Autor : Steffi/ astrophilia
Inhalt : Harry ist nicht mehr derselbe … nicht seit dem Kampf um Hogwarts. Das Leben erscheint so sinnlos. Und dann geschieht etwas vollkommen Unglaubliches, etwas, dass Harry wieder einmal seinem ärgsten Feind gegenüberstellt …
Altersbeschränkung : Aufgrund er mangelnden Liebeszenen und der Tatsache, dass Herr der Ringe auch ab 12 freigegeben ist … ja, ab 12 eben :o)
Disclaimer : Alle hier enthaltenden Figuren und Orte (mit Ausnahme derer, die ich erfunden habe) gehören Joanne K. Rowling und Warner Bros., eine Copyright-Verletzung ist nicht beabsichtigt.
Kategorie: Mystery, Drama, Dark-Fiction
Betaleser : Die liebe, liebe Tia *wild wink* …. Danke für die Hilfe!
Anmerkung : Gaaaanz wichtig: das hier ist Stand nach Buch 4, das heißt unser Lieblingsanimagus lebt noch - mehr oder weniger… die Idee kam mir vor "Order of the Phoenix", deswegen sieht die "Realität" hier etwas anders aus … nur das ihr's wisst *gg* .
Und: Das hier ist unlektoriert (noch), weil ihr aber alle das neue Kapitel haben wolltet hab ichs jetzt so online gestellt :o) Auf alles gibt es keine Gewähr ... P.S. : Keine Angst, ich schreibe weiter aber meine Kaptel brauchen aufgrund iher Länge etwas ... länger .... eben :o)

An die Leser : Okay, das hier ist meine erste Fanfiction, deswegen habt Nachsicht mit mir, falls ich etwas durcheinander gebracht habe … ich wünsche euch viel Spaß beim Lesen und es wäre schön von euch zu hören, wie ihr meine Geschichte findet …

Die Dienerin des Dunklen Lords (Kapitel 05)

*********************

I feel my wings have broken
In your hands
I feel the words unspoken
Inside
When they pull you under
And I would give you any thing you want
You were all I wanted
All my dreams are falling down
Crawling round and round and round


Somebody save me
Let your waters break right through
Somebody save me
I don't care how you do it
Just save, save
Come on
I've been waiting for you

I see the world has folded in your heart
I feel the waves crash down inside
And they pull me under
And I would give you anything you want
You were all I wanted
All my dreams have fallen down
Crawling round and round and round

Somebody save me
Let your waters break right through
Somebody save me
I don't care how you do it
Just save, save
Come on
I've been waiting for you

All my dreams are on the ground
Crawling' round and round and round


Somebody save me
Let your waters break right through
Somebody save me
I don't' care how you do it
Just save me, save me
I've made this whole world shine for you
Just save, save
Come on
I'm still waiting for you

(c) Remy Zero, "Save Me"


Es war schon witzig, wie ironisch das Leben sein konnte. Nein, im Grunde genommen war überhaupt nichts Lustiges daran, genau betrachtet war es einfach ein sarkastischer Einfall des Schicksals gewesen, der Virginia das Zimmer beschert hatte. Nun gut, wahrscheinlicher war es, dass sie der sadistischen Ader ihres Meisters den Raum hier zu verdanken hatte, den scharlachroten Raum, aber sie stellte sich gerne vor wie das Schicksal ihr höhnisch ins Gesicht lachte. Sie saß auf dem hohen, Bett, dessen Kissen ebenso rot waren die die Wandverkleidung, durchzogen von goldenen Fäden. Die Vorhänge waren aus schwerem, purpurnem Samt, die orientalischen Teppiche aus rotem Stoff geknüpft, die Schränke aus Mahagoniholz mit messingfarbenen Griffen. Sogar die Gemälde an der Wand waren in Rottönen gehalten, mit goldenen Rahmen für die Ewigkeit haltbar gemacht. Es wirkte fast wie der Gemeinschaftsraum der Gryffindors in Hogwarts, damals, als die Schule noch gestanden hatte. Wie oft hatte sie ruhige Abende und laute Parties in ihm gefeiert, er war ihr zu Hause gewesen, vollkommen in rot und Gold dekoriert. Nichts wies darauf hin, dass sie, Virginia sich eigentlich in Voldemorts Hauptquartier befand, tief unter der Erde. Die hohen Fenster waren verzaubert, so dass es bloß so wirkte, als ob sie in die weite Welt blicken würden. Momentan zeigten sie die Ruinen von Hogwarts. Es war so ironisch. Hier saß sie, die Verräterin, die Übergelaufene, die Dienerin des Dunklen Lords in einem Raum der

Voldemort hatte ihr diesen Raum zugeteilt, wohlwissend wie schwer es ihr fallen würde, hier zu wohnen, zu schlafen, zu leben, umgeben von dem, was sie verlassen und mit Füßen getreten hatte. Es war eine von vielen, kleinen Proben, die Voldemort ihr täglich stellte, um ihre Loyalität zu testen.

Sie kannte diese Proben, diese Tests, und hatte sich im Laufe der Zeit damit abgefunden, hatte gelernt nicht zu zweifeln und nicht zu zögern, nicht über ihre Anweisungen nachzudenken, sondern ihrem Meister bedingungslos ergeben zu sein, wenn notwendig für ihn sogar ihr Leben zu lassen. Widerworte wurden nicht geduldet, das bloße Zögern bei einer Antwort konnte Grund genug sein, um bestraft zu werden. Hart bestraft zu werden. Voldemort kannte weder Mitleid noch Gnade, für ihn gab es nur Macht, Schwäche und Stärke. Wie ein dunkler Gott wachte er zu allen Zeiten über seinen Untertanen, war überall anwesend, wusste über alles Bescheid, was vor sich ging. Sich Voldemort anzuschließen bedeutete, sich auszuliefern, ja sich selbst aufzugeben. Virginia hatte das vor langer Zeit getan, und damit gelebt. Bis jetzt.

Harry Potter war wieder da … war das möglich? Gut, sie war nicht dabei gewesen als Voldemort ihn getötet hatte, aber Harry war gestorben, damals. An dem Tag, als auch sie gestorben war, nicht physisch sondern psychisch … wenn Harry noch gelebt hätte … wenn er Voldemort besiegt hätte …. Wie wären die Dinge wohl dann verlaufen? Sie erschrak über sich selber, nein, solche Gedanken durfte sie nicht haben, sie war dem Dunklen Lord ergeben, er sorgte gut für sie. Und mittlerweile war er auch der Einzige, der für sie sorgte. Sie konnte es den anderen nicht verübeln … Der Dunkle Lord hatte also eine neue Prüfung für sie, die Schwerste bisher. Vielleicht sogar die Schwerste überhaupt, und das wusste er auch. Virginia fühlte sich zwar geehrt, dass Voldemort ihr diese Aufgabe übertragen hatte, Harry war schließlich nicht irgendwer … aber gleichzeitig wünschte sie sich, er hätte es nicht getan.

Zweifel schlichen sich ein, Zweifel, die nicht sein durften, nicht erlaubt waren. Sie erinnerte sich an ihre Schulzeit, die wenigen glücklichen Tage ihres jungen Lebens, und überall war Harry. Sie sah ihn, wie er mit Ron im Fuchsbau Schach spielte, wie er mit Hermione in Hogwarts über Büchern saß, mit Fred und George Quidditch trainierte. Und sie, Virginia, dazwischen, Ginny, die Kleinste von Allen. Ihr Herz zog sich bei dem Gedanken daran zusammen, schmerzvoll als würde ihr jemand von hinten eine Schnur um den Brustkorb legen. Sie schüttelte energisch den Kopf, um ihr Herz wieder zu befreien. George, Harry, Fred, Ron, sie alle waren schwach gewesen, hatten Voldemort so sehr gefürchtet dass sie ihn bekämpft - und verloren hatten. Törichte Narren, sie hatten nicht erkannt, dass man den Dunklen Lord nicht besiegen konnte … von Anfang an hatten sie auf verlorenem Posten gekämpft …

Und jetzt war Harry wieder da. Ob Voldemort irrte? Nein, das war so gut wie unmöglich … ihr Meister konnte die Anwesenheit von Harry spüren, was bedeutete, dass ein Irrtum praktisch ausgeschlossen war. War Harry zurückgekommen, um seinem Erzfeind gegenüber zu treten? Wo hatte er sich die ganze Zeit über versteckt gehalten? Warum hatte Voldemort ihn zuvor nie gespürt? Oder war das auch ein Teil von Virginas Prüfung? War es vielleicht gar nicht wirklich Harry sondern nur eine Täuschung? Es schien logisch, aber sie wusste, dass dem nicht so war. Sie hatte die Unruhe unter Voldemorts höchsten Dienern erkannt, das hektische Flüstern in den Gängen, die misstrauischen Blicke.

Nein, Harry Potter war definitiv am Leben.

Es löste eine Erregung in ihr aus, die sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte, irgendetwas schien sie aus einem ewigen Schlaf erweckt zu haben. Sie ertappte sich sogar dabei, wie sie eines der Gefühle, die sie überschwemmten und ihren apathischen Geist durcheinander wirbelten, als Freude identifizierte. Freude darüber, dass Harry doch nicht tot war? Er war doch der Feind, ein kleiner naiver, aber gefährlicher Spinner wie sie schließlich erkannt hatte. Jemand, der den Tod verdient hatte. Oder etwa nicht? Sie erinnerte sich daran, wie er sie vor Tom Riddle gerettet hatte. Es war dumm gewesen, Riddle alleine gegenüber zu treten, zweifelsohne …. dumm, aber mutig …

"Du solltest über so was nicht nachdenken, der Dunkle Lord weiß schon, was es damit auf sich hat." Sagte sie leise zu sich selbst. "Und wenn er Harrys Tod befiehlt, darfst du das nicht in Frage stellen. Voldemort weiß mehr als wir alle."

Sie seufzte laut, konnte den Gedanken an Harry aber nicht verdrängen. Wie er wohl jetzt aussah? Virgina konnte ihn sich überhaupt nicht als erwachsenen Mann vorstellen. Sie fühlte Mitleid für ihn, weil ihr Meister ihn töten würde, und biss sich zwei Sekunden später entsetzt in die geballt Faust. Mitleid war eine gefährliche Emotion, etwas, dass man ihr sorgsam ausgetrieben hatte … und jetzt war es wieder da. Virginia bekam es mit der Angst zu tun … all diese Gefühle nach so langer Zeit zu spüren drohte sie aus der Bahn zu werfen, es hatte sie vollkommen unvorbereitet getroffen. Und sie wollte das alles nicht mehr fühlen, zu oft waren auf diese Art der Emotionen Enttäuschungen gefolgt, Große wie Kleine, aber immer war es schmerzvoll gewesen.

Wut stieg in ihr hoch, Wut über ihre eigene Schwäche, Wut über ihre Unfähigkeit, die Grübelei über Harry zu vermeiden, Wut über Harry selbst. Warum tauchte er jetzt erst auf, warum hatte er alle im Glauben gelassen, er sei tot? Was glaubte er eigentlich, wer er war? Als der Zorn sie schließlich zu überrollen drohte, sprang sie von dem Bett auf und rief nach den Männern, die Voldemort ihr zur Verfügung gestellt hatte. Sie würde ihren Meister nicht enttäuschen, so wie er sie nicht enttäuscht hatte …. Im Gegensatz zu Harry Potter. Sie würde der Sache ein für allemal ein Ende bereiten.

Kurz darauf erschien ihre Truppe, die sie ab heute befehligen würde, in ihrem Gemach. Sie waren zurückhaltend und respektvoll, ganz so wie Voldemort das Verhalten Vorgesetzten über wünschte. Das der Dunkle Lord für diesen Auftrag eine Frau ausgesucht hatte, schien sie nur noch umso mehr zu beeindrucken. Sie musterte die Männer kurz. Kein Zweifel, Voldemort hatte eine gute Truppe für sie zusammengestellt. Da war Vigoleis Ashford, ein junger Mann von grade 20 aber mit einem unerhörten Spürsinn;, Maurice und Francis Shepard, eineiige Zwillinge in den Mittdreißigern, beide blond mit grüngrauen Augen und einem schiefen Mund, zuverlässig und mutig; Tom Fynn, ein erst 15jähriger, braungelockter Junge, der aber bereits über erstaunliche magische Fähigkeiten verfügte und zu guter letzt John Nottingham, der alte Hase im Team mit bereits 43 Jahren. Virginia fragte sich, ob er sich nicht etwas komisch vorkam von einer so jungen Frau befehligt zu werden, schob den Gedanken aber beiseite. Sie stemmte ihre schlanken Arme auf die Hüfte in dem verzweifelten Versuch, selbstsicher zu wirken, so, als ob sie diesen Auftrag zu Recht erhalten hätte. Die Männer sahen sie erwartungsvoll an. Sie hatte sich zu einer beeindruckenden Erscheinung gemausert, weniger attraktiv als schlicht und ergreifend faszinierend. Man traf sie nie ohne ihren schweren Umhang an, ihre roten Haare waren mit schwarzen Strähnen durchzogen und ihre Augen hatten etwas Scharfes, Gefährliches, das einen unwillkürlich zum Wegsehen veranlasste. Eine Spur von Wahnsinn lag in ihnen, pure Kälte und etwas, das manchmal wie Traurigkeit wirkte.

"Wie ihr vielleicht wisst hat der Dunkle Lord, unser Meister, die Anwesenheit von Harry Potter gespürt. Und so unglaublich das auch klingen mag wissen wir alle, dass unser Meister die Wahrheit spricht, und dass es Harry Potter unschädlich zu machen gilt. Der Dunkle Lord hat mich damit beauftragt, Potter zu finden und gefangen zu nehmen, und ihr werdet mir dabei helfen. Hat das jeder verstanden?"

Sie blickte in die Runde, und erhielt als Antwort von jedem der Männer ein kurzes Nicken. Sie holte tief Luft und fuhr fort:

"Wie auch immer er es geschafft hat, sich so lange vor uns zu verstecken, es ist klar, dass er nicht ohne Hilfe auskommt. Er wird seine Freunde aufsuchen wollen. Wenn er es nicht schon längst getan hat. Da Ron Weasley tot ist, wird er als aller erstes zu Hermione Granger gehen, wenn er sie findet. Und genau das ist der Punkt. Granger ist vor einiger Zeit untergetaucht, es ist wahrscheinlich, dass sie unter falschem Namen lebt. Ich will, dass ihr rauskriegt welchen Namen sie jetzt trägt und wo sie lebt. Wie ihr es anstellt ist mir egal, Hauptsache ich bekomme ein brauchbares Ergebnis. Habe ich mich klar ausgedrückt?"

Wieder war Nicken die Antwort. Sie nickte kurz. "Dann macht euch an die Arbeit."

Die Männer nickten erneut, und ohne ein weiteres Wort zu verlieren verließen sie den Raum, ließen Virginia zurück. Einen Moment lang starrte sie ihnen nach, sie hatte es also wirklich getan. Sie hatte den Befehl gegeben, Harry zu finden … und ihn Voldemort auszuliefern. Denn das war die unweigerliche Folgerung. Spürte sie Trauer? Sie wusste es nicht, es war zu lange her, seit sie zum letzten Mal wirklich gefühlt hatte … aber das war jetzt auch egal. Als sie die Tür zu ihrem Gemach schloss, war nur der eine Gedanke in ihrem Kopf:

"Ich werde Voldemort nicht enttäuschen."

***********************

Hermione und Sirius saßen an Harrys Bett, und betrachteten ihn wie er da lag, die Augen friedlich geschlossen. Sein Gesicht war vollkommen entspannt, und wäre er nicht so schrecklich blass gewesen, hätte man geglaubt er würde einfach nur schlafen. Aber das war nicht der Fall. Denn Harry war schon seit zwei Stunden bewusstlos, nach seinem Anfall war er ohnmächtig zusammen gebrochen und seitdem nicht aufgewacht. Sirius hatte ihr erzählt, dass Harry kurz zuvor in Panik geraten war, weil er geglaubt hatte, Remus Lupins Stimme zu hören … er hatte so etwas wie einen asthmatischen Anfall gehabt und anschließend das Bewusstsein verloren. Wäre Sirius nicht da gewesen, um ihn aufzufangen, dann wäre Harry haltlos mit dem Kopf auf den gekachelten Fußboden geknallt.

Hermione seufzte. Anscheinend nahm die Sorge um Harry kein Ende, erst der Vampirbiss, dann die Sache mit Ron, und jetzt dieser Anfall … würden ihren Nerven denn niemals eine Pause gegönnt? Sie fragte sich, wie viel sie wohl noch würde aushalten können und wandte den Blick nach links, dort wo Sirius saß, das Gesicht versteinert zu einer Maske. Eins war sofort klar, Sirius würde weit weniger ertragen als sie, es war ihm anzusehen. Er mochte ein starker, mutiger Mann sein, aber wenn es um Harry ging wurde er klein und verletzlich, dann konnte ihn alles zerbrechen. Und jetzt hatte Sirius drei große Dosierungen in kurzer Zeit erhalten. Wie viel konnte ein einzelner Mensch wohl ertragen? Sie biss sich auf die Unterlippe, so wie sie es oft tat wenn ihr unbehaglich zumute war oder wenn sie nicht wusste, was sie tun sollte, mit ihrem Latein am Ende war. Immer noch sah sie Sirius an, aber er schien es nicht einmal zu bemerken. Seine Augen waren starr und leer auf Harry gerichtet, so als ob er sich mit voller Kraft darauf konzentrierte seinen Patensohn aus der Bewusstlosigkeit zu führen.

"Sirius…" sagte sie leise. "Er kommt schon wieder auf die Beine … es war bestimmt nur der Schock …. Immerhin hat er gedacht, er würde Remus hören…."

Der Mann richtete seinen Blick auf sie, als wenn sie ihn aus Gedanken gerissen hätte, und verzog den Mund leicht.

"Glaubst du wirklich, Hermione?"

"Natürlich, das wird schon wieder …"

"Nein, ich meinte ob du glaubst, dass er sich das bloß eingebildet hat?"

Sie sah ihn überrascht an.

"Natürlich, du weißt das Remus tot ist …"

Sirius schluckte kurz. "Klar weiß ich das … aber immerhin ist er auch fest davon überzeugt, Remus vor ein paar Tagen noch gesehen zu haben … und nachdem, was hier in letzter Zeit passiert ist, bin ich mir über gar nichts mehr sicher …"

"Remus ist tot …." Wiederholte Hermione mit Nachdruck.

"Vielleicht aber auch nicht … warum sollten seine Erinnerungen falsch sein? Vielleicht sind ja auch wir die, die zum Narren gehalten wurden…"

Hermione antwortete nicht, was Sirius da sagte war durchaus möglich, auch wenn sie es ungern zugab. Ihre Erinnerungen gefälscht? All die Jahre? Der bloße Gedanke daran, ließ sie sich benutzt vorkommen, wie die Figur in einem übergroßen Schachspiel.

"Es muss schrecklich für ihn sein…" fuhr Sirius mit leiser Stimme fort. "Er glaubt, alles sei in Ordnung, und dann ändert sich plötzlich alles, vollkommen unvorbereitet. Als ob er vom Himmel in die Hölle kommt, ganz ohne Vorwarnung. Stell dir vor, du würdest von seiner Welt in unsere kommen…."

Hermiones Gesicht nahm einen Ausdruck an, als ob sie so Voldemort höchstpersönlich ins Schlafzimmer hinein spazieren gesehen hätte … ihre Hand begann zu zittern, ihre Augen bekamen einen leicht glasigen Glanz.

"Was hast du gesagt?" fragte sie in einem brüchigen Ton, der höchste Aufregung verriet. Sirius sah sie verwundert an (es war selten, dass Hermione derart aufgeregt war, und in den letzten Jahren hatte er sie höchsten zweimal so erlebt) und antwortete ruhig:

"Na ja, wie von Himmel nach Hölle, als ob du in eine andere Welt kommst …" Mit einem Satz war Hermione aufgesprungen, so unwillkürlich dass Sirius erschrocken zusammenzuckte.

"Sirius Black, du bist ein Genie!!! Ich könnte dich küssen, wärst du nicht schon so alt!!!"

Sirius, der nur Bahnhof verstand brachte nur ein verwirrtes "Was?" hervor, doch Hermione schien kein Interesse daran zu haben, ihm ihren Geistesblitz zu erklären.

"Bleib du bei ihm, Sirius, ich muss schnell los …. Natürlich, das ist es, warum hab ich nicht eher daran gedacht???" Der letzte Satz galt anscheinend mehr ihr selbst, sie wartete keine Antwort ab sondern stürzte aus dem Zimmer und kurz darauf hörte Sirius die Haustür laut ins Schloss fallen. Kopfschüttelnd sah er ihr nach.

"Was ist denn mit der los?" hörte er eine Stimme neben sich. Erschrocken wandte er den Kopf wieder zu seinem Patensohn, der endlich aufgewacht war und ihn mit einem Ausdruck bloßer Verwunderung im Gesicht anschaute. Sirius war so überrascht, dass er zuerst nicht antwortete, gleichzeitig überrollte ihn eine Welle der Erleichterung, die Tränen in ihm hochstiegen ließ, aber er vermochte sie zu unterdrücken. Instinktiv griff er nach Harrys Hand, drückte sie sanft und sah ihn einen Moment lang nur an. Harry konnte sich später nicht daran erinnern, dass ihn jemals jemand so angeschaut hatte, mit so viel Liebe und Zuneigung … es war der Blick eines Vaters, der seinem Sohn galt, und Harry spürte für den Bruchteil einer Sekunde, wie viel er Sirius Black wirklich bedeutete.

"Wie fühlst du dich?" fragte Sirius schließlich, und der Augenblick war verflogen. Harry schloss kurz die Augen, und hörte es ihn seinem Kopf pochen.

"Es geht…" murmelte er schließlich. "Abgesehen von Kopfschmerzen ist alles okay…. Wie lange war ich weg?"

"Über zwei Stunden."

Harrys Augen nahmen die Größe von Motorradscheinwerfern an. "Was???" fragte er ungläubig. "So lange???"

Sirius nickt bedächtig. "Du hast uns ganz schön erschreckt." Dann wurde seine Stimme etwas leiser. "Tu das bitte nie wieder." Fügte er mit sanftem Nachdruck hinzu. Harry erwiderte nichts, sondern wandte seinen Blick ab und versuchte, durch das Fenster draußen etwas zu sehen. Die Aussicht war nicht so besonders, eigentlich zeigte sie nur einen alten, verlotterten Hinterhof mit einer gefängnisartigen Mauer, doch es war ihm lieber als Sirius jetzt ins Gesicht zu sehen. Mit Zuneigung hatte er noch nie besonders gut umgehen können, weil er es einfach nicht gewohnt war - ein weiteres Andenken der Dursleys, eine weitere Narbe auf seiner Seele.

"Harry, was ist passiert?"

Der schwarzhaarige, junge Mann schüttelte ratlos den Kopf.

"Ich weiß es nicht."

"Woran kannst du dich erinnern?"

Erneut schloss Harry die Augen, und versuchte sich an die letzten Augenblicke, bevor er das Bewusstsein verloren hatte, zu erinnern. Er hatte eine Stimme gehört, er wusste es genau …. Nicht bloß irgendeine Stimme ….

"Remus war da." Antwortete er schließlich. "Er hat meinen Namen gerufen und gefragt, wo ich bin."

Sirius war bei Harrys Worten blass geworden. Sein Patensohn glaubte also wirklich, Remus gehört zu haben … sie hatten von Harry jahrelang geglaubt er sei tot …. Und wenn es nun bei Remus genauso war? Vielleicht lebte er ja auch noch … irgendwo … warum hatte er Harrys Namen gerufen? Das ergab doch alles keinen Sinn, es war vollkommener Wahnsinn … und dennoch …

"Aber Remus ist …."

"Ich weiß." Unterbrach Harry ihn. ‚Aber ich habe mir das nicht eingebildet …. Er war da …. Er hat nach mir gerufen….'

Sirius seufzte.

"Ich glaube dir Harry …. Aber was um Himmels Willen hat das zu bedeuten? Wenn er noch lebt, wo ist er dann?"

"Ich weiß es nicht …. Ich habe immer noch keine Ahnung, was hier eigentlich vor sich geht ….." antwortete Harry resignierend. Sein Patenonkel kratzte sich nachdenklich am Kopf.

"Ich glaub, Hermione weiß es … zumindest scheint sie eine Idee zu haben, sie wurde vorhin ganz aufgeregt und ist fluchtartig zur Bibliothek aufgebrochen."

"Na hoffentlich…. " murmelte Harry. "Ich will endlich wissen, was hier passiert ist."

Sirius grinste schelmisch. "Keine Sorge … es ist nur eine Frage der Zeit, bis Hermione auf die richtige Antwort kommt … du kennst sie doch."

****************************


Wenn es doch nur etwas gegeben hätte, um ihn abzulenken, irgendwas … aber er konnte nichts Anderes tun, als am Fenster zu sitzen und auf Hermiones Rückkehr zu warten. Jetzt, wo er allein und ein bisschen zur Ruhe gekommen war, schienen ihn die Sorgen von Innen auffressen zu wollen. Ruhe hatte nämlich auch ihre Tücken …. Alles, was er in den letzten Tagen erlebt und durchgemacht hatte, drängte sich nun wieder unerbittlich in seine Gedanken. Die Tatsache, dass Ron tot war füllte ihn mit einer Leere aus, die ihm zwar bekannt war, die er aber unter Kontrolle gehabt hatte …. Es war die Leere, die seit Sirius' Tod in ihm gewesen war, an die er sich aber gewöhnt hatte … durch Rons Tod war eine neue Wunde in ihm aufgerissen, die sich noch nicht schließen wollte und sich unaufhörlich mit dem neuen, brennenden Schmerz des Verlustes füllte. Ron …. Ron Weasley war tot, der lebenslustige Junge, mit dem er direkt bei seiner ersten Fahrt nach Hogwarts Freundschaft geschlossen hatte. Der Junge, der nicht nur einmal ohne Nachzudenken sein Leben für ihn, Harry, riskiert hatte. Der junge Mann, der trotz eigener Familie immer Zeit gefunden hatte, ihm einen Besuch abzustatten … der ihn mit seinem sarkastischen Humor oft zum Lachen gebracht hatte, wenn ihm eigentlich nicht danach gewesen war.

Die Weasleys waren tot, Molly und Arthur die ihn ohne Vorbehalte in ihre Familie aufgenommen und Harry zum ersten Mal in seinem Leben so etwas wie Fürsorge hatten zukommen lassen. Bill und Charlie, die er insgeheim immer bewundert hatte, und die ihn wie einen weiteren Bruder behandelt hatten, ganz selbstverständlich. Percy, der sich reumütig für sein Verhalten entschuldigt hatte und zurückgekehrt war. Und Fred und George, die Spaßvögel, die im Angesicht der Schrecken kühler und mutiger gekämpft hatten, als so manch anderer. Öffentlich hingerichtet. Die Weasleys, die Familie bei der er nicht Harry Potter gewesen war, sondern einfach nur Harry, der Junge mit der verschlissenen Kleidung, den knubbeleigen Knien, den strubbeligen Haaren und der Sehschwäche, ein durchschnittlicher Schüler mit ganz normalen Problemen. Er war genauso von Molly Weasley herum kommandiert worden wie Ron, Fred und George, und im Gegensatz zu den drei Brüdern hatte er es genossen. Es war für ihn wie ein kleines Stückchen vom Himmel gewesen.

Jetzt stand noch nicht einmal mehr der Fuchsbau.

Und dann war da noch Ginny. Die Kleinste von Allen, das Nesthäkchen, dass bei der Schlacht um Hogwarts von den herunter stürzenden Trümmern getötet worden war. Hatte er jedenfalls geglaubt. Sie lebte noch, doch seine Freude wurde von der unglaublichen Tatsache getrübt, dass sie sich Voldemort angeschlossen hatte. Wie schlimm konnte es noch werden? Sein altes Leben war ihm so trostlos, so sinnlos vorgekommen … doch verglichen mit dem, was er jetzt erlebte … schmerzhaft wurde ihm bewusst, dass er seine Freunde zu wenig geschätzt hatte, ihre Versuche ihm zu helfen, ihm beizustehen … er hatte es als Selbstverständlichkeit betrachtet, es hatte ihn sogar genervt, ja geärgert … und jetzt würde er nie die Möglichkeit haben, ihnen dafür zu danken …

Wie sollte er hier bloß leben, in dieser Hölle? Dann erinnerte er sich daran, dass Sirius hier war … sein Leben war ihm so trostlos vorgekommen, weil Sirius an jenem Tag gestorben war … und jetzt hatte er seinen Patenonkel wieder, und so sehr ihn das auch freute … zwar war ein Teil von ihm war wieder da, gleichzeitig war ihm ein anderer genommen worden … langsam wurde ihm bewusst, dass es nie wieder so sein würde wie früher, egal wie man es drehte und wendete.

Vier Jahre lang hatte er sich nichts mehr gewünscht, als die Ereignisse jenes Tages rückgängig machen zu können, und jetzt, wo es geschehen war, da spürte er umso deutlicher wie sehr er Ron vermisste, und Remus Lupin. Er seufzte laut und deutlich. Der Schmerz lastete so schwer auf ihm, dass er es noch nicht einmal fertig brachte zu Weinen.

Er bemerkte nicht, wie Sirius ins Wohnzimmer kam und ihn stumm betrachtete. Sein Patenonkel war nicht dumm, und auch wenn er wie ein Draufgänger wirkte, so hatte er doch Menschenverstand und war sensibel genug, um Harrys Kummer zu erkennen. Es brach ihm das Herz, Harry so zu sehen und er wünschte sich, ihm irgendwie helfen zu können, doch er wusste genauso gut, dass das unmöglich war. Alles, was er tun konnte war mit ihm zu reden … ihn vielleicht irgendwie abzulenken, vom Grübeln abzubringen…

Harry hatte den Sessel ans Fenster gezogen, deshalb holte Sirius sich einen Stuhl aus der Küche und stellte ihn gegenüber von seinem Patensohn auf, der erschrocken zusammenfuhr als der Mann plötzlich vor ihm auftauchte.

"Sirius!" rief er erschrocken aus. "W… was soll das denn geben?" fragte er dann irritiert.

Sirius setzte sich erst und warf Harry einen prüfenden Blick zu, bevor er schließlich antwortete. "Ich dachte, wir könnten vielleicht reden."

Harry hob überrascht eine Augenbraue. "Reden? Worüber?"

"Ich …. Ich würde gerne wissen, wie es dir in den letzten Jahren ergangen ist." erwiderte Sirius nach kurzem Zögern. Er schaute Harry unsicher an, weil er nicht wusste, wie Harry wohl auf diese Bitte reagieren würde. Sein Patensohn gehörte zu der Sorte Mensch, die ungern über sich selbst reden, und noch dazu war sich Sirius bewusst, dass der Augenblick wahrscheinlich nicht ganz passend war. Dennoch musste er mit Harry darüber reden … allein schon, um ihn ein wenig abzulenken. Und vielleicht würde es ja Hinweise auf das, was her vor sich ging, geben …

"Oh." War alles, was Harry darauf sagte. Aber Sirius bemerkte genau, wie der Blick des jungen Mannes unruhig von rechts nach links wechselte, um direkten Augenkontakt zu vermeiden. "Da gibt es nichts zu erzählen."

"Das glaub ich nicht …. " lächelte Sirius warm. "Du wärst nicht Harry Potter, wenn dir nicht ständig seltsame, aufregende Sachen passieren würden."

Harry stieß ein kurzes Lachen aus, und Sirius lächelte zufrieden in sich hinein. Erwartungsvoll blickte er seinen Patensohn an. Immerhin schien er für einen kurzen Augenblick seine Sorgen vergessen zu haben.

"Nein, in den letzten Jahren gab es wenige Gelegenheiten für kuriose Zwischenfälle." Schmunzelte Harry und seufzte anschließend. Irgendetwas in ihm schien ihn wieder in die Bitterkeit zu ziehen, denn der Hauch von Frohsinn, der grade eben noch auf seinem Gesicht gelegen hatte, war so urplötzlich wieder verschwunden wie er gekommen war. Sirius runzelte die Stirn. Irgendwas stimmte da doch nicht.

"Was ist? Wieso gab es nur wenige Gelegenheiten?"

Harry schüttelte nur den Kopf, er wollte nicht antworten. Er wollte Sirius nicht beichten müssen, dass er aus Trauer um Sirius' Tod sein Leben hatte vorbeiziehen lassen, seine Freunde ignoriert und abgewiesen hatte. Sein Patenonkel hätte ihm den Kopf abgerissen, oder zumindest eine ordentliche Standpauke gehalten …

"Harry? Was war da los?" wiederholte Sirius, dieses mal eindringlicher. Harry öffnete seinen Mund um ihm zu sagen, dass er nicht darüber reden wollte, als sie hörten wie die Haustür energisch aufgerissen wurde und lautstark ins Schloss fiel. Harry und Sirius sahen sich gleichzeitig mit demselben, gespannten Gesichtsausdruck an.

Hermione war zurückgekehrt.

Die hektischen Trippelschritte ihrer Bücher wurden lauter, und kurz darauf erschien sie im Wohnzimmer, voll bepackt mit allen möglichen Büchern in verschiedenen Größen, allesamt neuerer Natur. Sie sahen nicht aus wie die alten, halb zerfallenen Bücher, die sie in Hogwarts benutzt hatten, sondern wie ganz gewöhnliche Muggelbücher. Hermiones Wangen waren vor Aufregung und Wärme gerötet, ihre Haare unordentlich, wegen des nasskalten Wetters noch mehr als sonst gekräuselt und standen in alle Himmelsrichtungen abstehend. Offenbar war sie den Weg nach Hause gehetzt, wenn nicht gerannt. Keuchend winkte sie ab, als Sirius und Harry sie begierig fragten ob sie etwas herausgefunden hätte, um zu zeigen dass sie grad nicht in der Lage war, zu sprechen… so stark nach Luft schnappend, dass die Zwei schon Angst hatten, sie würde vielleicht ersticken. Schließlich hatte sie sich soweit beruhigt, dass sie wieder reden konnte.

"Ich hab's." Sagte sie tonlos, während sie bedeutsam in die Runde blickte. "Ich hab die Lösung."

Einen Moment lang herrschte Ruhe. Dann, nachdem Hermione wohl nicht gewillt war freiwillig weitere Informationen herzugeben, ergriff Harry das Wort:

"Und? Was ist die Lösung?"

"Quantenphysik." antwortete Hermione ruhig. Sirius und Harry tauschten verständnislose Blicke aus. Quantenphysik? Wovon zum Teufel redete sie da???

"Ähm…" begann Sirius vorsichtig. "Du weißt schon, dass wir nicht so bewandert sind wie du, ja? Also, es wäre nett wenn du das alles für normale, etwas doofe Sterbliche erklären könntest, ganz von Anfang und langsam am Besten." Harry nickte zustimmend. Hermione warf ihnen einen leicht missbilligenden Blick zu, seufzte dann schulterzuckend und knallte die Büchermassen auf den Wohnzimmertisch. Ein kurzer Blick verriet Harry, dass es sich tatsächlich um Muggelbücher handelte - die Menschen auf den Fotos bewegten sich nicht. Sirius und Harry starrten sie mit hochgezogenen Augenbrauen erwartungsvoll an. Hermione seufzte erneut.

"Wir haben es hier nicht mit irgendeiner Art von Zauberei zu tun, wie wir zuerst vermutet haben … nein, es geht hier um Naturgesetze, und nichts Anderes." Begann sie ihre Erklärung. Harry und sein Patenonkel, die immer noch nur Bahnhof verstanden, schauten sie wie kleine Kinder, die eine Geschichte erzählt bekommen, an.

"Ich hätte viel eher darauf kommen sollen …." fuhr sie fort. "Immerhin gibt es diese Theorien schon sehr lange …. "

"Ja und? Weiter?" drängte Sirius Black ungeduldig. Hermione warf ihm einen strafenden Blick zu, weil er sie unterbrochen hatte, und obwohl die Schulzeit des Mannes nun doch schon sehr lange zurücklag, fühlte er sich plötzlich wieder unter Minerva McGonagalls scharfen Augen.

"Quantenphysiker … beschäftigen sich unter anderem mit der Frage, in wie weit jede unserer Entscheidungen das Geschehen der Welt beeinflussen, und viel wichtiger noch, was passiert wäre wenn etwas nicht oder anders verlaufen wäre. Die Theorie ist, dass jede unserer Entscheidungen noch eine zweite Möglichkeit offen lässt, nämlich den Weg, den wir nicht gewählt haben. Es wird vermutet, dass es demnach nicht nur eine Realität gibt, sondern Millionen, Milliarden von Parallelwelten, die nicht weniger real sind als unsere … die aber durch diese anderen Entscheidungen, die wir dort trafen, anders aussehen als jene deren Wirklichkeit wir uns bewusst sind."

"Moment, halt, stopp, langsam …." unterbrach Sirius erneut. "Willst du damit sagen, dass es uns alle demnach doppelt und dreifach gibt? Und das wir hier nur in einer von vielen Möglichkeiten existieren?"

Hermione nickte. "Korrekt. Wir sind keineswegs einzigartig und sind es doch … unsere verschiedenen Welten haben uns unterschiedlich geprägt, in manchen leben wir noch, in anderen nicht."

"Ich glaube ich beginne zu verstehen …." Sagte Sirius.

"Das ist schön für dich, ich verstehe nämlich immer noch nicht, was sie uns eigentlich sagen will." Harry schaute Hermione und Sirius ein wenig ärgerlich an. Es war, als ob sie ein Geheimnis teilten, von dem er nichts wusste. Und immerhin ging es hier um ihn.

"Ich vermute Harry, dass du durch die gewaltige Energieabladung die entstand, als der Blitz in den See einschlug, von deiner Welt in unsere gerutscht bist."

Harry glaubte, sich verhört zu haben. Von allen Möglichkeiten, die er je in Betracht gezogen hatte schien ihm diese hier bei Weitem am Verrücktesten…. Das war doch vollkommen irre, total lächerlich …

"Hermione, das kann doch nicht dein Ernst sein!" rief er aus, während er in Richtung Sirius' sah und unterbewusst auf Unterstützung seinerseits wartete. Aber nichts passierte. Sein Patenonkel schaute unbehaglich drein, und wandte den Blick zu Hermione.

"Es klingt logisch für mich …"

"Was?!" rief Harry erhitzt aus. "Glaubst du das etwa? Das ist doch totaler Blödsinn…. "

Hermione schüttelte den Kopf.

"Ist es nicht Harry, es ist sogar äußert wahrscheinlich. Nimm nur mal für eine Minute an, dass die Sache mit den Parallelwelten stimmt … es wäre so einiges geklärt. Zum einen Mal, warum für dich alles so anders hier ist, und warum wir glauben du bist tot … denn das warst du definitiv … und dann tauchst du hier plötzlich auf, mit Erinnerungen die sich von Unseren so stark unterscheiden wie schwarz von weiß. Sirius sagte, es müsse für dich sein wie von einer Welt in eine andere zu kommen …. Das hat den Anstoß zu meiner Theorie gegeben. Es passt alles zusammen, die Sache mit dem Blitzschlag, alles … die Wissenschaftler haben vermutet, dass eine derartig große Energiequelle imstande wäre, die Atome eines Menschen so zu verändern, dass er durch die Zeit und Welten reisen kann. Genau das ist dir wiederfahren. Wir haben alle Bücher durch gearbeitet, aber es gibt keinen Spruch, der zu so etwas in der Lage wäre, nicht einmal Voldemort könnte unser Gedächtnis über Jahre hinweg täuschen. Sirius' und meine Erinnerungen würden sich zwangsläufig widersprechen… außerdem: warum hätte Voldemort dich über so lange Zeit Gefangen nehmen sollen, wo sein Lebensziel war, dich zu töten? Warum sollte er dir dann die Gefangenschaft angenehm gestalten, indem er sich die Mühe macht und dein Gedächtnis jahrelang mit falschen Erinnerungen füllt? Und noch etwas: Du hast gesagt, du hast Remus gehört … wie sollte das sonst möglich sein? Ich schätze, dass Remus entweder versucht mit dir Kontakt aufzunehmen; oder dass du einfach, weil du zwischen den Welten gewandelt bist, ihn irgendwie hörst, mit deiner alten Welt noch verbunden bist."

Harry hatte schweigend da gesessen, und versuchte die Flut von Informationen, die soeben auf ihn eingeströmt war, zu verarbeiten, in Ordnung zu bringen, was so gut wie unmöglich war … doch je länger er über Hermiones Worte nachdachte, desto mehr Verstand er ihren Ansatz, umso mehr konnte er ihren Gedankengang nachzuvollziehen … umso mehr begann er, an ihre Theorie zu glauben.

"Nur mal angenommen die Sache ist so abgelaufen…" begann er langsam. "In welcher Welt befinde ich mich dann?"

"Das ist doch wohl relativ einfach, oder etwa nicht?" Sie warf einen vielsagenden Blick auf Sirius, und Harry verstand. Natürlich, es war eindeutig … Sirius hatte ihn hier nicht mehr retten können, und in seiner Welt war Sirius rechtzeitig da gewesen, um sich zwischen ihn, Harry, und Voldemort zu stürzen. Er wurde blass bei dem Gedanken daran, wie sehr dieser kurze Bruchteil einer Sekunde das Schicksal der Welt so grausam verändert hatte. Er schluckte.

"Sirius, nicht wahr? Es geht um Sirius und darum, dass er mich hier nicht retten konnte, oder?" Seine Stimme klang leiser und brüchiger, als er es beabsichtigt hatte. Hermione nickte bedächtig.

"Mit großer Wahrscheinlichkeit … Voldemort tötete dich, somit erfüllte sich die Prophezeiung, während du in deiner Welt Voldemort vernichtet hast und sich die Prophezeiung wiederum erfüllte. Dein Tod, und dein Leben haben das Schicksal unserer Welten beeinflusst."

"Oh mein Gott." Flüsterte Harry, dessen Stimme kurz davor war, völlig zu versagen. Wieder fühlte er sich einer Ohnmacht nahe, doch diesmal schien sie ihm weniger bedrohlich, fast wie ein willkommener Freund.

"Willst du damit sagen, das hier ist meine Schuld? Diese Hölle in der wir leben?" fragte Sirius mit purem Entsetzen in der Stimme. Erneut schüttelte Hermione den Kopf.

"Du hast nicht verstanden, Sirius. Wir leben in einer von VIELEN Realitäten, in dieser Welt konntest du ihn nicht retten, das ist wahr, aber in einer anderen schon. Du hast nicht versagt, weil du Harry schützen konntest, wenn auch nicht hier … selbst wenn es dir unglaublich scheint, jeder Sirius Black in jeder Welt bist DU … deshalb solltest du lieber stolz auf dich sein, dass du unserm Harry hier wenigstens in einer Realität das Leben schenken konntest … selbst wenn du dich nicht daran erinnern kannst … du bist ein Held, Sirius Black."

Beide, Sirius und Harry, schwiegen weil sie nicht wussten, was sie sagen sollten. Sirius aus Unbehagen über das große Lob, dass Hermione ihm so eben ausgesprochen hatte und dass er als unverdient empfand; Harry, weil er dem nichts mehr hinzu zu fügen war …. Sirius Black war ein Held, für ihn zumindest war er es schon immer gewesen. In diesem einen Punkt waren sich Sirius und Remus sehr ähnlich …. Sie waren beide wirkliche Helden, ohne es eigentlich zu wissen. Und neigten dazu, ihre Taten herunter zu spielen. Wahrscheinlich war es eine vollkommen neue Erfahrung geachtet und respektiert zu werden, wenn man 12 Jahre lang (unschuldig) wegen Mordes in Azkaban saß und danach gejagt wurde, oder ein Werwolf war und deswegen mit Ausgrenzung und Verspottung leben musste. Wenn er so darüber nachdachte, war es bei ihm, Harry, nicht viel anders. Dann kam ihm ein anderer, neuer Gedanke ….

"Hermione…" begann er zögernd. "… wenn …. Wenn es von allem immer zwei Möglichkeiten gibt …. Heißt das …. Heißt das, da ist auch eine Welt mit meinen Eltern? In der sie Voldemorts Anschlag überlebt haben?"

Hermione war sichtlich überrascht von seiner Frage, fing sich aber schnell wieder.

" Ja, wahrscheinlich."

"Und…" fuhr Harry langsam fort. "…auch eine, in der ich bei meinen Eltern lebe?"

Hermione schluckte, und zögerte einen Moment lang, bevor sie so ruhig wie möglich antwortete: "Bestimmt … ich schätze schon."

Betroffenes Schweigen folgte, weder Sirius noch Hermione fanden Worte, um die Stille zu brechen, und Harry war zu sehr in seinen Gedanken versunken, um etwas zu sagen. Also lebten seine Eltern noch, wenn auch in einer anderen Realität als er …. Er hatte es einmal geschafft, die Welten zu wechseln …. Wenn er es jetzt zweimal …. ????

Hermione schaute ihn nachdenklich an, wie er so grübelnd da saß, und wurde plötzlich ernst, als ihr seine Gedanken bewusst wurden. "Oh nein, Harry Potter, nicht mal im Traum darfst du daran denken, vergiss es…!" rief sie erschrocken aus. Ihr Ton war eindringlich, aber gleichzeitig auch flehend. Der schwarzhaarige, junge Mann sah sie ausdruckslos an.

"Wieso nicht?" fragte er dann tonlos. Hermione verschränkte entsetzt die Arme vor der Brust, in jedem ihrer Worte schien das pure Entsetzen Form anzunehmen.

"Henry James Potter, du bist wahnsinnig! Kein Mensch weiß, was für Auswirkungen diese Realitäts-Wechsel haben können …. Es könnte dich umbringen! Und außerdem vergisst du, dass es dich in dieser Welt dort schon gibt … "

"Was ist los? Wovon redet ihr?"

"Was los ist, Sirius? Harry würde gern noch einmal die Realität wechseln … um zu seinen Eltern zu kommen…." Sirius hörte genau den bitteren, vorwurfsvollen Ton in ihrer Stimme. Er wusste, dass es ihr nicht nur um die Gefahr ging … sie wollte Harry nicht schon wieder verlieren … selbst wenn ihr Verstand, der logische, vernünftige Teil in ihr etwas anderes sagte. So lange hatte sie um ihn getrauert, auch wenn sie äußerlich immer gefasst gewirkt hatte … Sirius konnte ihre Gefühle nur zu gut verstehen. Es war, als ob ein ihnen entrissener Teil plötzlich zurückgegeben worden wäre. Auch er wollte Harry nicht verlieren … nicht schon wieder, nicht noch einmal …

"Harry, das solltest du nicht tun … wir wissen nicht mal, ob die Theorie stimmt … bisher ist es nur eine Vermutung. Und selbst wenn es sich als richtig herausstellt, solltest du nicht mit so was herum experimentieren… es geht hier um Realitäten …. nicht um Plätze beim Quidditch. Du kannst nicht so einfach tauschen."

"Ich habe es schon einmal getan, oder nicht?" erwiderte Harry gereizt. Er hatte keine Ahnung, woher diese plötzliche Aggressivität kam … vielleicht rührte sie daher, dass er zum ersten Mal in seinem Leben die Chance hatte, seine Eltern zu sehen … doch Sirius und Hermione verstanden das nicht, wie hätten sie auch verstehen können was in ihm vorhing …

Hermione seufzte. "Und deshalb …." Begann sie, und konnte die Traurigkeit in ihrer Stimme nicht verbergen "… müssen wir rausfinden, wie wir dich wieder zurückschicken können."

Harry warf erst ihr, dann Sirius verstohlene Blicke zu.

"Aber was ist …. wenn ich gar nicht zurück will?" fragte er dann leise.

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Unruhe hatte sie befallen, seit sie von Harry Potters plötzlichem Auftauchen gehört hatte, eine Unruhe die so schon seit einer Ewigkeit nicht mehr in ihr gewesen war, und etwas - so schien es ihr zumindest -völlig Neues darstellte. Woher diese Unruhe genau herrührte, wusste sie nicht. Aber es bereitete ihr Unbehagen und verunsicherte sie gleichzeitig. Sie redete sich ein, dass Harry Potter auch nur ein ganz gewöhnlicher Mensch war, dass es egal war ob sie ihn Voldemort auslieferte oder jemand anders. Ihr Verstand sagte ihr, dass Harry Potter nichts wert war, er war der Feind, der ihrem Meister zu oft geschadet hatte als das man ihn hätte am Leben lassen können. Ihr Verstand sagte ihr auch, dass sie ihm nichts schuldig war, gar nichts. Er hatte Ginny ein paar Mal das Leben gerettet, und allein sie war ihm - wenn überhaupt - zu Dank verpflichtet. Wie Ginny an ihm gehangen hatte, wie ein Jünger an den Lippen eines Heiligen … dabei hatte Harry sie nie wirklich ernst genommen, sie war Rons kleine Schwester gewesen, weiter nichts.

Aber das war jetzt vorbei, es war die Vergangenheit. Sie war gewachsen, war zu Virginia geworden, und außer von ihrem Meister war sie von niemandem mehr abhängig. Stolz und selbstsicher war sie geworden, und kalt. Es gab die Starken und die Schwachen, und wenn man in dieser Welt unterging, dann hatte man es auch nicht verdient in ihr zu Leben … Der Dunkle Lord hatte ihr gezeigt, wie man sich selbst schütze … gegen Mitleid, gegen Zuneigung, gegen Liebe … es waren alles gefährliche Gefühle, die einen schwach machen konnten und unweigerlich Angst mit sich zogen … Angst und Zweifel. Virginia war eine gute Schülerin gewesen, und sie war zu einer noch besseren Dienerin geworden. Es gab nichts, was sie davon hätte abhalten können, die Befehle ihres Herrn nicht zu befolgen oder sogar zu untergraben. So was wäre ihr überhaupt nie in den Sinn gekommen. Ihr Meister war viel weiser und mächtiger als sie, so dass sie seine Entscheidungen nicht mehr in Frage stellte. Hatte Voldemort bisher nicht gut für sie gesorgt? Hatte sie nicht sicher unter seinem Schutz gelebt?

So war es doch nur fair, dass er von ihr verlangte, Harry Potter gefangen zu nehmen und zu seiner Hinrichtung, denn auf etwas Anderes lief es ja im Endeffekt nicht hinaus, zu bringen. Würde sie es nicht tun, dann täte es jemand anders. Aber dies hier war ihre eine, große Chance Voldemort ihre Treue, Mut und Ergebenheit unter Beweis zu stellen, und sie würde sie nicht verstreichen lassen. Sie würde Harry suchen und jagen, an etwas Anderes war gar nicht zu denken … sie würden Harry finden, so oder so …

…. und tief in ihr drin war ein winzig kleiner Teil der sich wünschte, es möge nicht geschehen …

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Es war kalt und feucht, den ganzen Tag schon hatte es ständig leicht geregnet oder zumindest genieselt. Er spürte eine Erkältung in sich hochsteigen und schniefte leise, wobei er seinen alten, leicht verschlissenen Mantel enger an sich zog. Dieses ewig nasse Wetter in Dublin würde ihm noch den Tod bringen. Gut, so viel anders als in England war das Wetter nicht, aber er hatte Zeit seines Lebens in einem großen, gepflegten Anwesen gewohnt wo es immer relativ warm und trocken war. Jetzt verbrachte er die meiste Zeit draußen, ausgenommen von den wenigen Nächten, die er bei seiner Tante verbringen konnte. Seit 1 ½ Jahren ging das schon so, und noch immer hatte er sich nicht wirklich an sein neues Leben gewöhnen können. Er hustete kurz. Ja, er konnte die Erkältung in seinen Knochen spüren. Aber das machte nichts, dieses Gefühl war im Laufe der Monate zu seinem ständigen Begleiter geworden. Wieder hustete er. Wie lange er hier schon stand wusste er nicht, seit der Nacht jedenfalls. Er hatte sich einen gut versteckten Platz am Ende der Straße gesucht, von welchem aus er das Haus von Hermione und Sirius gut einsehen konnte. Sybill hatte ihm gesagt, Voldemort würde versuchen, Harry aufzuspüren und zu töten. Das war wahrscheinlich, sehr wahrscheinlich sogar. Im Grunde war es nur eine Frage der Zeit, bis seine Diener hier auftauchen würden.

Draco lehnte sich zurück und zündete sich eine Zigarette an. Eigentlich mochte er den Geschmack des Tabaks überhaupt nicht, aber die Wärme, die durch die Zigarette für kurze Zeit durch seinen Körper schoss zog ihn an. Zumindest konnte er sich einbilden, dass die Kippe ihn wärmte. Langsam stieß er den Rauch aus und lauschte angestrengt nach ungewöhnlichen Geräuschen, nach Schritten oder Stimmen. Doch da war nichts, die Straße lag vollkommen ruhig da.

Zu ruhig. Es war die Ruhe vor dem Sturm, unheimlich, der Vorbote eines Unwetters. Etwas, aus dem nichts Gutes erwachsen konnte. Draco hatte ein Gespür für solche Dinge entwickelt, er wusste wann etwas passieren würde und wann nicht. Vielleicht war das auf seine entfernte Verwandtschaft mit Sybill zurück zu führen … er konnte es nicht erklären, wie er es wusste, es war als ob eine innere Stimme, vielleicht auch sein Instinkt, ihn ständig vor Gefahren warnte.

Solch ein natürliches Alarmsystem kam natürlich jemand, der ständig selbst auf der Flucht war, zu gute … vielleicht hatten sie ihn deshalb nie schnappen können, weil sein Unterbewusstsein ihn immer alarmierte, sobald Gefahr in Verzug war. So hatte er es bisher geschafft, ihnen immer einen Schritt voraus zu bleiben. Und das, was er hier tat könnte ihn Kopf und Kragen kosten, dessen war er sich sicher. Wenn sie ihn hier erwischten, dann würde nicht nur Harry sondern auch er von Voldemorts Dienern gefangen genommen oder getötet werden. Die Chance, dass sie ihn entdeckten war sogar ziemlich hoch. Er zog zum letzten Mal an seiner Zigarette, ließ sie zu Boden fallen und trat sie aus.

Er musste es riskieren. Sybill hatte gesagt, Harry müsse am Leben bleiben, unter allen Umständen. Viel mehr hatte er nicht aus ihr heraus bekommen, aber er glaubte ihr. Sybill hätte ihn nicht unnötig der Gefahr, geschnappt zu werden, ausgesetzt wenn nicht viel davon abgehangen hätte. Nervös wippte er mit den Zehen auf und ab. Ein Kribbeln, dass plötzlich begann, seinen Körper zu durchdringen verriet ihm, dass es soweit war. Lange konnte es nicht mehr dauern, bis sie hier auftauchen würden. Nur eine Frage der Zeit.

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Ihre Männer hatten um eine Audienz gebeten, die Sachlage war zu klären. Unruhig ging Virginia in ihrem Zimmer auf und ab. Eine Nervosität hatte sie befallen, die sie sich nicht erklären konnte. War es Angst vor der möglichen Antwort, die ihr Trupp ihr geben würde? Dass sie Hermione gefunden hatten? Sie schüttelte den Kopf. Nein, das konnte es nicht sein … Ängste gab es seit vier Jahren nicht mehr in ihr. Aber woher kam dann diese Nervosität? Hatte sie etwa Skrupel? Vollkommen unmöglich … ihr Meister hatte sie gelehrt, dass Skrupel bloße Schwäche war, ein gefährlicher Feind. Skrupel war nichts Anderes als unverdientes Mitleid für jene, die zu schwach waren.

War Harry Potter schwach? Natürlich war er das, der Dunkle Lord hatte ihn getötet und damit alles, was ihm je etwas bedeutet hatte, zunichte gemacht. Harry Potter war verletzlich gewesen durch seine Freunde, durch seinen Stolz und seinen Willen, den er nicht brechen lassen wollte. Er war schwach durch seine kindischen Dimensionen in denen er dachte, gut und böse; schwach durch die Tugenden an die er glaubte, Mut, Tapferkeit, Treue. Schwach dadurch, dass er Mitleid empfand. Und auch wenn Dumbledore ihn damals für sein Mitleid, seine Werte gelobt hatte, so war doch klar, dass sie in Wirklichkeit nichts als Makel waren.

Und dennoch war Harry Potter jetzt zurückgekehrt, zurück in die Welt die ihn zugrunde hatte gehen lassen … war das auch ein Zeichen von Schwäche? Es klopfte an ihrer Tür, dreimal, vorsichtig. Unsicher strich sie sich ihre Robe glatt und fuhr sich durch die Haare, etwas, was sie schon seit langer Zeit nicht mehr getan hatte. Zumindest nicht aus Nervosität. Mit leicht kratziger Stimme rief sie "Herein!", worauf die Tür geöffnet wurde und Vigoleis Ashford eintrat. Leise schloss er die Tür hinter sich, kam dann ein paar Schritte näher und verharrte schließlich vollkommen still mit gesengtem Haub vor ihr, ganz so wie man es ihm gelehrt hatte.

Virginia wusste nicht warum, aber sie bekam Herzklopfen. Beinahe erschrak sie darüber, aber in den vergangenen Tagen hatte sie so viele, verschiedene Dinge gefühlt, dass sie nichts mehr wunderte. Vigoleis wartete immer noch unbeweglich darauf, dass sie das Wort ergriff, aber sie wusste nicht, was sie sagen sollte. Ihr Kopf war wie leer gefegt.

Schließlich brachte sie ein holperiges "Hast du Neuigkeiten für mich?" heraus. Es klang wenig autoritär, wenig selbstsicher, und sie wusste es. Wo war die gewohnte Schärfe in ihrer Stimme geblieben??? Sie richtete sich ein wenig auf, als Vigoleis seinen Kopf hob und antwortete:

"Wir konnten Hermione Granger nicht finden."

Virginas Augen verengten sich zu Schlitzen … vielleicht hatte sie diese Antwort mit einem winzig kleinen Teil ihres Herzens gewünscht, aber jetzt da Vigoleis es ausgesprochen hatte füllte sie sich mit Wut und Enttäuschung.

"Und was willst du dann hier?" fragte sie scharf. Da waren sie, die Kälte, die Härte, die sie vorhin vermisst hatte. Sie wurde wieder zu sich selbst. Vigoleis, der vorhin noch so etwas wie Selbstbewusstsein gehabt hatte, schien unter ihrem plötzlichen Ausbruch kleiner zu werden. Beinahe schüchtern senkte er den Blick, um zu antworten:

"Ich wollte …" begann er, wurde aber von Virginia sofort unterbrochen.

"Hatte ich mich nicht klar ausgedrückt???"

"Doch …"

"Hatte ich nicht ausdrücklich gesagt, dass ihr sie finden sollt???"

"Ja, Herrin…"

"Hatte ich nicht befohlen, dass ihr Granger ausfindig machen sollt, koste es was wolle???"

"Doch, Herrin…."

"Und da wagst du es hier aufzutauchen und mir ins Gesicht zu sagen, dass ihr versagt habt???"

Ja, sie war wirklich zurück … sie war in ihrem Element, genoss es in vollen Zügen wie sie Vigoleis demütigte, ihn immer kleiner werden ließ. Es befreite sie, diese kleine, nutzlose Ratte dazu zu bringen, sich wie ein Stück Dreck zu fühlen.

"Herrin…"

"Erkläre!!!!"

Sie stemmte die Hände in die Hüfte und funkelte ihn kaltblütig an. Ihre Lippen waren schmal geworden vor Zorn und zitterten leicht.

"Herrin, wir konnte Hermione Granger nicht ausfindig machen, dafür aber Sirius Black."

Virginia hob überrascht die Augenbrauen hoch.

"Ich habe euch nicht befohlen, Black zu finden…" sagte sie kühl.

"Ich weiß, Herrin, aber es gab etwas, dass uns stutzig werden ließ."

"Und das wäre?" Virginia klang gelangweilt.

"Er lebt nicht alleine."

"Komm zur Sache."

"Wir fanden raus, dass eine junge Frau bei ihm wohnt, die auf Hermiones Grangers Beschreibung passt. Ihr Name ist Catriona Malente."

Eine Hitzewelle durchfuhr Virginia.

"Das ist sie."

"Herrin, wie könnt ihr das so genau wissen?"

‚Weil "Malente" das lateinische Wort für "Wiesel" ist … klug wie immer, selbst ihre Namen wählt sie mit Bedacht.' Erwiderte Virginia.

"Ja, Herrin."

Virginia wandte sich kurz ab und starrte aus dem verzauberten Fenster. Noch immer zeigte es die rauchende Ruine von Hogwarts, des Schlosses das sie so viele Jahre beherbergt hatte. Hermione lebte also bei Sirius Black …. Es war also kein Kunststück zu erraten, wo auch Harry sich in diesem Augenblick befand. Sie, Virginia, hatte ihn gefunden, hatte es wirklich getan … jetzt gab es kein zurück mehr. Jetzt gab es nur noch den einen Weg. Langsam drehte sie sich um und warf Vigoleis ein höhnisches, fieses Lächeln zu.

"Ruf die Truppe zusammen…" Ihr Ton war fest, mit Freude und Erregung gefüllt. "Sag ihnen, dass die Jagdsaison begonnen hat."