Nachdem sei eine weitere Stunde durch den verbotenen Wald gewandert waren, fanden sie das unscheinbare Kraut mit den hellblauen Blättern, deren Ränder rosa zwischen dem dunklen Grass aufblitzten. „Ich bin ja so was von gut." meinte Arina. Sie stemmte ihre Hände in die Hüften und sah selbstgefällig auf die Pflanze herab „Aber natürlich. Ich werde dich für den Nobelpreis für das „Wiederfinden von verschollenen Pflanzen" vorschlagen." meinte Baltasar. „Du kannst ja so was von gemein sein." meinte sie schmollend. Sie stellte den Rucksack auf den feuchten Waldboden. „Du solltest aufpassen, wo du ihn hin stellst. Wer weiß, welches Tier hier schon vor uns war." „Du bist widerlich, Baltasar." Sie fing an in dem Sack herum zukramen. „Wenn du Ordnung halten würdest, würdest du deine Sachen schneller finden." meinte der Kater. Er hatte sich auf einer großen Wurzeln gegenüber der Hexe nieder gelassen. „Und wenn du die Finger von meinen Sachen lassen würdest, wärst du jetzt keine Katze." Baltasar schwieg. Arina seufzte. „Wenn ich ein Tagebuch führen würde, hättest du es sicherlich schon verschlungen." murmelte sie. Sie holte ihre Notizen und den seltsamen kleinen Beutel hervor. Sie betrachtete das Gekritzel auf den Blättern. „Ich kann deine Schrift nicht lesen." meinte Baltasar. Arina sah auf. „Was?" „Ich kann deine Schrift nicht lesen. Somit kann ich auch nicht dein Tagebuch lesen." Arina lächelt. „Das ist gut zu wissen." meinte sie. Die Hexe öffnete den Beuteln und gab eine Blüte der Pflanze hinein. Ein Zischen war zu hören. „Soll das so klingen?" fragte Baltasar skeptisch nach. „Keine Ahnung. Ist das erste Mal, dass ich so was mache. Aber in den Filmen zischt es immer." „Aber Filme sind nicht real." „Woher willst du das wissen?"
„Arina, hör auf zu träumen! Filme sind nicht real und jetzt widme dich wieder dem Beutel. Am Ende kommt da noch was raus, was besser drin geblieben wäre." „´ne Maus?" „Sehr witzig." Arina lächelte und blickte auf den Beutel. Blau-graue Schaden stiegen aus ihm heraus." Sie hüllten den Kater ein. In seinen grünen Augen erschien ein Funken Angst. „Weißt du auch wirklich, was du tust?" fragt er ängstlich. „Findest du nicht, dass es zu spät ist zu zweifeln?" Baltasar schluckte und schloss seine Augen. „Wenn ich sterbe, werde ich dich als Geist heimsuchen!" meinte er. Arinas Lachen drang an sein Gehör. Dann hörte er sie einen Zauberspruch sprechen: „Was gewesen sei vorbei. Nun gebe ich dich aus meinem Zauber frei." Stille. Der strenge Geruch der Kräuter hing schwer in der Luft. „Baltasar?" „Ja?" „Lebst du noch?" „Ich glaube schon." „Bist du nackt?" „Warum sollte ich nackt sein?" „Weil die Leute in den Filmen meistens nackt sind, wenn sie zurück verwandelt sind." „Ich fühle keinen kühlen Lufthauch, wenn du das meinst." „Bist du ein Mensch?" „Ich weiß es nicht. Sag du es mir?" „Ich kann nicht. Ich hab die Augen zu." „Dann mach sie auf." „Mach du sie doch auf." „Warum ich?" „Willst du, dass ich dich nackt sehe?" „Nein." „Dann mach die Augen auf und sag mir, ob es funktioniert hat oder nicht."
Baltasar öffnete die Augen. Er blickte an sich herab. Er war wieder ein Mensch! „Arina, es hat funktioniert." meinte er. „Bist du nackt?" „Nee." Nun öffnete auch Arina ihre Augen und sah ihren Freund an. Allerdings machte sie es professioneller als Baltasar. Zuerst öffnete sie das rechte und dann das linke Auge. Ein Freudenschrei löste sich aus ihrer Kehle. Sie ließ den Beutel fallen und schlang die Arme um Baltasars Hals. „Du bist ein Mensch! Ich habe es geschafft! Und du bist nicht nackt!" „Aber so gut wie?" meinte Baltasar als Arina sich von ihm gelöst hatte und er seine Kleidung betrachten konnte. Er trug noch immer seine Schuluniform. Sie war zerrissen und etwas zu klein. Was ihm jedoch am meisten verwunderte, war die Tatsache, dass er genau wie Laura und Arina in dem Körper eines Zwanzigjährigen steckte.
„Arina." „Ja." „Riechst du das auch?" fragte er seine Freundin. Die junge Hexe zog geräuschvoll die Luft ein. „Riecht komisch. Meinst du es hat sich irgendjemand nicht beherrschen können?" „Ne. Ich bezweifle, dass das so was ist." „Was kann es denn dann sein." „Keine Ahnung. Du bist die Superhexe, nicht ich." „Dein Sarkasmus ist nicht angebracht." Arinas Blick schweifte über den Beutel. „Ups." meinte sie. „Wieso ups?" fragte Baltasar. Seine Augen folgten den ihren. „Ups." meinte nun auch er, als er erkannte, was Arina meinte. Aus dem Beutel stiegen rote Funken hervor. Diese vereinigten sich zu einem großen Monster. „Erinnert dich das auch an den Balrog aus „Der Herr der Ringe" ?" fragte Arina Baltasar. „Ich hab das Buch nie gelesen." „Schade. Solltest du." „Was haben die im Buch gemacht?" „Sie sind gelaufen." „Klingt vernünftig. Sollten wir auch tun." „Ja. Sollten wir." Sie wandten sich um und liefen weg. Das Monster brüllte. Die Bäume in der näheren Umgebung der Kreatur verbrannten.
„Wo laufen wir hin!" fragte Baltasar seine Freundin. „Wir müssen zum See!" Baltasar kam nicht mehr dazu sein Zweifel an dem Plan der Hexe zu äußern, da er zu sehr damit beschäftigt war, erstens Arina im Auge zu behalten und zweitens durch die Äste des Gebüsches zu brechen. Ihm kam es wie eine Ewigkeit vor, bis er das Ende des Waldes erblickte. Die ganze Zeit über spürte er die Hitze des Monsters auf seinem Rücken. Arina brach durch das Gebüsch am Waldrand. Sie sah sich kurz um. Baltasar war dicht hinter ihr. Sie rannte auf den See, um den eine große Anzahl von Tribünen aufgebaut worden waren, zu. „Ins Wasser !" rief Arina Baltasar zu. Ohne auf dessen Antwort zu waren, nahm sie Kurs auf den See. Die Zuschauer schienen recht überrascht zu sein, als die beiden auf das Wasser zu liefen. Arina achtete nicht darauf. Auch von Harry, der gerade aus dem See kam, nahm sie keine Notiz. Sie lief zwei Schritte ins Wasser zu. Dann blieb sie stehen und wandte sie sich um. Baltasar stand neben ihr. Als er jedoch die Umrisse des Balrogs sah, wechselte er seine Position und versteckte sich hinter Arina.
