötzlich "Stefaniiiieeee" ... so ungefähr *gg*
An die Leser : Okay, das hier ist meine erste Fanfiction, deswegen habt
Nachsicht mit mir, falls ich etwas durcheinander gebracht habe . ich
wünsche euch viel Spaß beim Lesen und es wäre schön von euch zu hören,
wie ihr meine Geschichte findet . alles Liebe,
philia
Eine Frage der Zeit
Erinnerungen (Kap.1)
******************** The winter here's cold and bitter It's chilled us to the bone I haven't seen the sun for weeks Too long, too far from home It feels just like I'm sinking And I claw for solid ground Pulled down by the undertow I never thought I could feel so low Oh darkness, I feel like letting go (c) Sarah McLachlan, "Full of Grace" ******************************************
"Also, habt ihr das alle verstanden?"
Der junge Mann drehte sich um, so dass er nun mit dem Rücken zur Tafel stand und ließ seinen Blick über die Klasse schweifen. Die Fünftklässler von Gryffindor und Slytherin starrten mit ratlosen Gesichtsausdrücken von ihren Bänken zurück. In den hinteren Reihen hörte er Stella Rosenberg aufgeregt mit Justitia Maynard flüstern und aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Nepomuk Spencer heimlich mit seinem Zauberstab Pergamentkügelchen dirigierte und damit auf Prudentia Dashwood schoss. Er schüttelte missbilligend den Kopf und brummte:
"Nepomuk, lass es!"
"Was, Sir?"
"Du weißt verdammt noch mal genau, was ich meine."
Es war ihm so schnell raus gerutscht, dass er erst danach merkte, dass er geflucht hatte. Mist, dachte er, heute läuft aber auch alles schief. Warum hatte ihm denn auch keiner erklärt, wie man mit Schülern umgehen musste? Hineingestoßen hatte er ihn, ohne auch nur einen Ton zu sagen. nein, das war nicht ganz korrekt. "Du schaffst das schon.", das hatte er ihm gesagt. War aber auch nicht wirklich hilfreich gewesen. Natürlich war es herrlich, Arbeit zu haben und es war nicht so, dass ihm das, was er tat nicht gefiel . aber er kam sich ziemlich ratlos vor, ein Gefühl, dass ihn schon seit ein paar Jahren begleitete, und im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen passte ihm nicht. Na ja, das würde schon mit der Zeit verschwinden . hoffte er.
Wie dem auch sei, ob sein Fluchanfall nun pädagogisch wertvoll gewesen war oder nicht, es hatte gewirkt. Nepomuk hatte seinen Zauberstab mit schuldbewusster Mine zurück in die Tasche gesteckt und die Hände brav auf dem Tisch zusammen gefaltet, und die beiden Mädchen hatten erschrocken aufgehört zu flüstern. Er seufzte und wandte seinen Blick zum Fenster. Graue, fast schwarze Wolken hatten den Himmel verhangen, und der Regen peitschte wütend gegen die Fensterscheiben. Sie konnten den Wind heulen hören, der um die Gemäuer von Hogwarts fegte und das Knacken und Ächzen der mächtigen Bäume. Ab und zu zuckte ein Blitz über den Himmel und erhellte die Welt draußen für eine Sekunde oder zwei, bevor er von einem gewaltigen Donner gefolgt wurde. Es war ein Nachmittag Ende November, ein Freitag um genau zu sein, und weil es die letzte Stunde vor dem Wochenende war, waren die Fünftklässler ungeduldig und aufgekratzt. Er seufzte noch einmal und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Klasse zu.
"Habt ihr mir überhaupt zugehört?" fragte er und schob die Hände in die Hosentaschen. Wie zu erwarten gewesen war kam keine Antwort zu ihm zurück. Die Gesichter waren noch genauso ratlos wie zuvor. Er schwieg für einen Moment und es war so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können - wenn das tobende Unwetter draußen es nicht übertönt hätte. Schließlich nickte er resignierend.
"Also schön, wir beenden die Stunde für heute. Aber ich will, dass ihr euch bis zur nächsten Stunde in eurem Buch über die Boggarts informiert habt und mir sagt, wie ihr mit ihnen fertig werden könnt. Und damit ich sicher sein kann, dass ihr das auch wirklich tut, werde ich nächsten Freitag einen Test schreiben lassen. Die, die sich wirklich mit dem Buch befasst haben, werden keine Probleme haben."
Toll, gut gemacht. Knurrte er sich im Geiste selber an, Deine rhetorischen Fähigkeiten beschränken sich wirklich nur aufs 'Hallo' - Sagen. und du drückst dich in etwa so verständlich aus wie eine Bauanleitung von IKEA. und wie gut, dass du nicht die leiseste Ahnung hast, wie man einen Test vorbereitet oder benotet . du alter Idiot. Langsam begann er sich zu fragen, ob die Idee nicht doch ein totaler Reinfall gewesen war. Wenn er genauer darüber nachdachte, war es sogar eine totale Schnapsidee gewesen. er würde es Remus sagen, sobald er ihn das nächste Mal sah. Er riss sich aus seinen Gedanken und bemerkte, dass ihn die Schüler erwartungsvoll anstarrten. Er runzelte die Stirn. Was war denn jetzt los? Hatte er etwas im Gesicht? War seine Hose offen? Musste er noch etwas verkünden? Hatte er etwas vergessen???? . Oh . ja ... natürlich. er widerstand der Versuchung, sie spontan mit der flachen Hand vor die Stirn zu schlagen und sagte:
"Ihr dürft gehen. Bis nächsten Freitag."
"Bis nächsten Freitag, Mr. Potter."
Die Fünftklässler sprangen auf, schoben die Stühle zurück, packten hektisch ihre Sachen ein, als ob sie sich auf der Flucht befänden und stürmten aus dem Klassenraum. Er konnte ihren lauten Stimmen und ihr Lachen im Flur hören. und seufzte noch einmal. Das schlechte Wetter drückte ihm aufs Gemüt, aber es war nicht bloß das. Langsam ging er zu seinem Pult und begann, seine Unterlagen zusammen zu suchen. Dabei fiel sein Blick auf das Tafelbild, das er während der Stunde gezeichnet hatte. Es war so unübersichtlich, dass er selber nicht mehr so genau wusste, was er damit eigentlich hatte sagen wollen. Ein Wirrwarr aus Strichen, Zeichnungen, Informationen - kein Wunder, dass die Schüler so verständnislos gewirkt hatten. Plötzlich klopfte es an der Holztür, und Harry zuckte leicht zusammen.
"Ja bitte?"
Es war Remus Lupin, der seinen Kopf hereinsteckte.
"Ach, du bist es." Sagte Harry und lächelte leicht.
"Ja, ich bin es." Erwiderte Lupin und trat ein. "Ich wollte dich eigentlich fragen, wie deine erste Stunde gelaufen ist, aber ich glaube dein Gesicht spricht Bände."
"Ist es so offensichtlich?" Harry ließ sich auf den Stuhl, der hinter dem Pult stand, fallen und stützte kraftlos das Gesicht in die Hände. Obwohl er mittlerweile über 20 war, fand Lupin, dass Harry immer noch aussah wie der 13jährige, dem er damals Unterricht gegeben hatte, jedenfalls in Momenten wie diesen. Er trug immer noch dieselbe Frisur (vermutlich lag das daran, dass Harrys Haare eine Art Eigenleben zu führen schienen und keine andere Frisur duldeten), dieselbe schwarze Nickelbrille, und obwohl er in seinem 16. Lebensjahr ordentlich in die Höhe geschossen war (er überragte Lupin jetzt um ein paar Zentimeter), hatte das nichts daran geändert, dass er immer noch schmächtig und irgendwie verloren wirkte. Wären seine Hände nicht filigraner und stärker und seine grünen Augen müder gewesen, hätte man ihn einige Jahre jünger geschätzt. Und er wurde seinem Vater immer ähnlicher, zumindest was das Äußere betraf. Lupin grinste.
"Kann man so sagen. Du hättest es dir auch direkt auf die Robe schreiben können: Meine erste Stunde war schrecklich."
Harry lachte leise auf. Es tat Lupin gut, Harry lachen zu hören - das hatte er in den letzten Jahren nicht allzu oft getan. Harry kratzte sich am Kopf und sah Lupin unverwandt an.
"Das hätte es aber ziemlich genau getroffen."
"Ach komm, so schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein."
"Ach nein?" Wortlos deutete Harry mit dem Kopf auf die Tafel, die links neben ihm stand.
"Uff." Machte Lupin und legte den Kopf schief, während er stirnrunzelnd versuchte, in Harrys Erläuterungen einen Sinn zu erkennen. Harry nickte ihm bloß zu.
"Siehst du?"
"Okay, es ist vielleicht nicht ganz gelungen, aber es war deine erste Stunde, nächstes Mal wird es besser."
Harry pfiff Luft durch die Zähne. "Ich frage mich, ob ich überhaupt weitermachen soll. Es liegt mir einfach nicht, ich kann nicht erklären, ich fluche im Unterricht."
Lupin lachte laut auf. "Na das ist natürlich tragisch. Hat es denn geholfen?"
"Em .ja.."
"Na bitte."
"Es ist mir Ernst Remus, ich kann .."
Luoin trat näher an den Tisch heran, stützte sich mit den Armen darauf und beugte sich leicht über Harry, so dass er ihm genau in die Augen sehen konnte.
"Hör mir mal zu Harry: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, und von meiner ersten Stunde möchte ich dir lieber nicht erzählen. Ich weiß, dass dieser Job vielleicht nicht genau das ist, was du immer machen wolltest - aber die Dinge sind wie sie sind .. Du kannst nicht nur in Sirius' Haus rumsitzen und Trübsal blasen. Du musst wieder raus in die Welt. Du kannst dich nicht einschließen, hörst du? Und die Stelle hier ist genau das Richtige für dich, bis du etwas Besseres gefunden hast. Bis du weißt, wie du weiter machen willst. Was du weitermachen willst."
Harry erwiderte nichts, wich aber auch seinem Blick nicht aus. Er verzog bloß zweifelnd den Mund.
"Harry, ich bitte dich." Sagte Lupin eindringlich, es klang fast flehend. Harry starrte ihn gedankenverloren an. Er wusste ja selber, dass Lupin Recht hatte, dass er sich nicht so hängen lassen durfte, aber es war so schwer. Vor 2 Jahren hatten sie Lupin zum Schulleiter von Hogwarts ernannt, nach Dumbledore's Tod. Damals hatte es viele Proteste und Tumult deswegen gegeben - man bedenke nur ein Werwolf als Schulleiter! - aber Arthur Weasley und noch einige Andere hatten sich für ihn stark gemacht, und so hatte Lupin seinen Posten in Hogwarts angetreten. Lupin hatte sich in den Jahren kaum verändert, abgesehen von ein paar grauen Strähnen, die nun seine Haare durchzogen, und ein paar Falten, die hinzugekommen waren. Im Großen und Ganzen sah er aber besser aus denn jemals zuvor. Harrys Vater und seine Mutter wären jetzt in demselben Alter gewesen - manchmal ertappte sich Harry dabei, dass er Lupin mit seinem Vater verglich. Nun, das ging natürlich nicht wirklich, Harry hatte seinen Vater ja nie gekannt, aber Lupin war in vielen Dingen so, wie Harry sich seinen Vater immer vorgestellt hatte - sogar Sirius hatte einmal gesagt, wie sehr die Beiden sich ähnelten. Lupin war mutig, freundlich, klug, loyal und besonnen - so wie sein Vater es gewesen war. Er selber glich eher Sirius als seinem Vater, er neigte dazu, unüberlegt und impulsiv zu handeln.
"Wahrscheinlich hast du Recht, wie immer." Sagte Harry matt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Plötzlich sah er Jahre älter aus. Lupin spürte einen Stich in seinem Herzen - wie immer, wenn Harry traurig oder betrübt wirkte, und das war in den letzten Jahren fast durchweg der Fall gewesen. Es zeriss ihn förmlich zu sehen, was man diesem Jungen von seiner Geburt an angetan hatte, ein Kind hatte er nie sein können. Er hatte nie die bedingungslose Liebe einer Mutter oder eines Vaters gekannt, nur die unerbittliche seelische Vergewaltigung der Dursleys. Von wenigen glücklichen Momenten abgesehen war sein Leben nur von Gewalt, Tod, Verlust und Trauer bestimmt gewesen. Wenn er ihm doch nur helfen könnte - er versuchte es, versuchte es täglich, aber er wusste dass seine Hilfe lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein war. Harry wirklich helfen zu können.. dafür war es 20 Jahre zu spät. Lupin versuchte zu lächeln..
"Natürlich habe ich das."
"Oh und gar nicht eingebildet."
"Hey ich bin ein Werwolf - wie willst du da mithalten?"
"Ich habe Voldemort getötet.."
"Ich wusste, dass du jetzt wieder damit ankommen würdest, du alter Angeber."
"Du kennst mich zu gut."
"Ja, das bringt die Zeit mit .. Das und mein untrüglicher, wölfischer Spürsinn."
"Verstehe."
"Okay, ich werde dann mal gehen .. Kommst du klar?"
Harry sah ihn einen Moment lang an und nickte schließlich. "Ja, natürlich." Es klang nicht wirklich überzeugend, aber das tat es nie. Lupin biss sich auf die Unterlippe; er konnte nicht bleiben; in 10 Minuten hatte ein Treffen mit dem Schulrat. Harry ist alt genug .versuchte er sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, worauf sich sofort eine innere Stimme in seinem Kopf meldete: Man ist nie zu alt um Hilfe zu brauchen .
"Harry", begann er zögernd, " . ich hab jetzt einen Termin .. Ich muss mich beeilen. Aber wenn was ist, dann komm einfach in mein Büro, okay?"
"Klar." Hörte er Harrys Stimme, aber er klang abwesend. Sein Blick war auf das Fenster gerichtet, noch immer regnete es in Strömen. Lupin seufzte und ging langsam zur Tür. Als er sie erreicht hatte, blieb er abrupt stehen und drehte sich noch einmal um.
"Harry?"
"Hm?" machte Harry, und wandte den Kopf zu ihm.
"Deine Eltern wären stolz auf dich.. Nein, ich bin sicher sie sind es."
Harry schluckte kurz, bevor er leise antwortete.
"Danke, Remus."
Nachdem Remus den Raum verlassen hatte, blieb Harry noch eine Weile sitzen und starrte aus dem Fenster. Der Regen hatte etwas nachgelassen, aber es war immer noch stürmisch, und Harry war froh, drinnen sein zu können. Im Flur waren jetzt auch die Stimmen der anderen Schüler von Hogwarts zu hören, ihre Schritte auf dem Steinboden, ihr Lachen und Kichern. Vor ihnen lag das Wochenende, morgen würden viele von Ihnen einen Abstecher nach Hogsmeade machen, so wie es von jeher gewesen war. Es waren wieder sichere Zeiten. Das Alles erinnerte ihn so verdammt stark an seine Schulzeit hier. Als er noch relativ unbeschwert gewesen war, Ron, Hermione und er ein Team, eine Gemeinschaft.. Zusammen hatten sie ein Ganzes gebildet, jetzt schienen sie mehr einzelne Teile zu sein. Wie ein auseinander gebrochenes Puzzle, von dem niemand so recht wusste, wie es wieder zusammengesetzt wurde. Nicht, dass sie nicht immer noch Freunde waren, aber etwas hatte sich geändert. Vermutlich war das einfach so, wenn man erwachsen wurde (obwohl Harry sich nicht im Geringsten erwachsen vorkam), Ron und Hermione hatten jetzt ihr Leben und er seins. Hin und wieder kam er sich sehr einsam vor.
So viel hatte sich geändert, so viel Schreckliches war passiert. War es den Sieg über Voldemort wert gewesen, waren all die Opfer nicht sinnlos erbracht worden? Natürlich, natürlich waren sie das nicht, das sagte ihm sein Verstand täglich .. Aber er konnte es nicht verhindern, dass er manchmal daran zweifelte. Oft fragte er sich, ob denn überhaupt etwas Sinn machte. Schließlich erhob er sich aus seinem Stuhl, nahm schweigend seine Bücher und Schriftrollen unter den Arm und machte sich auf den Weg zu seinem Büro. Sein Unterrichtsraum lag in einem der vielen Türme von Hogwarts, und um sein Büro zu erreichen musste er fast einmal quer durch das ehrwürdige Schloss laufen. Er hatte keine Eile, es gab ja niemand, der auf ihn gewartet hätte.
Er erreichte sein Büro etwa 15 Minuten später. Es lag im 2.Stock von Hogwarts, und von seinen Fenstern aus hatte einen wundervollen Blick über den See und die Highlands. Gelegentlich konnte Harry sich dazu aufraffen, morgens früh aus den Federn zu kriechen um den Sonnenaufgang zu bewundern, aber den Großteil der Morgen verschlief er bis in die Mittagsstunden. Sein Büro war nicht sehr ausgefüllt, die meisten Regale waren noch leer und sein Schreibtisch sah relativ unbenutzt aus, er hatte ja auch grade erst mit der Arbeit begonnen. Einzig und allein ein paar Fotos an den Wänden und auf dem Schreibtisch ließen vermuten, dass der Raum tatsächlich genutzt wurde. Sein persönlicher Raum hingegen, der an sein Büro grenzte und in dem er während den Schultagen über lebte, sah generell aus wie nach einem Bombenangriff. Sein kompletter Besitz lag mehr oder weniger um die Regale und Schränke herum verteilt, als dass die Sachen sich darin befanden, und Remus wunderte sich in regelmäßigen Abständen, wie Harry jeden Morgen saubere Sachen zum Anziehen fand. Es schien gegen alle Naturgesetze zu verstoßen. Es war einmal Dumbledore's Raum gewesen, als er noch normaler Professor und nicht Schulleiter war, und Harry hatte den leisen Verdacht, dass Lupin ihm dieses Büro nicht zufällig zugeteilt hatte.
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Als Harry an diesem Nachmittag die Tür zu seinem Büro erreichte, stutzte er für einen Moment und dann musste er unwillkürlich lächeln. Neben dem Türrahmen hing ein frisch poliertes, rechteckiges Messingschild mit seinem Namen: H.J. Potter, Dozent. Lupin hatte es hierher gehängt, dessen war er sicher. Wahrscheinlich wollte Lupin ihm zeigen, dass er schon vollständig zum Lehrkörper gehörte - und so ein Messingschild hatte etwas Entgültiges an sich. Fast wie in einer Sekte, dachte Harry, Du entkommst uns nicht, jetzt wo du das heilige Messingschild, Blut deiner Ahnen, an deiner Tür hängen hast .. Er schüttelte den Kopf. "Potter", sagte er leise, Draco Malfoys Ton nachäffend, "du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank". Er öffnete die Tür, betrat den Raum, schob die Tür mit seinem Fuß wieder zu und warf die Pergamentrollen und Bücher auf den Schreibtisch. Es war mittlerweile stockduster draußen. Harry hatte keine Lust, jetzt noch den Test vorzubereiten, aber er hatte so was noch nie gemacht, und er wusste, dass seine ersten Versuche sowieso im Müll landen würden. Also war es klüger, sich jetzt schon mal daran zu setzten. und er hatte ja sowieso nichts Besseres zu tun. Er legte seine schwere, schwarze Robe ab und warf sie über die Lehne des Sessels, der vor seinem Bürotisch stand, und setzte sich in seinen Jeans und einem von Molly Weasley's Pullovern (die ihm seltsamerweise immer noch passten, und die er oft unter seiner Robe trug) auf seinen Platz. Er nahm ein leeres Stück Pergament, seinen Federkiel und schrieb seine erste Frage auf, Woher stammen die Boggarts?, und stoppte. Stirnrunzelnd betrachtete er das Blatt. War das zu einfach? Zu schwer? Er hatte keine Ahnung .. Na das konnte ja heiter werden. Er steckte das Ende des Federkiels in seinen Mundwinkel, kaute gedankenverloren darauf herum und starrte an die Wand zu seiner Rechten, die er mit Fotos dekoriert hatte. Da waren zahlreiche Fotos von Sirius, dann einige von Hermione und Ron, eins von der gesamten Familie Weasley, alte Schulfotos, und eine Postkarte die Ron und Hermione vor 2 Jahren aus ihren Flitterwochen in Prag geschickt hatten. Er dachte an ihre Hochzeit zurück. Wenn er es recht bedachte war das der Punkt gewesen, an dem die Wege der 3 sich endgültig getrennt hatten. Ron und Hermione waren anschließend nach Yorkshire gezogen, weil man Ron dort eine Stelle in der lokalen Behörde für Schutz der Magischen Kultur und Gesellschaft angeboten hatte, und Hermione hatte für kurze Zeit als Lehrerin gearbeitet, bis sie schwanger geworden war. Er seufzte erneut. es schien sein Tag der schwermütigen Gedanken und Seufzer zu sein.
"Hallo." Hörte Harry plötzlich eine vertraute Stimme vor ihm. Vor Schreck wäre er fast mit dem Stuhl hinter rüber gekippt. Vor ihm stand ein großer, schlaksiger, in einem Anthrazit-Farbenden Anzug (welcher ihn sehr weltmännisch und elegant wirken ließ) gekleideter junger Mann und mit leuchtend roten Haaren, der ihn schelmisch angrinste.
"Ron!" rief Harry verwundert aus.
"Ja, genau der. Ich hoffe ich störe dich nicht zwischen deinem Nichtstun, auf dem Federkiel rumkauen und gedankenverloren in die Gegend starren."
"Natürlich nicht. Was tust du denn hier??? Ich meine, in Hogwarts?"
"Ich war geschäftlich in der Nähe, und da dachte ich, ich könnte dem neuen Lehrer für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste gratulieren. Möge die Macht mit dir sein, Harry."
Harry grinste.
"Dann hast du also endlich Star Wars gesehen?"
Ron nickte. "Ja, Hermione hat darauf bestanden mit mir ins Kino zu gehen, damit ich den Film auch mal sehe. Sie meinte, wenn sie ich mit ihrer Muggel- Familie zurecht kommen und von ihr akzeptiert werden will, muss ich wenigstens in den Gründzügen zivilisiert sein, wie sie es nennt. Sehr faszinierende Technologie so ein Film, wirklich." Er lachte kurz.
Harry lächelte. Es war immer schön, Ron wieder zu sehen, weil sich während der Jahre nichts an ihrer Vertrautheit geändert hatte, es war dann fast wie in alten Zeiten .. Doch jedes Mal wenn Ron von Hermione sprach, von seiner Hermione - wie er sie gerne nannte-, dann wurde Harry schmerzlich bewusst, dass es nie mehr so werden würde wie es einmal gewesen war. "Und, wie geht es euch so? Hermione, dir und Philomena?"
Ron's Augen fingen an zu leuchten, wie immer, wenn ihn jemand nach seiner Tochter fragte. Seine Stimme und seine Gesichtszüge wurden dann ein Stück weicher, sein Ton wärmer. "Oh uns geht es gut. Philomena ist schon wieder gewachsen und letzte Woche hat sie ihr erstes Wort gesagt . letzten Sonntag, stell dir vor, sie hätte einen Tag damit gewartet, dann wäre ich auf der Arbeit gewesen und hätte es gar nicht mit bekommen .."
"Und was hat sie gesagt?" Der Rotschopf grinste vielsagend. "Buch." Sagte er dann tonlos.
Harry konnte sich nicht anders helfen als laut loszulachen. Er erschrak ein wenig, denn er hatte sich schon seit Monaten nicht mehr wirklich lachen gehört. es klang fremd, als ob er bloß seinen Mund öffnete und jemand Anders durch ihn lachte. Er bemerkte, dass Ron ihn anscheinend zufrieden beobachtete.
"Hat sie nicht." Antwortete Harry amüsiert.
"Doch, ich schwöre es dir, genau das hat sie gesagt." Ron lachte wieder kurz. "Sie schlägt wirklich genau nach Hermione."
"Ja." Sagte Harry und warf einen Blick auf die Fotografie der kleinen Familie, die an seiner Wand hing. Da war Hermione, wie eh und je, und daneben Ron, der die in die Kamera winkende und lachende Philomena auf dem Arm hatte. Philomena war ein entzückendes Kind. Sie hatte Hermione's Augen und Nase geerbt und Ron's Mund, ihre Haare waren so leuchtend rot wie die der Weasleys, aber lockig wie der Schopf ihrer Mutter. Sie sah ein bisschen aus wie Ginny ausgesehen hatte, als sie in dem Alter gewesen war. Zahllose Sommersprossen erstreckten sich über Philomenas Nase und ihre Wangen, und im Gegensatz zu anderen Müttern weigerte Hermione sich, sie in Kleidchen und Strumpfhosen einzukleiden. Sie bestand darauf, dass Philomena die Möglichkeit haben sollte, alles in ihrer Umwelt zu erkunden, und hübsche Kleidchen -die man um Gottes Willen nicht beschmutzen durfte- würden sie bloß daran hindern. So sah man Philomena Anne Weasley (wie ihr voller Name war) nur in Latzhosen, kleinen Jeans, Hemden oder T-Shirts herum turnen, aber grade das fand Harry so besonders herzig an ihr. Sie war ein kleiner, ungestümer Wildfang, und er liebte sie abgöttisch. Er konnte stundenlang mit ihr durch die Felder und Wälder ziehen, die Welt mit ihr entdecken, ihr Geschichten erzählen oder mit ihr Spiele spielen.
"Dann hast du bald zwei Alleswisser in deinem Leben." Fügte er hinzu.
"Och .. Das stört mich nicht. Sie ist wie ein kleines Wunder, Harry. Du musst uns bald wieder besuchen kommen, sie vermisst dich . sie kann es zwar nicht sagen, aber dauernd zeigt sie mit ihren kleinen Fingern auf das Foto von Dir .. Sie vermisst ihren Patenonkel.."
Kaum war der Satz Ron heraus gerutscht, da bereute er es auch schon. Wie hatte er bloß so dumm sein können! Muntere ihn ein bisschen auf! Hatte Lupin ihn gebeten, na, das war wohl nach hinten losgegangen. Hilflos beobachtete Ron, wie Harrys Miene sich versteinerte, nach Fassung ringend, und wie seine Lippen und seine Hände anfingen zu zittern.
Ron hob entschuldigend die Hände. "Harry, es tut mir leid, wirklich . ich wollte nicht." sagte er hilflos. Harry nickte nur leicht, weil er krampfhaft versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Hör auf, Potter! Hörte er seine scharfe Stimme im Kopf. Es ist schon 4 Jahre her! "Schon okay." Presste er hervor. Wenn er jetzt bloß nicht zu weinen anfing . wenn er bloß Ruhe bewahren könnten .. Wenn die Tränen erst mal ihren Weg nach draußen gefunden hatten, wer wusste dann schon, ob er jemals wieder würde aufhören können. Er ballte seine Hände zur Faust, so stark, dass die Knöchel weiß wurden. Er atmete tief durch und fühlte, wie die Anspannung und das Bedürfnis, seinen Schmerz in die Welt hinaus zu schreien, nachließen. Noch mal geschafft
"Tut mir leid." Murmelte er.
"Nein, mir tut es leid.." Sagte Ron und biss sich auf die Unterlippe. Seit vier Jahren ging das schon so, 4 Jahren in denen Harry sich vollkommen verändert hatte. Nachdenklich war er immer gewesen, aber auch voll des festen Glaubens, dass man sein Schicksal in die Hand nehmen konnte, dass es sich zu kämpfen lohnte und man erstens: immer eine Wahl und zweitens: immer eine Chance hatte. Doch seit diesem Tag vor vier Jahren. zuerst war er vollkommen aus der Fassung geraten, er war nahe am Rande des Wahnsinns gewesen. dann war er für fast ein Jahr lang verschwunden, und nach seiner Rückkehr hatte er nie jemanden erzählt, was er eigentlich während dieser Zeit getan hatte. Nach seiner Wiederkehr war er depressiv geworden, hatte monatelang in Sirius' Haus gesessen und es nicht verlassen. Hermione, Neville, Fred, George, er selber, Lupin - sie hatten alle versucht ihm zu helfen, ihn aufzumuntern, sie hatten ihn angeschrieen, ihm zugeredet, versucht ihn zum Reden zu bewegen, ihm professionelle Hilfe angeboten, aber es war zwecklos gewesen. Harry hatte sich vollkommen in sein Schneckenhaus zurückgezogen und niemand an sich heran gelassen. Die Summe seiner Wut und seiner Trauer war zu groß gewesen, als dass er sie hätte herauslassen können.
Ein Jahr lang war es so gegangen, dann hatte es Lupin irgendwie geschafft, dass Harry sich - am Anfang kaum merklich, aber doch bestätig - wieder für das Leben zu interessieren begann, für das was um ihn herum geschah. Er war auf Hermines und seiner Hochzeit Ron's Treuzeuge gewesen, und er hatte sogar die Patenschaft für Philomena übernommen, als Hermione sie ihm angeboten hatte. Während der letzten zwei Jahre hatte er sie ab und zu besucht, hin und wieder auch Lupin, es war eine schwere Zeit gewesen. Und ein harter Weg. dass Harry jetzt tatsächlich die Stelle in Hogwarts angenommen hatte, war wie ein Wunder, jedenfalls erschien es seinen Freunden so. Das war allein Lupins behutsamen und sensiblen Einfluss zu verdanken. Er hatte in Harry's Leben die Rolle des Mentors eingenommen, und füllte sie so gut er konnte. Harry schien wieder zu sich gefunden haben - oberflächlich gesehen. Aber Ron wusste, dass es unter der Oberfläche brodelte, und dass Harry tagtäglich erneut am Abgrund stand. Es war immer noch besser, Sirius' Namen nicht zu erwähnen, oder alles was mit ihm zu tun hatte.
"Ich kann sie verstehen." Hörte er plötzlich Harry flüstern. Es kam so überraschend, dass Ron leicht zusammenzuckte. Erstaunt sah er Harry an - die Augen seines Freundes waren voll Trauer, er wirkte matt und war auf seinem Stuhl zusammen gesunken - und wusste nicht, was er sagen sollte. Jahrelang hatte er sich darauf konzentriert, nicht über Sirius zu sprechen, und jetzt da Harry über ihn redete - da konnte Ron es nicht mehr. Er hatte die Hoffnung, dass Harry aus der Isolation mit seinem Schmerz irgendwann ausbrechen würde - irgendwann aufgegeben.
"Du vermisst ihn immer noch, nicht wahr?" fragte Ron und hoffte, dass er nicht direkt wieder eine Krise herbeiführen würde.
"Ja . ja das tue ich." Antwortete Harry. Seine Stimme war kraftlos, aber er klang auch seltsamerweise erleichtert. Als wenn er seit einer Ewigkeit darauf gewartet hatte, diese Worte auszusprechen, es zuzugeben. und so war es auch. Harry konnte selber nicht glauben, was er so eben gesagt hatte. Es war so einfach gewesen, so ganz anders als seine Vorstellung es ihm immer gesagt hatte. er hatte immer geglaubt, sein Zugeständnis würde ihn nackt wirken lassen, würde die harte Rüstung durchbrechen und jedem erlauben, Einblick in sein verwundetes Selbst zu nehmen, aber es war ganz anders. Er fühlte sich leichter, freier .. Ron würde es niemandem verraten, wenn Harry es nicht wollte, dessen war er sich sicher.
"Ich vermisse ihn auch, Harry. Ihn und Ginny."
Harry spürte einen kurzen Stich in der Nähe seines Herzens. natürlich, wie hatte er bloß so selbstsüchtig sein können.. so viele waren gestorben damals, beim Kampf gegen Voldemort Hunderte, die in diesen Tagen bewiesen hatten, wie viel tapferer und stärker sie waren, als man es ihnen zugetraut hatte, als sie es sich jemals selbst zugetraut hätten. Die nichts gefürchtet hatten, weder Schmerz noch Tod. deren Namen nun in die Geschichte eingegangen waren. In Hogwarts war ein Denkmal errichtet worden, eine 4m hohe Steinsäule, auf denen die Namen eingraviert waren .. Lee Jordan, Angelina Johnson, Colin Creevy, Ginny Weasley...
"Wie geht es deinen Eltern?" fragte Harry matt. Er konnte sich noch genau an den Moment erinnern, als Lupin und Dumbledore ihnen mitgeteilt hatten, dass Ginny von Voldemort getötet worden war Ginny die immer voll Bewunderung für Harry gewesen war . für ihre Brüder, das kleine schüchterne Mädchen, die in diesem Kampf sich in eine wahre Heldin verwandelt hatte. Die starb, um die ihren zu beschützen. So wie Sirius gestorben war, um ihm, Harry, das Leben zu retten.
"Sie machen weiter so gut es geht." Erwiderte Ron knapp. Arthur und Molly Weasley waren auch nach 4 Jahren nicht in der Lage, die Scherben wieder zusammen zu setzten. Ginny, ihr einziges Mädchen, war für immer verloren. Harry wusste, dass die Weasleys versuchten mit dem Verlust zu leben, aber die Leere in ihrem Herzen konnte nichts wieder füllen. Er wusste auch nur zu gut wie sie sich fühlten - so wie Ron nur zu gut wusste, was Harry empfand.
"Verfluchte Scheiße." Entfuhr es ihm. Ron sah ihn verdutzt an. Harry fluchte so gut wie nie, tatsächlich konnte Ron sich nicht daran erinnern, seinen Freund jemals fluchen gehört zu haben. Ron hatte immer vermutete, dass ihm das Gen dafür einfach fehlte, oder Harry dafür heimlich in den Keller ging. Aber er hatte ja auch ein Weilchen nicht mehr mit ihm geredet, und außerdem hatte Harry sich verändert. Nicht, das es ihn störte, in gewisser Weise erleichterte es Ron. Als Harry Rons Gesichtsausdruck bemerkte, schob er eilig ein "Tschuldige" hinterher. "Oh nein, schon gut." antwortete Ron.
Harry warf ihm ein dankbares Lächeln zu, und beide schwiegen einen Moment. Es war ein vertrautes Schweigen, das Wissen, dass Beide dasselbe fühlten.. Etwas, dass es nur unter sehr engen Freunden gibt.
"Eigentlich bin ich her gekommen, um dich einzuladen." Sagte Ron schließlich, seine Augen konzentriert auf Harry gerichtet, weil er keine Ahnung hatte, wie sein Freund wohl reagieren würde. Harry hob nur überrascht eine Augenbraue.
"Einladen? Wozu?"
Ron räusperte sich kurz.
"Na, zu Weihnachten natürlich. Hermione und ich würden uns freuen, wenn du die Feiertage bei uns verbringen würdest. Wir wären endlich mal wieder zusammen. Und du würdest Philomena wiedersehen."
Harry legte nachdenklich den Kopf schief und begann, sich Weihnachten bei den Weasleys - es war komisch, dass er von Hermione nun auch als eine "Weasley" sprechen konnte - vorzustellen. Ron würde in der Küche stehen und sarkastische Kommentare über Hermiones verkohlten Truthahn abliefern, die Hermione bloß lächelnd wegsteckte, während sie Philomena aus Fachbüchern wie So werden sie perfekte Eltern - 100 Tipps, Kinder Großziehen Leichtgemacht und Antworten auf die Warum-Fragen den Ursprung, Sinn und die Tradition des Weihnachtsfestes erklärte. Philomena würde währenddessen unbeeindruckt auf dem Teppich herum krabbeln und sich mehr für den Weihnachtsbaum interessieren (der natürlich von Hermione nach wichtigen Kriterien ausgesucht worden war) und ihn beinahe in Brand setzen. Dann würden sie Hermiones mehr oder weniger genießbares Festmahl essen, bis spät in die Nacht Ron beim Witze erzählen zuhören, ins Bett gehen und am nächsten Morgen Geschenke auspacken. Harry konnte sich an den Gedanken gewöhnen. Aber wo war er in diesem Bild, dass er sich ausmalte? Nirgendwo, ein stiller Beobachter war er, wenn überhaupt. Er würde sich nur störend in diesem Familienidyll vorkommen. Es war nicht seine Welt, und Weihnachten hatte ohnehin seine Bedeutung für ihn verloren. Er zuckte die Schultern.
"Ich weiß nicht Ron."
Mit so einer Antwort hatte sein Freund gerechnet, aber er war nicht bereit, sie hinzunehmen.
"Ach komm schon Harry, es wird sicher lustig. Am Weihnachtsmorgen werden auch Fred und Julienna, George und Seraphia, meine Eltern und Hermiones Eltern kommen, Charlie und Anhang, Bill mit seiner Freundin Marcelline .. Die ganze Familie wird da sein .. Das wirst du dir doch wohl nicht entgehen lassen. Denk bloß an die ganzen heftigen Diskussionen, die es zwischen meinen Brüdern geben wird." Er grinste breit.
Harry fühlte sich elend. Er wollte so gerne, und genauso gerne wollte er nicht. Es war seltsam. "Eben, die Familie wird da sein. da hab ich nichts verloren." Sagte er gequält.
"Henry James Potter, bist du vollkommen durchgeknallt?" fuhr Ron ihn mit ungewohnter Heftigkeit an. "Seit ich dir mit 11 Jahren zum ersten Mal auf Gleis 9 ¾ begegnet bin, hast du zu unserer Familie gehört, klar? Komm nie wieder auf einen anderen Gedanken! Familie besteht nicht aus Blutsverwandtschaft, sondern aus denen mit denen wir zusammen sind oder sein wollen, und vor allem besteht sie aus denen, die zu unserem Leben gehören. Du warst immer wie ein Bruder für mich Harry, und du bist genauso ein Teil meiner Familie wie meine Mutter oder Charlie.."
Harry starrte ihn für einen kurzen Augenblick einfach nur sprachlos an. Ron war immer zu Späßen aufgelegt, immer redselig und witzig, aber bei ernsten Themen, vor allem wenn es um seine Gefühle ging, zierte er sich normalerweise ein wenig. "Ron . ich ... ich weiß nicht was ich sagen soll." Gab er ehrlich zu.
"Oh das ist doch wirklich einfach jetzt."
"Wirklich einfach?"
"Klar .. Du musst bloß 'ja' sagen."
Harry konnte nicht anders als zu Grinsen. Mit Ron zusammen zu sein konnte bei ihm wahre Wunder bewirken, zumindest munterte es ihn meistens wieder auf, wenn er sich schlecht fühlte oder bedrückt war. Er kratzte sich kurz am Kopf. es wäre doch wirklich schön, alle mal wieder zu sehen . aber ..
"Es werden nur Paare da sein." vollendete Harry den Satz laut.
Ron blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn und blickte Harry mit einem Hauch von Vorwurf in den Augen an. "Harry, wirklich . du machst mich noch wahnsinnig! Sag jetzt einfach, dass du Weihnachten zu uns kommen wirst ..."
Harry zögerte einen Moment, dann nickte er leicht. "In Ordnung .. Ich werde da sein ... danke für die Einladung."
"Du weißt, dass du nicht auf eine Einladung zu warten brauchst."
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Kurz darauf verabschiedete Ron sich von Harry und verließ das Büro. Er pfiff kurz durch die Zähne, fuhr sich durch die Haare und machte sich dann auf zu Lupin. Das war ja besser gelaufen, als er es sich vorgestellt hatte. Vielleicht war Harry doch wieder auf dem Weg, wieder der Alte zu werden. Ron hoffte, dass Lupin's Termin mit dem Schulrat nicht zu lange gedauert hatte und er nicht würde draußen warten müssen. Ron glaubte nicht, dass Harry sein Büro heute noch einmal verlassen würde, und immerhin war Ron auch mit Lupin befreundet, aber wer weiß - vielleicht hätte Harry Verdacht geschöpft.
Ron klopfte kurz an die Tür und hörte Lupin sofort ein "Ja, bitte?" antworten. Ron öffnete die Tür und trat ein. Sein alter Lehrer saß hinter seinem Schreibtisch - ähnlich wie Harry, wie Ron schmunzelnd feststellte- und schien von dem Berg Pergamentrollen, losen Zetteln und Büchern, die sich um ihn herum türmten, fast erdrückt zu werden. Er konnte kaum dahinter aufschauen.
"Oh, hallo." Sagte Lupin erfreut, als er Ron sah. "Setz dich doch .. Wenn du einen freien Stuhl findest." Er deutete mit dem Kopf auf die Sessel und Stühle, die vor dem Tisch und an der Wand standen und genauso mit Arbeit bedeckt waren wie sein Schreibtisch, und lächelte entschuldigend.
"Schon okay, ich hab grad erst gesessen." Winkte Ron ab. "Viel Arbeit?"
Lupin seufzte. "Kann man wohl sagen. wahrscheinlich will das Ministerium mich auf Herz und Nieren prüfen, immerhin bin ich ja ein Werwolf.." In seiner Stimme hörte Ron einen Anflug von Bitterkeit. ".aber was will ich machen? Entweder arbeite ich mich durch den Kram hier durch, oder ich trete den Posten meines Lebens ab und versuche mich anders über Wasser zu halten. Ich glaube ich entscheide mich spontan für die Arbeit."
Ron lachte laut auf. "Würde ich auch machen.. Die werden schon bald feststellen, dass du ein Glücksgriff bist."
"Na wollen wir's hoffen. Mehr Platz für Pergamentrollen hab ich nämlich auch nicht, sonst müssen wir anbauen." Er grinste breit. "Und wie geht es deiner Familie so?"
"Danke, gut . wo wir auch schon beim Thema wären. Ich hab Harry zu Weihnachten eingeladen, wie du mich drum gebeten hast."
"Und? Hat er zugesagt?"
"Ich musste ihn überreden, aber es hat nicht so lange gedauert wie ich befürchtet hatte. Er wird Weihnachten mit uns feiern."
"Oh, gut ... danke Ron, ich kann dir gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin. Ich kann es kaum mit ansehen, wie er sich abkapselt .. Sirius' Tod hat ihn schwer getroffen ."
"Wen würde es nicht schwer treffen? Harry hatte nie Eltern, und es gab nichts, was er sich mehr gewünscht hätte, als welche zu haben. Dann kam Sirius, und Harry hatte plötzlich so etwas wie einen Vater. und kurz darauf hat er ihn verloren. Ich glaube, wenn ICH in Harrys Situation gewesen wäre . " Ron sprach nicht weiter, weil er sicher war, das Lupin verstand. Lupin nickte leicht.
"Ich weiß Ron. aber er muss wieder unter die Leute kommen, besonders an Weihnachten. Danke, dass ihr ihn eingeladen habt."
"Das war doch selbstverständlich. wir hätten es auch schon letztes Jahr getan, aber .damals hätte er sowieso nie und nimmer zugesagt..."
"Ich weiß. und es ist wie ein Wunder, dass er es dieses Jahr getan hat."
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Harry hatte es aufgegeben, den Test vorzubereiten, nachdem ihm nach der ersten Frage nichts mehr eingefallen war und er den Federkiel frustriert gegen die Wand geworfen hatte. Er stützte den Kopf in die Hände und starrte auf die Fotos. Auf die Fotos von Sirius um genauer zu sein, und seufzte schwer. Das Leben war einfach unfair.
"Harry?" Sirius schüttelte ihn sanft an der Schulter, um ihn aufzuwecken. "Es ist soweit." "Hm?" brummte Harry, doch dann erinnerte er sich, schlagartig öffnete er die Augen und setzte sich auf dem schweren Strohsack, der ihm die Nacht über als Bett gedient hatte, auf. Es war nicht besonders bequem gewesen und der Junge konnte seinen Schädel förmlich brummen hören. "Wie spät ist es?" flüsterte er und sah sich um. Um ihn herum erhoben sich die anderen Hexen und Zauberer von ihren Lagern, die von flackernden Fackeln erhellten Gänge waren angefüllt mit hektischen Flüstern, dem Geräusch von Schritten auf dem Boden, Befehlen und Spannung, so viel Spannung, das sie fast zu sehen war. Vor ihm stand Sirius, eine Fackel in der Hand, das sorgenzerfurchte Gesicht starr vor Anspannung und - Angst. "Es ist erst kurz vor 4. Sie glaubten wohl, uns überraschen zu können. Beeil dich." Harry ließ sich nicht zweimal bitten. Er erhob sich rasch und tastete im Halbdunkeln der Nische, in der er genächtigt hatte, nach seinem Zauberstab. Da, da war er .. Seine Finger schlossen sich um das kühle Holz seines Stabes und sofort durchströmte Harry ein Gefühl der Sicherheit. Er betrachtete seinen Zauberstab, der ihm nun als Waffe dienen würde, kurz und steckte ihn dann in seinen Gürtel, so dass er im Notfall sofort griffbereit sein würde. Er konnte sehen, dass die anderen Zauberer dasselbe getan hatten. Sie waren nicht viele, etwa ein paar Hundert kampffähige Männer und Frauen.
Im Kerker in Hogwarts, in den sie sich verschanzt hatten warteten die Zauberer und Hexen, die sich Voldemort nicht angeschlossen hatten und bereit waren in dem bevorstehenden Kampf ihr Leben zu lassen. Nur der Kerker wurde benutzt, den Rest des Schlosses hatte man evakuiert und verbarrikadiert; Hogwarts war einfach zu weitläufig um es komplett verteidigen zu können. Es wäre ein unmögliches Unterfangen geworden - als ob es das nicht sowieso schon war, dachte Harry. Er streckte sich kurz, seine Gelenke taten ihm weh und er fühlte sich zerschlagen, aber das war jetzt egal. Sirius bedeutete, ihm zu folgen, und Harry tat es. Die Gänge waren muffig und überfüllt mit Männern und Frauen, die angespannt untereinander murmelten, ausgerüstet mit Zauberstab - er würde ihre einzige Waffe sein. Die Lager waren mittlerweile alle verlassen, die "Armee" positionierte sich in einem wilden Durcheinander vor den Schießscharten.
"Alles geordnet, bitte! Bewahrt Ruhe! Einer nach dem Andern an seinen Posten!" hörte er Lupin irgendwo Befehle brüllen. Harry folgte seinem Patenonkel durch den äußeren Gang und nachdem sie ein paar Stufen genommen hatten und etwas erhöht standen, hielt Sirius an.
"Hermione, wie sieht es aus?"
Harry traute seinen Augen kaum, als er seine Schulfreundin sah; die, mit wilder und entschlossener Miene, die Arme verschränkt, durch ein kleines Fenster auf die Ländereien von Hogwarts blickte. Sie hatte ihr lockiges Haar zu einem geflochtenen Zopf gebunden, und trug über ihren dicken Pullover und einer schweren Hose( die aus braunem Leder zu sein schien) eine knielange, dunkelrote Tunika, welche mit goldenen, keltischen Stickereien verziert war. In den goldenen Gürtel hatte sie, wie alle Anderen, ihren Zauberstab gesteckt. Harry musste schlucken. Sie sah anders aus, mutig, stark, wie eine Kriegerin. Er wollte sie fragen, woher sie die Tunika hatte, doch diese Fragen waren jetzt unwichtig.
"Nicht gut, fürchte ich." Antwortete Hermione ruhig. "Sie nehmen Stellung auf .. Er hat die Werwölfe mitgebracht." Harry durchfuhr ein kalter Schauer. Die Werwölfe . Voldemort hatte die Kreaturen mitgebracht. Es waren keine Werwölfe wie Lupin, die tagsüber Menschengestalt annahmen, es waren blutrünstige Kreaturen, gezüchtet um zu Morden. Sie wurden nie zu Menschen, sondern fristeten ihr Dasein in Käfigen bis Voldemort sie zum Töten losschickte. Harry sah, dass auch Sirius blass geworden war.
"Oh mein Gott."
Kurz darauf begann die Schlacht. Harry hatte neben Ron Platz genommen, und seltsamerweise war er ganz ruhig. Würde er sterben, dann wäre er bei seinen Eltern .der Tod war keine erschreckende Vorstellung mehr. Dafür war er zu oft kurz davor gewesen. Er atmete tief durch, als untern ihnen aus dem Nebel die Ponygroßen Werwölfe erschienen. Ihre roten, pupillenlosen Augen leuchteten gefährlich in der Morgendämmerung, und ihr grausames Knurren war meilenweit zu hören.
Voldemort schien einen Befehl gegeben zu haben, obwohl Harry nichts gesehen oder gehört hatte, denn plötzlich griffen die Bestien von allen Seiten jaulend an. Mit voller Wucht sprangen sie gegen das Gemäuer des Kerkers, versuchten wütend mit ihren scharfen Pranken halt zwischen den Steinen zu finden und durch die Schießscharten, die sich nur etwa 1m über dem Boden befanden( der obere Kerker war halb unterirdisch), nach Opfern zu schlagen. Harry hörte die entsetzten Schmerzensschreie der Verletzten, und sah rechts und links neben sich Männer und Frauen zu Boden gehen, die Meisten mit sauber, grässlich blutenden, aufgeschlitzten Kehlen. Er schauderte, und wich blitzartig einer Kralle aus, die durch seine Schießscharte schlug.
"Alles fertig?????" brüllte Sirius so laut er konnte, und sah sich prüfend um. "LOS!!!!" Blitzartig hatten die kämpfenden Männer und Frauen ihr Zauberstäbe in die Hand gerichtet und nach vorne gestreckt, auf die Werwölfe gerichtet. "AVADA KEDAVRA!!!" erklang es aus allen Ecken des Kerkers; prasselte der Spruch wie Pfeile auf die Kreaturen nieder, und einige Werwölfe sackten leblos zusammen. Doch es waren noch genug, die durchkamen.
Der Kampf schien eine Ewigkeit zu dauern, und es war zu erwarten, dass die "Rebellen" nicht mehr lange würden standhalten können .Die Werwölfe hatten nicht nur versucht, die Zauberer zu töten, sondern auch strategisch daran gearbeitet die Barrikaden zu durchbrechen und in den Kerker zu gelangen. In den restlichen Bereich des Schlosses waren sie schon nach kurzer Zeit eingefallen, die extra verstärkten Türen zum Kerker hielten - noch. Würden die Türen durchbrochen, wären Harry und die Anderen schutzlos den Werwölfen ausgeliefert. Und dann, grade als der Kampf praktisch verloren war, als es keine Hoffnung mehr gab, zogen die Werwölfe sich zurück, verließen das Schloss, rannten in den Nebel, der um Hogwarts lag und verschwanden. Sie waren nicht mehr zu sehen oder zu hören. Gespenstische Ruhe legte sich über Hogwarts und seine Länderein, und alle Insassen des Schlosses wussten, dass es bloß die Ruhe vor dem Sturm war. Wind kam auf und führte den Geruch von Fäulnis, Verwesung und Tod mit sich.
"Was passiert jetzt?" flüsterte Ron, während er mit starrem Blick nach draußen sah. Blut tröpfelte aus einem bösen Kratzer an seiner Wange, und er atmete schwer. Harry klebte das Haar an der verschwitzten Stirn und er erlaubte es sich, seinen Rücken einen Moment lang an das Gemäuer zu lehnen. Er suchte seine Umgebung nach Hermione ab, konnte sie aber nicht entdecken. Um ihn herum stöhnten Verwundete, er hörte leises Weinen, aber niemand wagte es, ein lautes Wort zu sagen. "Ich weiß nicht." sagte Harry und schloss die Augen. Was für ein Albtraum. Er wollte weg, aber das war unmöglich. Entweder würde er hier sterben oder hier siegen, eine andere Möglichkeit gab es nicht.
Da war ein Schreckenschrei, und dann hörte er jemanden entsetzt "Sie kommen!" rufen. Er riss die Augen auf und sah durch die Öffnung nach draußen. Dunkle, verhüllte Gestalten traten aus dem Nebel hervor, die Kapuzen so weit nach vorne gezogen, dass man nicht sehen konnte, ob sie überhaupt ein Gesicht besaßen. Harry erzitterte. Dementoren. Voldemort hatte wirklich die Dementoren mitgebracht. Sie gingen langsam, schleichend, fast schwebend, in einer Art militärischer Formation. Kein Laut war zu hören, weder von den Dementoren noch von den Zauberern im Kerker. Harry wagte nicht zu atmen; er spürte wie ihm kälter wurde, als die Dementoren sich näherten. Wie durch Wolken verschleierten sich seine Gedanken, er schüttelte energisch den Kopf, spürte, wie seine Glieder kraftlos wurden und sein Mut verschwand. Er spürte den kalten Hauch des Todes um sich herum, jetzt hatten sie den Kampf verloren . er fühlte es. Die Dementoren kamen immer näher, betraten das Schloss und hatten bald darauf den Kerker erreicht. Wie in Trance sah er die Anderen um sich herum mit blassen, leblosen Gesichtern kraftlos in die Gegend starren . er hörte, wie an der Kerkertür gerumpelt und gerissen wurde, jetzt würde es nicht mehr lange dauern.
"Valor Valentia !" hörte Harry Lupin's Stimme, sie schien aus weiter Ferne zu kommen obwohl der Mann nur wenige Meter neben ihm stand. Aus dem Augenwinkel sah Harry, dass Lupin ein blaues, funkelndes Pulver in die Luft geworfen hatte, welches sich nun mit rasender Geschwindigkeit wie ein schützendes Dach über die Harry und die Anderen legte. Sofort spürte Harry, wie die Kälte ihn verließ, er neuen Mut schöpfte und sich der Nebel um seinen Kopf lichtete. Lupins Wundermittel, von dem er ihnen erzählt hatte - es gab es wirklich. Auch seine Mit-Zauberer gewannen wieder neuen Mut und Kraft. "Ich sollte ihn bei Gelegenheit für den Merlin-Orden vorschlagen." Murmelte Harry leise. Seine Gedanken würden jäh unterbrochen, als das Holz der Kerkertür bedrohlich krachte. Offensichtlich waren die Dementoren kurz davor, die Tür aufzubrechen. "Schnell, schnell, es ist jetzt soweit! Alle Zauberstäbe raus und konzentrieren!" rief Sirius so laut, dass ihn wirklich alle hören konnten. Er konnte das Zittern in seiner Stimme nicht verbergen. Harry griff nach seinem Stab mit der Phönixfeder, atmete tief durch und streckte ihn entschlossen nach vorne, auf die Tür gerichtet. "Bist du sicher, dass das funktionieren wird?" erklang Hermione's Stimme. "Nein, aber es ist unsere einzige Chance." kam Sirius' Antwort. Sie hörten die Tür noch einmal krachen, bevor sie endgültig nachgab und zerbarst. Splitter und Teile der Tür flogen in alle Richtungen, Harry hustete als der aufgewirbelte Staub sich in seinen Lungen festsetzte. Er zitterte am ganzen Körper vor Angst, als die vermummten Kreaturen den Raum betraten; nur zu gut erinnerte er sich an die grässliche Fratze des Dementoren, der ihm m 3.Jahr beinahe den Todeskuss gegeben hätte. "Bleibt ruhig!" schrie Sirius. "Fertig???????? JETZT!!!!!!"
Es war wie eine Welle voll weißer Magie, die schmerzvoll über den Dementoren zusammen brach, als die etwa 200 verbliebenen Zauberer gleichzeitig aus vollem Halse "EXPECTO PATRONUM!" brüllten. Aus Allen Ecken, aus jedem Zauberstab entsprangen weiße, durchsichtige Geschöpfe, Tiere, Menschen und andere Wesen, sie fegten wild und doch geordnet durch den Raum, über den köpfen von Harry und Ron und allen Anderen, manche gaben wunderschöne Gesänge ab, andere spielten Instrumente, wieder andere verblieben still. Doch sie alle waren gekommen, um die Zauberer zu beschützen, und so stürzten sie sich auf die Dementoren, streiften sie, flogen durch sie hindurch und umkreisten sie. Die schwarzen Kreaturen Voldemorts kreischten vor Entsetzten und Schmerz und wollten fliehen, aber vergeblich, es gab kein Entkommen. Die Patronen begannen immer schneller um die Gruppe der Dementoren zu kreisen, schneller und schneller, bis sie zu einer Einheit verschmolzen, während die Schreie der Eingekreisten immer schriller und unerträglicher wurden. Harry hielt sich die Ohren zu, während er mit offenem Mund dem Schauspiel zusah. Plötzlich öffnete sich die Decke des Kerkers, und gleißendes Licht strömte herein. Erschrocken starrte Harry dorthin und konnte den Blick doch nicht abwenden. Der Singsang der Patronen war mittlerweile so laut geworden, dass er das Kreischen der Dementoren übertönte. Eine Säule weißen Lichts bildete sich, von dort wo die Decke aufgerissen war bis dorthin, wo die Patronen die Dementoren bekämpften. Obwohl Harry nicht viel wusste, so ahnte er doch, wie mächtig und groß der Zauber, die Wirkung ihres vereinten Spruches gewesen sein musste. Wahrscheinlich war es der mächtigste Zauber, den er in seinem Leben sehen würde. Und dann war es, als ob die Säule von dem, was über der Decke war, aufgesogen wurde, die Schreie der Dementoren stiegen zu einem unermesslichen Crescendo an, und dann verschwand die Lichtsäule plötzlich, die Decke schloss sich wieder und zurück blieben nur die Trümmer der zerschlagenen Kerkertür und eine unheimliche Stille.
Einen Moment lang verharrten alle in ungläubigen, erleichterten Schweigen. Harry lehnte sich erschöpft an die Wand und atmete tief ein und aus. Sirius und Remus warfen einander 'Ich kann's nicht glauben dass es wirklich geklappt hat' Blicke zu. Ron bewegte sprach lautlos die Worte 'Oh mein Gott' aus und schüttelte den Kopf. Leises Gemurmel erhob sich, hier und da hörte man unterdrücktes Stöhnen. Remus Lupin fasste sich als Erstes. "Seid ihr alle okay?" fragte er und erhob sich, um nach seinen Mitstreitern zu sehen. "Harry, Ron, seid ihr verletzt?" fragte er, als er die beiden Freunde passierte. Dann bemerkte er Ron's Schnittwunde auf der Wange. "Ron, das muss versorgt werden." Ron schüttelte bloß den Kopf. "Nein, ist schon in Ordnung." "Keine Widerrede, komm mit . Madam Pomfrey wird sich darum kümmern." "Wie geht es den anderen?" fragte Harry aufgeregt und fuhr sich mit dem Handrücken über die nasse Stirn. "Hermione, Ginny, Seamus .?" "Sie leben." Erwiderte Lupin kurz, packte Ron am Handgelenk und zog ihn energisch auf die Beine. Für einen Mann mit seiner zierlichen Statur verfügte er über unerwartete Kräfte, die man ihm nicht zugetraut hätte. "Komm, Ron, wir müssen das versorgen bevor ..." begann der Mann, brach aber abrupt ab. Seine Augen weiteten sich und er wurde noch eine Spur blasser. Im Kerker wurde es wieder totenstill. Irgendetwas Unheimliches geschah, obwohl sie es nicht sehen oder hören konnten, aber da WAR etwas. Irgendetwas schien sich über Hogwarts gelegt zu haben, wie eine schwere Decke die ihnen die Kehle zuschnürte. Die Luft im Raum wurde dicker, schwüler und roch unangenehm nach Schwefel. Ron hustete, während Harry nach Atem rang. Da war ein Grollen, das aus weiter Ferne heranrollen zu schien, erst leise, dann wurde es immer lauter. Die Wände des Kerkers fingen an zu wackeln, als würden sie aus bloßer Pappe bestehen, und unter ihnen erzitterte die Erde, der Boden riss auf. Von oben rieselte Staub auf sie nieder, ein paar lose Steine fielen zu Boden, reflexartig hielt Harry schützend die Arme über den Kopf. Der Raum war erfüllt von panischen Schreien. Was geschah hier bloß?
"Na, sieh mal einer an, hier haben sie sich versteckt, wie kleine, nichtsnutzige Ratten. Verräterische Bande, die Verdammten. Meine Geschöpfe haben sie vernichtet, nun gut, das war nicht zu erwarten aber es wird mich nicht aufhalten." Erklang eine dunkle, unheimliche, unnatürliche und hallende Stimme . es war nicht auszumachen woher sie kam weil sie den gesamten Raum gleichmäßig auszufüllen schien. Aber jeder wusste, wem diese Stimme gehörte, es war eine unausgesprochene Gewissheit. Ron saß starr vor Angst neben Harry. Keiner der Zauberer wagte, auch nur einen Laut von sich zu geben, zu groß saß die Furcht in ihren Knochen.
"Voldemort!!! Wie schön dich hier zu haben!" rief Sirius schließlich entschlossen mit kampflustiger Miene. Die anderen Kämpfer sahen ihnen mit unverhohlenem Entsetzten und Überraschung an, aber der schwarzhaarige Mann schien es nicht mal zu bemerken.
"Oh, der Hund." Erwiderte Voldemort höhnisch. Seine Stimme dröhnte bedrohlich und ließ die Wände noch mehr erzittern. "Die kleine Töle ist auch da. Wie glaubst du, dass du mich aufhalten wirst????"
"Das schaff' ich schon." Knurrte Sirius. Lupin gesellte sich neben Harrys Patenonkel, er wirkte zitterig und war blass, aber sein Gesicht verriet keine Angst. "Wir werden es schaffen." Sagte er ruhig.
"Was seid ihr doch für dumme Narren, kleine dumme Narren. Ich gebe euch jetzt die Chance, euch zu ergeben .. Eure einzige Chance euch zu ergeben . und vielleicht werde ich gnädig sein."
Sirius Augen verengten sich vor Wut zu Schlitzen, während die Zauberer und Hexen um ihn herum kaum wagten zu atmen. Angst stand greifbar in der Luft. 'NIEMALS!' rief er mit einer Stimme, die Harry nicht von ihm kannte und praktisch in Hass ertrank. 'DU BIST EIN LÜGNER, NIEMALS WERDEN WIR UNS ERGEBEN!' Er sah, wie Lupin die Hände in die Hüften stemmte und wie ein kleiner Junge trotzig das Kind vorschob. Einen Moment lang war es still im Raum. Dann erklang erneut Voldemorts Stimme: 'SO SEI ES DANN!'
Das Grollen wurde wieder lauter, und der Kerker schien von einem mächtigen Erdbeben erschüttert zu werden. Die Wände brachen zusammen, während sich in der Decke über ihnen Risse auftaten und das Gebälk herunterkam. Panik brach aus, irgendwo meinte Harry Ginnys schrille Stimme zu hören, aber der Lärm war ohrenbetäubend, vielleicht irrte er sich auch bloß. Neben ihm krachten mehrere große Steine zu Boden, und er konnte grade noch rechtzeitig Ron zur Seite schubsen, damit sie ihn nicht trafen. Der Boden unter seinen Füßen wackelte und schwankte bedrohlich, er wich einem weiteren Teil der Decke aus, fand keinen Halt und knallte hin. "Er lässt den Kerker einstürzen, los, alles raus hier!!!!!" hörten sie Sirius brüllen, während um ihn herum die Menschen panisch umher liefen, drängten und Harry fast überrannten. Er wollte aufstehen, fiel aber wieder zu Boden als die Steinplatten unter ihm plötzlich hin und her rutschten. Er wollte Hilfe schreien, konnte es aber nicht, dann packte ihn auf einmal jemand am Ärmel und zog ihn auf die Beine. Es war Ron. "Komm schon, Harry!"
Es war nicht nur der Kerker, der kurz vor dem Einstürzen war, sondern das gesamte Schulgebäude. Wie ein Gebäude aus einer Modelleisenbahn schien Hogwarts zu stammen, nicht aus der Zeit der Gründer, als ob Voldemort es einfach mit einer riesigen Hand zusammendrückte. Sirius führte sie zu einem kleinen Nebenausgang, der sonst nie benutzt wurde in relativer Nähe zu den Kerkern lag, während um sie herum das Schloss zusammen stürzte und unbarmherzig das Gemäuer auf sie feuerte. Panik war ausgebrochen, das was noch von Hogwarts stand erhallte in den Klängen der Schreie. Harry rannte hinter Ron her, schob ihn mit den Händen vorwärts um schneller aus dieser Hölle entfliehen zu können, während rechts und links von ihm immer mehr Frauen und Männer von dem einstürzenden Schloss begraben wurden. Als sie schließlich das Freie erreicht hatten, hatte sich ihre Zahl um ein Drittel verringert.
Sie sammelten sich auf einer Wiese, die links des Schlosses lag, weit genug entfernt um nicht von Steinblöcken oder Glassplittern getroffen zu werden. Sie waren in Sicherheit und in Gefahr, denn hier waren sie so schutzlos wie man nur sein konnte. Sie hatten nicht eine offene Schlacht kämpfen wollen und sich deshalb in den Kerkern verbarrikadiert, und jetzt waren sie von Voldemort herausgetrieben worden, wie Lämmer zur Schlachtbank. In der Menge konnte Harry Hermiones braunen Lockenschopf ausmachen, Lupin und Sirius. Er hoffte, dass es den Anderen gut ging. Ohne auf ein Kommando zu warten, stellten sie sich in einer Art Kreis auf, mit dem Rücken nach Innen, und warteten. Das hatten Sirius und Lupin ihnen eingetrichtert, bevor der Kampf begonnen hatte. Gleichzeitig hatten sie ihnen gesagt, sollte es zu solch einer Situation kommen, dann war es schier aussichtslos zu gewinnen. Es war generell von Anfang an aussichtslos gewesen, sie alle hatten das gewusst, sich aber nicht von Voldemort versklaven lassen wollen. Lieber in Freiheit sterben.
Dann kam Voldemort Armee. Wie zuvor die Werwölfe und die Dementoren erschienen sie plötzlich in dem Nebel, ruhig und geordnet. Sie bildeten eine Reihe, und warteten auf Voldemort Zeichen, der als einziger von ihnen hoch zu Ross saß. Sein schwarzer Hengst mit der silbernen Schutzrüstung und dem Symbol einer grünen Schlange darauf schnaubte bedrohlich, fast genauso unnatürlich und dröhnend wie Voldemort Stimme gewesen war. Seine Armee bestand aus ein paar Hundert Männern, die allesamt in schwarze Umhänge gekleidet waren. Eigentlich war es gar keine wirkliche Armee, sondern nur die Männer, die Voldemort aus seiner Anhängerschaft für den Kampf ausgesucht hatte. Aber das war mehr als genug, denn sie waren ihnen an Zahl und Brutalität überlegen. Harry kniff entschlossen die Augen zusammen. Sollten ihn die Todesser doch umbringen . aber er würde sich nicht kampflos ergeben, niemals, und wenn er es für seine Mutter und seinen Vater tat. Das war er ihnen schuldig.
Für etwa eine Minute verharrten die Todesser mit Voldemort in ihrer Mitte einfach nur ruhig in einer Reihe. Der Himmel war trübe und verhangen, und färbte das sonst so strahlend grüne Gras in ein hässliches Ocker. Sturm schien heraufzuziehen, denn ein kühler unangenehmer Wind fegte ihnen um die Ohren, und es nieselte ein wenig. Über ihren Köpfen kreiste eine Schar von Krähen. Eine seltsame, gespenstische Ruhe lag über dem Ort. Dann erklang in der Ferne ein langgezogenes Trompetensignal, gefolgt von einem dumpfen Trommelschlag und mit einem Ruck begannen die Todesser gleichmäßig auf die "Rebellen" zu zumarschieren. Harry spürte, wie Ron neben ihm jeden einzelnen Muskel anspannte, und umschloss den Griff seines Zauberstabes fester. Das war es also. Es begann.
Waren die Todesser auch in der Überzahl, so hatten sie doch nicht mit Einem gerechnet: erbitterten Widerstand. Normalerweise versetzten sie die Welt allein mit ihrem bloßen Auftreten in Angst und Schrecken, und hatten erwartet, dass es diesmal nicht viel anders sein würde. An einen wirklichen, harten Kampf - daran hatte niemand geglaubt, nicht einmal Voldemort. Und die Eingekreisten dachten nicht einmal im Traum daran, sich zu ergeben. Bevor die Todesser reagieren konnten, hatten Harry und die Anderen schon ihre erste Salve "Avada Kedavra's" auf die Feinde geschossen. Einige fielen stöhnend zu Boden, und dann feuerten die Todesser zurück. Instinktiv hielt Harry die Hände über den Kopf, obwohl er wusste, dass das zwecklos war. Die todbringenden Sprüche trafen ihn allerdings nicht, sondern verfehlten ihn um einige Meter. Kurz darauf stürzten sich beide Seiten in ein wildes Gerangel - was taktisch durchaus klug war. Im Durcheinander des Kampfes traute sich niemand, mit dem Avada Kedavra Fluch um sich zu schießen, weil man jemand aus den eigenen Reihen hätte treffen können. Aber das bedeutete nicht, dass es nicht viele Tote gab an diesem Tag. Beide Fronten versuchten, ihre Feinde mit dem Imperius oder Cruciatus Fluch zu Boden zu bringen um dann, da sich das Ziel nicht mehr bewegte, den Todesfluch anzuwenden. Harry konnte sich später nicht mehr daran erinnern, wie viele Todesser er so getötet hatte, aber es war notwendig gewesen. Er hatte keine andere Wahl gehabt.
Ein Todesser kam auf ihn zugerannt und hob seinen Zauberstab, aber Harry war schneller, im Bruchteil einer Sekunde hatte er seinen Stab gezückt und "Cruciatus!" gebrüllt. Ein blauer Strahl traf den Todesser auf die Brust, und er klappte schreiend zusammen wie ein Taschenmesser. Harry empfand Mitleid, als er seinen Stab auf den sich vor Schmerzen windenden Todesser auf dem Boden richtete, aber war praktisch zu dieser Tat gezwungen. "Es tut mir leid." Murmelte er, dann verhärtete sich sein Gesicht und entschlossen sprach er den Fluch aus. Der Todesser zuckte noch einmal kurz und blieb dann reglos liegen. Harry wischte sich mit dem Ärmel über sein verdrecktes Gesicht und wandte sich um, um nach weiteren Angreifern Ausschau zu halten, als er den durchdringenden Schrei hörte. Ein Schrei, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Hermione! Fuhr es ihm durch den Kopf. Er erspähte sie am Rande des Schlachtfeldes, Voldemort hatte sie auf sein Pferd gezerrt während sie sich strampelnd und kreischend dagegen zu wehren versuchte, und galloppierte auf den Verbotenen Wald zu. Für einen Moment lang war Harry wie erstarrt, "Nicht Hermione!" schrie es in seinem Kopf, und ohne nachzudenken begann er, hinter Voldemort her zu rennen, durch die Kämpfenden, über den Leichen hin weg, es war ihm egal ob er ein leichtes Ziel abgab.
Als er den Wald erreicht hatte, war Voldemort spurlos verschwunden. Der Verbotene Wald war wie immer nicht der heimeligste Ort, und für Harry, der grade einem blutigen Schlachtfeld entronnen war, wirkte er nur noch umso düsterer. Der Pfad, den Voldemort benutzt hatte, führte gradewegs in ein Dunkel aus Dickicht, Bäumen und gespenstischen Kreaturen. Aus der Tiefe drangen unheimliche Laute zu ihm hervor, von Kreaturen denen er lieber nicht begegnen wollte, aber im Vergleich zu dem Lärm des Kampfes war der Wald still und fast friedlich. Zögernd macht Harry einen Schritt in den Wald hinein, in der Erwartung, jeden Moment von hinten angefallen zu werden. Aber nichts geschah. Die Luft war stickig und schwül, die Zweige knackten unter seinen Füßen. Harry seufzte innerlich verzweifelt. Auf jeden Fall würde es unmöglich sein, unbemerkt zu bleiben. Warum hatte Voldemort bloß Hermione mitgenommen? Natürlich, es war eine Falle, den Voldemort war eigentlich nur an ihm, Harry interessiert. Der Junge wusste das. Er kannte die Gefahr und die Dummheit seines Tun, aber er würde Voldemort Hermione nicht ausliefern. Und wenn Voldemort deswegen endlich erreichen würde, wonach er schon seit Jahren trachtete - Harrys Tod.
Langsam ging er den gewundenen Pfad entlang, der ihn immer tiefer in den Wald führte. Es dauerte nicht lang, und er konnte noch nicht einmal mehr den Waldrand erkennen. Da war nur noch Dunkelheit und Geräusche und das Dickicht. Er zwang sich, langsam zu gehen, obwohl er am Liebsten gerannt wäre. Natürlich war es eine Falle . und trotzdem oder grade deswegen musste er bedächtig vorgehen . nach etwa 5 Minuten endete der Pfad in einer kleinen Lichtung. Das Gras war kniehoch und dunkelgrün, fast blau, während der Himmel über der Lichtung immer noch wolkenverhangen und grau war. Ein leichter Wind kam auf, und wehte die Schwüle und Stickigkeit des Waldes fort. Harry ließ seinen Blick umherschweifen, und fand schließlich, wonach er gesucht hatte: Am gegenüberliegenden Ende der Lichtung lag schien etwas Rotes zwischen dem Gras hervor - Hermione, die immer noch ihre keltische Tunika trug. Harry warf alle Vorsicht über Bord und rannte so schnell er konnte zu ihr. Voldemort war nirgends zu sehen, aber Harry war nicht dumm, er wusste, dass der Dunkle Lord ihn beobachtete.
Als er seine Freundin erreichte sah er, dass sie die Augen geöffnet hatte und bei Bewusstsein war. Aber sie bewegte sich nicht, und Harry vermutete, dass Voldemort sie mit einem Lähmungszauber belegt hatte. Er kniete sich neben sie, was natürlich noch viel dümmer war, und zog ihren Körper an sich heran.
"Hermione, bist du okay?" fragte er ängstlich und vergaß vollkommen die Gefahr, in der er sich befand.
"Harry, Vorsicht, es ist ein Falle! Verschwinde" presste Hermione hervor. Es war seltsam, sie sprechen zu hören obwohl sich ihr Mund nicht bewegte. Harry schüttelte energisch den Kopf. "Ich lass dich nicht allein, ich hol dich hier raus.."
"Ach, glaubst du????" hörte Harry plötzlich eine schneidende, grausame Stimme hinter sich, die seine Nackenhaare sich aufstellen ließ. Er erstarrte, nicht aufgrund eines Zaubers - vor Angst. Es bestand kein Zweifel daran, wem diese Stimme gehörte, ihr Klang war ihm mittlerweile vertraut. Nach ein paar Sekunden, die ihm wie Minuten vorkamen, schaffte er es, seine Angst einzudämmen und wurde wieder Herr über seine Glieder. Langsam ließ er Hermione wieder ins Gras sinken und drehte sich wie in Zeitlupe um. Da stand er. Tom Marvolo Riddle - Lord Voldemort. Voldemort schien seit ihrer letzten Begegnung gewachsen zu sein, er überragte Harry jetzt noch mehr als sonst, und hatte ein höhnisches Grinsen aufgesetzt. Sein fahles Gesicht wirkte wie ein grausiger Totenkopf, und seine langen, knochigen Finger sahen aus wie die eines Skeletts. Eine Aura aus Schmerz und Tod umgab ihn, während er Harry siegessicher von oben herab musterte. Harry kniete im Gras und wagte nicht, aufzustehen. Er hätte es auch gar nicht gekonnt, weil seine Beine wie aus Wackelpudding zu sein schienen. Er war Voldemort ausgeliefert, diesmal gab es kein Entrinnen.
"Nun denn, Harry Potter, so sehen wir uns endlich wieder." Begann Voldemort sein fauliger Atem betäubte Harry fast. "Um ehrlich zu sein, ich hätte dich für klüger gehalten, als dass du dem kleinen Schlammblut hier nachrennst, aber weißt du was - du bist genauso dumm wie töricht. Dummheit und Mut ist ein und dasselbe, Harry Potter. Wie dem auch sei, es wird dir in der Stunde deines Todes nichts nützen.. So wie es deinen verfluchten Eltern nichts genützt hat. du kleiner naiver Jüngling, ich werde dich zu deinen Vorfahren schicken."
Harrys Gesichtsfarbe verwandelte sich in ein dunkles rot, während sich seine Finger vor Zorn in die feuchte Erde krallten. Er fühlte, wie die Ader über seiner linken Augenbraue pochte und biss die Zähne verzweifelt zusammen. Voldemort wollte ihn provozieren - und den Gefallen würde Harry ihm nicht tun.
"Ich verstehe, du denkst also deine Eltern waren Helden? Nun, wer sagt denn, dass sie nicht vor mir auf die Knie gekrochen sind und gebettelt haben, ich möge sie verschonen? So wie du es gleich tun wirst? Vielleicht hast du auch dein Leben lang in einer großen Lüge gelebt, Harry Potter? Aber das ist jetzt auch gleichgültig, denn ich bin endlich am Ziel angelangt - ich werde dich heute Töten. Dich kleine, nichtsnutzige Ratte, der du meine Rückkehr so oft vereitelt hast. du niederträchtiges Wesen bist die Energie nicht wert die ich für dich aufbringen muss . ich werde dich töten . aber vorher."
Voldemort machte ein paar Schritte auf Harry zu, und tat etwas, mit dem Harry nicht gerechnet hätte - bevor der Junge wusste wie ihm geschah, hatte Voldemort ihn zweimal mit voller Wucht in den Magen getreten. Harry klappte zur Seite wie ein Taschenmesser, er hörte Hermione "Harry!" rufen, konnte aber nichts sehen weil ihm schwarz vor Augen wurde. Wie durch eine dicke Wand hörte er Voldemort Stimme: "Oh ja, viel besser als der Cruciatus Fluch .. Gibt mir mehr das Gefühl, etwas getan zu haben." Er lachte schrill und grausig. "Aber ich denke, jetzt ist genug geredet worden .. Zu schade, dass du meine glorreiche Zeit nicht mehr miterleben wirst . aber, man kann nicht alles haben im Leben. Und jetzt sieh mich an, während ich mit dir rede!"
Obwohl es ihn schmerzte und seine Narbe brannte, als ob sie Flammen stehen würde, zwang Harry sich, die Augen zu öffnen. Verschwommen konnte er Voldemort erkennen, der vor ihm stand, dann wurde das Bild langsam klarer und der Schmerz begann nachzulassen. Er sah, dass Voldemort seinen Zauberstab auf ihn gerichtet hatte, und erwartungsvoll anblickte und Harry verstand: Voldemort würde ihn nicht einfach nur töten - es würde eine Hinrichtung sein. Harry nahm sich zusammen und setzte sich auf, so dass er dem Dunklen Lord direkt ins Gesicht sehen konnte. Er würde nicht kuschen, er würde nicht betteln . und vor allem würde er Voldemort die Erniedrigung nicht gönnen.
Voldemort Lächeln verblasste ein wenig, als der Junge keine Anzeichen von Flehen oder Betteln zeigte, sondern stattdessen aufrecht saß und ihn selbstsicher anblickte. "Nun, Harry, dann sag dieser Welt hier auf Wiedersehen . deine Zeit ist zu Ende." Sagte der Dunkle Lord tonlos. Instinktiv suchte Harry nach Hermione's Hand und griff nach ihr, umschloss sie mit seiner. So würde er wenigstens nicht allein sein. Es schmerzte ihn, dass Hermione Zeugin dieses Schauspiels sein würde, weil sie es einfach nicht verdient hatte. Harry schluckte, als Voldemort seinen Zauberstab ein wenig anhob und zu sprechen begann, aber seltsamerweise war er ganz ruhig. Insgeheim hatte er sowieso nicht daran geglaubt, dass er diesen Tag überleben würde. "Harry Potter - endlich ist es soweit!!! Endlich wird das Rad der Geschichte richtig gedreht!!!!" Voldemort grinste noch einmal. " AVADA KEDAVRA!!!!!" Ein giftgrüner Strahl kam aus der Spitze von Voldemorts Zauberstab auf Harry geschossen, doch er erreichte ihn nie.
Harry erfuhr nicht, wie Sirius ihn gefunden hatte, ob sein Patenonkel gesehen hatte, wie er Voldemort gefolgt war und wie lange er ihn beobachtet hatte. Und in dem Moment war er sich auch gar nicht darüber klar, was eigentlich geschah, alles was er hörte war, das jemand entsetzt "Nein!" brüllte. Aber als Voldemort seinen Todesfluch ausschickte, da tauchte Sirius plötzlich wie aus dem nichts auf, und warf sich zwischen ihn und Harry. Der grüne Strahl traf Sirius mit voller Wucht, Harry hörte den Mann vor Schmerzen aufschreien, dann fiel sein Körper leblos zu Boden . Voldemort war zu überrascht, um irgendetwas zu tun und starrte einen Augenblick lang bloß auf den Körper von Sirius Black, der seltsam verkrümmt und regungslos im Gras lag. Und das war sein Fehler. In diesem kurzen, unaufmerksamen Moment Voldemort s hatte Harry ohne groß darüber nachzudenken nach seinem Zauberstab gegriffen und auf den Hexenmeister gerichtet. Bevor der Dunkle Lord überhaupt reagieren konnte, war es schon zu spät. "Avada Kedavra!" schrie der schwarzhaarige Junge voll Wut, seine Stimme war schneidend und klang so fremd, es machte Hermione fast Angst. Seine Augen hatten einen Ausdruck, den sie nicht von ihm kannte, es war so als wenn Harry all seinen Zorn und seine Kraft in diesen Fluch hinein gesteckt hatte; und auf einmal erkannte sie,; welch Potential in ihrem Freund steckte, wie viel mächtiger er war als sie gedacht hatte. Als der Magiestrahl Voldemort traf, gab es einen entsetzlichen Schrei, schriller als alles, was Harry oder Hermione je zuvor gehört hatten, dann glühte der Hexenmeister kurz grün, schreiend hob er die Hände zum Himmel und wälzte sich auf dem Boden umher, bevor er schließlich in Flammen aufging. Alles, was zurück blieb, war ein Häufchen Asche.
Harry lag schwer atmend da und starrte auf den Fleck, wo eben noch sein Todfeind gestanden hatte um ihn zu vernichten. Das Gras rauchte ein wenig an dieser Stelle, aber genau darüber am grauen Himmel begannen die Wolken aufzubrechen und das Azurblau trat hervor. "Harry!" hörte er Hermione flüstern, aber er war zu erschöpft um zu antworten. Er spürte seinen Körper kaum noch, den Todesfluch auf Voldemort anzuwenden hatte ihn all seiner Kräfte beraubt. Dann erinnerte er sich wieder an Sirius, sah seinen Körper im Gras liegen und kroch mit der Anstrengung eines Verzweifelten zu seinem Patenonkel. Da lag er. Sein Körper war seltsam verkrümmt, seine Hände zu Fäusten geballt. Sein schwarzes, schulterlanges Haar verdeckte sein Gesicht, doch Harry konnte den schmerzverzerrten Ausdruck darauf erkennen, die weit aufgerissenen Augen, der leicht geöffnete Mund. Er war bleich und bewegte sich nicht. "Sirius." Flüsterte Harry verzweifelt mit tränenerstickter Stimme, während er den Mann an der Schulter schüttelte. "Sirius, wach auf bitte." Aber Sirius Black wachte nicht auf. Er war tot.
Harry wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen, als es an der Tür klopfte. Er runzelte die Stirn, wer konnte das sein zu so später Stunde? "Ja?" Es war Lupin, der seinen Kopf zur Tür herein steckte, er wirkte ziemlich verlegen. "Harry, tut mir leid wenn ich dich schon wieder störe, aber Daisy Diggle hat uns informiert, dass zwei Schüler von Gryffindor draußen herum stromern und.."
"Diese alte Petzte." Warf Harry tonlos ein.
". irgendjemand muss sie suchen .. Ich weiß es ist mitten in der Nacht und das Wetter ist scheußlich, aber wer weiß ob sie nicht noch was anstellen, in den Verbotenen Wald rennen oder so..."
"Ja ja, schon gut." Winkte Harry ab. "Ich geh ... ich muss sowieso an die frische Luft. Von welchen Schülern reden wir denn?"
"Wybren Wolfman und Feodora Ftorbus. Unser Liebespärchen."
Harry blies sich die Haare aus der Stirn. "Dann kann ich mir denken, wo sie sind."
*******************
Als Harry aus dem Tor hervor trat, blitzte und donnerte es als ob der Weltuntergang bevorstünde. Der Wind fegte ihm kalt um die Nase und ließ ihn frösteln, der Verbotene Wald hob sich in der Ferne schwarz gegen den dunkelblauen Nachthimmel ab. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis seine Haare klatschnass waren und seine Kleidung tropfte. Na toll, gab es nicht gemütlichere Plätze für eine Knutscherei als den See bei Sturm und Gewitter? Die Zwei schienen von der masochistischen Front zu kommen, anders konnte Harry es sich nicht erklären.
Er ging über die völlig durchweichte Wiese hinunter zum See, der Boden unter seinen Füßen patschte bei jedem Schritt laut und deutlich. Über ihm donnerte es so gewaltig, dass es Harry in den Ohren dröhnte. Der See lag schwarz und ruhig da, als ob er sich zur Ruhe gelegt hätte. Harry legte einen Schritt zu, ging zielstrebig am Ufer des Sees entlang und fand bald wonach er gesucht hatte: An der Hogwarts gegenüberliegenden Seite stand eine kleine Gruppe von Trauerweiden, deren langes Astwerk einen kleinen Vorhang um den Stamm herum bildete und einem bei Wind und Wetter ein sicheres und trockenes Plätzchen gewährte. Zwischen den herunterhängenden Zweigen und Blättern sah er ein kleines Licht flackern - hatte er also doch richtig gelegen. Er selbst war hier auch einige Male in seiner Teenagerzeit gewesen und hatte sich mit Cho Chang und ein paar anderen Mädchen wilde Knutschereien geliefert, aber das gewesen bevor .
Er blieb stehen und drehte sich um. Hinter ihm lag das Schloss, das wieder fast vollständig aufgebaut worden war, nur hier und da waren noch abgebrannte oder zerfallene Türme und Gebäude. Die hell erleuchteten Fenster schienen dem Sturm geradezu trotzen zu wollen und verbreiteten ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit. Der Regen wurde noch stärker, so stark, dass die herunter prasselnden Tropfen fast wehtaten. Über ihm blitzte und donnerte es. Harry wünschte sich ins Schloss zurück und wandte sich wieder in Richtung der Trauerweiden, als plötzlich etwas vor seine Füße lief. Es war anscheinend aus dem Wasser gesprungen und etwa so groß wie eine Katze, mit schwarzem, nassem Fell und roten, glühenden Augen. Harry schrie kurz auf vor Schreck, wollte ausweichen, verlor das Gleichgewicht und rutschte auf dem glitschigen Boden aus. Er fiel er auf das nasse Gras und den Matsch, und rutschte haltlos die Uferböschung hinab, bis er bis zu den Knien im Wasser lag. In diesem Moment schlug der Blitz in den See ein.
Es war das Schlimmste, was Harry je gefühlt hatte, ein unbegreiflicher, schmerzender, flammender Stoß der durch seinen gesamten Körper jage, von seinen Zehen bis zu seinen Haaren, durch jede Sehne, jede Ader, jeden Muskeln, er hatte das Gefühl zu verbrennen während seine Glieder unkontrolliert zuckten. Er wollte schreien, konnte es aber nicht, wollte aus dem Wasser doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Schließlich wurde alles schwarz und er fiel in eine endlose Leere.
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Autor : astrophilia
Inhalt : Harry ist nicht mehr derselbe . nicht seit dem Kampf um
Hogwarts. Das Leben erscheint so sinnlos. Und dann geschieht etwas
vollkommen Unglaubliches, etwas, dass Harry wieder einmal seinem ärgsten
Feind gegenüberstellt .
Feedback : aber immer doch : mione@web.de
Altersbeschränkung : Aufgrund er mangelnden Liebeszenen und der Tatsache,
dass Herr der Ringe auch ab 12 freigegeben ist . ja, ab 12 eben :o)
Disclaimer : Alle hier enthaltenden Figuren und Orte (mit Ausnahme derer,
die ich erfunden habe) gehören Joanne K. Rowling und Warner Bros., eine
Copyright-Verletzung ist nicht beabsichtigt.
Kategorie: Mystery, Drama, Dark-Fiction
Betaleser : Die liebe, liebe Tia *wild wink* .. Danke für die Hilfe!
Widmung : Das hier ist für Johanna, die mich erst zum Harry Potter -
Lesen gebracht hat, für meine beste Freundin Drea und alle, die das
Träumen nicht verlernt haben.
Anmerkung : Gaaaanz wichtig: das hier ist Stand nach Buch 4, das heißt
unser Lieblingsanimagus lebt noch - mehr oder weniger. die Idee kam mir
vor "Order of the Phoenix", deswegen sieht die "Realität" hier etwas
anders aus . nur das ihr's wisst *gg* . Ach und ja, etwas worauf mich Tia
aufmerksam gemacht hat: An einer Stelle spricht Ron Harry mit "Henry" an,
das ist kein Schreibfehler sondern Absicht. Im Englischen ist "Harry" die
allgemein gebräuchliche Abkürzung von "Henry", deshalb und ich wollte
betonen, dass Ron wirklich sauer ist. Wer kennt das nicht, im Alltag
heißen wir "Steffi", aber wenn wir was angestellt haben heißen wir
plötzlich "Stefaniiiieeee" ... so ungefähr *gg*
An die Leser : Okay, das hier ist meine erste Fanfiction, deswegen habt
Nachsicht mit mir, falls ich etwas durcheinander gebracht habe . ich
wünsche euch viel Spaß beim Lesen und es wäre schön von euch zu hören,
wie ihr meine Geschichte findet . alles Liebe,
philia
Eine Frage der Zeit
Erinnerungen (Kap.1)
******************** The winter here's cold and bitter It's chilled us to the bone I haven't seen the sun for weeks Too long, too far from home It feels just like I'm sinking And I claw for solid ground Pulled down by the undertow I never thought I could feel so low Oh darkness, I feel like letting go (c) Sarah McLachlan, "Full of Grace" ******************************************
"Also, habt ihr das alle verstanden?"
Der junge Mann drehte sich um, so dass er nun mit dem Rücken zur Tafel stand und ließ seinen Blick über die Klasse schweifen. Die Fünftklässler von Gryffindor und Slytherin starrten mit ratlosen Gesichtsausdrücken von ihren Bänken zurück. In den hinteren Reihen hörte er Stella Rosenberg aufgeregt mit Justitia Maynard flüstern und aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie Nepomuk Spencer heimlich mit seinem Zauberstab Pergamentkügelchen dirigierte und damit auf Prudentia Dashwood schoss. Er schüttelte missbilligend den Kopf und brummte:
"Nepomuk, lass es!"
"Was, Sir?"
"Du weißt verdammt noch mal genau, was ich meine."
Es war ihm so schnell raus gerutscht, dass er erst danach merkte, dass er geflucht hatte. Mist, dachte er, heute läuft aber auch alles schief. Warum hatte ihm denn auch keiner erklärt, wie man mit Schülern umgehen musste? Hineingestoßen hatte er ihn, ohne auch nur einen Ton zu sagen. nein, das war nicht ganz korrekt. "Du schaffst das schon.", das hatte er ihm gesagt. War aber auch nicht wirklich hilfreich gewesen. Natürlich war es herrlich, Arbeit zu haben und es war nicht so, dass ihm das, was er tat nicht gefiel . aber er kam sich ziemlich ratlos vor, ein Gefühl, dass ihn schon seit ein paar Jahren begleitete, und im Mittelpunkt des Geschehens zu stehen passte ihm nicht. Na ja, das würde schon mit der Zeit verschwinden . hoffte er.
Wie dem auch sei, ob sein Fluchanfall nun pädagogisch wertvoll gewesen war oder nicht, es hatte gewirkt. Nepomuk hatte seinen Zauberstab mit schuldbewusster Mine zurück in die Tasche gesteckt und die Hände brav auf dem Tisch zusammen gefaltet, und die beiden Mädchen hatten erschrocken aufgehört zu flüstern. Er seufzte und wandte seinen Blick zum Fenster. Graue, fast schwarze Wolken hatten den Himmel verhangen, und der Regen peitschte wütend gegen die Fensterscheiben. Sie konnten den Wind heulen hören, der um die Gemäuer von Hogwarts fegte und das Knacken und Ächzen der mächtigen Bäume. Ab und zu zuckte ein Blitz über den Himmel und erhellte die Welt draußen für eine Sekunde oder zwei, bevor er von einem gewaltigen Donner gefolgt wurde. Es war ein Nachmittag Ende November, ein Freitag um genau zu sein, und weil es die letzte Stunde vor dem Wochenende war, waren die Fünftklässler ungeduldig und aufgekratzt. Er seufzte noch einmal und wandte seine Aufmerksamkeit wieder der Klasse zu.
"Habt ihr mir überhaupt zugehört?" fragte er und schob die Hände in die Hosentaschen. Wie zu erwarten gewesen war kam keine Antwort zu ihm zurück. Die Gesichter waren noch genauso ratlos wie zuvor. Er schwieg für einen Moment und es war so still im Raum, dass man eine Stecknadel hätte fallen hören können - wenn das tobende Unwetter draußen es nicht übertönt hätte. Schließlich nickte er resignierend.
"Also schön, wir beenden die Stunde für heute. Aber ich will, dass ihr euch bis zur nächsten Stunde in eurem Buch über die Boggarts informiert habt und mir sagt, wie ihr mit ihnen fertig werden könnt. Und damit ich sicher sein kann, dass ihr das auch wirklich tut, werde ich nächsten Freitag einen Test schreiben lassen. Die, die sich wirklich mit dem Buch befasst haben, werden keine Probleme haben."
Toll, gut gemacht. Knurrte er sich im Geiste selber an, Deine rhetorischen Fähigkeiten beschränken sich wirklich nur aufs 'Hallo' - Sagen. und du drückst dich in etwa so verständlich aus wie eine Bauanleitung von IKEA. und wie gut, dass du nicht die leiseste Ahnung hast, wie man einen Test vorbereitet oder benotet . du alter Idiot. Langsam begann er sich zu fragen, ob die Idee nicht doch ein totaler Reinfall gewesen war. Wenn er genauer darüber nachdachte, war es sogar eine totale Schnapsidee gewesen. er würde es Remus sagen, sobald er ihn das nächste Mal sah. Er riss sich aus seinen Gedanken und bemerkte, dass ihn die Schüler erwartungsvoll anstarrten. Er runzelte die Stirn. Was war denn jetzt los? Hatte er etwas im Gesicht? War seine Hose offen? Musste er noch etwas verkünden? Hatte er etwas vergessen???? . Oh . ja ... natürlich. er widerstand der Versuchung, sie spontan mit der flachen Hand vor die Stirn zu schlagen und sagte:
"Ihr dürft gehen. Bis nächsten Freitag."
"Bis nächsten Freitag, Mr. Potter."
Die Fünftklässler sprangen auf, schoben die Stühle zurück, packten hektisch ihre Sachen ein, als ob sie sich auf der Flucht befänden und stürmten aus dem Klassenraum. Er konnte ihren lauten Stimmen und ihr Lachen im Flur hören. und seufzte noch einmal. Das schlechte Wetter drückte ihm aufs Gemüt, aber es war nicht bloß das. Langsam ging er zu seinem Pult und begann, seine Unterlagen zusammen zu suchen. Dabei fiel sein Blick auf das Tafelbild, das er während der Stunde gezeichnet hatte. Es war so unübersichtlich, dass er selber nicht mehr so genau wusste, was er damit eigentlich hatte sagen wollen. Ein Wirrwarr aus Strichen, Zeichnungen, Informationen - kein Wunder, dass die Schüler so verständnislos gewirkt hatten. Plötzlich klopfte es an der Holztür, und Harry zuckte leicht zusammen.
"Ja bitte?"
Es war Remus Lupin, der seinen Kopf hereinsteckte.
"Ach, du bist es." Sagte Harry und lächelte leicht.
"Ja, ich bin es." Erwiderte Lupin und trat ein. "Ich wollte dich eigentlich fragen, wie deine erste Stunde gelaufen ist, aber ich glaube dein Gesicht spricht Bände."
"Ist es so offensichtlich?" Harry ließ sich auf den Stuhl, der hinter dem Pult stand, fallen und stützte kraftlos das Gesicht in die Hände. Obwohl er mittlerweile über 20 war, fand Lupin, dass Harry immer noch aussah wie der 13jährige, dem er damals Unterricht gegeben hatte, jedenfalls in Momenten wie diesen. Er trug immer noch dieselbe Frisur (vermutlich lag das daran, dass Harrys Haare eine Art Eigenleben zu führen schienen und keine andere Frisur duldeten), dieselbe schwarze Nickelbrille, und obwohl er in seinem 16. Lebensjahr ordentlich in die Höhe geschossen war (er überragte Lupin jetzt um ein paar Zentimeter), hatte das nichts daran geändert, dass er immer noch schmächtig und irgendwie verloren wirkte. Wären seine Hände nicht filigraner und stärker und seine grünen Augen müder gewesen, hätte man ihn einige Jahre jünger geschätzt. Und er wurde seinem Vater immer ähnlicher, zumindest was das Äußere betraf. Lupin grinste.
"Kann man so sagen. Du hättest es dir auch direkt auf die Robe schreiben können: Meine erste Stunde war schrecklich."
Harry lachte leise auf. Es tat Lupin gut, Harry lachen zu hören - das hatte er in den letzten Jahren nicht allzu oft getan. Harry kratzte sich am Kopf und sah Lupin unverwandt an.
"Das hätte es aber ziemlich genau getroffen."
"Ach komm, so schlimm kann es doch gar nicht gewesen sein."
"Ach nein?" Wortlos deutete Harry mit dem Kopf auf die Tafel, die links neben ihm stand.
"Uff." Machte Lupin und legte den Kopf schief, während er stirnrunzelnd versuchte, in Harrys Erläuterungen einen Sinn zu erkennen. Harry nickte ihm bloß zu.
"Siehst du?"
"Okay, es ist vielleicht nicht ganz gelungen, aber es war deine erste Stunde, nächstes Mal wird es besser."
Harry pfiff Luft durch die Zähne. "Ich frage mich, ob ich überhaupt weitermachen soll. Es liegt mir einfach nicht, ich kann nicht erklären, ich fluche im Unterricht."
Lupin lachte laut auf. "Na das ist natürlich tragisch. Hat es denn geholfen?"
"Em .ja.."
"Na bitte."
"Es ist mir Ernst Remus, ich kann .."
Luoin trat näher an den Tisch heran, stützte sich mit den Armen darauf und beugte sich leicht über Harry, so dass er ihm genau in die Augen sehen konnte.
"Hör mir mal zu Harry: Es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen, und von meiner ersten Stunde möchte ich dir lieber nicht erzählen. Ich weiß, dass dieser Job vielleicht nicht genau das ist, was du immer machen wolltest - aber die Dinge sind wie sie sind .. Du kannst nicht nur in Sirius' Haus rumsitzen und Trübsal blasen. Du musst wieder raus in die Welt. Du kannst dich nicht einschließen, hörst du? Und die Stelle hier ist genau das Richtige für dich, bis du etwas Besseres gefunden hast. Bis du weißt, wie du weiter machen willst. Was du weitermachen willst."
Harry erwiderte nichts, wich aber auch seinem Blick nicht aus. Er verzog bloß zweifelnd den Mund.
"Harry, ich bitte dich." Sagte Lupin eindringlich, es klang fast flehend. Harry starrte ihn gedankenverloren an. Er wusste ja selber, dass Lupin Recht hatte, dass er sich nicht so hängen lassen durfte, aber es war so schwer. Vor 2 Jahren hatten sie Lupin zum Schulleiter von Hogwarts ernannt, nach Dumbledore's Tod. Damals hatte es viele Proteste und Tumult deswegen gegeben - man bedenke nur ein Werwolf als Schulleiter! - aber Arthur Weasley und noch einige Andere hatten sich für ihn stark gemacht, und so hatte Lupin seinen Posten in Hogwarts angetreten. Lupin hatte sich in den Jahren kaum verändert, abgesehen von ein paar grauen Strähnen, die nun seine Haare durchzogen, und ein paar Falten, die hinzugekommen waren. Im Großen und Ganzen sah er aber besser aus denn jemals zuvor. Harrys Vater und seine Mutter wären jetzt in demselben Alter gewesen - manchmal ertappte sich Harry dabei, dass er Lupin mit seinem Vater verglich. Nun, das ging natürlich nicht wirklich, Harry hatte seinen Vater ja nie gekannt, aber Lupin war in vielen Dingen so, wie Harry sich seinen Vater immer vorgestellt hatte - sogar Sirius hatte einmal gesagt, wie sehr die Beiden sich ähnelten. Lupin war mutig, freundlich, klug, loyal und besonnen - so wie sein Vater es gewesen war. Er selber glich eher Sirius als seinem Vater, er neigte dazu, unüberlegt und impulsiv zu handeln.
"Wahrscheinlich hast du Recht, wie immer." Sagte Harry matt und lehnte sich in seinem Stuhl zurück. Plötzlich sah er Jahre älter aus. Lupin spürte einen Stich in seinem Herzen - wie immer, wenn Harry traurig oder betrübt wirkte, und das war in den letzten Jahren fast durchweg der Fall gewesen. Es zeriss ihn förmlich zu sehen, was man diesem Jungen von seiner Geburt an angetan hatte, ein Kind hatte er nie sein können. Er hatte nie die bedingungslose Liebe einer Mutter oder eines Vaters gekannt, nur die unerbittliche seelische Vergewaltigung der Dursleys. Von wenigen glücklichen Momenten abgesehen war sein Leben nur von Gewalt, Tod, Verlust und Trauer bestimmt gewesen. Wenn er ihm doch nur helfen könnte - er versuchte es, versuchte es täglich, aber er wusste dass seine Hilfe lediglich ein Tropfen auf dem heißen Stein war. Harry wirklich helfen zu können.. dafür war es 20 Jahre zu spät. Lupin versuchte zu lächeln..
"Natürlich habe ich das."
"Oh und gar nicht eingebildet."
"Hey ich bin ein Werwolf - wie willst du da mithalten?"
"Ich habe Voldemort getötet.."
"Ich wusste, dass du jetzt wieder damit ankommen würdest, du alter Angeber."
"Du kennst mich zu gut."
"Ja, das bringt die Zeit mit .. Das und mein untrüglicher, wölfischer Spürsinn."
"Verstehe."
"Okay, ich werde dann mal gehen .. Kommst du klar?"
Harry sah ihn einen Moment lang an und nickte schließlich. "Ja, natürlich." Es klang nicht wirklich überzeugend, aber das tat es nie. Lupin biss sich auf die Unterlippe; er konnte nicht bleiben; in 10 Minuten hatte ein Treffen mit dem Schulrat. Harry ist alt genug .versuchte er sein schlechtes Gewissen zu beruhigen, worauf sich sofort eine innere Stimme in seinem Kopf meldete: Man ist nie zu alt um Hilfe zu brauchen .
"Harry", begann er zögernd, " . ich hab jetzt einen Termin .. Ich muss mich beeilen. Aber wenn was ist, dann komm einfach in mein Büro, okay?"
"Klar." Hörte er Harrys Stimme, aber er klang abwesend. Sein Blick war auf das Fenster gerichtet, noch immer regnete es in Strömen. Lupin seufzte und ging langsam zur Tür. Als er sie erreicht hatte, blieb er abrupt stehen und drehte sich noch einmal um.
"Harry?"
"Hm?" machte Harry, und wandte den Kopf zu ihm.
"Deine Eltern wären stolz auf dich.. Nein, ich bin sicher sie sind es."
Harry schluckte kurz, bevor er leise antwortete.
"Danke, Remus."
Nachdem Remus den Raum verlassen hatte, blieb Harry noch eine Weile sitzen und starrte aus dem Fenster. Der Regen hatte etwas nachgelassen, aber es war immer noch stürmisch, und Harry war froh, drinnen sein zu können. Im Flur waren jetzt auch die Stimmen der anderen Schüler von Hogwarts zu hören, ihre Schritte auf dem Steinboden, ihr Lachen und Kichern. Vor ihnen lag das Wochenende, morgen würden viele von Ihnen einen Abstecher nach Hogsmeade machen, so wie es von jeher gewesen war. Es waren wieder sichere Zeiten. Das Alles erinnerte ihn so verdammt stark an seine Schulzeit hier. Als er noch relativ unbeschwert gewesen war, Ron, Hermione und er ein Team, eine Gemeinschaft.. Zusammen hatten sie ein Ganzes gebildet, jetzt schienen sie mehr einzelne Teile zu sein. Wie ein auseinander gebrochenes Puzzle, von dem niemand so recht wusste, wie es wieder zusammengesetzt wurde. Nicht, dass sie nicht immer noch Freunde waren, aber etwas hatte sich geändert. Vermutlich war das einfach so, wenn man erwachsen wurde (obwohl Harry sich nicht im Geringsten erwachsen vorkam), Ron und Hermione hatten jetzt ihr Leben und er seins. Hin und wieder kam er sich sehr einsam vor.
So viel hatte sich geändert, so viel Schreckliches war passiert. War es den Sieg über Voldemort wert gewesen, waren all die Opfer nicht sinnlos erbracht worden? Natürlich, natürlich waren sie das nicht, das sagte ihm sein Verstand täglich .. Aber er konnte es nicht verhindern, dass er manchmal daran zweifelte. Oft fragte er sich, ob denn überhaupt etwas Sinn machte. Schließlich erhob er sich aus seinem Stuhl, nahm schweigend seine Bücher und Schriftrollen unter den Arm und machte sich auf den Weg zu seinem Büro. Sein Unterrichtsraum lag in einem der vielen Türme von Hogwarts, und um sein Büro zu erreichen musste er fast einmal quer durch das ehrwürdige Schloss laufen. Er hatte keine Eile, es gab ja niemand, der auf ihn gewartet hätte.
Er erreichte sein Büro etwa 15 Minuten später. Es lag im 2.Stock von Hogwarts, und von seinen Fenstern aus hatte einen wundervollen Blick über den See und die Highlands. Gelegentlich konnte Harry sich dazu aufraffen, morgens früh aus den Federn zu kriechen um den Sonnenaufgang zu bewundern, aber den Großteil der Morgen verschlief er bis in die Mittagsstunden. Sein Büro war nicht sehr ausgefüllt, die meisten Regale waren noch leer und sein Schreibtisch sah relativ unbenutzt aus, er hatte ja auch grade erst mit der Arbeit begonnen. Einzig und allein ein paar Fotos an den Wänden und auf dem Schreibtisch ließen vermuten, dass der Raum tatsächlich genutzt wurde. Sein persönlicher Raum hingegen, der an sein Büro grenzte und in dem er während den Schultagen über lebte, sah generell aus wie nach einem Bombenangriff. Sein kompletter Besitz lag mehr oder weniger um die Regale und Schränke herum verteilt, als dass die Sachen sich darin befanden, und Remus wunderte sich in regelmäßigen Abständen, wie Harry jeden Morgen saubere Sachen zum Anziehen fand. Es schien gegen alle Naturgesetze zu verstoßen. Es war einmal Dumbledore's Raum gewesen, als er noch normaler Professor und nicht Schulleiter war, und Harry hatte den leisen Verdacht, dass Lupin ihm dieses Büro nicht zufällig zugeteilt hatte.
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Als Harry an diesem Nachmittag die Tür zu seinem Büro erreichte, stutzte er für einen Moment und dann musste er unwillkürlich lächeln. Neben dem Türrahmen hing ein frisch poliertes, rechteckiges Messingschild mit seinem Namen: H.J. Potter, Dozent. Lupin hatte es hierher gehängt, dessen war er sicher. Wahrscheinlich wollte Lupin ihm zeigen, dass er schon vollständig zum Lehrkörper gehörte - und so ein Messingschild hatte etwas Entgültiges an sich. Fast wie in einer Sekte, dachte Harry, Du entkommst uns nicht, jetzt wo du das heilige Messingschild, Blut deiner Ahnen, an deiner Tür hängen hast .. Er schüttelte den Kopf. "Potter", sagte er leise, Draco Malfoys Ton nachäffend, "du hast nicht mehr alle Tassen im Schrank". Er öffnete die Tür, betrat den Raum, schob die Tür mit seinem Fuß wieder zu und warf die Pergamentrollen und Bücher auf den Schreibtisch. Es war mittlerweile stockduster draußen. Harry hatte keine Lust, jetzt noch den Test vorzubereiten, aber er hatte so was noch nie gemacht, und er wusste, dass seine ersten Versuche sowieso im Müll landen würden. Also war es klüger, sich jetzt schon mal daran zu setzten. und er hatte ja sowieso nichts Besseres zu tun. Er legte seine schwere, schwarze Robe ab und warf sie über die Lehne des Sessels, der vor seinem Bürotisch stand, und setzte sich in seinen Jeans und einem von Molly Weasley's Pullovern (die ihm seltsamerweise immer noch passten, und die er oft unter seiner Robe trug) auf seinen Platz. Er nahm ein leeres Stück Pergament, seinen Federkiel und schrieb seine erste Frage auf, Woher stammen die Boggarts?, und stoppte. Stirnrunzelnd betrachtete er das Blatt. War das zu einfach? Zu schwer? Er hatte keine Ahnung .. Na das konnte ja heiter werden. Er steckte das Ende des Federkiels in seinen Mundwinkel, kaute gedankenverloren darauf herum und starrte an die Wand zu seiner Rechten, die er mit Fotos dekoriert hatte. Da waren zahlreiche Fotos von Sirius, dann einige von Hermione und Ron, eins von der gesamten Familie Weasley, alte Schulfotos, und eine Postkarte die Ron und Hermione vor 2 Jahren aus ihren Flitterwochen in Prag geschickt hatten. Er dachte an ihre Hochzeit zurück. Wenn er es recht bedachte war das der Punkt gewesen, an dem die Wege der 3 sich endgültig getrennt hatten. Ron und Hermione waren anschließend nach Yorkshire gezogen, weil man Ron dort eine Stelle in der lokalen Behörde für Schutz der Magischen Kultur und Gesellschaft angeboten hatte, und Hermione hatte für kurze Zeit als Lehrerin gearbeitet, bis sie schwanger geworden war. Er seufzte erneut. es schien sein Tag der schwermütigen Gedanken und Seufzer zu sein.
"Hallo." Hörte Harry plötzlich eine vertraute Stimme vor ihm. Vor Schreck wäre er fast mit dem Stuhl hinter rüber gekippt. Vor ihm stand ein großer, schlaksiger, in einem Anthrazit-Farbenden Anzug (welcher ihn sehr weltmännisch und elegant wirken ließ) gekleideter junger Mann und mit leuchtend roten Haaren, der ihn schelmisch angrinste.
"Ron!" rief Harry verwundert aus.
"Ja, genau der. Ich hoffe ich störe dich nicht zwischen deinem Nichtstun, auf dem Federkiel rumkauen und gedankenverloren in die Gegend starren."
"Natürlich nicht. Was tust du denn hier??? Ich meine, in Hogwarts?"
"Ich war geschäftlich in der Nähe, und da dachte ich, ich könnte dem neuen Lehrer für die Verteidigung gegen die Dunklen Künste gratulieren. Möge die Macht mit dir sein, Harry."
Harry grinste.
"Dann hast du also endlich Star Wars gesehen?"
Ron nickte. "Ja, Hermione hat darauf bestanden mit mir ins Kino zu gehen, damit ich den Film auch mal sehe. Sie meinte, wenn sie ich mit ihrer Muggel- Familie zurecht kommen und von ihr akzeptiert werden will, muss ich wenigstens in den Gründzügen zivilisiert sein, wie sie es nennt. Sehr faszinierende Technologie so ein Film, wirklich." Er lachte kurz.
Harry lächelte. Es war immer schön, Ron wieder zu sehen, weil sich während der Jahre nichts an ihrer Vertrautheit geändert hatte, es war dann fast wie in alten Zeiten .. Doch jedes Mal wenn Ron von Hermione sprach, von seiner Hermione - wie er sie gerne nannte-, dann wurde Harry schmerzlich bewusst, dass es nie mehr so werden würde wie es einmal gewesen war. "Und, wie geht es euch so? Hermione, dir und Philomena?"
Ron's Augen fingen an zu leuchten, wie immer, wenn ihn jemand nach seiner Tochter fragte. Seine Stimme und seine Gesichtszüge wurden dann ein Stück weicher, sein Ton wärmer. "Oh uns geht es gut. Philomena ist schon wieder gewachsen und letzte Woche hat sie ihr erstes Wort gesagt . letzten Sonntag, stell dir vor, sie hätte einen Tag damit gewartet, dann wäre ich auf der Arbeit gewesen und hätte es gar nicht mit bekommen .."
"Und was hat sie gesagt?" Der Rotschopf grinste vielsagend. "Buch." Sagte er dann tonlos.
Harry konnte sich nicht anders helfen als laut loszulachen. Er erschrak ein wenig, denn er hatte sich schon seit Monaten nicht mehr wirklich lachen gehört. es klang fremd, als ob er bloß seinen Mund öffnete und jemand Anders durch ihn lachte. Er bemerkte, dass Ron ihn anscheinend zufrieden beobachtete.
"Hat sie nicht." Antwortete Harry amüsiert.
"Doch, ich schwöre es dir, genau das hat sie gesagt." Ron lachte wieder kurz. "Sie schlägt wirklich genau nach Hermione."
"Ja." Sagte Harry und warf einen Blick auf die Fotografie der kleinen Familie, die an seiner Wand hing. Da war Hermione, wie eh und je, und daneben Ron, der die in die Kamera winkende und lachende Philomena auf dem Arm hatte. Philomena war ein entzückendes Kind. Sie hatte Hermione's Augen und Nase geerbt und Ron's Mund, ihre Haare waren so leuchtend rot wie die der Weasleys, aber lockig wie der Schopf ihrer Mutter. Sie sah ein bisschen aus wie Ginny ausgesehen hatte, als sie in dem Alter gewesen war. Zahllose Sommersprossen erstreckten sich über Philomenas Nase und ihre Wangen, und im Gegensatz zu anderen Müttern weigerte Hermione sich, sie in Kleidchen und Strumpfhosen einzukleiden. Sie bestand darauf, dass Philomena die Möglichkeit haben sollte, alles in ihrer Umwelt zu erkunden, und hübsche Kleidchen -die man um Gottes Willen nicht beschmutzen durfte- würden sie bloß daran hindern. So sah man Philomena Anne Weasley (wie ihr voller Name war) nur in Latzhosen, kleinen Jeans, Hemden oder T-Shirts herum turnen, aber grade das fand Harry so besonders herzig an ihr. Sie war ein kleiner, ungestümer Wildfang, und er liebte sie abgöttisch. Er konnte stundenlang mit ihr durch die Felder und Wälder ziehen, die Welt mit ihr entdecken, ihr Geschichten erzählen oder mit ihr Spiele spielen.
"Dann hast du bald zwei Alleswisser in deinem Leben." Fügte er hinzu.
"Och .. Das stört mich nicht. Sie ist wie ein kleines Wunder, Harry. Du musst uns bald wieder besuchen kommen, sie vermisst dich . sie kann es zwar nicht sagen, aber dauernd zeigt sie mit ihren kleinen Fingern auf das Foto von Dir .. Sie vermisst ihren Patenonkel.."
Kaum war der Satz Ron heraus gerutscht, da bereute er es auch schon. Wie hatte er bloß so dumm sein können! Muntere ihn ein bisschen auf! Hatte Lupin ihn gebeten, na, das war wohl nach hinten losgegangen. Hilflos beobachtete Ron, wie Harrys Miene sich versteinerte, nach Fassung ringend, und wie seine Lippen und seine Hände anfingen zu zittern.
Ron hob entschuldigend die Hände. "Harry, es tut mir leid, wirklich . ich wollte nicht." sagte er hilflos. Harry nickte nur leicht, weil er krampfhaft versuchte, die aufsteigenden Tränen zu unterdrücken. Hör auf, Potter! Hörte er seine scharfe Stimme im Kopf. Es ist schon 4 Jahre her! "Schon okay." Presste er hervor. Wenn er jetzt bloß nicht zu weinen anfing . wenn er bloß Ruhe bewahren könnten .. Wenn die Tränen erst mal ihren Weg nach draußen gefunden hatten, wer wusste dann schon, ob er jemals wieder würde aufhören können. Er ballte seine Hände zur Faust, so stark, dass die Knöchel weiß wurden. Er atmete tief durch und fühlte, wie die Anspannung und das Bedürfnis, seinen Schmerz in die Welt hinaus zu schreien, nachließen. Noch mal geschafft
"Tut mir leid." Murmelte er.
"Nein, mir tut es leid.." Sagte Ron und biss sich auf die Unterlippe. Seit vier Jahren ging das schon so, 4 Jahren in denen Harry sich vollkommen verändert hatte. Nachdenklich war er immer gewesen, aber auch voll des festen Glaubens, dass man sein Schicksal in die Hand nehmen konnte, dass es sich zu kämpfen lohnte und man erstens: immer eine Wahl und zweitens: immer eine Chance hatte. Doch seit diesem Tag vor vier Jahren. zuerst war er vollkommen aus der Fassung geraten, er war nahe am Rande des Wahnsinns gewesen. dann war er für fast ein Jahr lang verschwunden, und nach seiner Rückkehr hatte er nie jemanden erzählt, was er eigentlich während dieser Zeit getan hatte. Nach seiner Wiederkehr war er depressiv geworden, hatte monatelang in Sirius' Haus gesessen und es nicht verlassen. Hermione, Neville, Fred, George, er selber, Lupin - sie hatten alle versucht ihm zu helfen, ihn aufzumuntern, sie hatten ihn angeschrieen, ihm zugeredet, versucht ihn zum Reden zu bewegen, ihm professionelle Hilfe angeboten, aber es war zwecklos gewesen. Harry hatte sich vollkommen in sein Schneckenhaus zurückgezogen und niemand an sich heran gelassen. Die Summe seiner Wut und seiner Trauer war zu groß gewesen, als dass er sie hätte herauslassen können.
Ein Jahr lang war es so gegangen, dann hatte es Lupin irgendwie geschafft, dass Harry sich - am Anfang kaum merklich, aber doch bestätig - wieder für das Leben zu interessieren begann, für das was um ihn herum geschah. Er war auf Hermines und seiner Hochzeit Ron's Treuzeuge gewesen, und er hatte sogar die Patenschaft für Philomena übernommen, als Hermione sie ihm angeboten hatte. Während der letzten zwei Jahre hatte er sie ab und zu besucht, hin und wieder auch Lupin, es war eine schwere Zeit gewesen. Und ein harter Weg. dass Harry jetzt tatsächlich die Stelle in Hogwarts angenommen hatte, war wie ein Wunder, jedenfalls erschien es seinen Freunden so. Das war allein Lupins behutsamen und sensiblen Einfluss zu verdanken. Er hatte in Harry's Leben die Rolle des Mentors eingenommen, und füllte sie so gut er konnte. Harry schien wieder zu sich gefunden haben - oberflächlich gesehen. Aber Ron wusste, dass es unter der Oberfläche brodelte, und dass Harry tagtäglich erneut am Abgrund stand. Es war immer noch besser, Sirius' Namen nicht zu erwähnen, oder alles was mit ihm zu tun hatte.
"Ich kann sie verstehen." Hörte er plötzlich Harry flüstern. Es kam so überraschend, dass Ron leicht zusammenzuckte. Erstaunt sah er Harry an - die Augen seines Freundes waren voll Trauer, er wirkte matt und war auf seinem Stuhl zusammen gesunken - und wusste nicht, was er sagen sollte. Jahrelang hatte er sich darauf konzentriert, nicht über Sirius zu sprechen, und jetzt da Harry über ihn redete - da konnte Ron es nicht mehr. Er hatte die Hoffnung, dass Harry aus der Isolation mit seinem Schmerz irgendwann ausbrechen würde - irgendwann aufgegeben.
"Du vermisst ihn immer noch, nicht wahr?" fragte Ron und hoffte, dass er nicht direkt wieder eine Krise herbeiführen würde.
"Ja . ja das tue ich." Antwortete Harry. Seine Stimme war kraftlos, aber er klang auch seltsamerweise erleichtert. Als wenn er seit einer Ewigkeit darauf gewartet hatte, diese Worte auszusprechen, es zuzugeben. und so war es auch. Harry konnte selber nicht glauben, was er so eben gesagt hatte. Es war so einfach gewesen, so ganz anders als seine Vorstellung es ihm immer gesagt hatte. er hatte immer geglaubt, sein Zugeständnis würde ihn nackt wirken lassen, würde die harte Rüstung durchbrechen und jedem erlauben, Einblick in sein verwundetes Selbst zu nehmen, aber es war ganz anders. Er fühlte sich leichter, freier .. Ron würde es niemandem verraten, wenn Harry es nicht wollte, dessen war er sich sicher.
"Ich vermisse ihn auch, Harry. Ihn und Ginny."
Harry spürte einen kurzen Stich in der Nähe seines Herzens. natürlich, wie hatte er bloß so selbstsüchtig sein können.. so viele waren gestorben damals, beim Kampf gegen Voldemort Hunderte, die in diesen Tagen bewiesen hatten, wie viel tapferer und stärker sie waren, als man es ihnen zugetraut hatte, als sie es sich jemals selbst zugetraut hätten. Die nichts gefürchtet hatten, weder Schmerz noch Tod. deren Namen nun in die Geschichte eingegangen waren. In Hogwarts war ein Denkmal errichtet worden, eine 4m hohe Steinsäule, auf denen die Namen eingraviert waren .. Lee Jordan, Angelina Johnson, Colin Creevy, Ginny Weasley...
"Wie geht es deinen Eltern?" fragte Harry matt. Er konnte sich noch genau an den Moment erinnern, als Lupin und Dumbledore ihnen mitgeteilt hatten, dass Ginny von Voldemort getötet worden war Ginny die immer voll Bewunderung für Harry gewesen war . für ihre Brüder, das kleine schüchterne Mädchen, die in diesem Kampf sich in eine wahre Heldin verwandelt hatte. Die starb, um die ihren zu beschützen. So wie Sirius gestorben war, um ihm, Harry, das Leben zu retten.
"Sie machen weiter so gut es geht." Erwiderte Ron knapp. Arthur und Molly Weasley waren auch nach 4 Jahren nicht in der Lage, die Scherben wieder zusammen zu setzten. Ginny, ihr einziges Mädchen, war für immer verloren. Harry wusste, dass die Weasleys versuchten mit dem Verlust zu leben, aber die Leere in ihrem Herzen konnte nichts wieder füllen. Er wusste auch nur zu gut wie sie sich fühlten - so wie Ron nur zu gut wusste, was Harry empfand.
"Verfluchte Scheiße." Entfuhr es ihm. Ron sah ihn verdutzt an. Harry fluchte so gut wie nie, tatsächlich konnte Ron sich nicht daran erinnern, seinen Freund jemals fluchen gehört zu haben. Ron hatte immer vermutete, dass ihm das Gen dafür einfach fehlte, oder Harry dafür heimlich in den Keller ging. Aber er hatte ja auch ein Weilchen nicht mehr mit ihm geredet, und außerdem hatte Harry sich verändert. Nicht, das es ihn störte, in gewisser Weise erleichterte es Ron. Als Harry Rons Gesichtsausdruck bemerkte, schob er eilig ein "Tschuldige" hinterher. "Oh nein, schon gut." antwortete Ron.
Harry warf ihm ein dankbares Lächeln zu, und beide schwiegen einen Moment. Es war ein vertrautes Schweigen, das Wissen, dass Beide dasselbe fühlten.. Etwas, dass es nur unter sehr engen Freunden gibt.
"Eigentlich bin ich her gekommen, um dich einzuladen." Sagte Ron schließlich, seine Augen konzentriert auf Harry gerichtet, weil er keine Ahnung hatte, wie sein Freund wohl reagieren würde. Harry hob nur überrascht eine Augenbraue.
"Einladen? Wozu?"
Ron räusperte sich kurz.
"Na, zu Weihnachten natürlich. Hermione und ich würden uns freuen, wenn du die Feiertage bei uns verbringen würdest. Wir wären endlich mal wieder zusammen. Und du würdest Philomena wiedersehen."
Harry legte nachdenklich den Kopf schief und begann, sich Weihnachten bei den Weasleys - es war komisch, dass er von Hermione nun auch als eine "Weasley" sprechen konnte - vorzustellen. Ron würde in der Küche stehen und sarkastische Kommentare über Hermiones verkohlten Truthahn abliefern, die Hermione bloß lächelnd wegsteckte, während sie Philomena aus Fachbüchern wie So werden sie perfekte Eltern - 100 Tipps, Kinder Großziehen Leichtgemacht und Antworten auf die Warum-Fragen den Ursprung, Sinn und die Tradition des Weihnachtsfestes erklärte. Philomena würde währenddessen unbeeindruckt auf dem Teppich herum krabbeln und sich mehr für den Weihnachtsbaum interessieren (der natürlich von Hermione nach wichtigen Kriterien ausgesucht worden war) und ihn beinahe in Brand setzen. Dann würden sie Hermiones mehr oder weniger genießbares Festmahl essen, bis spät in die Nacht Ron beim Witze erzählen zuhören, ins Bett gehen und am nächsten Morgen Geschenke auspacken. Harry konnte sich an den Gedanken gewöhnen. Aber wo war er in diesem Bild, dass er sich ausmalte? Nirgendwo, ein stiller Beobachter war er, wenn überhaupt. Er würde sich nur störend in diesem Familienidyll vorkommen. Es war nicht seine Welt, und Weihnachten hatte ohnehin seine Bedeutung für ihn verloren. Er zuckte die Schultern.
"Ich weiß nicht Ron."
Mit so einer Antwort hatte sein Freund gerechnet, aber er war nicht bereit, sie hinzunehmen.
"Ach komm schon Harry, es wird sicher lustig. Am Weihnachtsmorgen werden auch Fred und Julienna, George und Seraphia, meine Eltern und Hermiones Eltern kommen, Charlie und Anhang, Bill mit seiner Freundin Marcelline .. Die ganze Familie wird da sein .. Das wirst du dir doch wohl nicht entgehen lassen. Denk bloß an die ganzen heftigen Diskussionen, die es zwischen meinen Brüdern geben wird." Er grinste breit.
Harry fühlte sich elend. Er wollte so gerne, und genauso gerne wollte er nicht. Es war seltsam. "Eben, die Familie wird da sein. da hab ich nichts verloren." Sagte er gequält.
"Henry James Potter, bist du vollkommen durchgeknallt?" fuhr Ron ihn mit ungewohnter Heftigkeit an. "Seit ich dir mit 11 Jahren zum ersten Mal auf Gleis 9 ¾ begegnet bin, hast du zu unserer Familie gehört, klar? Komm nie wieder auf einen anderen Gedanken! Familie besteht nicht aus Blutsverwandtschaft, sondern aus denen mit denen wir zusammen sind oder sein wollen, und vor allem besteht sie aus denen, die zu unserem Leben gehören. Du warst immer wie ein Bruder für mich Harry, und du bist genauso ein Teil meiner Familie wie meine Mutter oder Charlie.."
Harry starrte ihn für einen kurzen Augenblick einfach nur sprachlos an. Ron war immer zu Späßen aufgelegt, immer redselig und witzig, aber bei ernsten Themen, vor allem wenn es um seine Gefühle ging, zierte er sich normalerweise ein wenig. "Ron . ich ... ich weiß nicht was ich sagen soll." Gab er ehrlich zu.
"Oh das ist doch wirklich einfach jetzt."
"Wirklich einfach?"
"Klar .. Du musst bloß 'ja' sagen."
Harry konnte nicht anders als zu Grinsen. Mit Ron zusammen zu sein konnte bei ihm wahre Wunder bewirken, zumindest munterte es ihn meistens wieder auf, wenn er sich schlecht fühlte oder bedrückt war. Er kratzte sich kurz am Kopf. es wäre doch wirklich schön, alle mal wieder zu sehen . aber ..
"Es werden nur Paare da sein." vollendete Harry den Satz laut.
Ron blies sich eine Haarsträhne aus der Stirn und blickte Harry mit einem Hauch von Vorwurf in den Augen an. "Harry, wirklich . du machst mich noch wahnsinnig! Sag jetzt einfach, dass du Weihnachten zu uns kommen wirst ..."
Harry zögerte einen Moment, dann nickte er leicht. "In Ordnung .. Ich werde da sein ... danke für die Einladung."
"Du weißt, dass du nicht auf eine Einladung zu warten brauchst."
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Kurz darauf verabschiedete Ron sich von Harry und verließ das Büro. Er pfiff kurz durch die Zähne, fuhr sich durch die Haare und machte sich dann auf zu Lupin. Das war ja besser gelaufen, als er es sich vorgestellt hatte. Vielleicht war Harry doch wieder auf dem Weg, wieder der Alte zu werden. Ron hoffte, dass Lupin's Termin mit dem Schulrat nicht zu lange gedauert hatte und er nicht würde draußen warten müssen. Ron glaubte nicht, dass Harry sein Büro heute noch einmal verlassen würde, und immerhin war Ron auch mit Lupin befreundet, aber wer weiß - vielleicht hätte Harry Verdacht geschöpft.
Ron klopfte kurz an die Tür und hörte Lupin sofort ein "Ja, bitte?" antworten. Ron öffnete die Tür und trat ein. Sein alter Lehrer saß hinter seinem Schreibtisch - ähnlich wie Harry, wie Ron schmunzelnd feststellte- und schien von dem Berg Pergamentrollen, losen Zetteln und Büchern, die sich um ihn herum türmten, fast erdrückt zu werden. Er konnte kaum dahinter aufschauen.
"Oh, hallo." Sagte Lupin erfreut, als er Ron sah. "Setz dich doch .. Wenn du einen freien Stuhl findest." Er deutete mit dem Kopf auf die Sessel und Stühle, die vor dem Tisch und an der Wand standen und genauso mit Arbeit bedeckt waren wie sein Schreibtisch, und lächelte entschuldigend.
"Schon okay, ich hab grad erst gesessen." Winkte Ron ab. "Viel Arbeit?"
Lupin seufzte. "Kann man wohl sagen. wahrscheinlich will das Ministerium mich auf Herz und Nieren prüfen, immerhin bin ich ja ein Werwolf.." In seiner Stimme hörte Ron einen Anflug von Bitterkeit. ".aber was will ich machen? Entweder arbeite ich mich durch den Kram hier durch, oder ich trete den Posten meines Lebens ab und versuche mich anders über Wasser zu halten. Ich glaube ich entscheide mich spontan für die Arbeit."
Ron lachte laut auf. "Würde ich auch machen.. Die werden schon bald feststellen, dass du ein Glücksgriff bist."
"Na wollen wir's hoffen. Mehr Platz für Pergamentrollen hab ich nämlich auch nicht, sonst müssen wir anbauen." Er grinste breit. "Und wie geht es deiner Familie so?"
"Danke, gut . wo wir auch schon beim Thema wären. Ich hab Harry zu Weihnachten eingeladen, wie du mich drum gebeten hast."
"Und? Hat er zugesagt?"
"Ich musste ihn überreden, aber es hat nicht so lange gedauert wie ich befürchtet hatte. Er wird Weihnachten mit uns feiern."
"Oh, gut ... danke Ron, ich kann dir gar nicht sagen, wie erleichtert ich bin. Ich kann es kaum mit ansehen, wie er sich abkapselt .. Sirius' Tod hat ihn schwer getroffen ."
"Wen würde es nicht schwer treffen? Harry hatte nie Eltern, und es gab nichts, was er sich mehr gewünscht hätte, als welche zu haben. Dann kam Sirius, und Harry hatte plötzlich so etwas wie einen Vater. und kurz darauf hat er ihn verloren. Ich glaube, wenn ICH in Harrys Situation gewesen wäre . " Ron sprach nicht weiter, weil er sicher war, das Lupin verstand. Lupin nickte leicht.
"Ich weiß Ron. aber er muss wieder unter die Leute kommen, besonders an Weihnachten. Danke, dass ihr ihn eingeladen habt."
"Das war doch selbstverständlich. wir hätten es auch schon letztes Jahr getan, aber .damals hätte er sowieso nie und nimmer zugesagt..."
"Ich weiß. und es ist wie ein Wunder, dass er es dieses Jahr getan hat."
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Harry hatte es aufgegeben, den Test vorzubereiten, nachdem ihm nach der ersten Frage nichts mehr eingefallen war und er den Federkiel frustriert gegen die Wand geworfen hatte. Er stützte den Kopf in die Hände und starrte auf die Fotos. Auf die Fotos von Sirius um genauer zu sein, und seufzte schwer. Das Leben war einfach unfair.
"Harry?" Sirius schüttelte ihn sanft an der Schulter, um ihn aufzuwecken. "Es ist soweit." "Hm?" brummte Harry, doch dann erinnerte er sich, schlagartig öffnete er die Augen und setzte sich auf dem schweren Strohsack, der ihm die Nacht über als Bett gedient hatte, auf. Es war nicht besonders bequem gewesen und der Junge konnte seinen Schädel förmlich brummen hören. "Wie spät ist es?" flüsterte er und sah sich um. Um ihn herum erhoben sich die anderen Hexen und Zauberer von ihren Lagern, die von flackernden Fackeln erhellten Gänge waren angefüllt mit hektischen Flüstern, dem Geräusch von Schritten auf dem Boden, Befehlen und Spannung, so viel Spannung, das sie fast zu sehen war. Vor ihm stand Sirius, eine Fackel in der Hand, das sorgenzerfurchte Gesicht starr vor Anspannung und - Angst. "Es ist erst kurz vor 4. Sie glaubten wohl, uns überraschen zu können. Beeil dich." Harry ließ sich nicht zweimal bitten. Er erhob sich rasch und tastete im Halbdunkeln der Nische, in der er genächtigt hatte, nach seinem Zauberstab. Da, da war er .. Seine Finger schlossen sich um das kühle Holz seines Stabes und sofort durchströmte Harry ein Gefühl der Sicherheit. Er betrachtete seinen Zauberstab, der ihm nun als Waffe dienen würde, kurz und steckte ihn dann in seinen Gürtel, so dass er im Notfall sofort griffbereit sein würde. Er konnte sehen, dass die anderen Zauberer dasselbe getan hatten. Sie waren nicht viele, etwa ein paar Hundert kampffähige Männer und Frauen.
Im Kerker in Hogwarts, in den sie sich verschanzt hatten warteten die Zauberer und Hexen, die sich Voldemort nicht angeschlossen hatten und bereit waren in dem bevorstehenden Kampf ihr Leben zu lassen. Nur der Kerker wurde benutzt, den Rest des Schlosses hatte man evakuiert und verbarrikadiert; Hogwarts war einfach zu weitläufig um es komplett verteidigen zu können. Es wäre ein unmögliches Unterfangen geworden - als ob es das nicht sowieso schon war, dachte Harry. Er streckte sich kurz, seine Gelenke taten ihm weh und er fühlte sich zerschlagen, aber das war jetzt egal. Sirius bedeutete, ihm zu folgen, und Harry tat es. Die Gänge waren muffig und überfüllt mit Männern und Frauen, die angespannt untereinander murmelten, ausgerüstet mit Zauberstab - er würde ihre einzige Waffe sein. Die Lager waren mittlerweile alle verlassen, die "Armee" positionierte sich in einem wilden Durcheinander vor den Schießscharten.
"Alles geordnet, bitte! Bewahrt Ruhe! Einer nach dem Andern an seinen Posten!" hörte er Lupin irgendwo Befehle brüllen. Harry folgte seinem Patenonkel durch den äußeren Gang und nachdem sie ein paar Stufen genommen hatten und etwas erhöht standen, hielt Sirius an.
"Hermione, wie sieht es aus?"
Harry traute seinen Augen kaum, als er seine Schulfreundin sah; die, mit wilder und entschlossener Miene, die Arme verschränkt, durch ein kleines Fenster auf die Ländereien von Hogwarts blickte. Sie hatte ihr lockiges Haar zu einem geflochtenen Zopf gebunden, und trug über ihren dicken Pullover und einer schweren Hose( die aus braunem Leder zu sein schien) eine knielange, dunkelrote Tunika, welche mit goldenen, keltischen Stickereien verziert war. In den goldenen Gürtel hatte sie, wie alle Anderen, ihren Zauberstab gesteckt. Harry musste schlucken. Sie sah anders aus, mutig, stark, wie eine Kriegerin. Er wollte sie fragen, woher sie die Tunika hatte, doch diese Fragen waren jetzt unwichtig.
"Nicht gut, fürchte ich." Antwortete Hermione ruhig. "Sie nehmen Stellung auf .. Er hat die Werwölfe mitgebracht." Harry durchfuhr ein kalter Schauer. Die Werwölfe . Voldemort hatte die Kreaturen mitgebracht. Es waren keine Werwölfe wie Lupin, die tagsüber Menschengestalt annahmen, es waren blutrünstige Kreaturen, gezüchtet um zu Morden. Sie wurden nie zu Menschen, sondern fristeten ihr Dasein in Käfigen bis Voldemort sie zum Töten losschickte. Harry sah, dass auch Sirius blass geworden war.
"Oh mein Gott."
Kurz darauf begann die Schlacht. Harry hatte neben Ron Platz genommen, und seltsamerweise war er ganz ruhig. Würde er sterben, dann wäre er bei seinen Eltern .der Tod war keine erschreckende Vorstellung mehr. Dafür war er zu oft kurz davor gewesen. Er atmete tief durch, als untern ihnen aus dem Nebel die Ponygroßen Werwölfe erschienen. Ihre roten, pupillenlosen Augen leuchteten gefährlich in der Morgendämmerung, und ihr grausames Knurren war meilenweit zu hören.
Voldemort schien einen Befehl gegeben zu haben, obwohl Harry nichts gesehen oder gehört hatte, denn plötzlich griffen die Bestien von allen Seiten jaulend an. Mit voller Wucht sprangen sie gegen das Gemäuer des Kerkers, versuchten wütend mit ihren scharfen Pranken halt zwischen den Steinen zu finden und durch die Schießscharten, die sich nur etwa 1m über dem Boden befanden( der obere Kerker war halb unterirdisch), nach Opfern zu schlagen. Harry hörte die entsetzten Schmerzensschreie der Verletzten, und sah rechts und links neben sich Männer und Frauen zu Boden gehen, die Meisten mit sauber, grässlich blutenden, aufgeschlitzten Kehlen. Er schauderte, und wich blitzartig einer Kralle aus, die durch seine Schießscharte schlug.
"Alles fertig?????" brüllte Sirius so laut er konnte, und sah sich prüfend um. "LOS!!!!" Blitzartig hatten die kämpfenden Männer und Frauen ihr Zauberstäbe in die Hand gerichtet und nach vorne gestreckt, auf die Werwölfe gerichtet. "AVADA KEDAVRA!!!" erklang es aus allen Ecken des Kerkers; prasselte der Spruch wie Pfeile auf die Kreaturen nieder, und einige Werwölfe sackten leblos zusammen. Doch es waren noch genug, die durchkamen.
Der Kampf schien eine Ewigkeit zu dauern, und es war zu erwarten, dass die "Rebellen" nicht mehr lange würden standhalten können .Die Werwölfe hatten nicht nur versucht, die Zauberer zu töten, sondern auch strategisch daran gearbeitet die Barrikaden zu durchbrechen und in den Kerker zu gelangen. In den restlichen Bereich des Schlosses waren sie schon nach kurzer Zeit eingefallen, die extra verstärkten Türen zum Kerker hielten - noch. Würden die Türen durchbrochen, wären Harry und die Anderen schutzlos den Werwölfen ausgeliefert. Und dann, grade als der Kampf praktisch verloren war, als es keine Hoffnung mehr gab, zogen die Werwölfe sich zurück, verließen das Schloss, rannten in den Nebel, der um Hogwarts lag und verschwanden. Sie waren nicht mehr zu sehen oder zu hören. Gespenstische Ruhe legte sich über Hogwarts und seine Länderein, und alle Insassen des Schlosses wussten, dass es bloß die Ruhe vor dem Sturm war. Wind kam auf und führte den Geruch von Fäulnis, Verwesung und Tod mit sich.
"Was passiert jetzt?" flüsterte Ron, während er mit starrem Blick nach draußen sah. Blut tröpfelte aus einem bösen Kratzer an seiner Wange, und er atmete schwer. Harry klebte das Haar an der verschwitzten Stirn und er erlaubte es sich, seinen Rücken einen Moment lang an das Gemäuer zu lehnen. Er suchte seine Umgebung nach Hermione ab, konnte sie aber nicht entdecken. Um ihn herum stöhnten Verwundete, er hörte leises Weinen, aber niemand wagte es, ein lautes Wort zu sagen. "Ich weiß nicht." sagte Harry und schloss die Augen. Was für ein Albtraum. Er wollte weg, aber das war unmöglich. Entweder würde er hier sterben oder hier siegen, eine andere Möglichkeit gab es nicht.
Da war ein Schreckenschrei, und dann hörte er jemanden entsetzt "Sie kommen!" rufen. Er riss die Augen auf und sah durch die Öffnung nach draußen. Dunkle, verhüllte Gestalten traten aus dem Nebel hervor, die Kapuzen so weit nach vorne gezogen, dass man nicht sehen konnte, ob sie überhaupt ein Gesicht besaßen. Harry erzitterte. Dementoren. Voldemort hatte wirklich die Dementoren mitgebracht. Sie gingen langsam, schleichend, fast schwebend, in einer Art militärischer Formation. Kein Laut war zu hören, weder von den Dementoren noch von den Zauberern im Kerker. Harry wagte nicht zu atmen; er spürte wie ihm kälter wurde, als die Dementoren sich näherten. Wie durch Wolken verschleierten sich seine Gedanken, er schüttelte energisch den Kopf, spürte, wie seine Glieder kraftlos wurden und sein Mut verschwand. Er spürte den kalten Hauch des Todes um sich herum, jetzt hatten sie den Kampf verloren . er fühlte es. Die Dementoren kamen immer näher, betraten das Schloss und hatten bald darauf den Kerker erreicht. Wie in Trance sah er die Anderen um sich herum mit blassen, leblosen Gesichtern kraftlos in die Gegend starren . er hörte, wie an der Kerkertür gerumpelt und gerissen wurde, jetzt würde es nicht mehr lange dauern.
"Valor Valentia !" hörte Harry Lupin's Stimme, sie schien aus weiter Ferne zu kommen obwohl der Mann nur wenige Meter neben ihm stand. Aus dem Augenwinkel sah Harry, dass Lupin ein blaues, funkelndes Pulver in die Luft geworfen hatte, welches sich nun mit rasender Geschwindigkeit wie ein schützendes Dach über die Harry und die Anderen legte. Sofort spürte Harry, wie die Kälte ihn verließ, er neuen Mut schöpfte und sich der Nebel um seinen Kopf lichtete. Lupins Wundermittel, von dem er ihnen erzählt hatte - es gab es wirklich. Auch seine Mit-Zauberer gewannen wieder neuen Mut und Kraft. "Ich sollte ihn bei Gelegenheit für den Merlin-Orden vorschlagen." Murmelte Harry leise. Seine Gedanken würden jäh unterbrochen, als das Holz der Kerkertür bedrohlich krachte. Offensichtlich waren die Dementoren kurz davor, die Tür aufzubrechen. "Schnell, schnell, es ist jetzt soweit! Alle Zauberstäbe raus und konzentrieren!" rief Sirius so laut, dass ihn wirklich alle hören konnten. Er konnte das Zittern in seiner Stimme nicht verbergen. Harry griff nach seinem Stab mit der Phönixfeder, atmete tief durch und streckte ihn entschlossen nach vorne, auf die Tür gerichtet. "Bist du sicher, dass das funktionieren wird?" erklang Hermione's Stimme. "Nein, aber es ist unsere einzige Chance." kam Sirius' Antwort. Sie hörten die Tür noch einmal krachen, bevor sie endgültig nachgab und zerbarst. Splitter und Teile der Tür flogen in alle Richtungen, Harry hustete als der aufgewirbelte Staub sich in seinen Lungen festsetzte. Er zitterte am ganzen Körper vor Angst, als die vermummten Kreaturen den Raum betraten; nur zu gut erinnerte er sich an die grässliche Fratze des Dementoren, der ihm m 3.Jahr beinahe den Todeskuss gegeben hätte. "Bleibt ruhig!" schrie Sirius. "Fertig???????? JETZT!!!!!!"
Es war wie eine Welle voll weißer Magie, die schmerzvoll über den Dementoren zusammen brach, als die etwa 200 verbliebenen Zauberer gleichzeitig aus vollem Halse "EXPECTO PATRONUM!" brüllten. Aus Allen Ecken, aus jedem Zauberstab entsprangen weiße, durchsichtige Geschöpfe, Tiere, Menschen und andere Wesen, sie fegten wild und doch geordnet durch den Raum, über den köpfen von Harry und Ron und allen Anderen, manche gaben wunderschöne Gesänge ab, andere spielten Instrumente, wieder andere verblieben still. Doch sie alle waren gekommen, um die Zauberer zu beschützen, und so stürzten sie sich auf die Dementoren, streiften sie, flogen durch sie hindurch und umkreisten sie. Die schwarzen Kreaturen Voldemorts kreischten vor Entsetzten und Schmerz und wollten fliehen, aber vergeblich, es gab kein Entkommen. Die Patronen begannen immer schneller um die Gruppe der Dementoren zu kreisen, schneller und schneller, bis sie zu einer Einheit verschmolzen, während die Schreie der Eingekreisten immer schriller und unerträglicher wurden. Harry hielt sich die Ohren zu, während er mit offenem Mund dem Schauspiel zusah. Plötzlich öffnete sich die Decke des Kerkers, und gleißendes Licht strömte herein. Erschrocken starrte Harry dorthin und konnte den Blick doch nicht abwenden. Der Singsang der Patronen war mittlerweile so laut geworden, dass er das Kreischen der Dementoren übertönte. Eine Säule weißen Lichts bildete sich, von dort wo die Decke aufgerissen war bis dorthin, wo die Patronen die Dementoren bekämpften. Obwohl Harry nicht viel wusste, so ahnte er doch, wie mächtig und groß der Zauber, die Wirkung ihres vereinten Spruches gewesen sein musste. Wahrscheinlich war es der mächtigste Zauber, den er in seinem Leben sehen würde. Und dann war es, als ob die Säule von dem, was über der Decke war, aufgesogen wurde, die Schreie der Dementoren stiegen zu einem unermesslichen Crescendo an, und dann verschwand die Lichtsäule plötzlich, die Decke schloss sich wieder und zurück blieben nur die Trümmer der zerschlagenen Kerkertür und eine unheimliche Stille.
Einen Moment lang verharrten alle in ungläubigen, erleichterten Schweigen. Harry lehnte sich erschöpft an die Wand und atmete tief ein und aus. Sirius und Remus warfen einander 'Ich kann's nicht glauben dass es wirklich geklappt hat' Blicke zu. Ron bewegte sprach lautlos die Worte 'Oh mein Gott' aus und schüttelte den Kopf. Leises Gemurmel erhob sich, hier und da hörte man unterdrücktes Stöhnen. Remus Lupin fasste sich als Erstes. "Seid ihr alle okay?" fragte er und erhob sich, um nach seinen Mitstreitern zu sehen. "Harry, Ron, seid ihr verletzt?" fragte er, als er die beiden Freunde passierte. Dann bemerkte er Ron's Schnittwunde auf der Wange. "Ron, das muss versorgt werden." Ron schüttelte bloß den Kopf. "Nein, ist schon in Ordnung." "Keine Widerrede, komm mit . Madam Pomfrey wird sich darum kümmern." "Wie geht es den anderen?" fragte Harry aufgeregt und fuhr sich mit dem Handrücken über die nasse Stirn. "Hermione, Ginny, Seamus .?" "Sie leben." Erwiderte Lupin kurz, packte Ron am Handgelenk und zog ihn energisch auf die Beine. Für einen Mann mit seiner zierlichen Statur verfügte er über unerwartete Kräfte, die man ihm nicht zugetraut hätte. "Komm, Ron, wir müssen das versorgen bevor ..." begann der Mann, brach aber abrupt ab. Seine Augen weiteten sich und er wurde noch eine Spur blasser. Im Kerker wurde es wieder totenstill. Irgendetwas Unheimliches geschah, obwohl sie es nicht sehen oder hören konnten, aber da WAR etwas. Irgendetwas schien sich über Hogwarts gelegt zu haben, wie eine schwere Decke die ihnen die Kehle zuschnürte. Die Luft im Raum wurde dicker, schwüler und roch unangenehm nach Schwefel. Ron hustete, während Harry nach Atem rang. Da war ein Grollen, das aus weiter Ferne heranrollen zu schien, erst leise, dann wurde es immer lauter. Die Wände des Kerkers fingen an zu wackeln, als würden sie aus bloßer Pappe bestehen, und unter ihnen erzitterte die Erde, der Boden riss auf. Von oben rieselte Staub auf sie nieder, ein paar lose Steine fielen zu Boden, reflexartig hielt Harry schützend die Arme über den Kopf. Der Raum war erfüllt von panischen Schreien. Was geschah hier bloß?
"Na, sieh mal einer an, hier haben sie sich versteckt, wie kleine, nichtsnutzige Ratten. Verräterische Bande, die Verdammten. Meine Geschöpfe haben sie vernichtet, nun gut, das war nicht zu erwarten aber es wird mich nicht aufhalten." Erklang eine dunkle, unheimliche, unnatürliche und hallende Stimme . es war nicht auszumachen woher sie kam weil sie den gesamten Raum gleichmäßig auszufüllen schien. Aber jeder wusste, wem diese Stimme gehörte, es war eine unausgesprochene Gewissheit. Ron saß starr vor Angst neben Harry. Keiner der Zauberer wagte, auch nur einen Laut von sich zu geben, zu groß saß die Furcht in ihren Knochen.
"Voldemort!!! Wie schön dich hier zu haben!" rief Sirius schließlich entschlossen mit kampflustiger Miene. Die anderen Kämpfer sahen ihnen mit unverhohlenem Entsetzten und Überraschung an, aber der schwarzhaarige Mann schien es nicht mal zu bemerken.
"Oh, der Hund." Erwiderte Voldemort höhnisch. Seine Stimme dröhnte bedrohlich und ließ die Wände noch mehr erzittern. "Die kleine Töle ist auch da. Wie glaubst du, dass du mich aufhalten wirst????"
"Das schaff' ich schon." Knurrte Sirius. Lupin gesellte sich neben Harrys Patenonkel, er wirkte zitterig und war blass, aber sein Gesicht verriet keine Angst. "Wir werden es schaffen." Sagte er ruhig.
"Was seid ihr doch für dumme Narren, kleine dumme Narren. Ich gebe euch jetzt die Chance, euch zu ergeben .. Eure einzige Chance euch zu ergeben . und vielleicht werde ich gnädig sein."
Sirius Augen verengten sich vor Wut zu Schlitzen, während die Zauberer und Hexen um ihn herum kaum wagten zu atmen. Angst stand greifbar in der Luft. 'NIEMALS!' rief er mit einer Stimme, die Harry nicht von ihm kannte und praktisch in Hass ertrank. 'DU BIST EIN LÜGNER, NIEMALS WERDEN WIR UNS ERGEBEN!' Er sah, wie Lupin die Hände in die Hüften stemmte und wie ein kleiner Junge trotzig das Kind vorschob. Einen Moment lang war es still im Raum. Dann erklang erneut Voldemorts Stimme: 'SO SEI ES DANN!'
Das Grollen wurde wieder lauter, und der Kerker schien von einem mächtigen Erdbeben erschüttert zu werden. Die Wände brachen zusammen, während sich in der Decke über ihnen Risse auftaten und das Gebälk herunterkam. Panik brach aus, irgendwo meinte Harry Ginnys schrille Stimme zu hören, aber der Lärm war ohrenbetäubend, vielleicht irrte er sich auch bloß. Neben ihm krachten mehrere große Steine zu Boden, und er konnte grade noch rechtzeitig Ron zur Seite schubsen, damit sie ihn nicht trafen. Der Boden unter seinen Füßen wackelte und schwankte bedrohlich, er wich einem weiteren Teil der Decke aus, fand keinen Halt und knallte hin. "Er lässt den Kerker einstürzen, los, alles raus hier!!!!!" hörten sie Sirius brüllen, während um ihn herum die Menschen panisch umher liefen, drängten und Harry fast überrannten. Er wollte aufstehen, fiel aber wieder zu Boden als die Steinplatten unter ihm plötzlich hin und her rutschten. Er wollte Hilfe schreien, konnte es aber nicht, dann packte ihn auf einmal jemand am Ärmel und zog ihn auf die Beine. Es war Ron. "Komm schon, Harry!"
Es war nicht nur der Kerker, der kurz vor dem Einstürzen war, sondern das gesamte Schulgebäude. Wie ein Gebäude aus einer Modelleisenbahn schien Hogwarts zu stammen, nicht aus der Zeit der Gründer, als ob Voldemort es einfach mit einer riesigen Hand zusammendrückte. Sirius führte sie zu einem kleinen Nebenausgang, der sonst nie benutzt wurde in relativer Nähe zu den Kerkern lag, während um sie herum das Schloss zusammen stürzte und unbarmherzig das Gemäuer auf sie feuerte. Panik war ausgebrochen, das was noch von Hogwarts stand erhallte in den Klängen der Schreie. Harry rannte hinter Ron her, schob ihn mit den Händen vorwärts um schneller aus dieser Hölle entfliehen zu können, während rechts und links von ihm immer mehr Frauen und Männer von dem einstürzenden Schloss begraben wurden. Als sie schließlich das Freie erreicht hatten, hatte sich ihre Zahl um ein Drittel verringert.
Sie sammelten sich auf einer Wiese, die links des Schlosses lag, weit genug entfernt um nicht von Steinblöcken oder Glassplittern getroffen zu werden. Sie waren in Sicherheit und in Gefahr, denn hier waren sie so schutzlos wie man nur sein konnte. Sie hatten nicht eine offene Schlacht kämpfen wollen und sich deshalb in den Kerkern verbarrikadiert, und jetzt waren sie von Voldemort herausgetrieben worden, wie Lämmer zur Schlachtbank. In der Menge konnte Harry Hermiones braunen Lockenschopf ausmachen, Lupin und Sirius. Er hoffte, dass es den Anderen gut ging. Ohne auf ein Kommando zu warten, stellten sie sich in einer Art Kreis auf, mit dem Rücken nach Innen, und warteten. Das hatten Sirius und Lupin ihnen eingetrichtert, bevor der Kampf begonnen hatte. Gleichzeitig hatten sie ihnen gesagt, sollte es zu solch einer Situation kommen, dann war es schier aussichtslos zu gewinnen. Es war generell von Anfang an aussichtslos gewesen, sie alle hatten das gewusst, sich aber nicht von Voldemort versklaven lassen wollen. Lieber in Freiheit sterben.
Dann kam Voldemort Armee. Wie zuvor die Werwölfe und die Dementoren erschienen sie plötzlich in dem Nebel, ruhig und geordnet. Sie bildeten eine Reihe, und warteten auf Voldemort Zeichen, der als einziger von ihnen hoch zu Ross saß. Sein schwarzer Hengst mit der silbernen Schutzrüstung und dem Symbol einer grünen Schlange darauf schnaubte bedrohlich, fast genauso unnatürlich und dröhnend wie Voldemort Stimme gewesen war. Seine Armee bestand aus ein paar Hundert Männern, die allesamt in schwarze Umhänge gekleidet waren. Eigentlich war es gar keine wirkliche Armee, sondern nur die Männer, die Voldemort aus seiner Anhängerschaft für den Kampf ausgesucht hatte. Aber das war mehr als genug, denn sie waren ihnen an Zahl und Brutalität überlegen. Harry kniff entschlossen die Augen zusammen. Sollten ihn die Todesser doch umbringen . aber er würde sich nicht kampflos ergeben, niemals, und wenn er es für seine Mutter und seinen Vater tat. Das war er ihnen schuldig.
Für etwa eine Minute verharrten die Todesser mit Voldemort in ihrer Mitte einfach nur ruhig in einer Reihe. Der Himmel war trübe und verhangen, und färbte das sonst so strahlend grüne Gras in ein hässliches Ocker. Sturm schien heraufzuziehen, denn ein kühler unangenehmer Wind fegte ihnen um die Ohren, und es nieselte ein wenig. Über ihren Köpfen kreiste eine Schar von Krähen. Eine seltsame, gespenstische Ruhe lag über dem Ort. Dann erklang in der Ferne ein langgezogenes Trompetensignal, gefolgt von einem dumpfen Trommelschlag und mit einem Ruck begannen die Todesser gleichmäßig auf die "Rebellen" zu zumarschieren. Harry spürte, wie Ron neben ihm jeden einzelnen Muskel anspannte, und umschloss den Griff seines Zauberstabes fester. Das war es also. Es begann.
Waren die Todesser auch in der Überzahl, so hatten sie doch nicht mit Einem gerechnet: erbitterten Widerstand. Normalerweise versetzten sie die Welt allein mit ihrem bloßen Auftreten in Angst und Schrecken, und hatten erwartet, dass es diesmal nicht viel anders sein würde. An einen wirklichen, harten Kampf - daran hatte niemand geglaubt, nicht einmal Voldemort. Und die Eingekreisten dachten nicht einmal im Traum daran, sich zu ergeben. Bevor die Todesser reagieren konnten, hatten Harry und die Anderen schon ihre erste Salve "Avada Kedavra's" auf die Feinde geschossen. Einige fielen stöhnend zu Boden, und dann feuerten die Todesser zurück. Instinktiv hielt Harry die Hände über den Kopf, obwohl er wusste, dass das zwecklos war. Die todbringenden Sprüche trafen ihn allerdings nicht, sondern verfehlten ihn um einige Meter. Kurz darauf stürzten sich beide Seiten in ein wildes Gerangel - was taktisch durchaus klug war. Im Durcheinander des Kampfes traute sich niemand, mit dem Avada Kedavra Fluch um sich zu schießen, weil man jemand aus den eigenen Reihen hätte treffen können. Aber das bedeutete nicht, dass es nicht viele Tote gab an diesem Tag. Beide Fronten versuchten, ihre Feinde mit dem Imperius oder Cruciatus Fluch zu Boden zu bringen um dann, da sich das Ziel nicht mehr bewegte, den Todesfluch anzuwenden. Harry konnte sich später nicht mehr daran erinnern, wie viele Todesser er so getötet hatte, aber es war notwendig gewesen. Er hatte keine andere Wahl gehabt.
Ein Todesser kam auf ihn zugerannt und hob seinen Zauberstab, aber Harry war schneller, im Bruchteil einer Sekunde hatte er seinen Stab gezückt und "Cruciatus!" gebrüllt. Ein blauer Strahl traf den Todesser auf die Brust, und er klappte schreiend zusammen wie ein Taschenmesser. Harry empfand Mitleid, als er seinen Stab auf den sich vor Schmerzen windenden Todesser auf dem Boden richtete, aber war praktisch zu dieser Tat gezwungen. "Es tut mir leid." Murmelte er, dann verhärtete sich sein Gesicht und entschlossen sprach er den Fluch aus. Der Todesser zuckte noch einmal kurz und blieb dann reglos liegen. Harry wischte sich mit dem Ärmel über sein verdrecktes Gesicht und wandte sich um, um nach weiteren Angreifern Ausschau zu halten, als er den durchdringenden Schrei hörte. Ein Schrei, der ihm das Blut in den Adern gefrieren ließ. Hermione! Fuhr es ihm durch den Kopf. Er erspähte sie am Rande des Schlachtfeldes, Voldemort hatte sie auf sein Pferd gezerrt während sie sich strampelnd und kreischend dagegen zu wehren versuchte, und galloppierte auf den Verbotenen Wald zu. Für einen Moment lang war Harry wie erstarrt, "Nicht Hermione!" schrie es in seinem Kopf, und ohne nachzudenken begann er, hinter Voldemort her zu rennen, durch die Kämpfenden, über den Leichen hin weg, es war ihm egal ob er ein leichtes Ziel abgab.
Als er den Wald erreicht hatte, war Voldemort spurlos verschwunden. Der Verbotene Wald war wie immer nicht der heimeligste Ort, und für Harry, der grade einem blutigen Schlachtfeld entronnen war, wirkte er nur noch umso düsterer. Der Pfad, den Voldemort benutzt hatte, führte gradewegs in ein Dunkel aus Dickicht, Bäumen und gespenstischen Kreaturen. Aus der Tiefe drangen unheimliche Laute zu ihm hervor, von Kreaturen denen er lieber nicht begegnen wollte, aber im Vergleich zu dem Lärm des Kampfes war der Wald still und fast friedlich. Zögernd macht Harry einen Schritt in den Wald hinein, in der Erwartung, jeden Moment von hinten angefallen zu werden. Aber nichts geschah. Die Luft war stickig und schwül, die Zweige knackten unter seinen Füßen. Harry seufzte innerlich verzweifelt. Auf jeden Fall würde es unmöglich sein, unbemerkt zu bleiben. Warum hatte Voldemort bloß Hermione mitgenommen? Natürlich, es war eine Falle, den Voldemort war eigentlich nur an ihm, Harry interessiert. Der Junge wusste das. Er kannte die Gefahr und die Dummheit seines Tun, aber er würde Voldemort Hermione nicht ausliefern. Und wenn Voldemort deswegen endlich erreichen würde, wonach er schon seit Jahren trachtete - Harrys Tod.
Langsam ging er den gewundenen Pfad entlang, der ihn immer tiefer in den Wald führte. Es dauerte nicht lang, und er konnte noch nicht einmal mehr den Waldrand erkennen. Da war nur noch Dunkelheit und Geräusche und das Dickicht. Er zwang sich, langsam zu gehen, obwohl er am Liebsten gerannt wäre. Natürlich war es eine Falle . und trotzdem oder grade deswegen musste er bedächtig vorgehen . nach etwa 5 Minuten endete der Pfad in einer kleinen Lichtung. Das Gras war kniehoch und dunkelgrün, fast blau, während der Himmel über der Lichtung immer noch wolkenverhangen und grau war. Ein leichter Wind kam auf, und wehte die Schwüle und Stickigkeit des Waldes fort. Harry ließ seinen Blick umherschweifen, und fand schließlich, wonach er gesucht hatte: Am gegenüberliegenden Ende der Lichtung lag schien etwas Rotes zwischen dem Gras hervor - Hermione, die immer noch ihre keltische Tunika trug. Harry warf alle Vorsicht über Bord und rannte so schnell er konnte zu ihr. Voldemort war nirgends zu sehen, aber Harry war nicht dumm, er wusste, dass der Dunkle Lord ihn beobachtete.
Als er seine Freundin erreichte sah er, dass sie die Augen geöffnet hatte und bei Bewusstsein war. Aber sie bewegte sich nicht, und Harry vermutete, dass Voldemort sie mit einem Lähmungszauber belegt hatte. Er kniete sich neben sie, was natürlich noch viel dümmer war, und zog ihren Körper an sich heran.
"Hermione, bist du okay?" fragte er ängstlich und vergaß vollkommen die Gefahr, in der er sich befand.
"Harry, Vorsicht, es ist ein Falle! Verschwinde" presste Hermione hervor. Es war seltsam, sie sprechen zu hören obwohl sich ihr Mund nicht bewegte. Harry schüttelte energisch den Kopf. "Ich lass dich nicht allein, ich hol dich hier raus.."
"Ach, glaubst du????" hörte Harry plötzlich eine schneidende, grausame Stimme hinter sich, die seine Nackenhaare sich aufstellen ließ. Er erstarrte, nicht aufgrund eines Zaubers - vor Angst. Es bestand kein Zweifel daran, wem diese Stimme gehörte, ihr Klang war ihm mittlerweile vertraut. Nach ein paar Sekunden, die ihm wie Minuten vorkamen, schaffte er es, seine Angst einzudämmen und wurde wieder Herr über seine Glieder. Langsam ließ er Hermione wieder ins Gras sinken und drehte sich wie in Zeitlupe um. Da stand er. Tom Marvolo Riddle - Lord Voldemort. Voldemort schien seit ihrer letzten Begegnung gewachsen zu sein, er überragte Harry jetzt noch mehr als sonst, und hatte ein höhnisches Grinsen aufgesetzt. Sein fahles Gesicht wirkte wie ein grausiger Totenkopf, und seine langen, knochigen Finger sahen aus wie die eines Skeletts. Eine Aura aus Schmerz und Tod umgab ihn, während er Harry siegessicher von oben herab musterte. Harry kniete im Gras und wagte nicht, aufzustehen. Er hätte es auch gar nicht gekonnt, weil seine Beine wie aus Wackelpudding zu sein schienen. Er war Voldemort ausgeliefert, diesmal gab es kein Entrinnen.
"Nun denn, Harry Potter, so sehen wir uns endlich wieder." Begann Voldemort sein fauliger Atem betäubte Harry fast. "Um ehrlich zu sein, ich hätte dich für klüger gehalten, als dass du dem kleinen Schlammblut hier nachrennst, aber weißt du was - du bist genauso dumm wie töricht. Dummheit und Mut ist ein und dasselbe, Harry Potter. Wie dem auch sei, es wird dir in der Stunde deines Todes nichts nützen.. So wie es deinen verfluchten Eltern nichts genützt hat. du kleiner naiver Jüngling, ich werde dich zu deinen Vorfahren schicken."
Harrys Gesichtsfarbe verwandelte sich in ein dunkles rot, während sich seine Finger vor Zorn in die feuchte Erde krallten. Er fühlte, wie die Ader über seiner linken Augenbraue pochte und biss die Zähne verzweifelt zusammen. Voldemort wollte ihn provozieren - und den Gefallen würde Harry ihm nicht tun.
"Ich verstehe, du denkst also deine Eltern waren Helden? Nun, wer sagt denn, dass sie nicht vor mir auf die Knie gekrochen sind und gebettelt haben, ich möge sie verschonen? So wie du es gleich tun wirst? Vielleicht hast du auch dein Leben lang in einer großen Lüge gelebt, Harry Potter? Aber das ist jetzt auch gleichgültig, denn ich bin endlich am Ziel angelangt - ich werde dich heute Töten. Dich kleine, nichtsnutzige Ratte, der du meine Rückkehr so oft vereitelt hast. du niederträchtiges Wesen bist die Energie nicht wert die ich für dich aufbringen muss . ich werde dich töten . aber vorher."
Voldemort machte ein paar Schritte auf Harry zu, und tat etwas, mit dem Harry nicht gerechnet hätte - bevor der Junge wusste wie ihm geschah, hatte Voldemort ihn zweimal mit voller Wucht in den Magen getreten. Harry klappte zur Seite wie ein Taschenmesser, er hörte Hermione "Harry!" rufen, konnte aber nichts sehen weil ihm schwarz vor Augen wurde. Wie durch eine dicke Wand hörte er Voldemort Stimme: "Oh ja, viel besser als der Cruciatus Fluch .. Gibt mir mehr das Gefühl, etwas getan zu haben." Er lachte schrill und grausig. "Aber ich denke, jetzt ist genug geredet worden .. Zu schade, dass du meine glorreiche Zeit nicht mehr miterleben wirst . aber, man kann nicht alles haben im Leben. Und jetzt sieh mich an, während ich mit dir rede!"
Obwohl es ihn schmerzte und seine Narbe brannte, als ob sie Flammen stehen würde, zwang Harry sich, die Augen zu öffnen. Verschwommen konnte er Voldemort erkennen, der vor ihm stand, dann wurde das Bild langsam klarer und der Schmerz begann nachzulassen. Er sah, dass Voldemort seinen Zauberstab auf ihn gerichtet hatte, und erwartungsvoll anblickte und Harry verstand: Voldemort würde ihn nicht einfach nur töten - es würde eine Hinrichtung sein. Harry nahm sich zusammen und setzte sich auf, so dass er dem Dunklen Lord direkt ins Gesicht sehen konnte. Er würde nicht kuschen, er würde nicht betteln . und vor allem würde er Voldemort die Erniedrigung nicht gönnen.
Voldemort Lächeln verblasste ein wenig, als der Junge keine Anzeichen von Flehen oder Betteln zeigte, sondern stattdessen aufrecht saß und ihn selbstsicher anblickte. "Nun, Harry, dann sag dieser Welt hier auf Wiedersehen . deine Zeit ist zu Ende." Sagte der Dunkle Lord tonlos. Instinktiv suchte Harry nach Hermione's Hand und griff nach ihr, umschloss sie mit seiner. So würde er wenigstens nicht allein sein. Es schmerzte ihn, dass Hermione Zeugin dieses Schauspiels sein würde, weil sie es einfach nicht verdient hatte. Harry schluckte, als Voldemort seinen Zauberstab ein wenig anhob und zu sprechen begann, aber seltsamerweise war er ganz ruhig. Insgeheim hatte er sowieso nicht daran geglaubt, dass er diesen Tag überleben würde. "Harry Potter - endlich ist es soweit!!! Endlich wird das Rad der Geschichte richtig gedreht!!!!" Voldemort grinste noch einmal. " AVADA KEDAVRA!!!!!" Ein giftgrüner Strahl kam aus der Spitze von Voldemorts Zauberstab auf Harry geschossen, doch er erreichte ihn nie.
Harry erfuhr nicht, wie Sirius ihn gefunden hatte, ob sein Patenonkel gesehen hatte, wie er Voldemort gefolgt war und wie lange er ihn beobachtet hatte. Und in dem Moment war er sich auch gar nicht darüber klar, was eigentlich geschah, alles was er hörte war, das jemand entsetzt "Nein!" brüllte. Aber als Voldemort seinen Todesfluch ausschickte, da tauchte Sirius plötzlich wie aus dem nichts auf, und warf sich zwischen ihn und Harry. Der grüne Strahl traf Sirius mit voller Wucht, Harry hörte den Mann vor Schmerzen aufschreien, dann fiel sein Körper leblos zu Boden . Voldemort war zu überrascht, um irgendetwas zu tun und starrte einen Augenblick lang bloß auf den Körper von Sirius Black, der seltsam verkrümmt und regungslos im Gras lag. Und das war sein Fehler. In diesem kurzen, unaufmerksamen Moment Voldemort s hatte Harry ohne groß darüber nachzudenken nach seinem Zauberstab gegriffen und auf den Hexenmeister gerichtet. Bevor der Dunkle Lord überhaupt reagieren konnte, war es schon zu spät. "Avada Kedavra!" schrie der schwarzhaarige Junge voll Wut, seine Stimme war schneidend und klang so fremd, es machte Hermione fast Angst. Seine Augen hatten einen Ausdruck, den sie nicht von ihm kannte, es war so als wenn Harry all seinen Zorn und seine Kraft in diesen Fluch hinein gesteckt hatte; und auf einmal erkannte sie,; welch Potential in ihrem Freund steckte, wie viel mächtiger er war als sie gedacht hatte. Als der Magiestrahl Voldemort traf, gab es einen entsetzlichen Schrei, schriller als alles, was Harry oder Hermione je zuvor gehört hatten, dann glühte der Hexenmeister kurz grün, schreiend hob er die Hände zum Himmel und wälzte sich auf dem Boden umher, bevor er schließlich in Flammen aufging. Alles, was zurück blieb, war ein Häufchen Asche.
Harry lag schwer atmend da und starrte auf den Fleck, wo eben noch sein Todfeind gestanden hatte um ihn zu vernichten. Das Gras rauchte ein wenig an dieser Stelle, aber genau darüber am grauen Himmel begannen die Wolken aufzubrechen und das Azurblau trat hervor. "Harry!" hörte er Hermione flüstern, aber er war zu erschöpft um zu antworten. Er spürte seinen Körper kaum noch, den Todesfluch auf Voldemort anzuwenden hatte ihn all seiner Kräfte beraubt. Dann erinnerte er sich wieder an Sirius, sah seinen Körper im Gras liegen und kroch mit der Anstrengung eines Verzweifelten zu seinem Patenonkel. Da lag er. Sein Körper war seltsam verkrümmt, seine Hände zu Fäusten geballt. Sein schwarzes, schulterlanges Haar verdeckte sein Gesicht, doch Harry konnte den schmerzverzerrten Ausdruck darauf erkennen, die weit aufgerissenen Augen, der leicht geöffnete Mund. Er war bleich und bewegte sich nicht. "Sirius." Flüsterte Harry verzweifelt mit tränenerstickter Stimme, während er den Mann an der Schulter schüttelte. "Sirius, wach auf bitte." Aber Sirius Black wachte nicht auf. Er war tot.
Harry wäre vor Schreck fast vom Stuhl gefallen, als es an der Tür klopfte. Er runzelte die Stirn, wer konnte das sein zu so später Stunde? "Ja?" Es war Lupin, der seinen Kopf zur Tür herein steckte, er wirkte ziemlich verlegen. "Harry, tut mir leid wenn ich dich schon wieder störe, aber Daisy Diggle hat uns informiert, dass zwei Schüler von Gryffindor draußen herum stromern und.."
"Diese alte Petzte." Warf Harry tonlos ein.
". irgendjemand muss sie suchen .. Ich weiß es ist mitten in der Nacht und das Wetter ist scheußlich, aber wer weiß ob sie nicht noch was anstellen, in den Verbotenen Wald rennen oder so..."
"Ja ja, schon gut." Winkte Harry ab. "Ich geh ... ich muss sowieso an die frische Luft. Von welchen Schülern reden wir denn?"
"Wybren Wolfman und Feodora Ftorbus. Unser Liebespärchen."
Harry blies sich die Haare aus der Stirn. "Dann kann ich mir denken, wo sie sind."
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Als Harry aus dem Tor hervor trat, blitzte und donnerte es als ob der Weltuntergang bevorstünde. Der Wind fegte ihm kalt um die Nase und ließ ihn frösteln, der Verbotene Wald hob sich in der Ferne schwarz gegen den dunkelblauen Nachthimmel ab. Es dauerte nur ein paar Sekunden, bis seine Haare klatschnass waren und seine Kleidung tropfte. Na toll, gab es nicht gemütlichere Plätze für eine Knutscherei als den See bei Sturm und Gewitter? Die Zwei schienen von der masochistischen Front zu kommen, anders konnte Harry es sich nicht erklären.
Er ging über die völlig durchweichte Wiese hinunter zum See, der Boden unter seinen Füßen patschte bei jedem Schritt laut und deutlich. Über ihm donnerte es so gewaltig, dass es Harry in den Ohren dröhnte. Der See lag schwarz und ruhig da, als ob er sich zur Ruhe gelegt hätte. Harry legte einen Schritt zu, ging zielstrebig am Ufer des Sees entlang und fand bald wonach er gesucht hatte: An der Hogwarts gegenüberliegenden Seite stand eine kleine Gruppe von Trauerweiden, deren langes Astwerk einen kleinen Vorhang um den Stamm herum bildete und einem bei Wind und Wetter ein sicheres und trockenes Plätzchen gewährte. Zwischen den herunterhängenden Zweigen und Blättern sah er ein kleines Licht flackern - hatte er also doch richtig gelegen. Er selbst war hier auch einige Male in seiner Teenagerzeit gewesen und hatte sich mit Cho Chang und ein paar anderen Mädchen wilde Knutschereien geliefert, aber das gewesen bevor .
Er blieb stehen und drehte sich um. Hinter ihm lag das Schloss, das wieder fast vollständig aufgebaut worden war, nur hier und da waren noch abgebrannte oder zerfallene Türme und Gebäude. Die hell erleuchteten Fenster schienen dem Sturm geradezu trotzen zu wollen und verbreiteten ein Gefühl von Heimat und Geborgenheit. Der Regen wurde noch stärker, so stark, dass die herunter prasselnden Tropfen fast wehtaten. Über ihm blitzte und donnerte es. Harry wünschte sich ins Schloss zurück und wandte sich wieder in Richtung der Trauerweiden, als plötzlich etwas vor seine Füße lief. Es war anscheinend aus dem Wasser gesprungen und etwa so groß wie eine Katze, mit schwarzem, nassem Fell und roten, glühenden Augen. Harry schrie kurz auf vor Schreck, wollte ausweichen, verlor das Gleichgewicht und rutschte auf dem glitschigen Boden aus. Er fiel er auf das nasse Gras und den Matsch, und rutschte haltlos die Uferböschung hinab, bis er bis zu den Knien im Wasser lag. In diesem Moment schlug der Blitz in den See ein.
Es war das Schlimmste, was Harry je gefühlt hatte, ein unbegreiflicher, schmerzender, flammender Stoß der durch seinen gesamten Körper jage, von seinen Zehen bis zu seinen Haaren, durch jede Sehne, jede Ader, jeden Muskeln, er hatte das Gefühl zu verbrennen während seine Glieder unkontrolliert zuckten. Er wollte schreien, konnte es aber nicht, wollte aus dem Wasser doch sein Körper gehorchte ihm nicht. Schließlich wurde alles schwarz und er fiel in eine endlose Leere.
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