HARRY POTTER UND DER FLUG DES PHÖNIX

Von The Velvet Ghost / Übersetzung von Christa Potter

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KAPITEL 33 – Hagrid, Die Omi

Harry sah auf zu Snape und ihm fiel nichts ein, was er darauf erwidern konnte. Er wusste, dass Snape teilweise Recht hatte. Oder zumindest konnte Harry Snape nicht als Freund, oder als Ehemann, oder als Ehebrecher sehen. Er konnte sich Snape ihn den langen, wehenden, schwarzen Roben der Todesser sehen, die weiße Maske, das Dunkle Mal auf seinen Arm tätowiert. Mit einem komischen Stechen in ihm erinnerte er sich daran, wie Snape nach dem Streit mit Blaise Zabini seine Wunden versorgt hatte, und er ihn sich einen kurzen Moment lang als Onkel und sogar als Vater vorgestellt hatte. Und wie immer konnte er Snape als den verhassten Zaubertrankprofessor sehen, der er immer gewesen war.

Snape grinste gelangweilt. „Es ist wahr, habe ich Recht?"

„Zum Teil", sagte Harry. „Ich ... es ist so ... nun, Ron sieht Sie nicht mehr als Professor, und mit Ron rede ich am meisten. Er sieht Sie nur als Todesser. Es ist die einzige Ansicht von Ihnen, die ich mit jemandem anderen teilen kann."

Snapes dunkles Augen glitzerten amüsiert, als er sich in seinem Stuhl zurücklehnte und Harry über seine zusammengelegten Finger hinweg ansah. „Meine Zaubertrank Professorin war das Model eines Künstlers. Für viele Muggelzeichner posierte sie nackt. Dem zufolge, was ich von dem Wispern meiner damaligen Mitschüler erfahren habe, konnten die anderen Jungen in der Klasse sie nicht ansehen, ohne sie sich nackt vorzustellen. Black, denke ich, war davon besonders stark betroffen. Es war vielleicht der Grund, warum er UTZ Kurs in Zaubertränke belegte ... aber wie seltsam. Ich habe mir nie vorgestellt, dass es von mir nur eine Ansicht gibt."

„Also hat es nichts mit Voldemort zu tun", sagte Harry neugierig.

„Nein, hat es nicht, Potter." Snape sah ihn einen Moment lang genau an und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück; eine Hälfte seines Gesichts war in Schatten gehüllt, die andere wurde vom Kerzenlicht erhellt. „Offensichtlich habe ich dich überschätzt. Hast du nie von Zauberer Hochzeiten gelernt?"

Harry schüttelte den Kopf. „Es gab keinen Grund dafür ... warum? Ist sie anders als die Muggel Hochzeit?"

„Es gab eine Zeit, in der sie nicht viel verschieden waren", sagte Snape. „Natürlich liegt diese Zeit mehrere tausend Jahre zurück. Damals lebten Zauberer und Muggel in Harmonie miteinander. Ich kann dir sagen, dass Professor Binns versucht hat, euch das beizubringen, und schrecklich versagt hat ... wie auch immer ... zu dieser Zeit zeigte sich ein Großteil des magischen Volkes. Ich denke, die Muggel nennen das, wovon wir Zauberer wissen, dass es wahr ist, Fiktion. Elfen, Greife, Einhörner, Phönixe, Magie ... sie kommen zu einer gewissen Zeit in jeder Muggel Sage vor. Natürlich konnten die Muggel nicht lange mit uns in Frieden leben. Sie haben Angst vor allem, was anders ist – ob es nun die Rasse ist, Geschlecht, Sexualität, Religion oder noch viel mehr. Also zogen sich die Zauberer in Verstecke zurück."

Harry hörte gespannt zu und merkte, dass er tatsächlich Geschichte der Zauberei lernte und noch mehr wissen wollte.

„Einige Jahrhunderte lang hielten die Muggel ein paar unserer Praktiken und Glauben aufrecht", sagte Snape. „Muggelgeschichten aus dieser Zeit weisen häufig auf die magische Gesellschaft hin. Der größte Glaube, an dem sie festhielten, war die Hochzeit, obwohl es mehr eine Praktik als ein Glaube für sie war. Muggel sind einfache Kreaturen, sogar noch einfacher als Hogwarts Schüler. Ein Mann und eine Frau werden in einer Zeremonie verbunden, und dieser Bund ist heilig. Er darf unter keinen Umständen gebrochen werden. Wenn ein Zauberer und eine Hexe sich bereit erklären zu heiraten, bleiben sie für den Rest ihres Lebens zusammen. Die Muggel sahen dies, und sie waren diese typischen hirnlosen Kreaturen und kopierten uns. Bis zur Zeit eines ihrer Könige, Heinrich VIII., war die Scheidung in England verboten, denn das Land war großteils katholisch."

„Und dann gründete er seine eigene Kirche", sagte Harry, der sich daran aus dem Geschichtsunterricht an seiner alten Muggelschule erinnerte. „Damit er sich ohne die Genehmigung des Papstes scheiden lassen konnte."

Snape sagte: „Du hast Recht. Die Scheidungsrate weltweit war sehr niedrig. Muggel Hochzeiten waren, das muss ich zugeben, sehr stark, fast so wie die Zauberer Hochzeiten. Und dann wurde die Scheidung erlaubt, und die Heiligkeit der Hochzeiten fiel. Sie sinkt noch immer. Ein Viertel aller Ehen enden in der Scheidung."

„Aber ... warum sind die Zauberer Hochzeiten sind auch so gefallen?", fragte Harry.

Snape lächelte grimmig. „Der Bund, der bei Hochzeiten entfacht wird, kann nicht gebrochen werden, Potter, außer durch eines – den Tod. Solange beide Partner am Leben sind, wird der Bund in ihren Köpfe arbeiten, damit sie sich bis an ihr Lebensende lieben. Und das ist natürlich die Situation, in der ich ins Spiel komme ... Ehebruch."

Harry dachte einen Moment nach, um seine Frage formulieren zu können, ohne beleidigend zu wirken. „Jemand, der versucht, den Bund zu zerstören, wird vom Pech verfolgt, nicht wahr? Ist das, warum ...?"

Snape nickte. „Der Bund zwischen Rookwood und seiner Frau tut alles in seiner Macht stehende, um mich dafür bezahlen zu lassen. Du hast gesehen, wie meine Magie am Grimmauldplatz nicht funktioniert hat? Und ja, das schrecklich Pech ist auch eine der Nebenwirkungen."

„Warum ... warum geben Sie nicht auf? Der Bund wird schließlich etwas schreckliches tun, nicht wahr? Er könnte ..."

„Mich töten", beendete Snape. „Und ja. Das wird er schließlich."

„Warum tun Sie es dann? Es ist Ihr Leben nicht wert", sagte Harry verzweifelt. „Wenn der einzige Weg, den Bund zu brechen, Rookwood zu töten ist, dann sollten Sie es tun, bevor Sie so weitermachen, oder warten, bis jemand anderes Rookwood tötet. Sie werden sterben, wenn Sie nicht aufhören." Er hielt inne, und fuhr dann blind fort und sagte: „Dumbledore würde nicht wollen, dass Sie sterben. Was ist mit mir? Was werde ich machen, wenn Sie tot sind? Wer wird mir einen elektrischen Schlag verpassen, wenn ich etwas gefährliches mache?"

„Beruhige dich, Potter", sagte Snape leise. „Ich habe die Sache unter Kontrolle ... seit langem ist nichts belastendes mehr passiert und es wird so bleiben, bis Rookwood tot ist."

„Waren sie schon verheiratet, als Sie sie trafen?", fragte Harry.

Snape schüttelte den Kopf. „Nein, ich kannte sie schon lange vor ihm. Ich traf sie in meinem sechsten Jahr ... und dann riss er sie von meiner Seite und ging sicher, dass sie nie wieder mein sein konnte. Er heiratete sie."

Harry senkte den Blick und fragte sich, was er sagen konnte. Nach ein paar Augenblicken murmelte er: „Tut mir Leid ..."

„Was tut dir daran Leid, Potter?", fragte Snape und hob eine Augenbraue. „Ich hatte gedacht, dass dich diese Geschichte erheitern würde."

Harry schüttelte den Kopf und das Bild von Mark Erith erschien vor ihm, und Cho, die ihm sagte, dass es jemand anderen gäbe. „Nein. Ich weiß, Sie denken nicht, dass ich ein sehr nachdenklicher Mensch bin ... ich weiß aber, wie es ist. Rookwood sollte dafür sterben."

„Sollte er?", sagte Snape und seine andere Augenbraue bewegte sich nach oben. „Nur dafür, dass er jemanden geheiratet hat?"

Harry schüttelte wieder den Kopf und diesmal sah er Draco, der am Bahnhof sanft das Thestral streichelte und er erinnerte sich, dass es Rookwood gewesen war, der Lucius Malfoy vor den Augen seines Sohnes getötet hatte. „Nicht nur für das. Für viele Dinge." Er hielt inne und dachte über etwas nach, dann hob er den Blick und traf auf Snapes dunkle Augen. „Professor?"

Snape war aufgestanden und ging in die Ecke, wo er verschiedene Flaschen und Gläser auf einem Regal durchstöberte. „Mm, Potter?"

„Warum sagen Sie mir das alles? Warum vertrauen Sie mir?" Harry stand auf, folgte ihm und lehnte sich gegen einen Kessel. „Keine Beleidigung, aber Sie sind nicht die Art von Mensch, der seine Geheimnisse jemandem wie mir anvertraut ..."

Snape lächelte sanft, nahm eine Flasche aus dem Regal, las das Etikett und stellte sie wieder zurück. „Der Beschützerbund, Potter."

„Was ist damit?"

„Ich gebe zu, ich hätte nie gedacht, dass es mit unserem Bund geschehen würde", sagte Snape kühl. „Er hat mehr Zwecke, als dich zu beschützen, oder mich zu alarmieren, wenn du in Gefahr bist. Manche Bunde werden fast eine Vertrauenssache ... sollte der Schützling seinem Beschützer etwas anvertrauen wollen, wird der Beschützer nicht in der Lage sein, dies jemand anderem zu sagen. Der Bund in dir ist sich dessen bewusst, und sollte ich dir etwas anvertrauen, wird du ebenfalls nicht in der Lage sein, es jemand anderen zu sagen. Es ist ein wunderbares System."

„Warum waren Sie dann immer so besorgt, ich könnte Ron und Hermine über Ihre Geheimnisse erzählen?", fragte Harry stirnrunzelnd.

„Ich wollte nicht glauben, dass das Vertrauen in unseren Bund getreten war", sagte Snape. Er nahm eine weitere Flasche herunter und diesmal war es die richtiger. „Ah ... weit aufmachen, Potter."

„Was ist das?", fragte Harry besorgt und ging ein wenig zurück, als Snape mit der Flasche näher kam.

„Ein Trank gegen Lebensmittelvergiftung", sagte Snape. Er zog den Stöpsel heraus und gab Harry die Flasche. „Das Risotta ist noch immer eine Bedrohung."

Harry trank die Flasche langsam aus und schloss seine Augen wegen dem schrecklichen, sauren Geschmack. Als er fertig war zog er die Nase kraus, gab Snape dann die Flasche und wischte sich über den Mund. „Sie könnten ihn nicht ein weniger süßer machen, oder?"

Snape lächelte. „Es ist viel wichtiger, dass er wirkt, als dass er süß schmeckt. Wenn du einen Löffel voll Gift in deinen Mund führst, Potter, dann wirst du – "

Plötzlich hörten sie ein Klopfen an der Tür und Snape wirbelte herum. Harry, überrascht und von Snapes Ellbogen getroffen, schrie erschrocken auf und viel laut polternd in einen Kessel hinter ihm. Er fluchte und wusste, wie dämlich er aussehen musste, weil nur seine Beine aus dem Kessel ragten.

„Professor?", rief er mit gedämpfter Stimme, weil sein Kinn gegen seine Brust gedrückt war. „Ein wenig Hilfe?"

„Ich hab also den richtigen Raum erwischt", sagte eine sanfte, amüsierte Frauenstimme. Harry hielt sofort den Mund, hörte genau zu und versuchte, über den Rand des Kessels zu spähen.

„Mm, das hast du", sagte Snape, drehte sich um sah auf Harry im Kessel hinunter. „Ich weiß, dass du manchmal kein Rückgrat hast, Potter, aber sich immer verstecken, wenn jemand an der Tür klopft, geht doch ein wenig zu weit, meinst du nicht auch?"

Harry bewegte sich ein wenig, und öffnete den Mund, um Snape zu sagen, er solle nicht so ein Idiot sein und mit ihr reden, aber er merkte langsam aber sicher, dass noch ein wenig Zaubertrank in diesem Kessel war, und er brannte in Loch in seine Hose. Als ein Resultat seiner Bewegung bemerkte Snapes Freundin ihn.

„Kochen wir wieder Schüler, Severus?" Er hörte ihre Absätze auf dem Boden klicken und dann er schien diese Frau an Snapes Seite und sah auf Harry mit einem cleveren Lächeln auf den Lippen. „Ah ... Harry Potter. Ich hab mich gefragt, wann ich dich treffen würde."

„Ist mir 'ne Ehre", murmelte Harry und hob seine Hüfte so weit wie möglich vom Kesselboden ab, damit sich seine Hose nicht komplett auflösen konnte.

„Willst du uns nicht vorstellen, Sev?", sagte sie mit gehobener Augenbraue und einem kühlen Lächeln.

Snapes rechtes Auge zuckte, weil er in der Öffentlichkeit mit einem Kosenamen angesprochen worden war und er murmelte: „Das ist Potter. Potter, das ist Andralyn."

Andralyn? Harry fragte sich einen Moment lang, wo er den Namen schon einmal gehört hatte. „Hallo", sagte er atemlos und sich bewusst, wie dumm er aussehen musste, weil seine Beine wie Fernsehantennen in die Luft ragten.

„Es ist mir eine Ehre", sagte sie, fast sanft schnurrend. Sie lehnte sich nach vor in den Kessel und reichte ihm eine blasse, zarte Hand mit langen, perfekt manikürten Fingernägeln. Er nahm sie, einen Handschlag erwartend, doch mit überraschender Stärke für eine solch dünne Frau half sie ihm aus dem Kessel und stellte ihn wieder auf die Beine. Er ging sicher, dass sein Rücken gegen die Wand gepresst war, um das Loch in seinem Hosenboden zu verbergen.

„Danke", sagte er.

Sie lächelte sanft, dieses coole, clevere Lächeln. Snape hatte guten Geschmack, dachte Harry.

Der Professor räusperte sich laut. „Gibt es einen Grund, warum du hergekommen bist, oder bist du dem Helfen Wir Schuljungen Aus Kesseln Club beigetreten?"

„Oh nein, sie haben mich wieder nicht aufgenommen." Sie lächelte süß. „Dumbledore will, dass ich dich in sein Büro bringe, damit wir alle als Erwachsene über die ... ähm, Situation sprechen können."

„Ist Rookwood hier?", sagte Snape und seine Augen verengten sich bedrohlich.

Sie gluckste. „Oh, ja, natürlich, Severus, wir haben es geschafft, einen gesuchten Todesser aufzuspüren, und er ist freiwillig in diese Schule gekommen, und hat zugestimmt, keinen Schüler oder Dumbledore zu töten. Er weiß auch, dass seine Frau eine Affäre hat, aber er geht ziemlich gut damit um."

Snape rollte mit den Augen. „Sarkasmus. Das war vorher zu sehen." Er warf Harry einen Blick zu und sagte: „Potter, ich werde bald zurück sein, in zehn Min-"

„In einer Stunde", verbesserte sie. „Eigentlich könntest du deine Sachen packen und – "

„Bleib, wo du bist, Potter", knurrte Snape. „Es wird höchstens eine halbe Stunde dauern." Er zog seinen Zauberstab aus dem Ärmel und beschwor ein Buch mit dem Titel: ‚Wie Betrüge Ich Einen Muggel Mit Hilfe Von Legilimentik Und Den Reinen Künsten.' „Wenn ich zurück komme, erwarte ich von dir, dass du in der Lage bist, einen Muggel davon zu überzeugen, dass du übersinnliche Kräfte hast."

Ohne ein weiteres Wort ging er die Tischreihen entlang und öffnete die Tür, wodurch ein kalter Windhauch in den Raum drang, der Harrys Haar in Unordnung brachte. Andralyn lächelte Harry zu – ein sehr hübsches Lächeln, bei dem Draco weiche Knie bekommen hätte – und folgte dann Snape. Als sie aus der Tür ging, sah Harry, wie sie Snape sanft in die Wange kniffe und wie Snape daraufhin den Mund verzog, bevor die Tür ins Schloss fiel. In dem Moment, als Still einkehrte, schrie Harry vor Schmerz auf und wehte seinem Hinterteil fluchend mit der Hand Luft zu.

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Rons Gesicht, als Harry in den Gemeinschaftsraum kam, seinen Umhang über den Kopf riss und ein großes Loch in seinem Hosenboden zum Vorschein kam, war etwas, das Harry niemals vergessen würde.

„Was zum Teufel ist – "

„Ich bin in einem Zaubertrank gesessen", sagte Harry wütend. „Ich hab die letzten zwei Stunden meinen Umhang um meine Rückseite halten müssen."

„Du bist in einem Zaubertrank gesessen", sagte Ron, mit einem Gesicht das andeuten ließ, dass er kein einziges Wort glaubte.

„Es hat wehgetan!", sagte Harry wütend. „Ziemlich! Snapes Freundin musste mir aus dem Kessel helfen!"

Ron hob eine Augenbraue. „Du warst in einem Kessel und Snapes Freundin musst dir heraushelfen, weil du in einem Zaubertrank gesessen bist."

„Ja!", sagte Harry und packte seinen Pyjama. Ron hielt sich ein Buch vor die Augen, während Harry sich umzog, noch immer wütend redend. „Und ich würde ein wenig mehr Sensibilität von dir erwarten."

Ron grinste in seine Hände. „Sei nicht so, Harry. Besorg dir einfach ein Paar neue Hosen und heb die alten auf, Hermine kennt sicher einen seltsamen Loch Durch Zaubertrank In Der Hose Zauber. Vielleicht ist der Artikel darüber."

„Und Hermine kann jetzt in die Zukunft sehen, oder?"

„Sicher, sie hat es wahrscheinlich während der Weihnachtsferien gelernt. Ich wäre nicht überrascht."

Harry zog sich das Pyjamaoberteil über den Kopf und knöpfte es zu. „Da, du kannst wieder hersehen." Er trug seine Hose hinüber zu seinem Koffer, stopfte sie hinein, schlug den Deckel zu, richtete sich auf und fuhr vor Überraschung zusammen, als er einer großen brauen Eule direkt in die Augen blickte, die draußen auf dem Fenstersims stand und gegen das Glas klopfte. Er zog das Fenster auf, nahm ihr den Brief ab, der hastig auf ein zerrissenes Stück Pergament gekritzelt war, und dann flog sie wieder davon in die Nacht.

Stirnrunzelnd las Harry den Brief, und als er fertig war, breitete sich ein aufgeregtes Lächeln auf seinem Gesicht aus. „Ron! Sly bekommt ihr Baby! Hagrid hat es mir gerade geschrieben!"

„Was?" Ron war sofort vollkommen wach und aus dem Bett.

Harry stopfte Hagrids Brief in seine Tasche, packte seinen Tarnumhang und zog seine Hausschuhe so schnell an, dass er nicht merkte, dass einer davon Ron gehörte und am falschen Fuß war. Ron zog seinen Chudley Cannons Bademantel über seinen Pyjama an und dann liefen beide hinaus in den dunklen Korridor.

„Wie war noch mal der Weg?", sagte Ron und sah sich um. „Ich find im Dunkeln einfach nicht hin."

„Schhh", sagte Harry. Er war den Tarnumhang über sich und Ron und ging sicher, dass kein Körperteil darunter hervorlugte und sagte dann: „Wir müssen hier lang in die Richtung des Astronomieturms, und dann ist da diese Treppe ... es wird nicht schwer sein ..."

Sie machten sich auf den Weg durch die dunklen Korridor, wobei sie sich leise und langsam bewegten und immer wieder überprüften, dass niemand in ihrer Nähe war. Eigentlich war es Ron erlaubt, in der Nacht draußen zu sein, aber es würde verdächtig aussehen, wenn er seinen Pyjama und einen grellen orangen Bademantel trug und in Richtung Astronomieturm ging. Es gab in der Schule nur einen Ort, der besser geschützt war als der Astronomieturm, und das waren Snapes Kerker. Jeder Schüler, der sich dort in der Nacht herumschlich, würde in kleine Stücke gehackt und am nächsten Tag von Snapes erster Klasse in einen Photoentwicklungstrank verarbeitet werden. Professor Sinistra bewachte ihre Kammern offenbar genauso sorgfältig, und der Astronomieturm war der sicherste Ort der Schule.

Als sie sich der Eingangshalle näherten, bemerkten beide plötzlich ein komisches Geräusch, als würden viele kleine Kinder Bauernhoftiere imitieren. Als sie an der Marmortreppe angekommen waren sahen sie Charlie Weasley, der die Opsittops durch die Eingangshalle jagte und versuchte, sie in einer großen Kartonschachtel am Fuß der Treppe zu stecken. Das niesende Opsittop machte einen Fluchtversuch über die Marmortreppe hoch, wobei es springen musste, um sich über jede einzelne der Stufen hinaufziehen zu können und alle paar Sekunden nieste. Ron gab ein komisches Geräusch von sich, als Sneezy unter dem Tarnumhang verschwand, um sich vor Charlie zu verstecken, aber glücklicherweise bemerkte Charlie nichts.

„Wirf ihn raus", flüsterte Ron.

„Schhh", zischte Harry. „Er wird bald von selbst gehen."

Ron schrie leise auf und Harry stieß mit seinem Ellbogen hart gegen Rons Seite und war wirklich froh, dass Charlie so sehr mit den anderen Opsittops beschäftigt war, dass er Rons überraschten Aufschrei nicht gehört hatte. Ron sagte leise: „Er klettert an meinem Hosenbein hoch, Harry."

„Schüttle ihn raus", sagte Harry. „Und sei ruhig! Charlie könnte dich hören!"

Ron bewegte sich neben ihm und sie hörten ein Plumps und ein Niesen und Ron seufzte. „Er ist draußen. Komm schon, schnell, bevor er wieder versucht, mein Bein in eine Leiter zu verwandeln."

Sie beeilten sich, weiter zu kommen und gingen schnell einen Korridor entlang. Harry war gerade stehen geblieben, um zu überleben, wie sie weitergehen musste, als Ron nach Luft schnappte.

„Er folgt uns!"

Sneezy tappte hinter ihnen den Korridor entlang, seine Arme ausgestreckt, als ob er jemanden umarmen wolle, und machte ein hohes, fast quietschendes Geräusch, während er lief. „Kann er uns sehen?", flüsterte Harry mit großen Augen.

„Offenbar nicht", sagte Ron, als Sneezy, noch immer quietschend, direkt an ihnen vorbei lief. Das kleine Opsittop blieb stehen und sah sehr verwirrt aus, während er sich in der Dunkelheit umsah. „Komm schon." Ron stieß Harry an und sie begannen, sehr leise den Korridor entlang zu gehen, immer darauf bedacht, dass Sneezy ihnen nicht wieder folgte und andauernd Rons Bein umarmte.

Sneezy sah noch immer sehr verwirrt aus und seine großen, grünen Augen füllten sich mit kleinen Tränen, und dann, zu ihrer Überraschung, sagte er mit einer Stimme, die genau wie Rons klang: „Harry?"

Harry blieb stehen und starrte ihn an. Ron erstarrte neben ihm und flüsterte: „Er kann sprechen!"

„Nein, kann er nicht, er hat dich nur gehört", sagte Harry.

„Harry?", krächzte Sneezy. Er sah sich verängstigt und mit großen Augen in der Dunkelheit um. „Ron?"

„Oh, wir können ihn nicht hier lassen", flüsterte Ron. „Sieh ihn dir an. Er wird gleich in Tränen ausbrechen."

Harry seufzte und hob den Rand des Tarnumhangs ein wenig hoch. „Sneezy! Komm hier her und sei leise!"

Sneezys Augen weiteten sich und auf seinem Gesicht zeigte sich Freude, als er herüber tappte und wieder quietschte. Ron sprang ein wenig in die Luft und zischte: „Er umarmt wieder mein Bein, Harry!"

„Er tut dir doch nichts", sagte Harry. „Tritt ihn nicht. Komm schon, Sly hat vielleicht schon ihr Baby."

Sie gingen endlich weiter. Harry sagte Ron andauern, er solle aufhören, sich zu beschweren; Ron stöhnte wegen Sneezy, und Sneezy saß bequem auf Rons Schuh und gab zwischen dem Niesen ein nettes, gurgelndes Geräusch von sich. Es schien, dass es Stunden dauerte, bis sie die Tür in der Treppe gefunden hatten, durch den steinernen Raum waren und in der Drachenhalle waren.

Hagrid und Draco waren bereits da. Mit ziemlich viel Mut, wie Harry dachte, saß Draco neben Slys Kopf und legte ihr nasse Handtücher über Hals und Gesicht. Offenbar funktionierten Kühlungszauber nicht. Drachenhaut stieß die meisten Zauber ab. Hagrid stand bei ihrem Bauch, den er sanft rieb und somit nach dem Baby fühlte. Norbert ging immer auf und ab, wobei er aussah wie jeder Vater, bevor sein erstes Baby geboren wurde, und als Harry und Ron den Umhang herabzogen, kam er zu ihnen herüber und beschnupperte sie. Ron stand stocksteif da, und zitterte in seinem grellen orangen Bademantel, während Norbert ihn genau ansah.

Sneezy hatte nicht so viel Angst wie Ron. Er starrte Norbert an, als er an der Reihe war, beschnuppert zu werden, und gab ein neugieriges: „Ooooooooooh", von sich, begleitet von einem Niesen. Norbert zog sich empört zurück und ließ sie vorbei, offenbar besorgt, er würde wieder von Opsittop Spucke bespritzt werden.

Harry ging hinüber zu Draco und setzte sich neben ihn. Der Slytherin sah ziemlich mitgenommen aus. Sein blondes Haar war unordentlich auf seinen Schultern verteil und er trug noch immer eine sehr zerknitterte Schuluniform, mit ungebundener Krawatte und halb eingestecktem Hemd; sein Umhang war über einen Stuhl in der Nähe geworfen. „Gib mir noch ein Handtuch", sagte er über seine Schulter. Harry gab ihm eines und Draco legte es vorsichtig auf Slys Stirn. Sie gab ein hohes, schwaches Schreien als Dank von sich.

„Wie lange geht es ihr schon so?", fragte Harry, rollte die Ärmel von seinem Pyjama hoch und beschwor noch ein paar Handtücher herauf.

„Ein paar Stunden", sagte Draco. Er seufzte müde. „Drachengeburten können in einer Stunde vorbei sein, oder können ein paar Tage dauern. Denk in Quidditch Längen."

„Oh, klasse", sagte Harry ein wenig sarkastisch.

Alle Anwesenden zuckten zusammen, als Sly einen hohen, lauten Schrei von sich gab, ihre mächtigen Krallen schlugen aus und warfen ein paar Heuballen zu Boden. Ron schrie auf und das von oben auf ihn fallende Heu warf ihn zu Boden. Während er nächsten fünfzehn Minuten saß Sneezy in der Ecke und imitierte Rons Schrei perfekt, bis Ron versuchte, den kleinen Opsittop in Slys Wasser zu ertränken, und Sneezy hielt ziemlich schnell den Mund.

Die Stunden vergingen, die Kerzen brannten herunter, bis die Decke mit Spinnenhaften Schatten überzogen war und alles in düsteres Licht getaucht war. Charlie Weasley erschien mit dem Rest der Opsittops und er und Ron verbrachten die Nacht damit, sie zu unterhalten, während sich Harry, Draco und Hagrid um Sly kümmerten. Es war zwei Uhr morgens, als Harry merkte, wie müde er war und dass seine Augen fast zufielen.

„Draco", sagte er schläfrig. „Wach auf."

Draco wachte mit einem überraschten Schnauben auf und fiel fast in kopfüber in das warme Wasser für die Handtücher. „Was?"

„Wir haben einen Drachen in den Wehen, falls du es vergessen hast", sagte Harry. Er rieb sich müde die Augen, nahm ein weiteres Handtuch aus dem Wasser und legte es sanft um Slys Hals, obwohl es eigentlich nichts half. Der Drach schrie wieder, ihr Schwanz schlug zur Seite und köpfte fast Hagrid.

Draco stöhnte und fuhr sich müde mit der Hand durch das Haar. „Ich bin müde. Ich rieche nach Drachenmist. Mein Haar ist ein Chaos. Ich hab Stroh auf meinen Kleidern. Ich sollte das nicht tun müssen ... bei Merlin, ich will Astronom werden. Ich werde nicht in einem schrecklichen, dunklen, strohübersäten, - "

Seine Worte wurden augenblicklich unterbrochen, als Sly so schrecklich, laut und hoch kreischte, dass Harry zuerst dachte, es wäre die Sirene. Alle schlugen die Hände über die Ohren – sogar die Opsittops – als Sly weiter um sich schlug, Kerzen von den Wänden riss und mehrere Wassercontainer umstieß, deren Wasser überall hinspritzte. Draco rief: „Ich GLAUB es einfach nicht!", als er von der Hüfte abwärts komplett mit Wasser getränkt wurde, und in den paar Sekunden Ruhe, die danach einkehrten, stampfte er mit Fuß auf und sah aus, als würde er gleich in Tränen ausbrechen. „Das ist es! Ich kündige! Stopft euch euren dummen Drachen sonst wo hin, es ist mir egal!"

Aber er verstummte, und Harry ebenfalls, als ein sanftes, fast unhörbares Geräusch an ihre Ohren drang. Ein winziges, sanftes kleines wimmerndes Geräusch. Sie drehten sich alle um, als Hagrid hinter Sly hervorkam und ein nasses Bündel Handtücher in seinen riesigen Armen hielt. Alle verstummten augenblicklich, und das Wimmern wurde ein wenig lauter, als Hagrid das Bündel zu ihnen trug und sich hinkniete.

Der Babydrachen war winzig, gerade mal die Größe eines Hasen, seine flaschengrünen Schuppen nass und zart, seine Flügel um ihn herum verknittert und zwei kleine Hörner waren auf seinem Kopf sichtbar. Er schrie ganz leise. Harry fühlte ein Stechen an seinem Herz. Hagrid offenbar ebenfalls. Freudentränen sickerten langsam in seinen Bart. Charlie erschien an Hagrids Schulter, gefolgt von einer Gruppe neugieriger Opsittops, und Harry konnte fast den Knoten in Charlies Hals sehen.

„Wunderschön", flüsterte Hagrid.

„Jep", sagte Charlie mit seltsam erstickter Stimme.

Sly schnaubte schrill, drehte den Kopf müde zu ihnen um und schnüffelte sanft nach ihrem Baby. Hagrid und Charlie gingen zu ihr hinüber und setzten sich neben ihren Kopf. Hagrid hielt ihr den winzigen Babydrachen entgegen und Harry sah fasziniert zu, wie Sly ihr Kleines liebevoll liebkoste. Das Baby hustete ein wenig, fast ein Quietschen, und seine kleine Arme streckten sich in Richtung ihrer Schnauze. Hagrid schluckte ein Schluchzen und etwas, das sich anhörte, wie: „Das ist mein Enkelsohn", und dann ging ein Zittern durch alle Anwesenden, als Sly begann, zu singen.

Es war eines der schönsten Dinge, die Harry je gehört hatte. Sanft und hoch, beruhigen, genau das Gegenteil von dem, was die Drachen in den Augen der meisten Zauberer waren. Harry fühlte sich, als würde er in eine dicke, weiche Decke gewickelt, wurde kleine und drehte sich um, um sich gegen jemanden warmen und sanften zu kuscheln. Eine Frauenstimme sang ein Lied, an das er sich nicht erinnern konnte, das er aber niemals vergessen würde. Irgendwo bemerkte er, dass er Stimmen hörte, und über ihm erschien jemand in seinem Blickfeld und eine Hand legte sich sanft auf seinen Kopf.

„Er ist wunderschön, nicht wahr, James?", sagte eine sanfte Stimme und etwas in ihm zog schmerzvoll.

„Fast so sehr wie seine Mutter ...", kam die Antwort, ruhig und sanft. Harry fühlte etwas starkes von dieser Stimme. Etwas, das ihm sagte, dass er sicher war. Etwas, das ihm sagte, dass er nie hungrig sein würde, oder niemals kalt, oder jemals alleine sein würde.

Sehr verschwommen verflogen diese Gedanken wieder, und der Hunger in seinem Magen kehrte zurück, begleitet von der Kälte der Astronomiehalle. Er sah sich um. Die anderen schienen dasselbe durchlebt zu haben. Ron und Charlie lächelten. Aber Hagrid und Draco sahen aus, wie sich Harry fühlte. Eigentlich sehr allein.

„Was war das?", sagte Harry, während Sly weiter für ihr Baby sang.

„Das Lied einer Drachenmutter", sagte Charlie. Er lächelte sanft. „Es bringt Erinnerungen zurück, bei denen du noch sehr klein warst und deine eigene Mutter für dich gesungen hat."

Dracos Kopf fiel nach vorne, sein Haar fiel über seine Augen, vielleicht, um etwas zu verbergen. Hagrid schüttelte den Kopf und sagte: „Nun. Wo sin' die Opsittops? Wir müssen ihnen das Lied lernen."

Die Opsittops lernten jedoch bereits. Sie standen in einer Gruppe um Charlies Beine, starrten die Drachen mit großen, aufgeregten Augen an und wiegten im Takt nach links und rechts. Harry konnte das Verständnis auf ihren kleinen Gesichtern praktisch sehen. Einer oder zwei begannen, zu summen. Jemand pfiff die Melodie mit. Ein paar begannen, zu murmeln und nahmen ein paar Noten auf, und dann wurden ein paar kleine Stimmen mutiger und sangen sanft. Es dauerte nur noch ein paar Sekunden, bis die gesamten Opsittops sagen und einen kleinen Chor bildeten. Charlie summte nun auch leise, Hagrid folgte, und Harry merkte, wie er die Melodie sanft pfiff, und bald sangen alle in der Drachenhalle. Die Melodie wurde von den Steinwänden zurückgeworfen, und ließ die Flammen auf den Kerzen flackern, und sogar Draco sang durch die Tränen hindurch, die er für seine verlorenen Eltern vergoss. Harry konnte sich vorstellen, wie das große Schloss das Lied zurückwarf, hoch und sanft und das gesamte Hogwarts für den kleinen Babydrachen erhellte.