HARRY POTTER UND DER FLUG DES PHÖNIX
Von The Velvet Ghost / Übersetzung von Christa Potter / Beta-Leserin: Honigdrache
A/N: Zuerst muss ich mich dafür entschuldigen, dass dieses Kapitel so lange gedauert hat. Ich war im Urlaub und hatte wirklich mal eine Woche lang keine Lust, zu schreiben. Aber hier ist es endlich. Zweitens, ich muss mich wieder einmal bei euch für die Reviews bedanken. Ein besonderes Dankeschön geht an Kissymouse, von der ich für jedes Kapitel ein Review bekomme. Danke! Dieses Kapitel widme ich dir!
KAPITEL 19 – Alristers Abwesenheit
Am Ende der Verwandlungsstunde am nächsten Montag fühlte sich Harrys Gehirn wie ein ausgedrückter Schwamm an. Aus irgendeinem seltsamen Grund hatten sie versucht, Kokosnüsse in Kaninchen zu verwandeln, und fast niemand erreichte etwas, das einem Kaninchen auch nur ähnlich sah, außer Hermine, doch selbst sie erntete von Professor McGonagall einen bösen Blick und den Kommentar, dass sie nach einem Hasen gefragt hätten, wenn sie einen gewollt hätte. Alles in allem war es für Harry eine Erleichterung, als die Pause begann und alle zum Mittagessen gingen.
Wie immer aß niemand viel. Es hatte keine weiteren Fälle der Gryffindor oder Slytherin Risotta gegeben, aber der Großteil der Slytherins lag noch immer wegen Lebensmittelvergiftung im Krankenflügel und die anderen waren sehr vorsichtig. Alles, was auch nur ein wenig seltsam schmeckte, wurde mit größter Vorsicht behandelt, und wenn jemand nach dem Essen auch nur ein wenig Schmerz spürte, waren alle gleich in heller Aufregung. Colin Creevey bekam am Samstag Ausschlag, nachdem er den Fruchtsalat gegessen hatte, und das gesamte Haus war furchtbar verängstigt, bis Colin eine Stunde später aus dem Krankenflügel kam und verkündete, dass er nur auf Kiwis allergisch sei.
Nach einem halben Teller Nudeln und ein paar Brotstücken konnte Harry, genau wie Ron, nichts mehr essen. Sie verließen die Halle, zogen ihr dicken Mäntel an und machten sich auf den Weg zu einem Spaziergang über die Schlossgründe. Eine dicke Schneeschicht lag noch unter ihren Füßen, die leise im Rhythmus ihrer Schritte knirschte.
„Ich glaub einfach nicht, dass ich für Pflege magischer Geschöpfe hier raus muss", sagte Ron bitter. „Und Hagrid sagte, dass wir heute was ‚interessantes' machen, also ist es wahrscheinlich groß, haarig und gefährlich."Er steckte zitternd die Hände in die Taschen. „Ich kann's kaum noch erwarten, zu Weihnachten heim zu fahren."
„Du Glücklicher", sagte Harry.
„Was ist mit dir los?", sagte Ron.
„Ich hab über Weihnachten nachgedacht", sagte Harry. „Und was ich tun werde. Ich meine ... ich hab jetzt das Haus am Grimmauldplatz. Ich könnte ... nun, nach Hause fahren."
„Du könntest zu uns kommen", schlug Ron vor.
Harry schüttelte den Kopfe. „Nee. Es ist nicht so, dass ich wirklich heimfahren will und dann im Dunkeln am Grimmauldplatz sitze und fröhlich bin. Ich will wissen, was vor sich geht. Ich weiß nicht, ob das Haus verfällt oder der Orden es noch nutzt."Er seufzte. „ich denke einfach, dass die Dinge zu ... sicher sind. Es ist, als wären alle unheilvollen Sachen einfach ... ich weiß nicht, ausgeschaltet worden."
„Was, du machst dir Sorgen, weil du sicher bist? Mensch, Harry. Ich hätte nie gedacht, dass du Du-weißt-schon-wer Entzugserscheinungen kriegst."
Harry rieb sich den Kopf. „Ich auch nicht. Es ist aber nicht das. Ich denke einfach, dass ich zu der Annahme gelockt werde, dass alles sicher ist. Letztes Jahr hatte ich andauernd Narbenschmerzen, Albträume, das volle Programm. Ich hab mir immer Sorgen gemacht. Und jetzt ... als wäre ich in dieser kleinen Blase voller Ruhe, wo alles glücklich ist."Er wandte den Blick dem Boden zu. „Die Tatsache, dass Voldemort nichts macht, macht mich nervöser, als wenn es anders wäre."
Ron zuckte die Schultern. „Dann geh zu Dumbledore oder Lupin, wenn du dir solche Sorgen machst. Sie könnten dir doch Informationen geben."Er lächelte ein wenig. „oder du könntest einfach glücklich sein und wie wir alle akzeptieren, dass alles in Ordnung ist. Weiß du, ich find's besser, wie es jetzt ist, ohne dauernde Kopfschmerzen und so weiter."
Harry nickte, obwohl er tief drinnen trotzdem noch besorgt war. Seine Narbe fühlte sich komplett normal an. So normal eigentlich, dass es nicht mehr normal war – obwohl das keinen Sinn ergab. Er beschloss, Rons Rat zu folgen und nach dem Unterricht zu Professor Dumbledore oder Lupin zu gehen, nur um seine Sorgen zu beruhigen.
Ron sagte, dass er nun zu Pflege magischer Geschöpfe müsse, und deshalb verabschiedete sich Harry und sie trennten sich. Ron ging über die weißen Schlossgründe davon, und sein rotes Haar ließ es aussehen, als stünde der Schnee in Flammen, und Harry machte sich auf den Weg zum Schloss und seiner Reine Künste Stunde. Heute würden sie weiter an unkontrollierter Roher Magie arbeiten. In der letzten Stunde hatte Alrister große Stapel aus alten Zeitungen mitgehabt, mit denen sie auf verschiedenen Entfernungen geübt hatten, und am Ende der Stunde jagte Alrister für sie die gesamten Zeitungen auf einen Schlag in die Luft. Harry hoffte, er würde es wieder tun, nur damit sein langweiliger Tag ein wenig aufregender wurde.
Der Schulhof war leer, als Harry ihn betrat. Normalerweise würde Blaise Zabini auf einer der Bänke sitzen, mit Pansy an seinem Arm und seinen Bodyguards hinter ihm, aber er war gemeinsam mit Draco und dem Rest der Slytherins noch immer im Krankenflügel. Harry setzte sich hin, um zu warten, wobei er sich ziemlich einsam fühlte. Heute stimmte irgendetwas einfach nicht. Er hatte irgendwo im Magen ein seltsames Gefühl. Er fragte sich kurz, ob er jetzt auch das Risotta hatte, doch es waren keine Schmerzen oder Übelkeit. Es war ein merkwürdiges Gefühl von Paranoia, nicht als würde er beobachtet, aber jemand war in seiner Nähe, schon den ganzen Tag fühlte er es. Snape hatte ihm während des Frühstücks ein paar misstrauische Blicke zugeworfen, aber Harry dachte wirklich nicht, dass er zu Snape gehen sollte, wenn er ein seltsames Gefühl hatte. Wen hatte er sonst noch? Er hatte immer an Sirius geschrieben, aber jetzt ... es gab niemanden mehr, an den er sich wenden konnte, ohne diese Person ebenfalls zu beunruhigen.
Langsam kamen mehr Schüler in den Hof und in dem Moment, als die Glocke den Beginn des Unterrichts verkündete, trat Alrister, heute in einen schwarzen Fellmantel gehüllt, auf den Hof. „Guten Tag miteinander. Sind alle hier? Ohne die Slytherins natürlich."Alle nickten. „Exzellent. Gut, dann folgt mir bitte."
Die Klasse folgte ihrem Professor aus dem Innenhof. Alrister führte sie über die Schlossgründe, vorbei am See und ein paar Minuten später hielten sie am Rand des Verbotenen Waldes an.
„Nun denn – könnt ihr mich alle hören? Alle sehen mich? Gut."Er wies in die Dunkelheit zwischen den Bäumen. „Wenn ihr zwischen die Bäume seht, erkennt ihr, dass ich dort einige Ziele arrangiert habe. Könnt ihr das alle sehen?
Harry sah in die Dunkelheit, und als sich seine Augen nach einem Moment an die Dunkelheit gewöhnt hatten, sah er große weiße Kreise, die auf die Bäume gezaubert waren und in der Dunkelheit silber-grau leuchteten.
„Diese Bäume sind vor kurzem abgestorben, und ich dachte, damit wir unsere Arbeit fortsetzen können und unserem Direktor einen Gefallen tun, werden wir sie beseitigen. Jedoch, und ich möchte das klipp und klar feststellen. NIEMAND geht in den Wald, nicht einen Schritt, nicht einmal ein klitzekleines Stück hinter den ersten Baum. Nichts. Habt ihr das verstanden?"
Alle Schüler nickten.
„Gut", sagte Alrister. „Nun, hinter euch ist ein weiterer Stapel von Zeitungen und Prüfungsbögen, an denen ihr noch üben könnt, falls ihr es braucht. Wenn ihr denkt, dass ihr bereit seit, dann fangt mit unseren Zielen an. Noch Unklarheiten? Nein? Nun, dann los!"
Harry lockerte seine Finger ein wenig um sie warm zu machen, und dann, im Gegensatz zum Großteil der Klasse, beschloss er, gleich mit den Bäumen zu beginnen. Im Wald war es so dunkel, dass er die Ziele fast nicht sehen konnte. Einen Moment lang wünschte er, er hätte seine Zauberkunst Hausaufgaben schon erledigt ( ‚Sammeln Sie Informationen und schreiben Sie einen Aufsatz über Sinneserhöhungs-Zauber' ), aber weil ihm das nun nicht viel bringen würde, streckte er die Finger aus, konzentrierte sich voll und ganz auf das Ziel und fühlte die Aufregung, als er an das nächste Quidditch Spiel dachte, in ihm hochsteigen ...
Aber nichts geschah.
Er kniff die Augen zusammen, seine Finger waren jetzt komplett ausgestreckt, aber nichts geschah, nicht einmal ein Funke erschien.
„Komm schon .... oh, komm schon ...", murmelte er, und seine Finger zitterten schon. „Bitte ..."
Doch noch immer geschah nichts. Alrister schien bemerkt zu haben, dass er Probleme hatte, und deshalb ließ er Justin Finch-Fletchley bei den Zeitungen zurück und kam herüber. „Ist was nicht in Ordnung, Harry?"
„Es funktioniert nicht", sagte Harry niedergeschlagen und starrte seine Finger an. „Ich kann es nicht tun."
Alrister nahm seinen Arm, schob den Ärmel seines Umhangs hoch und besah sich sein Handgelenk einen Moment lang. Er legte seine Finger darauf, dachte einen Moment lang nach und sagte dann: „Harry, Harry. Wieder eine Blockade."
„Tschuldigung", sagte Harry und starrte auf seine Füße.
„Es muss dir nicht Leid tun ... du musst dich nur ein wenig beruhigen. All diese Frustration ist nicht gut für dich, weißt du."Alrister schenkte ihm ein ziemlich väterlich wirkendes Lächeln. „Was macht dir heute Sorgen?"
„Einfach ... alles", sagte Harry leise und sah noch immer auf seine Füße. „Es ist schwer zu erklären ..."
„Ich habe Zeit", sagte Alrister. „Und du hast sie auch. Erzähl mir, was los ist."Er schnippte mit den Fingern und zwei Stühle erschienen. Harry ließ sich dankbar auf einen fallen, während Alrister noch immer sein Handgelenk studierte.
„Es ist ... ich bin in Sicherheit."
Alrister sah ihn an. „Und du bist damit nicht zufrieden?"
„Ich bin zu sicher", sagte Harry leise. „Ich ... ich hab den ganzen Tag schon ein seltsames Gefühl. Als würden die Dinge zu gut für mich. Ich hab schon seit einer Ewigkeit keine Schmerzen mehr in meiner Narbe gehabt, und letztes Jahr hatte ich sie dauernd. Es ist, als ... als würde ich in falsche Sicherheit gelockt."Er schüttelte den Kopf. „Ich kann es nicht erklären."
Alrister klopfte ihm auf die Schulter. „Ich kann dich verstehen, Harry. Trotzdem, wir werden diese Blockade beseitigen und bald wirst du wieder Dinge in die Luft jagen, okay?"
Harry versuchte ein schwaches Lächeln, doch es sah eher wie eine Grimasse aus.
„Also machst du dir Sorgen, weil du keine Neuigkeiten von Voldemort hörst", sagte Alrister. Harry nickte – das war es eigentlich. „Nun ... ich kann dir auch nicht viele Informationen geben, Harry. Ich bin nicht wirklich ein aktiver Kämpfer. Jedoch, wenn ich mich nicht irre, sind Professor Lupin und Snape Mitglieder dieses ... Ordens, den Dumbledore leitet. Orden des Falken."
„Orden des Phönix", korrigierte Harry.
Alrister lächelte. „Ja, ja, an den hab ich gedacht. Ich bin nicht Mitglied und versuche, nichts damit zu tun zu haben. Aber Lupin und Snape sind, soweit ich weiß, dabei. Du solltest mit ihnen sprechen. Wenn ich etwas vorschlagen darf; Lupin wäre vielleicht die ein wenig ... freundlichere Option."Er grinste leicht, während er seine Finger sanft im Kreis über Harrys Handgelenk laufen ließ.
Harry sah ihn einen Moment lang an, und sagte dann mit leiser Stimme, die immer noch ein wenig verwirrt klang: „Warum sind Sie nicht im Orden?"
„Ich distanziere mich von allem und jedem, der in Verbindung mit dem Dunklen Lord steht", sagte Alrister. „Bevor du mich nun als Feigling abstempelst, solltest du wissen, dass gewisse ... Ereignisse in meiner Vergangenheit mir viel größere Angst vor Voldemort einflößen, als den meisten. Ich ziehe es vor, nichts mit ihn zu tun zu haben. Manchmal, wenn wir unseren Ängsten ins Gesicht sehen, um zu beweisen, wozu wir fähig sind, beweisen wir nur, dass wir Dummköpfe sind."
Die Stunde wurde danach nicht besser. Obwohl Harry versuchte, ruhig zu sein und von seinen Sorgen loszulassen, erschien nicht ein Funke an seinen Fingern. Je länger es ihm nicht gelang, umso frustrierter wurde er, und als die Glocke endlich läutete war er in schrecklicher Stimmung. Ron war auch keine große Hilfe, weil er andauern plapperte, wie leicht es doch war, eines der Ziele zu treffen. Alles, was Harry nun tun wollte, war in den Gryffindorturm zu gehen und den Kopf an die Wand zu schlagen, doch als er sich auf den Weg machen wollte, rief Alrister ihn zurück.
„Harry! Komm bitte für eine Sekunde zu mir."
Er ging wieder zurück und stand dann mit den Händen in den Taschen vor Alrister. Dieser ließ gedankenverloren Feuerbälle durch die Bäume schweben und beendete ihre Arbeit.
„Noch immer kein Glück, Harry?", fragte er.
Harry schüttelte den Kopf. „Nein, Sir."
„Hmm ... ich denke, wir müssen die Blockade beiseite schieben. Wir wollen doch nicht, dass sie schlimmer wird."Ein Rauschen erfüllte die Luft, als ein weiterer Feuerball aus seinen Fingern erblühte und durch die Bäume schoss. „Komm nach dem Abendessen in mein Büro und – "
„Ich kann nicht", sagte Harry. „Ich habe Okk- Zaubertranknachhilfe."
„Ah, schade ... wie lange wird das dauern?"
„Ziemlich lange ... es ist verschieden ... manchmal drei oder vier Stunden."Er presste seinen Fußabtritt auf den sauberen Schnee. „Ich könnte aber danach zu Ihnen kommen."
Alrister nickte. „Ja, ich denke, das wäre am besten. Wir werden diese Blockade beseitigen. Nun geh wieder, es ist kalt und deine Freunde werden schon auf dich warten."
„Okay", sagte Harry. „Wir sehen uns heute Abend, Sir."
„Bis dann, Harry. Genieß deine Zaubertranknachhilfe."
Harry schnaubte.
„Was war das, Harry?"
„Nichts, Sir, ich hab nur geniest."
Er blickte über die Schulter und sah, dass Alrister über das ganze Gesicht grinste. „Ich weiß, Harry, das hast du."
„Ist heute etwas nicht in Ordnung, hmm, Potter?"
Harry sah müde auf; sein Kopf lag noch immer auf dem Tisch. Aus irgendeinem Grund hatte er einfach nicht die Kraft, den Professor daran zu hindern, in seinen Gedanken einen Spaziergang zu unternehmen. Bisher hatte Snape ihn gezwungen vier von Tante Magdas Besuchen zu erleben, dass ihm der Sprechende Hut sagte, er würde gut nach Slytherin passen, und als er vor zwei Jahren während der zweiten Aufgaben fast ertrunken wäre.
„Nein", sagte er niedergeschlagen.
Snape warf ihm einen verachtungsvollen Blick zu. „Du bist wirklich der schlechteste Lügner."
Harry hätte am liebsten geantwortet, dass Snape der neugierigste Idiot war, besann sich aber eines besseren und wandte seinen Blick dem Tisch zu. „Ich kann mich nicht konzentrieren."
„Das dachte ich mir schon", sagte Snape, setzte sich auf einen Stuhl vor seinem Tisch und legte den Zauberstand hin. „Nun?"
„Nun was?", sagte Harry und fügte schnell: „Sir"hinzu, als die Augen des Professors blitzten.
„Nun, warum kannst du dich nicht konzentrieren?"
„Ich hab eine Blockade in Reine Künste", sagte Harry. „Und ich mach mir Sorgen wegen Quidditch. Und dem Grimmauldplatz. Und dem Orden. Und Voldemort. Und ich hab morgen eine Prüfung in Zaubertränke, bei der ich sicher durchfalle, also können Sie mir gleich ein T geben."
„Beginnen wir am Anfang", sagte Snape gelangweilt. „Eine Blockade in Reine Künste. Potter, du hast einen Zauberstab, du musst nicht dringend wissen, wie du Gegenstände in die Luft fliegen lässt. Zweitens, ich habe nichts für Quidditch übrig. Wenn ich du wäre, würde ich es einfach vergessen und nicht mehr spielen. Grimmauldplatz. Warum sich jemand, der noch bei Verstand ist, über dieses Haus Gedanken macht, geht weit über mein Vorstellungsvermögen hinaus."
„Ich weiß aber nicht, was dort vor sich geht", sagte Harry. „Es ist mein Haus. Benutzt der Orden es noch? Und was ist mit dem Orden los? Was macht Voldemort? Warum haben wir all diese Verteidigungen für das Schloss? Es passiert nichts. Und warum die Aufregung wegen den Heliopathen?"
„Potter, hör auf. Immer nur eine Frage. Du redest schneller als ich denken kann."Harry verstummte und Snape sagte: „Danke. Ja, der Orden benutzt das Haus noch, aber nur für Treffen, die zu groß sind, um im Büro des Direktors statt zu finden. Ich glaube, dass Molly Weasley und Nymphadora Tonks hin und wieder dort sind, um es sauber zu halten. Und im Moment sammelt der Orden, soweit ich weiß, Informationen und bereitet die Zaubererwelt auf einen möglichen Angriff des Dunklen Lords vor."
„Was aber macht Voldemort?", sagte Harry und blieb diesmal bei einer Frage.
Snape überlegte einen Moment lang. „Das, Potter, ist klassifizierte Information."
„Oh, kommen Sie schon", sagte Harry. „Also darf ich nicht wissen, was der Typ vorhat, der nicht überleben kann während ich noch lebe? Ich verdiene es, dass ich es weiß, oder?"
„Es ist nicht eine Frage, ob du es verdienst oder nicht", sagte Snape. „Es ist eine Frage, wie viel du für dich behalten kannst. Glaub es oder nicht, aber ich war auch einmal sechzehn und ich weiß, dass alles, was ich dir sage, wahrscheinlich heute Nacht im Gemeinschaftsraum der Gryffindors erzählt wird."
Harry schüttelte heftig den Kopf. „Nein, wird es nicht. Ich habe niemandem vom Beschützerbund erzählt, oder über die Gryffindor Risotta Sache, und niemand weiß vom Butterfingerzauber, oder von irgendetwas, das ich in Ihrem Denkarium gesehen habe."
Snape sah ihm einen Moment lang in die Augen. Harry erwiderte seinen Blick und wollte Snape so wissen lassen, dass er es todernst meinte. Der Professor dachte kurz nach und sagte dann: „Meine Unfähigkeit zu fangen ist nichts im Vergleich zu den Aktivitäten des Dunklen Lords."
„Vielleicht", sagte Harry. „Aber ich weiß, dass Ron lieber hören würde, wie Sie bloßgestellt werden, als was Voldemort macht. Wenn ich etwas wollte, das ich meinen Freunden erzählen kann, dann habe ich es bereits. Ich frage nicht nach Klatsch und Tratsch. Ich frage, weil ich mir Sorgen mache."
Snape sah ihn scharf an und dachte offensichtlich über seine Argumente nacht. Harry wusste nicht, ob es wegen dem Beschützerbund war, oder wegen etwas anderem, aber er konnte fast hören, was Snape sich innerlich fragte. „Sie können mir vertrauen", sagte Harry.
Snape trommelte einige Augenblicke lang mit den Fingern auf seinem Tisch und sagte dann: „Planen."
„Was planen?"
„Die Eroberung der Welt, wie wir sie kennen. Er hatte keine kurzfristigen Ziele mehr. Er kennt nur seine große Ziele und einen vagen Weg, wie er sie erreichen kann."
Es war seltsam zu hören, wie Snape über Voldemort sprach, als wäre er eine Person, und nicht eine dunkle Macht. Die meisten Menschen sprachen über ihn, als wäre er etwas dunkleres und viel schrecklicheres als irgendetwas menschliches.
„Was hat er vor?", sagte Harry mit großen Augen. „Was ist sein langfristiges Ziel? Die ... die Weltherrschaft zu übernehmen?"
Snape schnaubte leise. „Nicht so ein Klischee ... Macht, Potter. Totale und niemals endende Macht. Er will die Grenzen des Menschseins sprengen und zu etwas viel größerem aufsteigen."
„Wie ... ein Gott ..."
„Mehr als das."Snape sah Harry einen Augenblick lang direkt an. „Der Dunkle Lord denkt, dass Macht uns zu dem macht, was wir sind. Es gibt Muggel – in seinen Augen die niedrigste Lebensform. Sie müssen alles selbst machen, sie arbeiten für alles, was sie brauchen und verlangen. Für ihn sind sie nur etwas mehr wert als Insekten. Lebensformen, die nie erreichen, was sie brauchen, ohne zu leiden und Schmerz zu erleben. Dann gibt es Zauberer. Obwohl auch wir unsere Grenzen haben. Magie kann nicht alles. Er ist fasziniert von den Reinen Künsten und um wie viel mächtiger als ein normaler Zauberer die sind, die sie beherrschen. Seine Macht ist der Dumbledores gleich, das habe ich mit eigenen Augen gesehen. Er war einmal mehr oder weniger menschlich, und damals versuchte er, einen neuen Zweig der Magie zu erschaffen. Gottähnliche Macht. Er stellte sich eine Rasse von Reinblütern vor, die perfekte Rasse, stärker als je ein Mensch zuvor gewesen ist, mit ihm an der Spitze, dem größten von allen. Obwohl er wusste, dass es viel länger als eine Lebenszeit dauern würde, um dies zu erreichen. Er würde Tausende von Jahren dazu benötigen. Und deshalb suchte er nach der Unsterblichkeit. Und dort ist er jetzt, Potter, und er sucht nach der nächsten Möglichkeit um die mächtigste Kreatur zu werden, die jemals auf der Erde wandelte."
Es dauerte einige Momente, bis das alles eingesunken war, und wenn es das mehr oder weniger getan hatte, sagte Harry leise: „Also greift er nicht an ... weil er beschäftigt ist. Wie eine Forschungszeit."
„Ja", sagte Snape. „Niemand weiß wirklich, wann er beschließen wird, wieder öffentlich aktiv zu werden. Er sieht keinen anderen Grund um die Zaubererwelt anzugreifen, als Angst zu verbreiten. Tote sind für ihn egal."
„Also ... wonach sucht er im Moment?", sagte Harry leise, als ob Voldemort ihn hören könne.
Snape dachte einen Augenblick lang über die Information nach und antwortete dann mit gleicher leiser Stimme: „Es gibt verschiedene Lebewesen in der magischen Welt, die nicht Zauberer sind. Meermenschen, Zentauren, Werwölfe, Geister, ... seine Faszination liegt im Moment bei den zwei meist gefürchtetsten. Vampire und Totenbeschwörer. Wahre Vampire, mit keinem Tropfen menschlichen Blutes, sind unsterblich, und Totenbeschwörer haben die Fähigkeit, einen Toten teilweise zurückzubringen. Die zurückgebrachte Person wird nie wie früher sein. Sie haben keine Erinnerungen, keine Gedanken, keine Emotionen – nur ein Körper, der auf Befehl funktioniert. Das Projekt des Dunklen Lords besteht darin, einen Halb-Vampir, Halb-Totenbeschwörer zu erschaffen, dem er die Reinen Künste beibringen kann. Ich denke, das ist es, das ihn im Moment ... beschäftigt."
Snape sah in Harry Gesicht, aber es war mehr, als würde er nicht ihn sehen, sondern direkt in seine Gedanken. „Aber es wird nicht lange dauern, bis das keinen Reiz mehr enthält, Potter. Stell dir einen Hund der Muggel mit einem Spielzeug vor. Früher oder später verliert das Spielzeug seinen Reiz und der Hund hat nichts anderes zu tun, als ... die Möbel zu zerstören."Seine schwarzen Augen wurden kurz von einem dunklen Funkenregen erfüllt.
Harry wandte seinen Blick dem Boden zu, und dann sagte Snape: „Wir werden morgen Nacht weiter machen, Potter. Ich erwarte, dass du dich dann mehr anstrengst."
Er fühlte sich ziemlich benommen, als er aufstand und seine Tasche vom Boden hob. „Danke, Professor."
„Denk über die Informationen nicht zuviel nach, Potter."Snapes Augen blitzten wieder. „Du willst doch nicht, dass diese Blockade dauerhaft wird."
Harry öffnete die Tür und trat hinaus auf den dunklen Korridor. Sein Kopf schwirrte vor Informationen, obwohl es seltsam schien, war es doch eine gewisse Erleichterung zu wissen, was los war, und dass er nicht in Gefahr war. Zumindest wusste er es jetzt ... obwohl es ihm kalt über den Rücken lief, wenn er daran dachte, dass es nicht lange dauern würde, bis Voldemorts Ablenkung vorbei war und er etwas neues brauchte. Er erinnerte sich, was Snape gesagt hatte - „Der Dunkle Lord denkt, dass Macht uns zu dem macht, was wir sind."Und dann fiel ihm wieder ein, als er in seinem ersten Jahr Voldemort gegenüber gestanden hatte, und die Worte, die dieser gesprochen hatte, waren noch klar in Harrys Erinnerung – „Es gibt nur Macht, und jene, die zu schwach sind, um nach ihr zu streben."
Er war noch immer in seinen Gedanken versunken, als er an Alristers Tür klopfte, und wurde nur daraus gerissen, als Alrister rief: „Komm herein, Harry."
Er stieß die Tür vorsichtig auf. Der ganze Raum war eher düster, nur von einer einzigen Kerze auf Alristers Tisch erhellt, die sanft in der Dunkelheit flackerte. Der Professor saß hinter seinem Tisch, seine Augen geschlossen, seine Tunika an den Armen hochgerollt, so dass seine Handgelenke frei waren.
„Setz dich", sagte er, ohne die Augen zu öffnen.
Harry ließ seine Tasche zu Boden gleiten und ließ sich, so leise wie möglich, auf einen Stuhl vor Alristers Tisch fallen. Er konnte sehen, wie das Kerzenlicht auf der goldenen Halskette um den Hals des Professors tanzte, und es faszinierte ihn irgendwie.
„Wie war deine Zaubertranknachhilfe?", fragte Alrister. Seine Stimme war seltsam ruhig und leise.
„Gut", sagte Harry. „Professor Snape hat mit mir über den Orden gesprochen."
„Wunderbar", antwortete Alrister, seine Stimme immer noch sanft und ruhig. Harry hatte keine Ahnung, wie er es schaffte, wach zu bleiben, während er die Augen geschlossen hatte und so entspannt aussah. „Ich habe mit Professor Dumbledore über dich gesprochen."
„Was hat er gesagt?", fragte Harry.
„Er schlug vor, ich solle etwas von meiner Magie auf dich übertragen."Alrister atmete tief durch und inhalierte etwas von dem glitzernden gelben Rauch der Kerze vor ihm. „Das sollte deinem Körper helfen, die Blockade auf natürlichem Weg zu entfernen."
Harry roch an dem Raum. Dieser hüllte sein Gesicht ein, schwebte in seine Lungen und gab ihm ein seltsames Gefühl des Friedens und der Ruhe. Ein leichte Lächeln legte sich auf Alristers Gesicht.
„Atme nicht zuviel davon ein", sagte er leise. „Es ist ziemlich mächtig."
„Was ist es?", fragte Harry und lehnte sich zurück, um den Rauch zu vermeiden.
„Eine Ruheflamme", antwortete Alrister. „Ich muss oft viel Zeit mit ihr verbringen, um meine Magie davon abzuhalten, außer Kontrolle zu geraten. Jedoch ... legen wir los, Harry."Er öffnete die Augen und Harry sah, dass sie nun nicht wie sonst dunkelbraun waren, sondern die Farbe geändert hatte und nun bronzefarben im Kerzenlicht schimmerten. Er sah Cupid plötzlich erstaunlich ähnlich. „Magie von einem Zauberer auf einen anderen zu übertragen ist eigentlich harmlos, obwohl dazu sehr viel Rohe Magie nötig ist ... viel mehr, als die meisten Zauberer jemals produzieren könnten ... jedoch, und ich will mich jetzt nicht eitel anhören, ich denke, dass wir beiden es mit ein wenig Anstrengung leicht schaffen können."
Harry nickte und lehnte sich zurück, als der Rauch sanft an seiner Nase kitzelte und ihn dazu verlocken wollte, näher zu kommen. Alrister lächelte wieder und stellte die Kerze auf die andere Seite des Tisches, weg von ihnen. In der Ecke flatterte Cupid, der Falke, auf seiner Stange und große schwarze Schatten tanzten über die Wände.
„Halte deine Handgelenke in Richtung der Wand, Harry,"sagte Alrister. „Wenn du genug Magie erhalten hast, um die Blockade zu beseitigen, ist es nicht unwahrscheinlich, dass wir ... einen explosiven Effekt erhalten."
Harry tat, wie ihm geheißen und ging sicher, dass seine Finger auf nichts brennbares oder wertvolles deuteten. Alrister legte seine Finger ruhig auf Harrys Handgelenk, schloss seine Augen wieder und biss sich auf die Lippe. Harry konnte fast sehen, wie seine Gedanken arbeiteten, als seine Atmen schneller wurde, seine Brust sich hob und senkte. Ein einzelner gelber Funke sprang von Alristers Finger in Harrys Handgelenk, und er konnte nicht anders als ein wenig zusammen zu zucken, als er in ihn hineinschwirrte.
„Entspann dich, Harry ...", sagte Alrister ruhig und schluckte. Er runzelte die Stirn, sein Atem wurde ein wenig schneller und seine Finger zittern leicht auf Harrys Handgelenk. Ein weiterer Funke erschien mit einem Zischen, dann noch einer, gefolgt von einem dritten, und dann ergoss sich ein sanfter Schauer aus bronzenen Funken. Harrys Hand zitterte, und es war, als würde ein Regenschauer über sein Handgelenk durch den Arm und seinen gesamten Rücken hinab laufen.
Alristers Gesicht verzerrte sich und fast sein ganzer Körper zitterte nun, Funke nach Funke segelte in Harrys Handgelenk. Harrys Haut prickelte und zischte, sein Handgelenk begann auf eigenen Befehl hin stark zu zittern, und dann fühlte er, wie etwas, einem Damm ähnlich, in seinem Arm nachgab. Ein lautes Krachen erfüllte den Raum und Feuer erblühte aus seinem Fingern, verwandelte sich in eine riesige Kugel in der Größe einer Kanonenkugel und flog auf die Wand zu. Ein weiteres Krachen, ein Rauschen und die Flammen sanken in die Wand, breiteten sich aus und ein großes Loch erschien, das fast die gesamte Oberfläche vom Boden zur Decke ausfüllte.
Harry erschrak heftig. „Es tut mir Leid, Professor! Wirklich, ich wollte nicht – "
„Ist schon in Ordnung, Harry", sagte Professor Alristers Stimme.
Ein seltsamer Unteron lag in seiner Stimme, der Harry in seinen Entschuldigungen unterbrach, und er wandte sich um und sah den Professor an – und zu Harrys Überraschung sah er, dass Tränen langsam über Alristers Gesicht liefen.
„Professor ...?", sagte er unsicher.
„Es ist in Ordnung, Harry, es geht mir gut", sagte Alrister, stand auf, drehte sich um und klammerte sich and das Fensterbrett. Er zitterte noch immer leicht.
Harry stand besorgt auf und sagte: „Ist etwas schief gegangen?"
„Nein", sagte Alrister. „Es hat funktioniert ... ich hab das erwartet ... verdammt noch mal."Er wischte sich rasch mit der Hand über die Augen. „Erinnerungen für die Rohe Magie. Fragt mich nicht, Harry. Bitte nicht."
Harry setzte sich wieder und fühlte sich nun unheimlich schuldig und hatte Angst, dass nun etwas absolut nicht stimmte. Er nahm seinen Zauberstab heraus, murmelte einen Spruch, den Hermine ihm beigebracht hatte und sah zu, wie sich die Wand selbst aufbaute.
„Danke", sagte Alrister leise. Harry konnte immer noch die Tränen in seiner Stimme hören.
„Sehen Sie, Professor, ich – "
Er beendete den Satz nie, denn genau in diesem Moment öffnete sich die Tür hinter ihm. Er wandte sich um und sah Albus Dumbledore. Harry öffnete den Mund, um den Direktor zu grüßen, aber er hatte noch kein Wort gesagt, als –
Harry saß mit einem Schlag aufrecht im Bett. Er fühlte Schweißtropfen auf seinem Gesicht. Er saß sich im dunklen Raum um – er war in seinem Schlafsaal, komplett angezogen unter seiner Bettdecke, den Zauberstab noch in der Hand ... aber er konnte sich an nichts erinnern, das geschehen war.
Er legte den Kopf in die Hände und dachte angestrengt nach. Er erinnerte sich, dass er die Magie von Alrister bekommen hatte, der Feuerball, er hatte die Tränen auf Alristers Gesicht gesehen, hatte das Loch repariert und dann ... Dumbledore war gekommen. Und danach konnte er sich an nichts erinnern. Er wusste nicht, wie er Alristers Büro verlassen hatte, wie er in den Gryffindorturm gekommen war ... nichts.
„Ron?", sagte er unsicher. „Dean? Neville? Seamus?"
Sie schliefen alle tief und fest in ihren Betten. Er konnte Neville leise schnarchen hören. Harry merkte, dass er jetzt vor Angst fast zitterte. Er sah einen Moment lang Rons schlafendes Gesicht an und fragte sich, ob er es wagte, seinen Cousin zu wecken ...
Er musste es wissen.
Er stand auf, schlich hinüber und stieß Ron sanft an der Schulter an und schüttelte ihn ein wenig. „Ron", zischte er. „Ron."
„Laslos", kam die verschlafene Antwort. „Nicht ... gweg ..."
„Ron, wach auf", wiederholte Harry und stieß ihn nun ein wenig fester an.
„Gweg, 'Arry ... lasmilos ..."
Harry stieß ihn noch einmal heftig and der Schulter, Ron stöhnte und versuchte, ihn wegzuschlagen.
„Wasnlos?", sagte er verschwommen und rieb sich die Augen.
„Was passiert, als ich von Alristers Büro zurückkam?"
Ron runzelte verschlafen die Stirn. „Keine Ahnung ... bist ziemlich spät gekommen ... bist reingegangen und sagtest, du wärst wirklich müde und hast dich hingelegt ... warum ... was ist los?"
„Ich kann mich an nichts erinnern", sagte Harry.
Ron drehte sich um und sah ihn müde, aber doch argwöhnisch an. „Was?"
„Ich war bei meiner Zaubertranknachhilfe, und dann ging ich zu Alrister. Und er hat meine Blockade beseitigt, und dann kam Dumbledore ... und ich kann mich an nichts erinnern."Harry fühlte, wie seine Finger zitterten, obwohl sie noch auf Rons Schulter lagen. „Hab ich sonst noch was gesagt, als ich hereingekommen bin? Irgendetwas?"
Ron schüttelte den Kopf und rieb sich die Augen. „Nein ... ich glaub, du solltest zu Dumbledore gehen ... geh und frag, was passiert ist."Sein müder Blick fiel auf etwas hinter Harrys Schulter, er runzelte die Stirn und rieb sich die Augen. „Was ist das?"
Harry wandte sich um. Cupid, der Falke, saß am Kopfende seiner Bettes, und um seinen Hals war ein Brief gebunden. Er begrüßte sie mit einem ‚fwiiiiiiii' und flatterte dann herüber, landete auf Harrys Schulter und kniff ihn liebevoll ins Ohr.
Harry setzte sich auf Ron Bett, nahm den Brief von Cupids Hals, öffnete ihn und schaltete die Lampe neben Rons Bett ein, damit er ihn lesen konnte. Beide lehnten sich über den Brief, der in sauberer Handschrift geschrieben war.
Lieber Harry – pass für mich auf Cupid auf. Es tut mir Leid. Professor R.D. Alrister
Ron runzelte die Stirn. „Was tut ihm Leid?"
Harry schüttelte den Kopf. „Ich weiß es nicht ... mir gefällt das nicht. Warum kann ich mich an nichts mehr erinnern? Es ist alles ... ausradiert. Alles mögliche könnte passiert sein."
Cupid trillerte sanft und kniff ihn wieder ins Ohr und seine Krallen verstärkten kurz den Druck auf seine Schulter. Harry hob die Hand und streichelte die sanfte, fedrige Brust des Falken, und versuchte, die aufsteigende Panik in ihm zu beruhigen.
„Denkst, dass es ihm gut geht?", sagte Harry nervös und biss sich auf die Lippe. Er erhielt keine Antwort von Ron. Er sah ihn an und sah, dass sein Cousin wieder tief und fest schlief. Harry wollte ihn nicht wieder wecken. Sie konnten am Morgen darüber reden.
Er zog sich schnell um, schlüpfte ins Bett und lehnte sich zurück, Alristers Brief in den Händen. Cupid saß noch immer auf seiner Schulter. Er wünschte sich, er würde verstehen, würde wissen, was in den verlorenen Stunden geschehen war. Er setzte Cupid vorsichtig auf die Stange, auf der sonst oft Hedwig saß, legte sich dann hin und schloss die Augen, und versuchte zu schlafen. Es dauerte Stunden bis es ihm schließlich gelang, und selbst dann, war sein Schlummer unruhig und voll von Albträumen, an die er sich nicht mehr erinnern konnte, als er am Morgen aufwachte.
Als Harry am nächsten Morgen durch die Tür zum Frühstück in die Große Halle trat, waren noch nicht viele Schüler dort. Er war wieder schlagartig aufgewacht, hatte versucht zu schlafen und gemerkt, dass er es nicht konnte. Er hatte sich dann angezogen, und war dann begleitet von Cupid, und ohne Ron zu wecken, zum Frühstück gegangen. Alle in der Halle drehten sich um, als er mit dem Falken auf der Schulter hereinkam, obwohl er versuchte, sie zu ignorieren als er zum Gryffindortisch ging und sich setzte. Cupid sprang von seiner Schulter, setzte sich auf den Rand des Kruges voller Kürbissaft und begann laut von dem orangen Getränk zu trinken.
Harry sah ihm still zu, und fragte sich, was Cupid wusste. Er musste alles gesehen haben, was passiert war.
„Wenn du nur sprechen könntest ...", murmelte er und streckte die Hand aus, um ihn zu streicheln. Cupid setzte sich auf, rülpste leise und setzte sich dann wieder wie ein Papagei auf Harrys Schulter.
Langsam kamen mehr Schüler in die Halle. Harry ließ den Lehrertisch nicht aus den Augen, und jedes Mal, wenn sich die Tür öffnete, sprang sein Herz ein wenig und er hoffte, dass es Alrister sein würde, der kam und alles erklärte. Aber er war es nie. Schließlich waren alle außer dem Reine Künste Professor in der Halle. Dumbledore schien nicht auf Alrister zu warten. Er klatschte in die Hände und die Tische füllten sich mit dem üblichen Frühstück. Alle aßen ohne Bedenken, außer Harry. Ihm war nicht nach Essen zumute.
Alrister erschien während des gesamten Frühstücks nicht, und Harry ging den langen Weg zu Zaubertränke, so dass er an seinem Büro vorbeiging. Die Tür war verschlossen. Niemand antwortete als er klopfte.
Als er schließlich den Zaubertränkeklassenraum erreichte, klopfte und eintrat, sein neuer Falke noch immer auf seiner Schulter, sah Snape plötzlich auf. Harry hätte schwören können, dass er erleichtert aussah, obwohl sein Ton es nicht zeigte.
„Potter! Wo im Namen von Salazar Slytherin bist du gewesen? Diese Stunde hat vor zehn Minuten begonnen!"
„Tut mir Leid", sagte er. „Bin im Verkehr stecken geblieben."
„Fünf Punkte von Gryffindor. Setz dich, pack deine Zutaten aus und beeil dich. Komm nicht wieder zu spät."Er setzte sich wieder, nahm sein nächstes Blatt vom Zu-Benoten-Stapel, fügte dann noch hinzu: „Komm nach der Stunde zu mir, Potter."
Harry blickte auf. Snape sah einen Moment lang zurück, nickte ein ganz klein wenig, und begann wieder Noten zu verteilen.
Harry Zaubertrank wurde heute nichts. Er war so in seinen Gedanken über Alrister versunken, dass er sich einfach nicht konzentrieren konnte, egal, was er tat, und er schließlich fertig war, goss er ein wenig in ein Glas und stellte es auf Snapes Tisch, sich komplett bewusst, dass jeder andere Trank grün war, und seiner ein fröhliches rot zeigte. Snape runzelte die Stirn. „Potter, das nennst du grün?"
Harry sah auf seine Füße. „Entschuldigung, Professor."
Snape wandte den Blick dem Rest der Gruppe zu und sagte: „Ihr könnt gehen!", dann sah er wieder Harry an, während die anderen den Raum verließen. „Was zum Teufel ist heute mit dir los, Potter?"
„Ich ... konnte letzte Nacht nicht schlafen", sagte Harry. Er wusste, dass es eine lahme Entschuldigung war, aber er wollte einfach nicht sagen, dass er einen Teil des letzten Tages verloren hatte. „Professor?"
„Mmm, Potter?", sagte Snape, während er Harrys Zaubertrank in einen Abfalleimer lehrte.
„Wissen Sie, wo Professor Alrister ist?", fragte Harry.
Snape sah angesichts seiner hoffnungsvollen Stimme auf. „Niemand weiß es, Potter."
„Aber ... was ist mit ihm geschehen? Wo ist er?"
Snape sah nun gedankenverloren die anderen Gläser an und schrieb manchmal eine Note in sein Buch, dann sagte er: „Alrister hatte Verbindung mit bekannten Mitgliedern der Streitmächte des Dunklen Lords. Er wurde seit gestern Abend nicht mehr gesehen."
Harrys Augen weiteten sich. „Er hatte Verbindung mit Todessern?"
Snape nickte. „Er ist gestern Abend zwischen acht Uhr und Mitternacht verschwunden. Sein Büro wurde fast leer aufgefunden – es sieht aus, als hätte er Zeit gehabt, zu packen."Er warf dem Falken, der glücklich auf Harrys Schulter saß, einen düsteren Blick zu. „Sein Falke wurde nicht gefunden, aber ich denke, das hat sich jetzt erledigt. Wo hast du ihn her, Potter?"
Harry durchsuchte einen Moment lang seine Taschen und gab Snape dann den Brief. „Er kam letzte Nacht in meinen Schlafsaal – und das hatte er dabei."
Snape nahm den Brief und las ihn durch, dann meinte er: „Hmm ... gut, Potter, ich kann dir sagen, dass in du in ein paar Tagen Neuigkeiten erhalten wirst. Ob von mir, dem Direktor oder dem Tagesprophet bleibt abzuwarten. Nun beeil dich, oder du wirst auch zur nächsten Stunde zu spät kommen."
„Okay, danke, Professor."Cupid tat es ihm mit einem fröhlichen ‚fwiiiiiiii' als Verabschiedung gleich und dann verließen sie gemeinsam den kalten Kerker und gingen hinauf in die hektische Schule. Obwohl Harry wusste, dass er nichts sehen würde, konnte er nicht anders, als in den Korridoren Ausschau nach einem großen Mann im Piratenstil zu halten. Wenn er genau hingeschaut hätte, hätte bemerkt, dass der kleine Falke auf seiner Schulter es ebenfalls tat.
