Kapitel 3
Die Fahrt verlief angenehmer als Hermine erwartet hatte. Die Gesellschaft im Auto taute nach und nach auf, so dass die Gespräche entspannt in die Gänge kamen. Hermine, die noch immer sehr müde war, klingte sich hier und da in das Gespräch ein, doch sie war froh, dass keiner näher auf sie einging. Schlafen konnte sie trotz allem nicht.
Leider hatten sie das Pech in einen kilometerlangen Stau zu geraten. Dies erschwerte die Reise natürlich erheblich und Hermine hatte irgendwann aufgehört, die Stunden zu zählen.
So kam es, dass sie Sonne schon nahezu gerade am Himmel auf die Erde scheinte, als sie nach einer Ewigkeit den Hafen von Porthsmouth erreichten. Hermine nahm dankend die Hand von Harry an, die er ihr anbot, um aus dem Auto steigen zu können und drehte sich in Richtung Küste.
Der Blick, der sich ihr bot, war atemberaubend. Ein Schiff, so groß wie sie es nur aus Titanic her kannte, schwamm in den Küstengewässern von Porthsmouth. Es war mit einer scheinend hellen Farbe gestrichen und mit einer goldenen Relingkette umrandet. Am Bug des herrlichen Schiffes hing eine menschengroße weißgoldene Figur, die eine hübsche Hexe mit Engelsflügeln und einem Zauberstab in der Hand darstellte. Hermine war überwältigt von so viel Glanz und Schönheit.
"Ist es nicht einzigartig?" hauchte sie und öffnete ihren Mund nocheinmal, aber ihr fielen keine passende Worte ein, die diese Herrlichkeit beschreiben könnten.
"Ja, es ist als ob es von innen heraus leuchten würde!", schloss Ginny und boxte ihren Bruder in den Arm."Jetzt schau es doch mal genau an!"
"Ja, schon gut. Können wir uns jetzt mal etwas beeilen? Ich möchte heute noch an Bord. Das heißt, wenn ihr euch mal für einen Augenblick vom Schiff abwenden würdet und uns helft?, sagte Ron augenrollend und drückte jedem seinen Koffer in die Hand.
Als sie sich von dem ersten Schock erholt hatten, gingen sie gemeinsam in Richtung Schiff. Hier und da sahen sie ein paar vertraute Gryffindor, die entweder das Schiff betrachteten oder sich von ihren Eltern verabschiedeten. Wie Hermine feststellte, sah keiner der ihr bekannt war verängstigt oder nervös aus. Diese Erkenntnis beruhigte sie zutiefst.
"Schaut mal, ich glaube dort müsst ihr euer Gepäck aufgeben."sagte Mrs. Weasley und zeigte mit dem Finger auf eine recht mürrisch aussehende Hexe, die unter einer "Gepäck"-Leuchtschrift stand. Hermine nahm an, dass diese mit einem Zauberstab gezeichnet wurde.
Die vier gaben ihr die Koffer, die sie mit einem Zauber belegte und somit verschwinden ließ.
"Die sind jetzt in euren Kabinen. Nächster!"
Hermine entdeckte keine 20Meter weiter eine lange silberfarbene Treppe, die in einem Steg mündete und geradewegs zu dem Schiffseingang der Passagiere führte.
"Dort müsst ihr hoch! Beeilt euch! Wir sind doch etwas spät dran." Es sprach Mr.Weasley."Ich glaube es ist Zeit um Abschied zu nehmen." Er breitete die Arme aus und umarmte seine Tochter.
Auch Mrs.Weasley drückte kurz Harry und ihre Kinder, doch bei Hermine hielt sie inne.
"Hermine,", flüsterte sie, "ich möchte das du gut auf dich aufpasst und keinem vertraust außer dir selbst! Es ist sehr wichtig, denk immer daran!" Mit diesen Worten ging sie mit ihrem Gatten zurück zu ihrem Auto und ließ Hermine einfach stehen.
Was war denn das? Noch mehr Ungewissheit? Langsam fragte sie sich, ob sie je eine Antwort auf ihre Fragen bekäme.
"Kommst du jetzt endlich? Wir fahren sonst noch ohne dich!" rief Ron mit leicht gereizter Stimme.
Als sie sich umdrehte, fiel ihr Blick auf Harry. Er schaute ziellos in der Gegend umher. Er hatte seit ihrer Ankunft noch kein Wort gesprochen.
"Harry?", sagte Hermine und hielt ihn zurück als er den anderen, die schon auf der Treppe waren, folgen wollte.
"Was gibts?", fragte er und sah sie mit seinem wunderschönen Lächeln an.
"Ist alles in Ordnung? Du bist irgendwie so ungewohnt still."
Harry machte eine wegwerfende Handbewegung."Aber ja doch, Hermine. Ich glaube das du heute eher diejenige bist, wo so wenig spricht." Er nahm ihre Hand."Komm jetzt. Wir sind sowieso schon viel zu spät."
Und gemeinsam gingen sie die Treppe empor.
Der Raum, den sie betraten, war nicht weniger prächtig. Er war nicht besonders groß, aber die Decke schien unendlich hochzugehen, bis sie in einer glitzernden Kuppel endete. Der Boden des Raumes war in einem glänzenden Schwarz gehalten und es waren schön gestickte Teppiche ausgelegt, so dass man den Boden gar nicht erst betreten musste. Zu Hermines Linken gab es eine kleine Rezeption, an der jedoch keiner stand und prächtige Flügeltüren, die ebenfalls je nach Licht in den unterschiedlichen Farben glitzerten. Zu ihrer Rechten sah sie breite Treppen, die nach oben und unten führten. Säulen aus Marmor hielten das erste Stockwerk. Hermine konnte durch die fehlende Decke alle 4 Stockwerke sehen. Am Ende des Raumes war ein gläserner Lift angebracht, den man bis ins letzte Stockwerk verfolgen konnte.
Nur leider war es ziemlich eng, da alle Gryffindor und Slytherin in dem Raum standen und versuchten sich nicht auf die Füsse zu treten.
"Alle Gryffindor zu mir!", rief Professor McGonagall, die gerade den Raum durch eine der Flügeltüren betreten hatten. Die Vier reihten sich bei den anderen ein und musterten gespannt die Professorin, die gerade ein langes Stück Pergament aus ihrem Umhang holte.
"Ich werde sie nun alle einzeln vorlesen und abhaken. Wenn ich ihren Namen sage, holen sie sich ihren Schlüssel für ihre Kabine ab, die sie dann unverzüglich aufsuchen. Alles weitere wird bei dem Abendessen besprochen, welches sie um 7Uhr im Hauptrestaurant einehmen werden.Wie sie wissen, befinden sie sich auf einem Kreuzfahrtschiff, also kleiden sie sich dementsprechend. Das Restaurant liegt hinter dieser Tür." Sie zeigte auf die Flügeltür, aus der sie gerade getreten war."Finnigan, Seamus!"
Seamus trat vor und nahm einen kleinen silbernen Schlüssel entgegen.
Hermine entdeckte in den Augenwinkeln, dass Snape den Raum betreten hatte und dieselbe Ansprache für die Slytherin hielt.
"Mist, dass die auch da sind." sagte Ron, der ihrem Blick gefolgt war. Hermine zuckte mit den Schultern.
"Granger, Hermine!"
Auch sie holte sich ihren Schlüssel ab. Es war nur eine kleine Nummer eingraviert.
"135? Das ist gut, dann bin ich neben dir!" sagte Harry und hielt seinen Schlüssel unter Hermines Augen. Bei ihm war die Nummer 136 zu sehen.
"Na toll, und was ist mit mir? Ich hab Nummer 218!" rief Ron empört.
"Das macht doch nichts, Ron.", sagte Hermine. "Wir werden auf so einem prachtvollem Schiff sicher nicht unsere Zeit in den Kabinen verbringen."
Ron schien nicht wirklich überzeugt, lenkte aber ein: "Na gut, wir sehen uns dann beim Essen." Er nahm, mit einem Schiffsplan in der Hand die Treppe, die nach unten führte, während Harry und Hermine mit einen paar Drittklässlern im Lift in den ersten Stock fuhren.
" Haben die bei der Kabinenvergabe an das Zufallsprinzip gedacht?" fragte Harry ärgerlich, als auch noch Malfoy und einem Slytherin, den Hermine nicht kannte, den Lift betraten. Er schien die beiden nicht bemerkt zu haben, so dass sie ohne ein böses Wort zu hören aus dem Lift austraten und sich auf die Suche nach ihren Kabinen machen konnten. Erst als Hermine versuchte ihre aufzschließen, wurde ihr bewusst, dass leider kein Schlüsselloch vorhanden war, welches sie hätte gebrauchen können. Fragend blickte sie Harry an, der auch nur mit den Schultern zucken konnte.
"Hey Potty, sind wir jetzt schon dabei Schlammblüter durchzuficken?" Malfoy,das Wiederlichste, das Hermine je gesehen hatte, stand zwei Kabinen weiter.
"Halt's Maul, Malfoy, wenigstens bekomm ich eine ab, im Gegensatz zu dir!", rief Harry und stellte sich schützend vor seine Freundin.
"Davon träumst du wohl! Bevor ich meinen Schwanz in Scheiße stecke, ficke ich lieber niemand!" Malfoy machte eine herablassende Geste.
"Das nimmst du zurück!", schrie Harry und griff nach seinem Zauberstab.
"Nein, Harry, lass gut sein.", sagte Hermine leise und griff ihren Freund am Arm. "der ist es doch nicht wert."
Malfoy zeigte ihnen lachend den Mittelfinger und betrat seine Kabine.
"Irgendwann bring ich ihn um. Das schwör ich dir! Irgendwann! Oder ich schneid ihm seine....."
"Stop Harry. Lass dich von ihm nicht immer provozieren. Wir sollten eher rausfinden wie wir hier reinkommen." Hermine wand sich von ihm ab, damit er nicht sehen konnte, wie sehr sie doch durch seine Worte verletzt worden war. Wie sie ihn doch hasste! Sie blickte zur Tür. Da stand in goldenen Lettern: "Nennen sie ihren Namen".
"Oh !", wunderte sich Hermine. Sie hatte durch Malfoy diese Veränderung wohl nicht bemerkt.
"Hermine Granger"
Ein winziges schwarzes Tablett fuhr aus der Tür. Darüber stand, jetzt in silbernen Lettern,: "Legen sie hierauf ihren Schlüssel"
Hermine tat wie ihr geheißen und sofort schmolz der Schlüssel, so dass es sich nun um ein silbernes Tablett handelte. Wie aus dem Nichts erschien eine weiße Karte darauf. Hermine öffnete sie und las mit Harrys Kopf auf ihrer Schulter die Inschrift: "Ihr Passwort lautet Federvieh"
"So ein Theater wegen drei Tagen!", ärgerte sich Hermine und die Karte verschwand. Als sie sich wieder zur Tür wendete, fand sie so vor wie Anfang., ohne Lettern und Tablett. Stattdessen fragte die Tür: "Passwort?"
"Federvieh!", antwortete Hermine und die Tür öffnete sich.
Beide traten sie sie in die Kabine. Sie war so groß wie ein Hotelzimmer, mit einem breiten Bett, einem Schrank, einen Sekretär und eine Kommode, wo Hermine Blumen und eine Flasche Wasser mit Gläsern vorfand. Ihr koffer lugte unter dem Bett hervor. Sie entdeckte gegenüber der rechten Bettseite eine Tür, die vermutlich in ein Badezimmer führte. Alles war in dunklem Mahagoniholz gehalten.
"Wow, echt nett hier.", sagte Harry und wollte schon hinaus in seine Kabine, als Hermine ihn am Arm packte.
"Nichts da, du erzählst mir jetzt was hier eigentlich vorgeht und warum mich alle wie Porzellan in Watte packen." Hermine drückte ihren Freund auf das Bett, setzte sich gegenüber und schaute ihm in seine dunkelgrünen Augen.
