Die Pferde blieben stehen und der Anführer der Krieger erhob das Wort: „Was suchen ein Mensch, zwei Elben und ein Zwerg im Lande Rohan?" „Ich bin kein Elbe!" rief Nilelen entrüstet. Der Anführer beugte sich vor. „Was seit ihr denn da, My Lady?" fragte er mit einem gehässigen Lächeln auf den Lippen. „Erstens bin ich nicht eure Lady und zweitens bin ich die Letzte aus dem Volk der Sillnara. Und Sillnara sind ganz anders als Elben. Elben sind nicht so majestätisch wie wir. Sie sind verglichen mit uns plump und tollpatschig." Sie blickte zu Legolas. „War nicht persönlich gemeint." sagte sie zu ihm. Doch der Elb antwortete nicht. Der Anführer ignorierte Nilelens Bemerkung und stellte erneut seine Frage.
Dieses Mal richtete er sie direkt an Aragorn. Doch Gimli antwortete statt ihm:„Nennt mir Euren Namen, Herr, dann nenne ich Euch meinen." Aragorn streckte seinen Arm vor dem Zwerg aus, um ihm Einhalt zu gebieten. Der Anführer stieg von seinem Ross. „Ich würde Euch den Kopf abschlagen, Zwerg, wenn er nur etwas weiter über dem Erdboden wäre." Legolas spannte seinen Bogen und richtete die Spitze des Pfeils auf den Krieger. „Ihr wärt tot ehe ihr zum Streich ausholen würdet." meinte er. Noch während er die Worte aussprach richteten sich die Spitzen von Lanzen und Schwertern der gesamten Schar auf ihn. „So. Jetzt reicht es mir!" schrie Nilelen. „Zuerst verwechselt man mich mit einem Elben, dann beschützen wir einen Zwerg, bevor man mich beschütz und nun wollen sich die Guten gegenseitig umbringen! Das ist wieder einmal so was von typisch Mann!" Die letzten Worte hatte sie so laut geschrieen, dass Gimli sich die Ohren zu hielt. Ein heftiger Wind kam auf. Er zerrte an den Flaggen und an den Kleidern der Anwesenden.
Plötzlich durchbrach ein Adler mit seinem Schrei das Toben des Windes. Nilelen sah auf. Der Wind legte sich so plötzlich, wie er aufgekommen war. Der Adler flog auf sie zu. Sie streckte ihm den Arm entgegen. Elegant landete der Greifvogel auf diesem. „Sieh an. Das ich dich wieder sehe ist ein Wunder. Du hattest wahrscheinlich Angst, dass ich wieder einen Tornado los lasse. Oder?" Der Adler legte seinen Kopf schief, sah sie mir seinen goldenen Augen an und bejahte die Frage mit einem Krächzen. „Soweit ich mich erinnern kann, warst du am letzten Tornado Schuld." Das Tier antwortete nicht. Es stieß sich ab und flog davon. Nilelen sah ihm nach und murmelte nur noch eines ihrer „Typisch Mann." auf sillnarisch vor sich her.
Die drei anderen Gefährten blickten Nilelen überrascht an. Doch zum Glück schlug die Überraschung in ihren Gesichtern zu einem zufriedenen Lächeln um. Die Reiter jedoch waren verwirrt und der Anführer funkelte die Gruppe zornig an. „Was fällt Euch ein, so über Männer zu reden?" keifte er. „Ich rede über Männer wie ich will! Außerdem finde ich, dass das nicht gerade der richtige Zeitpunkt für eine Diskussion über die Gleichberechtigung ist." gab Nilelen bissig zurück. Seine Hand wanderte zum Griff seines Schwertes. Doch Nilelen war schneller als er. Ihre Schwertspitze berührte den Hals des Mannes und ließ ihn mitten in seiner Bewegung erstarren. „Touché." meinte sie mit einem Lächeln auf den Lippen. Die Sperrspitzen richteten sich auf Nilelen. Allerdings beachtete sie sie nicht. Mit ihren gold-braunen Augen fixierte sie den Mann. Legolas legte seinen Arm auf Nilelens. Er beugte sich vor und flüsterte ihr etwas ins Ohr. Sie sah ihn kurz an. Mit einem Seufzer ließ sie schließlich ihr Schwert Marzu in die Scheide zurück gleiten. Sie verschränkte die Arme vor der Brust und meinte: „Es tut mir leid, dass ich Euch bedroht habe, edler Herr." Die letzten Worte sprach sie mit einem gehässigen Ton aus. Den Blick, den sie daraufhin Legolas zuwarf, war alles andere als freundlich.
Der Anführer der Kriegerschar nahm seine Hand von dem Griff seines Schwertes. Dann nahm er den Helm ab. Langes brünettes Haar kam darunter zum Vorschein. Nilelen musste sich zusammenreißen um keine unbedachte Bemerkung über seine Frisur zu machen. „Ich kenne euren König Théoden sehr gut." begann Aragorn. „Und auch das Volk der Reiter ist mir bekannt." „Der König ist schwach. Grima Schlangenzunge hat sich in seine Gedanken geschlichen. (Nilelen zuckte bei dem Namen Schlangenzunge zusammen. Sie hasste Schlangen. Sie waren ihr sogar noch verhasster als Spinnen. Widerliche Tiere.) Théoden ist nur noch ein Schatten seiner selbst. Nicht einmal seine eigene Sippschaft erkennt er." Seine Augen glitten von einem Gefährten zum anderen. „Mein Name ist Èomer, Émomunds Sohn." „Wenn sie alle so lange Haare, haben wie er, dann kann ich es verstehen, warum er sie nicht wieder erkennen will." murmelte Nilelen vor sich her. Zum Glück hörte sie keiner der anderen.
„Sprecht, was wollt Ihr hier?" „Wir suchen unsere Freunde. Vier kleine Wesen. 2 Hobbits und 2 Sinas. In euren Augen wären sie nicht mehr als Kinder." meinte Aragorn. „Nervig, kleine Kinder." fügte Nilelen hinzu. Aragorn ignorierte sie und fuhr fort: „Sie wurden von einer Gruppe Orks verschleppt. Habt ihr sie gesehen?" „Heute Nacht haben wir eine Schar von Orks am Waldrand überrascht." „Und habt ihr sie gesehen?" fragte Nilelen. Sie war inzwischen zu der Erkenntnis gekommen, dass man sich sehr gut gegen Pferde lehnen konnte, wenn einem die Füße zu sehr schmerzten. Allerdings war das Tier nicht sehr begeistert von der Idee. Und der Reiter ebenfalls. „Wir töteten alle Orks. Keiner blieb am Leben. Wenn eure Freunde dabei waren, dann sind sie tot." meinte Èomer. Nilelen verdrehte die Augen. „Klasse. Dass Männer auch immer alles totschlagen müssen." Legolas sah sie an. „Hast du nicht verstanden, was er gesagt hat?" „Doch." „Unsere Freunde könnten tot sein." „Ja. Aber sie sind es nicht. Außerdem hast du könnten gesagt. Könnten ist der 2. Konjunktiv. Und der ist der Konjunktiv der Unwirklichkeit." Legolas blaue Augen verengten sich zu Schlitzen. „Ich wüsste zu gerne, was in deinem Kopf eigentlich vor sich geht." Nilelen ging nicht darauf ein.
„Ihr könnt Pferde haben." bot Éomer an. Er winkte und ein Reiter brachte zwei Pferde. Nilelen betrachtete die Tiere skeptisch. „Ich soll doch nicht reiten, oder?" „Ihr wollt doch nicht daneben herlaufen, oder?" erwiderte Èomer. „Ich steig nicht auf dieses...Tier. Das ist nicht natürlich." Éomer lachte. „Ihr riskiert den Tod, aber vor einem Pferd habt ihr Angst? Die Sillnara scheinen ein seltsames Volk zu sein." Nilelen schluckte den Kommentar, der ihr auf der Zunge lag hinunter. „Du reitest mit mir." meinte Legolas. Nilelen lächelte. „Dieses Angebot ist schon eher mein Geschmack." Sie bestiegen die Pferde. Legolas half Nilelen in den Sattel. Dann stieg er selber auf. Sie klammerte sich an ihn. Legolas konnte ein Lächeln nicht unterdrücken. Wer hätte gedacht, dass Nilelen ihm so nah sein würde. Èomer stieg wieder auf sein Pferd. „Mögen Euch die Pferde mehr Glück bringen als ihren vorigen Besitzern." meinte er. Dann ritt er mit seiner Armee wieder weiter. „Na das war ein netter Abschiedsgruß." seufzte Nilelen.
