Epilog

Meine Eltern waren am Kiosk. Ich habe sie angewiesen Schokolade mitzubringen, Vollmilch wenn möglich. Schokolade! In dieser Hitze!

Mir war ziemlich langweilig, gewiss, die Ferien waren äußerst erholsam, jetzt wo doch das letzte halbe Jahr so viel passiert ist. Trotzdem war mir langweilig, wie immer wenn ich nichts zu Denken hatte. Die langen dunkelblauen Bänke im Check-in Bereich quietschten, sobald man sich mit dem durchgeschwitzten Sommerkleid darauf niederlassen wollte. Der Boden war, wie es sich für Flughäfen gehört, spiegelglatt poliert.

Ich fühlte mich unwohl in dieser Hitze, die kubanische Regierung (falls es eine gibt) schien an alles gedacht zu haben, als sie diesen Flughafen erbauten, nur die vermaldeite Klimaanlage konnte man ja so einfach vergessen. Die Menschen hier schienen sowieso nie zu schwitzen, alle waren immer gut drauf, lachten, waren freundlich und taten den ganzen Tag nichts. Vor allem nicht schwitzen. Ich bin es gewohnt, still auf meinem Stuhl sitzen zu bleiben, was hier unmöglich schien, denn wenn ich nur zwei Minuten innehalte, ist der Stoff meines Kleides sofort an die Lehne der blauen Lederbank geklebt. Ich finde so etwas eklich, ich fühle mich in solch einer unumstößlichen Hitze wie eine Kranke.

Der Urlaub hatte mir gefallen, ich hatte Zeit, unendlich viel Zeit zum Nachdenken, ja, ich dachte viel, über Harry, Draco, Ron und Voldemort. Über Harry am Meisten. Er hatte mir während der ganzen Ferien nur einen einzigen Brief geschrieben, was mir gefiel, denn dadurch musste ich nicht meine ganze Zeit in Gedanken an ihn verbringen und es zeigte sich, dass er weiterhin bei Lupin Unterricht nimmt.

Ich liebe diesen Mann, wie er geht, spricht, am Türrahmen lehnt, an den Haaren rumzupft, Quidditsch spielt und lacht. Er ist einfach zu göttlich. Habe ich das gerade gesagt? Ich glaube, ich werde ihn heiraten. Auch wenn ich ihn unreif und manchmal ein bisschen wehleidig empfinde. Tja, ein baldiges Wiedersehen kann ich vergessen, denn der Flieger hat eine halbe Stunde Verspätung. Und es wird immer heißer. Langsam nervt es echt.

Meine Eltern kommen vom Kiosk zurück und drücken mir eine Riesentafel Milkaschokolade in die Hand.

"Gibts die nicht auch in handelsüblicher Größe?", fragte ich unwirsch anstatt mich zu bedanken.

"Im Duty-free Shop gibts nur die Großen.", antwortete mein Vater, ohne auf meine Patzigkeit einzugehen.

Er muss sich dran gewöhnt haben, ich kann mir vorstellen, jeden Morgen patzig gewesen zu sein, denn ich hasse die triefende Hitze nun mal. Alles klebt. Eklich. Nur die wunderschöne Abende genieße ich hier in Kuba, nur deswegen begleitete ich sie. Der Sonnenauf- und untergang ist hier so herrlich, das sich extra früher aufgestanden bin, um den Aufgang noch mitzuerleben. Ich liebe Kuba und ihre Menschen, nur deswegen bin ich hier. Die Feste und der Salsa sind die Gründe, weswegen jeder Morgen hier eine Neuentdeckung der Lebensfreude darstellt. Ich liebe dieses Land, wenn die Menschen nicht so arm wären und es nicht so unerträglich heiß wär .Wenn ich mir vorstelle, dass die Anderen zuhause sind und frieren. Weihnachten im Sommer gefiel mir immer besser.

Vielleicht sollte ich oder durfte ich gar nicht so ausgelassen sein, mich über das Wetter reden und mir anderen Männern flirten. Ich wusste die letzten zwei Wochen nie wie ich mich verhalten sollte. Ich schleppte immer die Angst mit mir rum, Dracos Andenken mit meinem Verhalten zu schädigen, wenn ich nicht trauere und Spaß habe. Natürlich war es noch nicht wie früher, ich vermisse ihn selbstverständlich, er fehlt mir doch. Sicherlich hatte er viele Fehler, aber welcher Mensch hat die nicht? Oder sehe ich das zu blauäugig? Bin ich gewissermaßen schon unwürdig so etwas zu denken?Wie gesagt, ich weiß es nicht. Ich bin noch traurig darüber, aber mein Leben geht weiter.

Ich hatte meine Haare hochgesteckt, damit mein Nacken frei blieb. Aber meine dicken Haare sind in dieser Hitze nur eine Qual. Auch wenn die jungen Kubaner mir ständig Komplimente über sie machten, wäre ich doch lieber blond. Ich weiß auch nicht wieso.

Meine Mutter hatte sich gesetzt und holte einen Schminkspiegel aus ihrer Tasche, um langsam ihren dunklen Lippenstift nachzuziehen. Meine Lippen. Hier in Kuba habe ich komplett auf das dunkle Make-up verzichtet, es passt einfach nicht hierher in den sonnigen Süden. Sobald ich im Flugzeug sitze, greife ich wieder zum Kajalstift und male meine Lippen in der dunkelroten Farbe meiner Mutter. Sie ist stolz auf mich, sagt sie immer. Ich würde sie an sich selbst erinnern. Es freut mich immer und erfüllt mich auch mit Stolz, meine Mutter beeindrucken zu können, denn sie ist ein sehr kritischer Mensch. Und wunderschön. Sicher ist sie schon über 40, aber es gibt immer noch genügend Männer, die sich den Kopf nach ihr verdrehen und das ist sie sich auch bewusst. Sie achtet sehr auf sich, ihren Körper sieht sie als Aufgabe, denn sie durch ihren unermüdlichen Ehrgeiz in Form hält. Würde ich sie nicht kennen, käme ich nie auf die Idee, dass sie eine Zahnärztin ist. Eher eine Geschäftsfrau oder so.

"Your attention please." Es wurde bekannt gegeben, wann unser Flug nun fliegen wird.

"2 Stunden noch? Das kann ja heiter werden. Ich zerfließe nun gleich in dieser Hitze.", gab meine Mutter zum Besten.

"Schatz, entspann dich, denk daran, in ein paar Stunden frieren wir schon wieder.", beschwichtigte sie mein Vater.

Ich seufzte genervt und durchwühle meine kleine Tasche nach Zigaretten. Ich habe in diesem Sommer das Rauchen angefangen, hier in Kuba. Du kannst prinzipiell nicht anders, hier rauchen einfach alle und dann nicht nur Tabak. Wenn ich ehrlich bin, hat mich Draco auf den Geschmack gebracht. Ich weiß es ist ungesund, es macht mir einfach Spaß. Meine Eltern sind voll dagegen, aber da ich nach dem Gesetz darf, kann mich niemand davon abhalten.

Als ich meine Selbstgestopften gefunden habe, möchte ich auf das Deck, um die Aussicht zu genießen (Obwohl drinnen das Rauchen sowiso strengstens untersagt ist). Meine Mutter wirft mir noch ein bösen Blick zu, doch bevor sie zum Sprechen ansetzen konnte, war ich schon verschwunden.

Draußen war es, falls es möglich war, noch heißer. Das gepflasterte Deck lag direkt im Schatten und trotzdem war es einfach zu heiß, um sich bewegen zu können. Es war nur noch ein anderes Pärchen anwesend, sonst war ich alleine. In der Ferne sah ich durch die Hitze nur ganz verschwommen die startenden Flugzeuge und den Tower. Und viel grün. Es war einfach schön hier.

Ich entzündete meine Zigarette mit dem Feuerzeug, zaubern ist mir schließlich noch immer außerhalb der Schule verboten. Sofort fühle ich mich besser, der Gedanke an Hogwarts beflügelte mich ein wenig, auch wenn ich während der Ferien nicht viel Zeit fürs Lernen und die Vorbereitung für Apparieren aufgebracht habe. Ich freue mich darauf.

"Ich wusste gar nicht, dass du jetzt rauchst.", sagte eine Stimme hinter mir.

Ich hatte mich verhört. Niemals. Verständlich bei dieser Hitze.

"Du weißt, dass es unhöflich ist, seinen Gesprächspartner während der Konversation nicht anzusehen?"

DAS konnte nicht wahr sein, aber leugnen konnte ich es ebenfalls nicht. Langsam drehte ich mich um. Und dann sah ich ihn direkt vor mir stehen, mit seinen platinblonden Haaren und einer Zigarette in der rechten Hand.

"Draco...", mehr konnte ich einfach nicht sagen.

"Wahrhaftig.", war seine schlichte Antwort.

Was ist denn hier los? Benebelt der Rauch und die Hitze schon meine Sinne?

"Du lebst?"

"Siehst du doch.", erwiderte er augenrollend.

"Das ist doch nicht möglich" Ich war wie weggetreten. Alle schreien sie, er sei tot! Dumbledore hatte es mir gesagt! Es gab extra eine Trauerfeier! Wieso lebte er denn jetzt?

"Du bist doch tot! Draco du bist tot! Alle denken du bist schon tot!", rief ich wie von Sinnen.

"So? Ich komm mir sehr lebendig vor. Auch wenn mich diese Muggelgesellschaft ganz schön ankotzt." Draco drehte sich ein wenig zur Seite, um abwertend das Pärchen zu beobachten. Was kümmert es mich.

"Oh Draco..", sagte ich schluchzend und umarmte ihn. Er war wohl ziemlich perplex von meiner Handlung, wusste erst nicht wie zu reagieren, bis er dann vorsichtig meinen Kopf tätschelte.

"Ähm, ist ja gut, ich lebe doch.", begann er ein wenig hilflos. Sachte löste ich mich von ihm.

"Erzähl, warum lebst du? Oder warum denken alle, du bist tot?"

"Lange Geschichte.", erwiderte er kurzangebunden, bevor einen letzten Zug nahm und die Kippe über das Geländer schnippte.

"Ich habe Zeit.", sagte ich und tat es ihm nach."Mein Flieger kommt erst irgendwann."

Draco zuckte mit den Schultern. "Ich weiß nicht."

"Wieso nicht?"

"Ich weiß nicht, ob ich dir das alles einfach so erzählen kann.", antwortete er mir ein wenig unsicher. Die Hitze schien auch ihm ziemlich nahe zu gehen, er sah schwächlich aus, nicht so kalt, korrekt und beherrscht wir früher. Ich konnte es noch gar nicht glauben. Draco Malfoy lebte. Ich fühlte mich wunderbar lehnte mich an das Geländer und musterte ihn sorgfältig.

"Sicher kannst du mir es sagen, wem sollte ich es den sonst erzählen?", fragte ich beiläufig.

"Deinen tollen Freunden vielleicht? Deinen Eltern? Deinen Lehrern?"

"Unseren Lehrern.", korrigierte ich ihn.

Draco schüttelte sein perfektes Haupt. "Deine Lehrer."

Kritisch zog ich die Augenbrauen zusammen und sagte: "Du kommst nicht mehr? So kurz vor den UTZs? Bist du denn wahnsinnig?"

Draco winkte ab. "Ich weiß selbst, dass ich diesen simplen Prüfungen gewachsen wäre. Dieser ganze Rotz ist doch pure Zeitverschwendung, ich kanns sowieso und zurück kann ich auch nicht. Hast du vergessen, dass alle glauben, dass ich vielleicht tot bin?", bemerkte er und lehnte sich an die Steinwand.

"Arrogant wie immer.", sagte ich halblaut. "Und? Dann kommst du halt wieder, haben sie sich eben geirrt."

"Ich kann nicht." Draco steckte seine Hände in die Hosentaschen und wartete auf eine Reaktion.

"Warum nicht?", fragte ich dann doch.

"Musst du alles wissen?"
"Oh ja!", empörte ich mich. Wenn er mich jetzt noch ansehen würde, könnte das Gespräch ja vielleicht noch gut werden, aber er ignoriete mich bestimmt länger als zwei Minuten. Wie ich solch ein Verhalten hasste! Konnten die Männer nicht ein einziges Mal ihren Mann stehen?

"Ich dachte, wir wären Freunde.", begann ich unsicher und war diesmal diejenige, wo den Blick des Anderen zu meiden versuchte.

"Freunde?", erwiderte er belustigt. "Verstehst du unter Freundschaft mich einem Verhör zu unterziehen?"
"Unter Freundschaft verstehe ich Vertrauen!", rief ich und fuchtelte mit den Händen. "Wieso kannst du das nicht?"
"Ich vertraue nicht.", antwortete er schlicht.

"Ach ja? Sag mir bist du mein Freund oder nicht?" Ich wurde immer lauter, wie immer, wenn das Gespräch sich nicht in meine Richtung bewegte. Mein Nacken war schon ganz feucht von der Hitze.

"Ich hatte einen anstrengenden Tag. Können wir nicht ein wenig Smalltalk betreiben, sowie es gebildete Menschen zu tun pflegen?", sagte er in seinem kühlen Desinteresse. Wie unpassend in dieser Hitze.

"Smalltalk betreiben bloß Snobs und Menschen, die sich nicht kennen, aber wir kennen uns Draco, also vertrau mir oder lass es bleiben, dann könnten wir uns nämlich dieses Affentheater sparen!"

"Gut, dann nicht.", entgegnete er.

WAS, dachte ich mir.

"Ich bin dir also komplett egal?"

Draco sah mich seit langer Zeit wieder an. Auch wenn er wie wir alle durchgeschwitzt bis auf die Haut waren, hatten seine Augen noch immer dieses stechend kalte Blau um die Pupille, die ihm ein wenig Kälte und Abstand verliehen.

"Nein."

Stille. In der Ferne hörte man die startenden Maschinen. Das Pärchen war schon lange wieder nach innen gegangen. Wir waren allein.

"Sondern?"

Keine Antwort. Draco schien zu überlegen. Es bildeten sich Fältchen zwischen den Augenbrauen. Nach einer Weile holte er tief stickige Luft.

"Nicht hier. Ich erzähls dir woanders."

"Wo?", wollte ich wissen und war wieder voll bei der Sache.

"Im Gebäude. Nicht hier draußen.", sagte er unschlüssig und blickte sich wachsam um. Ich hob die Augenbrauen. Man konnte es auch übertreiben.

"Soll ich dich meinen Eltern vorstellen?", fragte ich mehr ironisch als ernst.

Er deutete ein Lächeln an. "Warum nicht?"

Ich lachte. Ich weiß auch nicht wieso, ich tat es einfach. Warscheinlich war mir so wohl ums Herz, dass Draco noch lebte, so dass ich allein sein gezwungenes Lächeln komisch fand. Es sah wirklich albern aus in dieser Hitze.

Zusammen betraten wir das helle und glänzend reine Flughafengebäude. Es war so unwarscheinlich heiß wie vorher. Langsam, um niemand auf die Füße zu treten, schlichen wir uns durch die Reihen und die Menge. Die äußere Wand des Gebäudes war wie bei jedem Flughafen verglast, und genau am Ende einer Plastiksitzreihe sassen meine Eltern. Mein Vater las die New York Times. Meine Mutter hingegen stand am Fenster und beobachtete das Treiben.

"Hey, darf ich euch einen Schulfreund vorstellen?", begann ich, um die Aufmerksamkeit der beiden zu erlangen. Meine Mutter drehte ich langsam um und steckte sich ihre schwarze Sonnenbrille ins Haar, welche sie zuvor in der Hand baumeln ließ. Als sie den hübschen Draco erkannte, lächelte sie erfreut. Mir kam es vor, als wäre sie sogar ein wenig von seiner makellosen Erscheinung beeindruckt, jedenfalls warf sie mir einen solchen Blick zu.

"Mama, das ist Draco Malfoy, er ist auch in meinem Jahrgang.", sagte ich und Draco reichte meiner Mutter artig die Hand. "Es freut mich sehr sie kennenzulernen Mrs.Granger.", begrüßte er sie mit einem perfekt gespieltem Lächeln. Ich wusste, dass es ihm unangenehm war, meinen Eltern mit solch einem Respekt unter die Augen zu treten. Pech für ihn. Aber er ist lernfähig.

"Ganz meinerseits.", antwortete meine Mutter und warf mir erneut einen höchst erfreuten Blick zu.

"Der Draco Malfoy?", fragte mein Vater und begrüßte ihn ebenfalls. "Der Neffe von Rodolphus Lestrange?"

"Ja, sir. Sind sie sich bekannt?"

Mein Vater grinste falsch."Er ist mein Cousin. Ich mochte ihn nie besonders, er war ein Todesser undhat mich denen zum Verhör ausgeliefert."

"Tatsächlich.", sagte Draco zähneknirschend und wandte sich hilfesuchend an mich. Ich warf ihm einen strengem Blick zu.

"Ähh, ich meine,..", begann Draco."Das tut mir leid, sir.", sagte er so aufrichtig wie möglich.

"Wir müssen noch etwas bereden.", sagte ich knapp und packte ihn ziemlich grob am Arm, um ihn außer Hörweite von meinen Eltern zu bringen. Diese warfen sich ein paar verstörte Blicke zu.

"Du bist pervers.", sagte ich beleidigt, als wir uns auf ein paar eklichen Platiksesseln niederließen.

"Was ist denn jetzt schon wieder?"

"Tu doch wenigstens so, als ob sie dir leid tun würden und fang nun endlich einmal an, Muggel als vollwertige Menschen zu betrachten.", erwiderte ich augenrollend.

Draco zuckte mit den Schultern. Eigentlich ist er ein furchtbarer Kerl. Seine Erziehung ist und bleibt für den Arsch. Er sagte nichts mehr.

"Erzählst du mr jetzt was los ist?"

"Willst du das wirklich wissen?", sagte er prompt.

Ich nickte.

Draco lächelte überlegend, wie immer, wenn er sich wie jemand aüßerst Starkes fühlte oder er eine Schwäche überspielen sollte. Ich fragte mich, was diesmal wohl zustimmen würde.

"Na gut.", sagte Draco und schaute an die Decke.