Kapitel 21
"Enervate!"
Hermine wollte die Augen nicht öffnen. Es war viel schöner sie geschlossen zu halten, sie war schließlich so unendlich müde. Zwei kräftige Arme hatten ihre Schulter gepackt und schüttelten sie unwirsch.
"Hermine, mach die Augen auf! Was immer du tust, mach die Augen auf!"
Einem so direkten Befehl musste sie wohl nachkommen, seufzend hob sie ihre schwerfälligen Lider, welche genauso viel wie eine Tonne Blei zu wiegen schienen. Sie wollte ihre Hände aufstützen, um ihre verschlafenen Augen zu wischen, aber sie konnte nicht, denn ihr Körper war taub. Oder besser gesagt, eiskalt. Sie zitterte verzweifelt, ihr Körper und auch ihr Geist kämpfte verbittert, um einen letzten Hauch Leben zurück in ihre Gliedmaßen zu bringen.
"Oh mein Gott, sie ist wach, Professor, ihre Augen sind geöffnet.", ertönte eine erleichterte Stimme hinter ihr.
Als sie sich an das helle Licht gewöhnt hatte, stellte sie fest, dass sie sich wohl in Professor Dumbledores Büro befinden musste, wenn auch direkt auf dem kalten Teppichboden. Und der Professor selbst trat in ihr Blickfeld, welches heute um Einiges eingeschränkt war. Selbst wenn es noch so unerklärlich schien, aber sie hatte das Gefühl, als ob ihre Lungen langsam die Kräfte ausgehen würden, als ob ihr Körper um jeden verbleibenden Atemzug kämpfen würde. Sie wollte sich aufrichten, aber es klappte nicht. Sie bewegte sich keinen Millimeter. Wenn es doch nicht so bitterkalt wäre! Dumbledore kniete sich vor ihr, schloss die Augen und hielt seine erhobene Hand auf ihren Körper. Nach einigen Momenten erhob er sich erneut und wandte sich an die Person hinter ihr.
"Wir dürfen keine weitere Sekunde verlieren. Ich werde sie wohl oder übel mitnehmen müssen.", sagte er ernst und griff nach einem alten Hut, welcher kürz türkisblau aufleuchtete, bevor er erneut auf den Boden schwebte. Hinter ihr hörte sie eine Person erregt atmen. Diese beugte sich über sie und Hermine erkannte den äußerst mitgenommenen Harry. Er sah wirklich übelst aus. Sein rechtes Auge war leicht bläulich unterlegt, an der Nase hing getrocknetes Blut und seine Lippen waren aufgeplatzt. Hermine war überrascht darüber, wenn auch nicht besorgt. Nein, sie fühlte im Moment nur die Eiseskälte, die sie langsam zu umschlingen drohte. Gibt es hier denn keine Decke?, wollte sie fragen, aber ihre Lippen bewegten sie sich nicht. Eigenartiges Gefühl war das. Kalt, aber befriedigt. Keine Sorgen, keine Trauer, keine Freude, nichts. Wieso also wach bleiben? Und bevor sie sich versehen konnte, schloss sie langsam ihre Augen.
"NEIN!!", brüllte Harry verzweifelt. "Mach deine Augen auf! Um Gottes Willen, mach sie auf!"
Hätte es ihr Körper mitgemacht, hätte sie laut aufgeatmet. Konnte er sie denn nicht in Ruhe lassen? Sie war doch so müde. So unendlich müde.
"Lass die Augen auf, Hermine.", hörte sie eine ruhige Stimme sagen. Es war Professor Dumbledore, der sprach. Hermine öffnete sie erneut, ihr gefiel es nicht, dass die Beiden sie am Schlafen hinderten, wenngleich sie auch nicht verärgert war. Sie wollte doch nur ein wenig schlafen. Nur ein wenig schlafen.
"Ich komme mit, Professor:", sagte Harry bestimmt. Dumbledore schüttelte den Kopf.
"Das ist zu gefährlich Harry, ich kann das nicht zulassen."
"Mir egal!", blaffte er. "Ich lasse sie jetzt nicht allein."
Dumbledore seufzte als Antwort. "Wir haben keine Zeit, Harry. Wenn du mitkommst hindere sie auf jeden Fall vor dem Einschlafen, hörst du? Sie darf auf gar keinen Fall einschlafen."
Hermine sah Harry leicht nicken. Dumbledore trat näher und hob sanft ihre Hand. Es schmerzte. Es schmerzte sehr. Am liebsten hätte sie geschrien, aber noch immer war ihr Körper völlig gefühllos, kalt und seltsam gleichgültig. Ihr Hand berührte den Hut, doch sie fühlte es nicht.
"Bereit? 1..2..3."
Mit diesen Worten griffen die Beiden zu und verschwanden mit ihr in einem Wirbelsturm von Farben und Klängen.
Normalerweiße hätte sie einen furchtbar harten Aufprall erwartet, welcher ihr wie immer die restliche Luft aus den Lungen saugte, aber dieses Mal landete sie weich und geschmeidig auf einer grauen Decke. Ihr war es gleich. Wenn sie doch nur nicht so müde wäre. Es war ihr im Moment alles zu anstrengend. Sie wollte doch nur eine wenig die Augen schließen. Sie glaubte, ihr Körper habe jegliche Kraft verlassen. Sie glaubte, bei jeder Bewegung, dies sie versuchte zu vollbringen, starb ihr Körper innerlich an dieser fürchterlichen Anstrengung.
Hier an diesem Ort war es dunkler, als es zuvor in Dumbledores Büro gewesen war und noch kälter als sie sich es jemals hätte vorstellen können. Die ganze Atmosphäre hatte etwas Bedrohliches, normalerweiße hätte sie sich gefürchtet, aber im Moment hatte sei nur mit der Gleichgültigkeit zu kämpfen, die sie von allen Seiten aufzufressen versuchte.. Die Waldlichtung war umrandet durch riesige, fast lichtundurchlässige Bäume und in der Ferne konnte man mit guten Augen eine einsame Hütte auf einem Hügel in diesem riesigen, bedrohlichen Wald erkennen. In einem Radius von circa 3 Metern entstand wie aus dem Nichts eine glitzernde und dabei völlig klare Halbkugel, welche sie und Harry einschloss. Hermine war es egal. Nur die Kälte zerrte an ihrem Verstand, falls sie überhaupt noch etwas dergleichen besitzte. Harry keuchte. Da sie auf dem Rücken lag und außer ihren Lidern nicht bewegen könnte, sah sie größtenteils den sternenübersähten Himmel. War es denn schon Nacht? Harry schien irgendetwas zu stören. Er fiel schwer atmend zu Boden und presste mit beiden Händen auf seine Narbe. Pech für ihn. Hermine fühlte sich wohl. Kalt und frei.
Angestrengt robbte er auf den Knien zu seiner Freundin, hob ihren Kopf und legte ihn behutsam auf seinen Schoß. Hermine tat seine Berührung ziemlich weh und trotzdem störte es sie nicht. Nun konnte sie sehen, was um sie herum passierte. Doch sie waren allein. Nur die Kugel, in welcher sie sich befanden, war das einzig Ungewöhnliche. Das Atmen fiel ihr schwerer, viel schwerer, sie musste ihre letzte Kraft aufwenden, um überhaupt ein wenig Luft in ihre Lungen zu pumpen und die Müdigkeit versuchte sie Schritt für Schritt zu übermannen. Harry keuchte erneut laut auf und versuchte seine pochende Narbe zu überdecken. Diese leuchtete in einem giftig wirkenden Grün, fast wie eine Neonlampe. Hermine wollte lachen, bis ihr auffiel, dass ihr Körper ja noch taub war. Zudem brauchte sie ihre Kräfte um ihre Atmung intakt zu halten. Es wurde immer schwerer. Harry schrie und wand sich in seinen Schmerzen. Wieso konnte er nicht ruhig sitzenbleiben? Es schmerzte, wenn er sich bewegte. Und dann hörte es auf. Nach Luft schnappend ließ er seine Hände sinken. Hermine dankte ihm dafür, vielleicht konnte sie jetzt ein wenig schlafen. Genau in diesem Moment erschien Dumbledore mit erhobenen Zauberstab außerhalb der Halbkugel. Er beachtete sie nicht, sondern suchte mit schnellen Augen die Umgebung ab. Er schien nervös zu sein, selten hatte sie ihn so erlebt. Doch trotz ihrer mangelnden Geistesgegenwärte spürte sie diese riesige Stärke und Autorität dieses Mannes, welcher sich ständig drehte, um sich einen Überlick zu der momentanen Situation zu machen. Aber was war denn hier so ungewöhnlich? Es war nur sehr kalt, und die Müdigkeit wurde starker und stärker.
"Auf ein erneutes Wiedersehen, Dumbledore." rief eine äußerst kalte und hohe Stimme durch die Bäume. "Es ist doch immer wieder etwas Neues."
"Zeig dich, Tom. Du wirst dich doch von einem alten Greis wie mir nicht verstecken müssen.", entgegnete er beruhigt. Er schien auf solch eine Reaktion gewartet zu haben. Die Nervösität schwand und zurück blieb seine pure Gelassenheit. Ein schrilles Lachen hallte durch die Bäume. Daraufhin folgte Stille. Totenstille. Nur Hermine konnte ihr eigenes Atmen in dieser klaren Kugel wiederhallen hören. Die Lichtung war riesig. Und sie waren mittendrin.
Plötzlich begann ein scheinbar sehr starker Wind, welcher sie mit Sicherheit von den Füßen gerissen hätte, wenn sie sich nicht in dieser Kugel befanden hätten. Dumbledore jedoch blieb fest auf den Boden und beobachtete, wie sich der Wind 20 Meter von ihm weg bündelte. Doch auch wie einem Orkan begann sich der Wind zu einer Spirale zu drehen und wurde zusehnds dichter. Mit dem Getöse eines startenden Hubschraubers erschien Voldemort in dessen Mitte.
Totenbleich, die Hände glichen weiße Spinnen. Ausgemerkelt. Doch auch wenn er seinen Körper mit einem dunklen Mantel und sein Gesicht mit der Kapuze verhüllt hatte, konnte man das Grauen, welches er zu überdecken versuchte, nicht mal mit geschlossenen Augen übersehen.
"Derselbige. Selbst solch einen brisanten Auftritt bin ich nicht von dir gewöhnt, Tom." begann Dumbledore, der seine Erscheinung wohl nicht im Mindesten beeindruckend fand. Voldemort zog lachend seinen Zauberstab und zeigte auf einen der Bäume. Dieser erwachte zum Leben und fing an sein Geäst in unregelmäßigen Abständen auf Dumbledore fallen zu lassen, der ihnen von nun an ausweichen musste. Er reagierte jedoch schnell, ließ die das schwere Holz auf halben Weg erstarren und schleuderte es gegen sein Gegenüber. Voldemort verschwand und tauchte ein paar Meter hinter ihm wieder auf.
"Es ist ohne Frage dumm von dir, Potter, welchen ich schon so lange ersehne, mit der einen Spenderin heute hierher zu bringen." fauchte Voldemort. "Aber es ist gut für mich. Nun kann ich mein Werk vollenden und sogar Potter gleichzeitg töten. Du hättest es mir nicht einfacher machen können, Dumbledore, denn du wirst genauso tot sein!" Voldemort begann einen weiteren Todesfluch auf ihn abzufeuern, welcher er jedoch durch ein bläulich schimmerndes Schild abwehren konnte.
"Nicht doch, Tom. Gib mir was ich brauche und ich werde sofort dein nettes Anwesen verlassen.", erwiderte Dumbledore und beschwor goldglänzende Seile hervor, die sich wie gefräßige Schlangen um seinen Körper schlangen. Einen Augenblick lang regte er sich nicht, bis durch eine scheinbar innere Kraft, die Seile explodierten und wie Pfeile auf Dumbledore zurasten. Dieser machte eine weitläufige Bewegung mit dem Zauberstab, um sie verschwinden zu lassen.
"Du wirst sie nicht bekommen, Dumbledore. Dafür wirst du mich töten müssen. Aber nein, du darfst mich nicht töten. Du müsstest ihn opfern, nicht wahr? Du hast es ihm noch nicht gesagt? Oh ja, die Prophezeiung wird sich erfüllen, noch heute Nacht.. du hast wie es kommt verloren, Dumbledore. Selbst wenn du mich tötest, ist auch er gestorben."
Diesen Sachverhalt schien ihn zu belustigen, er versuchte ein Lachen, welches nur nach einem lautem Zischen klang. "Sieh es ein, du hast verloren, Dumbledore, du kannst nicht gegen den mächtigsten Zauberer der Welt gewinnen."
"Das ist vollkommen falsch." sagte Dumbledore nicht im Mindesten beunruhigt. "Dein Hochmut ist bis heute unverbesserlich naiv."
Doch dann hob Voldemort erneut seinen Zauberstab, aber er wollte keinen neuen Fluch abfeuern, denn er hob ihn gegen sich selbst. Dumbledores Augen weiteten sich. Er öffnete den Mund, zu entsetzt, um irgendetwas zu sagen, doch Voldemort ignorierte ihn.
"Crucio.", fauchte er gedämpft.
Hermine traf es wie ein Schlag, denn von nun an hörte sie nichts mehr, sie konnte nichts mehr sehen, nicht mal Harrys Schmerzenschreie erhörte sie in ihrem dämmernden Zustand.
Sie fühlte keinen Schmerz mehr, denn von nun an war sie tot.
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Nein nein nein nein nein
ihr braucht euch keinen Strick drehen, sie ist noch nicht endgültig tot. Dazu sind noch viel zu viele Fragen offen, oder nicht?
Reviewt fleissig, dann beeil ich mich mit dem nächsten Kapitel (welches höchstwarscheinlich länger als dieses werden wird).
Liebe Grüße
Mariah
