Kapitel 8

Hermine trat aus ihrer Kabine, stellte sich an das Geländer der Galerie und schaute hinunter in die Eingangshalle. Von überall her wuselten Slytherins und Gryffindors hochbeschäftitigt hindurch. Die Sonne scheinte kräftig durch sie glitzernde Kuppel und setzte somit das ganze Etablissement in ein herrlich träumerisches Licht.

Hermine machte sich auf den Weg in den Fahrstuhl, als sie mit einer nervösen Lavender zusammenknallte.

"Hey, pass doch auf.", rief Hermine.

"Entschuldigung, tut mir leid. Hast du vielleicht Parvati gesehen?", sagte Lavender und fuhr geistesabwesend durch ihr glattes Haar.

"Nein, aber bist du denn in Ordnung? Du siehst ziemlich nervös aus." Parvati jedoch nickte hastig und wollte schon weiterennen, aber Hermine hielt sie auf. "Weißt du vielleicht, wo Ginny ihre Kabine hat?"

"Ja, die ist gleich bei mir. Nummer 62, das ist im dritten Stock.", sagte Lavender und entfernte sich grußlos.

Hermine zuckte mit den Schultern und stieg in den Lift. Ihr war es nicht unbedingt geheuer mit einem durchsichtigen Lift zu fahren, denn ihre Höhenangst ist seit der ersten Klasse konstant geblieben. Sie zwang sich also nicht auf den Eingangshallenboden zu sehen und war gottfroh, als die Fahrt beendet wurde."Dagegen muss ich etwas tun", murmelte Hermine ärgerlich und nahm sich vor, so schnell wie möglich in der Bibliothek von Hogwarts einen passenden Zauber ausfindig zu machen.

Vor Ginnys Tür hielt sie inne und klopfte kräftig.

"Herein, die Tür ist auf.", hörte sie Ginny von innen rufen. Hermine betrat die Kabine und fand Ginny vor ihrem Spiegel. Das Zimmer sah ähnlich aus wie ihres, nur das Gemälde über dem Bett fehlte.

"Morgen Hermine, na, gut geschlafen?" Ohne eine Antwort abzuwarten sagte sie: "Ich bin gleich fertig, dann gehen wir hinunter und frühstücken, ich sterbe vor Hunger."

"Ginny ich muss mit dir reden." Hermine wollte sich auf das Bett setzen.

"Das kannst du auch beim Hinuntergehen", sagte sie und winkte Hermine aus der Tür. "Also was gibts?" Ginny starrte sie erwartungsvoll an. Einen Moment fragte sich Hermine, ob es überhaupt nötig wäre, ihr alles zu erzählen. Was würde es für einen Vorteil bringen? Doch schließlich entschied sie sich dafür und begann zu sprechen.

"Ginny, ich hab mit Harry geschlafen. Heute Nacht." murmelte Hermine kaum verständlich und betrat den Lift.

" Ja und? " , fragte Ginny verwirrt. Als sie jedoch in Hermines erschrockenes Gesicht blickte, sagte sie: "Mich wundert es sowieso, dass du solange gewartet hast. Ich mein, schau ihn doch an! Er sieht doch super aus!"

"Ginny, er ist mein bester Freund!", rief Hermine entsetzt und vergass völlig, Angst wegen der Höhe zu bekommen. "Und wieso hast DU überhaupt mit ihm geschlafen? Du weißt doch, dass er nichts von dir will!" Sie war ganz außer sich, doch Ginny winkte ab."Also wenn du mich fragst, ich fand die Idee klasse, und mir war bewusst, dass er nicht an mir interessiert ist. Er war einfach die erste Wahl und perfekt für mich." Sie grinste zufrieden.

Hermine stieg geistesabwesend aus dem Lift. War sie vielleicht die einzige Person, die so ein Theater um dieses Thema machte? War sie die Einzige, die ewig über ihr erstes Mal nachdenkt? Erst Harry und jetzt Ginny. Dabei war sie auch noch ein Jahr jünger.

"War es wenigstens gut?", fragte Ginny mit neugierigen Blicken.

"Oh ja..." Und den Rest des Weges unterhielten sie sich über Harry und seine Bettkünste.

Nach dem Frühstück, mit Ron und Harry, hatten sie alle große Lust das Schiff zu erkunden. Hermine hakte sich bei ihren besten Freunden ein und zusammen gingen sie in Richtung Einkaufsstraße, welche hinter der Flügeltür zur rechten Seite der Rezeption begann.

Die Straße erinnerte eher an ein riesiges Einkaufscenter. Durch die Türen betraten die vier eine diesmal eckige Halle, die mit vielen kleinen Läden gesäumt war. Zwei große Rolltreppen führten in den nächsten Stock. Wie zu erwarten, war alles in glänzenden Farben gehalten, so dass man das Gefühl hatte in einem verspiegelten Raum zu stehen.

Nachdem sie einige Stunden mit Kleider- und Bücherkauf verbrachten, ließen die Mädchen Gnade walten und entließen die Jungs an die Bar an Deck. "Waschlappen!", murmelte sie der kichernden Ginny zu und wollte ihre erbeuteten Sachen zurück in die Kabinen bringen. "Wir treffen uns im Hallenbad!", sagte sie noch, als sie aus dem Lift trat und das Passwort in Richtung Tür murmelte.

Mit einem Schiffsplan in der linken Hand gelang es ihr endlich nach einiger Zeit, das Hallenbad des Schiffes zu finden. Eigentlich handelte es sich eher um ein überdachtes Schwimmbecken, wie Hermine ein wenig enttäuscht feststellte. Um das Becken herum waren Liegen angebracht und durch ein riesiges Fenster auf der rechten Seite konnte man die wallende See beobachten. Kein Mensch war zu sehen. Hermine ging durch eine Tür, in der sie die Umkleidekabinen vermutete, zog sich um, legte ihr Handtuch auf eine Liege und sprang in den Pool. Das Wasser war verhältnismäßig warm und wunderbar entspannend. Sie schwamm ein paar Runden, bis sich erneut die Tür öffnete. Herein trat nicht wie erwartet Ginny, sondern Draco Malfoy.

Hermine rollte mit den Augen. Er hatte ihr gerade noch gefehlt.

"Hallo Schlammblut, wie gehts? So ganz allein ohne dein Aufpasser?", fragte er grinsend und sprang, zu Hermines Unbehagen, gleich mit in den Pool.

"Lass mich in Ruhe, Malfoy.", sagte sie so ruhig wie möglich.

"Aber, aber! Ich will doch nur ein bisschen mit dir plaudern. Erholst du dich von letzter Nacht? Muss ja anstrengend für dich gewesen sein!" Malfoy schwamm beständig um sie herum und schnitt Hermine somit ständig den Weg ab.

"Was meinst du?", fragte Hermine misstrauisch. Doch anstatt einer Antwort gab er ihr einen kräftigen Stoß. "Hey, das tat weh!", rief sie entsetzt. Malfoy Gesicht verzog sich zu einer Grimasse. "Das sollte es auch, du dreckige Schlampe! Du solltest aufpassen, wen du fickst, den bei den falschen Leuten killlt das deine scheiß Lebensgeister! Und das wäre nicht nur schlecht für dich! Du hörst noch von mir dieses Schuljahr, Granger!" Mit diesen Worten kletterre aus dem Becken und verließ triefend nass das Schwimmbad.

Hermine bekam den Mund nicht mehr zu. Was zur Hölle bildete sich dieser scheiß Kerl ein? Und was meinte er mit ihren "Lebensgeistern? Was ist das überhaupt? Und woher sollte er wissen, was sie letzte Nacht getan hatte? Sie war entsetzt über so viel Respektlosigkeit, die dieser Junge ihr entgegenbrachte. Wie sie ihn doch hasste!

Hermine war die Lust auf Schwimmen komplett vergangen. Sie zog sich um und wollte gerade das Bad verlassen, als Ginny hineinspazierte.

"Hey, wo willst du denn hin?", fragte sie enttäuscht und hielt Hermine am Arm.

"An die Bar an Deck! Frag nicht", fügte sie hinzu und verscheuchte ihre Kleider geradewegs in ihre Kabine, so dass sie sich gleich auf den Weg machen konnte.

Oben an Deck gab es viele kleine Tische und Stühle, an denen viele Schüler schon Platz genommen haben, einen weiteren kleinen Pool, in dem aber keine schwamm und eine große überdachte Bar. Ihre zwei Freunde saßen noch auf den Barhockern, als sie sich zwischen die Beiden drängte.

"Guteen Taaag, ich daaaachte ihr woolltet schwiiiiimmmmnen...", sagte Ron in einer quitschend hohen Stimme.

"Was hast du denn getrunken?", fragte Hermine und hob ihre Nase in die grün-gelbe Flüssigkeit, welche Ron vor sich stehen hatte.

"Weeeiiiiiiß niiicht..." Ron taumelte ein wenig, dann sprang er auf und hing seinen Kopf mit würgenden Geräuschen über die Reling.

"Uuhh, der Arme. Wieso hast du nicht auf ihn aufgepasst?" wollte Hermine wissen und setzte sich nun auf Rons Platz.

"Bin ich sein Babysitter? Außerdem hat er gesagt, dass er dieses Zeug kennen würde.Es heißt "le poison verde", glaube ich. Wieso bist du eigentlich nicht schwimmen?", sagte Harry hastig, um schnell das Thema zu wechseln.

Sie bedeutete ihm, näher zu kommen und flüsterte ihm in sein Ohr.

"Malfoy ist gekommen und hat irgendwas erzählt, von wegen ich soll aufpassen, wen ich ficke und dass das meine Lebensgeister schädigen könnte! Weißt du was das heißt?"

Harry machte eine herablassende Geste. "Lass den Wer doch reden, der will sich nur wichtig machen! Er hat sicher keine Ahnung. Aber mit Lebensgeistern kenne ich mich nicht aus. Du bist doch die Belesene hier!" Hermine schmunzelte. "Über sowas bin ich noch nie gestolpert, ich glaube eher, dass dies etwas mit Esoterik zu tun haben könnte!"

Harry hob fragend die Augenbrauen hoch, als Zeichen, dass er nur Bahnhof verstand.

"Also gut, wenn wir in Hogwarts sind, kümmere ich mich mal darum. Ich wollte sowieso noch nach einem Zauber gegen meine Höhenangst suchen." Hermine sprang auf, um dem torkelnden Ron wieder seinen Sitz frei zu machen. Dieser nahm dankend darauf Platz.

"Teufelszeug, gut, dass wir morgen wieder in Hogwarts sind, ich trinke ab jetzt nur noch Kürbissaft!" Mit diesen Worten schob er sein Glas außer Reichweite und winkte nach dem Barkeeper.

"Wie, schon Morgen? Ich dachte wir fahren noch einen Tag!", bemerkte Harry und fing an, an seinen Fingern etwas abzuzählen.

"Mensch Harry, schau doch mal: Gestern sind wir angekommen, heute fahren wir noch und morgen kommen wir an! Das sind nach meiner Rechnung drei Tage.", sagte Hermine in einem das-muss-man-aber-wissen Tonfall.

"Entspann dich Hermine, wir haben immer noch Ferien." Es war Ron der sprach. Mit einen zufriedenen Gesichtsausdruck trank er seinen Kürbissaft und begleitete dann seine Freunde zum Abendessen in den großen Saal.