Kapitel16
Hermine sah sich um. Der helle Raum war weihnachtlich in den allen Regenbogenfarben geschmückt. Glitzernde Girlanden hingen von der Decke herab und reflektierten das Licht, welches von einer Art länglichen Kronleuchter entsendet wurde. Es war still in diesem Raum, sie war allein. Sie fühlte sich wohl, diese Ruhe genoss sie sehr. Plötzlich öffnete sich die schwere Eisentür hinter ihr wie von Geisterhand und herein trat Draco Malfoy in einem dunkelgrünen Anzug. Er lächelte vergnügt.
"Wie hübsch du bist."
Hermine sah an sich hinunter. Zu ihrer Überraschung trug auch sie ein lindgrünes und äußerst festliches Kleid. Draco lächelte noch immer. Ganz anders als sonst. Ohne Spott, ohne Schadenfreude, ohne Verleumdung. Er sah einfach nur glücklich aus.
"Lass uns tanzen." rief er freudig und wollte nach ihrer ausgestreckten Hand greifen. Kurz bevor sie sich trafen, tappte Hermine ins Leere und fiel. Tief, tief, tief. Als sie erneut die Augen öffnete waren ihre Hände hinter ihrem Rücken mit ein paar Eisenhandschellen gefesselt. Ihr Kleid war zerrissen und beschmutzt, auch fielen ihr einige Haarsträhnen in das verweinte Gesicht. Ihr Körper frierte und zitterte vor Angst. Was war geschehen? Wo war sie? Ein kaltes Lachen trat in ihr Ohr, sie wurde von zwei Händen gepackt und gegen die kalte Steinwand geschmissen. Mit der Stirn voran knallte sie dagegen. Der fürchterlich betäubende Schmerz hinderte sie am Denken, das Blut über ihrem Gesicht raubte ihr den Verstand, die Dunkelheit ließ ihr Herz rasen und schon wieder diese schreckliche Angst.....Angst ...Angst....
"Du hast keine Chance", sagte die kalte Stimme ruhig. Still war es in dem Kerker. Hermine wartete, traute sich nicht zu bewegen aus Angst es könnte ein tödliches Geräusch hinterlassen. Doch dann spürte sie den blauen Strahl direkt in ihrer Brust. Sie schrie. Sie schrie aus Leibeskräften, doch es wollte nicht aufhören. Jede Faser ihres Körpers schrie nach Erlösung, schrie nach dem Tod........Tod.......
"Du hast keine Chance", wiederholte die Stimme, ohne den Zaubertsab von ihr abzuwenden.
"Denn er ist tot."
Und dann hörte es auf. Hermine schnappte nach Luft, bevor sie erneut in Tränen ausbrach. Das hier war eindeutig ihr Ende. Ihr Tod.
Als sie die Augen wieder öffnete, sah sie eine Frau Anfang dreißig in einer anderen Ecke sitzen. Sie machte einen jämmerlichen Eindruck, ihr Haar hing ihr ungekämmt und fettig über die Schultern, die nicht gefesselten Hände blutverschmiert. Als ob sie erst jetzt Hermine entdeckt hätte, stand sie auf und trat auf sie zu. Als ihre wackeligen Beine sie nicht tragen wollten, musste sie sich an der Steinwand abstützen.
"Deine Schuld!", rief sie dann mit weinerlicher Stimme. "Deine Schuld!", sagte sie noch einmal. Die Frau torkelte, konnte gerade noch einen Sturz verhindern und stürzte sich dann, wie von allen guten Geistern verlassen, auf Hermine und schlug mit den bloßen Fäusten auf sie ein. "Deine Schuld", schrie sie immer wieder. "Alles deine Schuld!"
"Richtig.", sagte wieder die kalte Stimme. "Denn er ist tot."
"Hermine!", rief eine Stimme von ganz weit her. Die Schläge wollten nicht stoppen. "Hermine, wach auf!"
Haah..", schnappte Hermine und schlug blitzartig die Augen auf. Sie atmete schwer und unkontrolliert, gerade so als wäre sie eine weite Strecke gerannt. Das weiße Nachthemd kleppte durchnässt an ihrem Körper. Sie interessierte sich nicht dafür.
"Haah, er ist tot!, wimmerte sie aufgebracht. "Oh mein Gott, er ist tot!"
"Hermine beruhige dich. Niemand ist tot." Ginny Weasley hatte ihr ein paar saftige Ohrfeigen gegeben und hatte sich nun auf ihr Bett gesetzt. "Es war nur ein Traum."
"DAS war kein Traum!" sagte sie entsetzt und blickte sich hektisch im Krankenflügel um.
Ihre rechte Hand wurde von einem ihr wohlbekannten Ron Wealsey getätschelt.
"Alles in Ordnung, Hermine.",erwiederte er nervös.
"jaah..", begann sie langsam, als ihr bewusst war, dass sie noch immer in dem Bett des Krankenflügels liegt. Die Gesichter ihrer Freunde waren sehr verschreckt und aufgeregt, als wäre ihnen Hermine nicht ganz geheuer. Sie sah sich um. Sie bewohnte als Einzige ein Krankenbett, Malfoy musste wohl schon gegangen sein.
"Wo ist Malfoy?", versuchte sie gleichgültig zu fragen und legte sich zurück in ihre Kissen.
"Der ist schon entlassen worden, wir wollten dich nur nicht wecken.", antwortete Ginny mit einem bissigen Unterton. Nun sprach niemand. Hermine wäre es lieber gewesen, wenn sie sie allein lassen würden, denn ihr Herz pochte noch immer schwer und schmerzhaft in der Brust. Und wer ist gestorben? Wer ist denn nun tot? Wer? Wer?
Ron und Ginny fühlten sich sichtbar unwohl in ihrer Haut, ständig wechselten sie Blicke und nestelten nervös an ihren Händen herum. Bald wurde es Hermine zu viel.
"Was ist denn los? Habt ihr ein Problem? Wenn nicht, dann lasst mich jetzt in Ruhe. Ich hab gerade wirklich keinen Bock auf gezwungene Konversation.", schloss Hermine etwas zu zickig und verschränkte trotzi die Arme vor ihrer Brust. Doch die Beiden machten keine Anstalten sich zu erheben. Ginny zögerte.
"Ähm,..., willst du nicht wissen, wie es Harry geht?", fragte sie dann doch und machte sich auf ein Donnerwetter bereit. Aber Hermine mied ihren Blick teilnahmslos. "Mir doch egal.", sagte sie dann und betrachtete das Bild zu ihrer Linken mit scheinbar größerem Interesse.
"Willst du denn nicht mit ihm reden?", ergriff nun Ron das Wort und wollte sich gleich für seine Dreistigkeit ohrfeigen. Hermine schaute ihn verachtend an und rief: "Niemals. Mit so jemandem rede ich nicht."
Überracht von ihrer Reaktion, tauschten die Beiden erneut verzweifelte Blicke, bis Ginny wieder nuschelte; "Er steht draußen und würde gern zu dir kommen."
Hermine blickte zur Tür. Da draußen stand er. Dieser wiederliche Teenager.
"Niemals:", sagte sie noch einmal und betrachtete hiermit das Gespräch für beendet.
Geanu in diesem Moment kam Mrs.Pomfrey aus dem Schwesternzimmer getreten und fühlte besorgt Hermines Nacken.
"Gut verheilt, sie können gehen Mrs.Granger.", sagte diese und reichte ihr neue Kleider, welche wohl Ginny aus ihrem Schrank geholt haben musste.
"Danke.", anwortete Hermine sehr leise und strich die Decke glatt. Mrs.Pomfrey jedoch warf einen erwartungsvollen Blick zu Ron. "Würdest du vielleicht vor die Tür gehen, deine Freundin möchte sich umziehen." Rons Wangen verfärbten sich rosa, als er sich peinlich berührt erhob.
"Und sag diesem Weichei, dass ich keine Lust habe mit ihm zu reden!", rief Hermine ihm nach. Ron blickte nicht zurück.
Nachdem sie sich die neuen Kleider übergeworfen und die erneuten Warnungen der Schwester , sich ihren Ängsten zu stellen erhalten hatte, bedankte sie sich bei ihr und verließ mit Ginny zügig den Raum. Kurz bevor sie durch die Tür treten wollte, hielt sie inne. Sollte sie Mrs.Pomfrey von ihrem Traum erzählen?
"Ist noch etwas, Mrs.Granger?"
"Nein, danke, es ist nichts."
Draußen vor der Tür fand sie Harry auf einer grauen Steinbank sitzen. Er hatte den Kopf in den Händen vergraben und hörte Ron leise auf sich einreden.
Hermine würdigte die Zwei keines Blickes und beschleunigte ihre Schritte. Ihre ungewaschenen Haare hatten sich aus ihrem Pferdeschwanz gelöst, ihre Schminke war noch immer unter den Augen, doch ihr war das alles ganz egal. Als Harry sie bemerkte schaute er auf und wollte etwas sagen, doch seine Stimmbänder versagten unter der Anspannung. Hermine schaute nur kurz in seine höchstwarscheinlich verheulten Augen, ihre Schritte wurden dadurch nur noch schneller. Sie wollte nicht mit ihm reden, sie konnte es nicht, sie konnte es einfach nicht.
Der Weg vom Krankenflügel in den Gryffindorturm kam ihr unheimlich lang vor, niemand sprach und keiner kreuzte ihren Weg. Durch die Regeln durfte das ja auch niemand, es war schon nach 19 Uhr.
"Mahagoni", flüsterte Ginny der fetten Dame zu, die heute ausnahmsweiße ihre mütterlichen Ratschläge für sich behielt. Hermine dankte ihr im Stillen.
Am nächsten Morgen erwachte Hermine ziemlich gerädert aus einem traumlosen Schlaf. Zu gern wäre sie zurück in die Kissen gefallen, um Harry und den Anderen aus dem Weg zu gehen, aber der Unterricht ließ nicht auf sich warten. Hermine hatte schließlich ein paar Tage nachzuholen. Lustlos bewegte sie sich aus dem Bett, ihre Zimmergenossen schliefen noch, so konnte sie sich in aller Ruhe anziehen und für den Tag fertig machen.
Unten im Gemeinschaftsraum versuchten sich ein paar gähnende Frühaufsteher an ihren Hausaufgaben, andere spielten Zaubererschach und nur einer hatte nichts zu tun. Es war Harry, der auf einem Stuhl am Fenster saß und traumverloren in die Ferne blickte. Hermine hatte keine Lust mit ihm zu reden, sich seine faden Entschuldigungen anhören und doch immer noch sauer auf ihn zu sein. Harry hatte sie verletzt. Sehr sogar. Und wie er da an dem Fenster saß, überkam sie eine kleine Woge Mitleid, jedoch nicht für ihn, sondern für Malfoy, der zum ersten Mal in seinem Leben etwas zu ihrem Gefallen getan hatte. Sie konnte seit dem Vorfall nicht mit ihm reden, was sollte sie auch sagen? Hey Malfoy, tut mir leid wegen Harry, er steht manchmal ein wenig neben sich.
Selbst in ihrem Kopf klangen diese Worte albern. Doch warum sollte sie sich überhaupt bei Malfoy für Harry entschuldigen? War er es nicht, der sie alle 6 Jahre lang terrorisierte? War er es nicht, der Schlammblüter hasste? War er es nicht, der die Gefühle anderer missachtete? Wieso auf ihn zukommen? Hatte er nicht sogar seine gerechte Strafe bekommen?
So schnell wie möglich wollte sich Hermine aus dem Raum stehlen, in der Hoffnung, Harry bemerke sie nicht, doch wie es das Schicksal will, folgte er ihr aus dem Poträtloch.
"Was ist?", fragte sie barsch, konsequent in eine andere Richtung blickend. Harry zögerte lang, hoffnungsvoll suchte er ihren Blick, den sie jedoch erfolgreich meiden konnte. Er wusste nicht recht was er sagen sollte, öffnete mehrmals den Mund und schloss ihn wieder, da ja doch nichts Produktives herauskam.
"Hmm, wollen wie vielleicht ein Stück gehen?", fragte er schüchtern und Hermine war froh, dass er nicht noch weiter geschwiegen hatte, da sie ihm sonst eine gescheuert hätte. Als Antwort setzte sie sich langsam in Bewegung, die Hände vor der Brust verschränkt und ihn noch immer ignorierend. Harry war sichtlich unwohl in seiner Haut, still ging er neben ihr her und steckte die Hände tief in die Taschen seiner Jeans. Hermine wollte schreien. Sie war stocksauer auf ihn, sie konnte und wollte nicht sein Gewinsel ertragen, sie hasste es, wenn er nicht den Mund aufbekam, sie wolte auf ihn einprügeln, damit er wenigstens etwas sagte, sie wollte ihn schlagen. Eine riesige Wut baute sich in ihrem Körper auf, sie war wütend auf ihn und auf sich selbst. Wie konnte dieser Junge sich einfach nur so benehmen? So ein furchtbar unreifes Verhalten an den Tag legen? So dämlich schweigen?
Die Beiden waren mittlerweile auf den Ländereien von Hogwarts angekommen, als Hermine es nicht mehr aushielt.
"Oh mein Gott!", schrie sie. "Sag doch endlich was, du Schlappschwanz! Du machst mich wahnsinnig, du beschissener Blödmann! Sag doch endlich was, oder ich schlag dir die Birne ein!" Hermine sah ihn zornfunkelnd an. Sie hatte erwartet, dass er irgendetwas Böses erwiedern würde, doch zu ihrer Überraschung sah er sie weiterhin tieftraurig an und setzte sich einfach ins Gras. Hermine, die einfach zu verblüfft über diese Reaktion war, vergass ihre angestaute Wut und setzte sich trotzig neben ihn. Oder war sie wie weggefegt?
Nun warteten sie. Harry holte sehr tief Luft, als er sich einen Grashalm schnappte und mit müder Stimme anfing zu sprechen:
"Hermine, ich weiß du würdest sicher keine einfache Entschuldigung meinerseits akzeptieren und ich weiß auch, dass du wirklich besseres zu tun hast, als hier mir zuzuhören, aber ich bitte dich trotzdem mich bis zum Ende ausreden zu lassen. Ich weiß es gibt keine Entschuldigung, für das was ich getan habe, aber ich möchte versuchen, dir irgendwie meine Reaktionen zu erklären." Er machte eine Pause. Hermine seufzte als Antwort darauf.
"Okay," begann er von Neuem. "Okay, Hermine, es fing schon letztes Jahr an. Ich konnte es mir nicht erklären, es kam so plötzlich, so unerwartet, ich wusste nicht was ich tun sollte, es war einfach da. Und ich hatte tierische Angst, dass du es erfährst. Natürlich, ich hab mir am Anfang einen Spaß daraus gemacht, mich selber auf den Arm genommen, als Medizin gegen diese furchtbare Krankheit, die schon bald mein Leben bestimmen sollte. Aber ich konnte nichts dagegen tun, es wurde immer stärker und übermannte mich immer öfter. Mit wem sollte ich darüber sprechen? Mit Ron? Der hätte mich umgebracht. Mit dir selber? Du hättest mich garantiert ausgelacht oder schlimmer noch, mir einfach nicht geglaubt. Dann kam der Tod von Sirius, der Kampf gegen Voldemort, die Darlegung der Prophezeiung von Dumbledore, das alles mit Umbridge und immer wieder die Gewissheit, dass mir doch sowieso niemand glaubt. Ich war traurig Hermine, ich war richtig traurig. Ich konnte und wollte nicht darüber reden, ich kannte mich ja selbst nicht mehr, ich tat Dinge die ich nicht wollte, sagte Dinge, die man mir nicht verzeihen kann und immer wieder diese Riesenwut auf mich und meine Unfähigkeit, etwas gegen meine Trauer und Verzweiflung zu tun, die mich von beiden Seiten umzubringen drohten. In meiner Machtlosigkeit verdrängte ich alles, ich konnte nicht anders und wusste mir nicht anders zu helfen. Zu meinem Glück hatte ich Sirius, mit dem ich darüber sprechen konnte, aber er..starb."
Unfähig weiter zu sprechen krallte sich Harry mit Tränen in den Augen in seine Jeans, nur um ein wenig Halt zu finden. Hermine vergaß alles bei diesem Anblick und legte zögernd ihren Arm um ihn. Harry nahm sie dankbar auf und ließ die Tränen über die Wangen laufen. Zitternd sprach er weiter.
"Er ist gestorben, verstehst du Hermine? Einfach so. Er ist einfach so gestorben. In Kampf. In Kampf für mich und meine beschissene Neugier, meine beschissene Unwissenheit. Er ist gestorben um meinen verdammten Arsch zu retten. Wie konnte ich nur so dumm sein? Weißt du Hermine, als ich es gemerkt habe, bin ich innerlich gestorben. Ich war tot, alles in mir war tot. Den Menschen, den ich zu diesem Zeitpunkt am Meisten geliebt habe, war tot. Meine Sommerferien waren die Hölle, ich habe nur geflehnt die ganze Zeit, wie ein reudiger Hund. Ich bin ein fürchterlicher Schwächling. Ein Arschloch. Aber ich konnte nicht anders, es fraß mich innerlich auf. Alle Menschen, die ich liebe, sterben. Ich habe mir geschworen, nie wieder einen Menschen zu lieben, da ich ihn so nur viel schmerzhafter verlieren werde. Ich hatte Angst, tiefe, schreckliche, zerfressende Angst. Und es gab niemand, der mir helfen konnte.
Dann war dieser schreckliche Angriff auf Mrs.Figg, ich konnte es beobachten, aber ich war machtlos. Was hätte ich tun sollen? Es ging alles viel zu schnell."
Harry fing an zu weinen und lehnte sich an die Brust von Hermine. Sie hatte nun auch Tränen in den Augen, doch sie zwang sich halbwegs stark für Harry zu sein, der weinte und weinte und sich nicht beruhigen konnte.
"Oh Gott, Hermine, so scheiße es klingt, aber das war alles zu viel für mich. ", rief er ein wenig zu laut, als er wieder sprechen konnte. "Meine ganze Angst konnte ich nicht verdrängen, es ging einfach nicht. Dumbledore holte mich dann nach London, ich wusste ich war sicher, aber ich war im Haus von Sirius. Verdammte Scheiße, ich war im Haus von Sirius! Verstehst du das? Wie kann mich Dumbledore dorthin bringen? Ich dachte, ich müsste sterben in diesem Haus, vor lauter Trauer und Todesängsten. Aber ich sagte nichts. Mir glaubt keiner, mir glaubte noch nie jemand. Und dann kamst du, Hermine. Das Mädchen, welches immer und egal wann für mich da war. Ich dachte Tag und Nacht an dich, ich wusste, irgendwann muss ich es dir erzählen. Doch ich wollte nichts kaputtmachen. Ich hatte schreckliche Angst, Hermine. Und als du kamst, öffnete sich ein Neues Fenster in meinem Leben, ich war zum ersten Mal seit langen wieder richtig glücklich und genauso schnell war es wieder vorbei. Denn du warst nicht glücklich, nein, die Todesser waren hinter dir her. Ich konnte es dir nicht erzählen, ich wollte dich nicht belasten und vor allem wollte ich dich nicht verlieren, Hermine, das Wichtigste in meinem Leben. Ich sagte wieder nichts.
Wir waren auf diesem Schiff und ich schlief mit dir, obwohl ich es soweit nicht kommen lassen wollte, ich Arschloch konnte mich nicht beherrschen. Es ging einfach nicht anders und trotzdem konnte ich es dir nicht sagen. Wir hatten diesen Streit mit Ron, diesen fürchterlichen Streit, weil ich ihn hintergangen habe. Tut mir leid, dass ich dich da rausgeschickt habe, es ging leider nur uns beide etwas an. Es tut mir wrklich leid, Hermine. Es tut mir so unendlich leid.
Als es dann passierte, ich weiß es auch nicht mehr genau. Ich war auf dem Rückweg vom Quidditschtraining, ich zog mich um und suchte dich. Aber du warst wie von Erdboden verschluckt, Hermine und ich bekam diese riesige Angst um dich, ich hatte Angst, dass er dich wie Justin entführt hat. In meiner Ungewissheit befragte ich die Karte des Rumtreibers und fand dich im Verwandlungsklassenzimmer. Mit...mit Malfoy. Und dann passierte es. Ich kann es dir nicht erklären, wieso es genau passierte, aber ich drehte durch. Purer, schrecklicher, zerfleischender Hass durchflutete mich vom Scheitel bis zur Schuhsohle. Ich schnappte meinen Zauberstab und begann zu rennen, zu rennen ohne Pause. Ab dann weiß ich nicht mehr was ich getan habe. Ich weiß nur, dass es schrecklich war. Das Erste, was ich wieder realisierte, war, wie du heulend auf mir gelegen bist. Und dann zerschlug es mich, es dämmerte mir was wohl passiert war. Ich fing an zu heulen, zu schreien, zu schlagen, ich konnte einfach nichts tun. Verstehst du Hermine? Das Einzige, was mir geblieben ist, die einzige Person, die sich immer für mich stark gemacht hat, habe ich verletzt. Ich habe dich so schwer verletzt, ich habe dir weh getan und Hermine, ich schwöre dir, ich würde mein Leben geben, um es wieder rückgängig zu machen. Es gibt nichts auf dieser Welt, was ich mir mehr wünsche, als dass du mir verzeihst. Es tut mir so leid. Es tut mir so schecklich leid für alles was ich getan habe, um dir weh zu tun. Und auch wenn du mich jetzt für ewig hassen wirst, und auch wenn du mich verachtetst, und auch wenn ich damit alles kaputtmache, und auch wenn du mir wie so viele nicht glauben wirst, muss ich es dir jetzt sagen. Ich liebe dich, Hermine. Es tut mir so leid dafür."
Er schloss die Augen und heulte weiter. Hermine konnte nicht anders, sie streichelte mit den Händen über seinen Kopf und ließ die Tränen ohne Rücksicht und ohne einen Funken Diplomatie auf die Haare des weinenden Harrys laufen.
