Tagelang marschierte die Gemeinschaft des Ringes durch die dunklen Gänge Morias, die einst vor langer Zeit von dem stolzen Volk der Zwerge in den Berg getrieben worden waren. Die Dunkelheit und auch das Versagen des Zeitgefühles trugen zu der allgemein drückenden Spannung zwischen den Gefährten bei. Sogar das sonnige Gemüt der beiden Sina-Schwestern war getrübt. Und dann geschah das, was Saraviera die ganze Zeit befürchtet hatte. Gandalf wüsste den Weg nicht mehr. „Warum gibst du nicht einfach zu, dass du langsam alt wirst?"seufzte die weiße Magierin. Sie stand neben dem Zauberer vor einer Verzweigung. „Weil das heißen würde, dass ich dir recht gebe." „Männer sind so stur."Gandalf lächelte. „Meine Liebe, ich hoffe dir ist klar, dass, wenn ich zu gebe, dass ich alt werde, es nicht gerade ein Kompliment für dich wäre."„Und wie soll ich das jetzt wieder verstehen?"„Du bist doch genauso alt wie ich. Oder irre ich mich da?"„Ja das tust du!"fuhr Saraviera ihn an. Dann verschränkte sie ihre Arme vor der Brust und ließ sich auf einen Stein nieder. Schmollend meinte sie dann: „Ich bin zwei Wochen jünger als du."Gandalf zog es vor, auf die Äußerung seiner alten Freundin nichts zu erwidern. Er konnte sich ein amüsiertes Lächeln jedoch nicht verkneifen.

Nilelen ließ sich neben Legolas auf einen Felsen sinken. Sie zog ein Bein an, legte ihr Kinn auf das knie und schlang ihre Arme darum. Das andere Bein baumelte gelassen herab. „Sag mal, Legolas, wenn wir Moria verlassen, kommen wir doch in die Nähe vom Düsterwald. Oder irre ich mich da?"Der Elbe lächelte. „Es kommt darauf an, was du unter „in die Nähe"verstehst." Die gold-braunen Augen der Sillnara sahen ihn an. Ein seltsamer Blick, den der Elbe nicht zu deuten vermochte, lag in ihnen. „Ist er so in der Nähe, dass du Lust bekommen könntest dort hin zu gehen? Zurück zu deinen Freunden? Deiner Familie?"„Wer verspürt nicht den Wunsch wieder nach Hause zu gehen?"Nilelen wandte ihren Blick ab und sah die Sinas der Reihe nach an. „Diejenigen unter uns, die kein zu Hause haben. Für sie gibt es weder am Anfang noch am Ende der Reise eine Zukunft, ein Ziel, dem sie glücklich entgegen gehen könnten. Für das sie ihr Leben geben könnten."Legolas blickte sie an. Nilelen wirkte entrückt. In ihrer Stimme lag eine Trauer, die er nicht erfassen konnte. So unendlich schien sie zu sein. „Wenn du kein zu Hause hast, werde ich dir eines geben müssen."sprach er schließlich. Nilelen blickte ihn wieder an. „Zu Hause ist dort, wo dein Herz ist. Willst du meinem Herzen den Weg zu dem Ort, an dem es glücklich sein kann, zeigen?"„Ich würde es zu mindestens versuchen."Die Sillnara wandte ihren Blick ab. Ein Lächeln erhellte ihr zartes Antlitz. Ein Schein von Zufriedenheit erhellte es. Ihre Wangen röteten sich leicht. Legolas nahm diese kleine Veränderung mit einem kurzen Seitenblick auf seine verstummte Gesprächspartnerin zur Kenntnis. Ein Schmunzeln heiterte die feinen, sonst eher harten Züge des Waldelben auf.

Die anderen Gefährten saßen alles sehr stumm in vereinzelten, kleinen Gruppen. Sie sprachen nur wenig und sehr gedämpft, damit man sie nicht entdeckte. Sogar die beiden Sina-Geschwister hatten begriffen, dass es für sie besser ist zu schweigen. Auch hatte die Dunkelheit der Zwergenmine und die Traurigkeit, die einem immer zu umgeben schien, wie ein dunkler Mantel, hatte sich in ihre Herzen gefressen. Merry und Pippin hatten ebenfalls ihre Heiterkeit abgelegt. Wobei man hier bemerken muss, dass die beiden Hobbits verstimmt waren, da sie nun schon mehr Mahlzeiten als das zweite Frühstück ausfallen lassen haben müssen. Frodo saß auf einem Stein und ließ seinen Blick über den Weg unter ich schweifen, den sie gekommen waren. Seine Augen blieben unwillkürlich an etwas hängen. Zuerst dachte Frodo, es wäre nur ein Stein, doch plötzlich bemerkte er, dass siech dieses etwas bewegte und plötzlich konnte er auch die leisen, platschenden Geräusche dieses Etwas hören. Erschrocken rannte er zu Gandalf. der saß pfeifenrauchend neben Saraviera auf einen Stein vor den drei möglichen Wegen. „Da unten ist etwas."„Das ist Gollum."antwortete Gandalf ohne eine Miene zu verziehen. „Er folgte uns schon seit vier Tagen."Frodo war starr vor Entsetzten. Er begriff nicht, wie Gandalf das so kalt lassen konnte. Unsicher fragte er Gandalf: „Wie ist er den Verließen von Mordor entkommen?" „Entkommen?...Oder freigelassen."bemerkte Gandalf und sah nun endlich in die Augen des Hobbits. Frodo verstand. Er dachte an das, was Gollum schon alles getan haben sollte. „Ein Jammer, das Bilbo ihn nicht umgebracht hat als er die Gelegenheit dazu hatte!"rutschte es Frodo hasserfüllt heraus. Arahiriel blickte ihren Schützling an. Was sie dachte, konnte der Hobbit, der ihren Blick erwiderte, nicht erkennen. Dann wandte sie ihre wunderschöne blauen Augen von ihm ab und fixierten einen Punkt irgendwo in der Dunkelheit der Mine. „Ein Jammer?"Der Zauberer blickte zuerst Frodo und dann Arahiriel an. „Mitleid und Erbarmen hielten Bilbos Hand zurück." „Aber es war nicht sein Mitleid."flüsterte Saraviera. Gandalf sah Frodo an. „Viele die sterben, verdienen das Leben und viele die leben verdienen den Tod. Kannst du es ihnen geben, Frodo?"fragte Gandalf. „Wessen Mitleid hat Bilbo davon abgehalten sein Schwert zu ziehen?"fragte der junge Hobbit leise. Saraviera blickte ihn an. „Die Kräfte der Sinas mögen zwar nicht so groß sein, wie die der Sillnara, aber man sollte sie nie unterschätzen. Vor allem dann nicht, wenn sie eine Mission verfolgen, an denen ihr Herz hängt."Frodo antwortete nicht. Erneut wanderte sein Blick zu Arahiriel. Die Sina saß auf dem rauen Felsboden und lehnte mit ihrem Rücken an der Wand. Ihre Augen waren geschlossen. Sie schien zu schlafen und dennoch konnte er ab und zu den wachsamen Blick ihrer Augen unter den Lidern erblicken.

„Das ist der Weg!"Der Aufschrei des Zauberers riss die Gefährten aus ihren düsteren Gedanken. „Gandalf erinnert sich."meinte Merry. „Nein, Merriadoc. Doch im Zweifelsfall sollte man immer seiner Nase folgen und hier ist die Luft besser."„Sie könnte auch besser sein, weil wir in den Tod gehen." murmelte Saraviera. „Wir sind heute wieder optimistisch."meinte Arahiriel, die die Worte ihrer Freundin vernommen hatte."„Es kann eben nicht jeder einen kleinen Held als baldigen Ehemann haben."„Kleine Helden sind immer noch besser als alte Männer."Saraviera zog es vor nichts mehr zu erwidern. Die beiden folgten den Gefährten die Treppen in die Tiefen der Minen hinab, in denen die Luft besser sein sollte.