Part 4

Dunkelheit.
Nicht das Schwarz der Nacht.
Er war von der Dunkelheit seiner bösen Träume umgeben.
Als er an sich hinuntersah konnte er nichts außer der bekannten Schwärze erkennen, was aber nicht weiter verwunderlich war.So war es doch immer.
Harry war kalt.Er fror und fühlte, dass er eine Gänsehaut bekam. Ihm war aber nicht klar wo und er drehte sich unruhig und erregt im Kreis, aus Angst, aus dem Hinterhalt angefallen zu werden.
Es kam ihm vor, als sei er eine Ewigkeit im Nichts gestanden...geschwebt...was auch immer, bevor er ein trübes Licht vor sich sehen konnte.Es war einfach mitten aus diesem Nichts aufgetaucht und wurde immer größer und heller.Zudem fühlte Harry, wie ihn irgend etwas zu diesem mysteriösen Licht zog.Als es fast sein ganzes Sichtfeld einnahm, fühlte er einen Ruck durch seinen Körper gehen und stand plötzlich in einer riesigen Halle.
Harry sah sich unruhig um und suchte diesen unbekannten Ort nach Voldemort ab.Bis jetzt hatte er nur gesehen, was Voldemort getan hatte und wenn dieser nicht da war konnte das kein Traum vom Dunklen Lord sein.
Im schwachen Licht der einzelnen Fackeln an der Wand konnte Harry erkennen, dass er in einer Eingangshalle stand.Es mussten wohl Bilder an den Wänden hängen, aber Harry sah nur ihre Umrisse.
Eine breite und dunkle Treppe erstreckte sich vor seinen Augen und schwaches Gemurmel war aus dem ersten Stock zu hören.
Zaghaft stieg er die Stufen hoch und fühlte den weichen Teppich unter seinen nackten Füßen.Das Geländer war aus Holz, aber so kalt, als sei es Stein.
Harry ging eine Treppenstufe nach der anderen voran, aber es schien kein Ende zu nehmen, bis er einen schwachen Lichtstrahl durch eine angelehnte Tür dringen sah und sich kurz danach vor ihr befand.
Immernoch konnte er nur gemurmelte und leise Worte hören und obwohl die Personen, denen diese Stimmen gehörten, hinter der Tür stehen mussten, hörte es sich so an, als wären sie weit weg.
Harry stieß die Tür an und mit dem, was er dann sehen konnte, stieg die Lautstärke des Gesagten an.
Dort saß unverkennbar Voldemort.Er trohnte hinter einem teueren Schreibtisch und nach einem Blick zu der Person, mit der er sprach, war sich Harry sicher, sich auf Malfoy Manor zu befinden.
,,Ich habe deinem Sohn einen Brief geschickt, Narzissa'', der bekannte Ekel stieg in Harry hoch, als er diese Stimme hörte.
Die blonde Frau hob ihren Kopf ganz leicht und Harry fiel auf, dass sie zitterte.Ob vor Angst oder Wut konnte er nicht sagen.
Sie trug ein tief geschnittenes schwarzes Kleid, dass ihr bis zu den Knien reichte.Ihre blonden Haare fielen ihr sanft ins Gesicht und Harry ging für einen Moment durch den Kopf, dass Draco mit seiner hellen Haut, seinen blonden Haaren und seiner einzigartigen Schönheit mehr ihr ähnelte, als seinem Vater.Draco fehlten die harten Gesichtszüge, die sein Vater besaß.
,,Er hat mein Angebot, Todesser zu werden abgelehnt.''
Dem Gryffindor stockte der Atem.
Abgelehnt?!
Der erste, der nach dem Abschluss Todesser werden würde war ja wohl Draco!
,,Du weißt, dass ich ihn bestrafen muss.''
Die Frau senkte ihren Kopf noch tiefer.
,,Da er selber aber im Schutz Dumbledores steht....muss er anders für seinen Ungehorsam zahlen.''
Voldemort grinste dreckig und grausam und Harrys Inneres zog sich zusammen.
Was hatte er vor?Was würde er Draco antun?Was würde dieser Bastard...SEINE MUTTER!
Noch bevor Harry diesen Gedanken beenden konnte, murmelte Voldemort etwas, ein grünes Licht blendete Harry und er hörte etwas zu Boden gehen.
Harry riss seine Augen auf und versuchte, sie an das dunkle Zimmer zu gewöhnen.Er hörte ein Lachen und dann ein 'Plopp', bevor sein Blick auf Dracos Mutter fiel, die auf dem Boden lag und eindeutig nicht mehr atmete.
Harry wollte zu ihr rennen, sich an ihre Seite knien.Er wollte, dass sie wieder lebte, nur um Draco nicht noch mehr leiden zu sehen, aber er blieb wie angewurzelt stehen, bewegte sich keinen Millimeter und spürte heiße Tränen seine Wangen hinabrinnen.

Als die Sonnestrahlen durch die Vorhänge seines Bettes drangen, saß Harry mit angezogenen Beinen und ins Leere starrend auf diesem.Immer wieder entfloh seiner Kehle ein Schluchzen, dass er versuchte zurückzuhalten.Er zitterte und versuchte, dies zu unterbinden, indem er sich selber ganz fest hielt.
Er war vor Stunden aufgewacht und konnte nicht aufhören zu weinen.Seine Lippe war schon blutig gebissen, denn die unterdrückten Laute in den letzten Stunden hätten sonst ganz Gryffindor aufgeweckt.
Als es Zeit zum Aufstehen war, schluckte er die aufkommenden Tränen runter, kroch unter seine Bettdecke und zog sie sich über den Kopf.
In dieser Verfassung würde er heute nicht zum Unterricht gehen.Vielleicht war es das Beste, wirklich einmal in Ruhe über alles nachzudenken.
Nach einer Weile hörte er müdes Gähnen und das Geraschel der Decken, das zu jedem Morgen gehörte und Sekunden später rief Ron nach ihm.
,,Harry!Steh auf, sonst kommen wir zu spät zu Zaubertränke.''
Darauf folgte noch ein lautes Gähnen.
Harry versuchte seine Stimme so kränklich wie möglich klingen zu lassen, was ihm nicht sonderlich schwer fiel, als er sagte:,,Mir geht es heute nicht so gut, Ron.''
Kurz darauf wurden seine Vorhänge aufgezogen.
,,Du bist krank?!''Ron klang überrascht.
,,Soll ich die Pomfrey holen?!''Nun besorgt.
,,Nein...wird bestimmt besser, wenn ich liege.''
,,Harry es könnte etwas ernstes sein.Lass mich die Pomfrey holen!''
,,Nein'', sagte Harry so kurz und entgültig, wie es ihm gelang.
,,Na gut'', erwiederte Ron unsicher und ging sich umziehen.
Nachdem seine Zimmergenossen den Schlafsaal verlassen hatten, zog sich Harry die Decke vom Kopf und starrte aus dem Fenster.
Er wusste, dass sie seinen besten Freund gerade ausfragten, was denn mit ihm, Harry, los war.Womöglich dachten sie es hätte etwas mit Voldemort zu tun, denn er war nicht oft krank.Vielleich würde im Laufe des Tages McGonnagal bei ihm vorbeischauen.
Und dann schien ein Damm zu brechen und er sah all die Bilder von seinem Traum wieder.Sie liefen vor seinen Augen ab, wie ein Film.Voldemorts sichere Haltung.Der 'Avada Kedavra', dessen grünes Licht ihn geblendet hatte.Und dann die blonde, auf dem Boden liegende, Frau.Ihre Haare, die sich wie ein Heiligenschein um sie gelegt hatten.Ihr Gesicht von ihrer Haarpracht verdeckt, die aufgerissenen Augen nicht sichtbar und die Haut anormal blass.Harry bekam eine Gänsehaut und zog sich die weiche Decke wieder fester um die Schultern.Tränen brannten hinter seinen Lidern aber er wollte nicht wieder weinen.Er hatte in den letzten Tagen mehr geweint, als in den letzten Jahren und es schwächte ihn und ließ ihn verweichlichen.Das konnte er nicht brauchen.Nicht in diesem Leben.

Am nächsten Morgen saß Harry angespannt am Tisch, als die Eulen ihre Runden in der Halle flogen.Die Todesnachricht Malfoy seniors hatte Draco auch erst einen Tag nach dem Tod seines Vaters erreicht und Harry fühlte, dass es diesmal genauso sein würde.
Noch saß Draco seelenruhig und nichts ahnend am Tisch.Harry blickte zu ihm und wand sich keinen Moment später mit hochrotem Gesicht und einem üblen Gefühl im Bauch wieder ab.Er fühlte sich schlecht.Einfach grottenschlecht.Immer wieder sah er Draco vor sich.In eindeutigen Positionen und hörte sein eigenes lautes Stöhnen, gepaart mit dem Geräusch des auf seinen Körper prasselnden Wassers.Gestern waren ihm diese Bilder unter der Dusche in den Kopf gekommen und sie hatten ihn derart erregt, dass er sich erlösen musste.Immer noch fühlte er das Gefühl seiner pochenden Erregung zwischen seinen Beinen.Er war das erste Mal so extrem erregt gewesen und er schämte sich dafür.Kurz davor hatte er Dracos Mutter sterben gesehen und er stellte sich vor, mit Draco Malfoy Sex unter der Dusche zu haben.Dabei hatte er sich doch nie für Jungen interessiert.Nicht auf diese Weise jedenfalls.Aber nach Cho hatte er sich auch nicht mehr für Mädchen interessiert.
So war er verwirrt, gefrustet und beunruhigt, als er Dracos schwarze Eule beobachtete, die sich gerade am Slitherintisch niederließ und Draco sein Bein entgegenstreckte.
Draco griff zögernd nach dem Brief und das leichte Zittern, auf das sonst niemand achtete, erinnerte Harry an das Zittern Mrs. Malfoys, die ihren nahenden Tod geahnt haben musste.
Das Briefpapier war wieder schneeweiß und Harry fragte sich, wie die anderen Slitherins etwas derart Helles an ihrem dunklen und unscheinbaren Tisch nicht beachten konnten.
Draco wendete den Brief in seinen Händen ohne ihn zu öffnen.Er strich immer wieder nervös darüber und wenn Harry dachte, er würde ihn gleich zerknüllen, ließ er wieder locker.
Harry selbst war nervös und beunruhigt wie noch nie.Natürlich, dies wurde dadurch hervorgerufen, dass Draco sich nicht dazu durchringen konnte, die Nachricht zu lesen, aber es wäre Harry recht gewesen, wenn diese Nachricht überhaupt nicht existieren würde.Leider tat sie das und Draco würde früher oder später erfahren, was Harry in seinem Traum gesehen hatte.
Der Gryffindor konnte seine Augen nicht von dem Slytherin nehmen.Selbst in dieser angespannten Situation bewunderte er die unruhigen schlanken, blassen Hände.Er wollte sich zwingen wegzusehen, aber er schaffte es nicht.Ihm war bewusst, dass es unschwer zu erkennen war, wen er anstarrte, aber seltsamerweise interessierte es ihn nicht.
Draco sah auf und sich gehetzt in der Halle um.Dabei begegnete er Harrys Blick.
Sie sahen sich lange Zeit an und Harry versank im eigenartigen Grau der Augen des Slytherin.Es schien ihm, als sähe er in Nebel, der sich dichtete und lichtete und nie wirklich erahnen ließ, was sich dahinter verbarg.
Draco stand ruckartig auf und verließ die Halle mit ungewöhnlich schnellen Schritten.Einige wenige Slytherin sahen ihm nach, aber sie schienen sich keine Gedanken darüber zu machen und wandten sich wieder ihrem Frühstück und den morgendlichen Unterhaltungen zu.Harry hingegen hielt sich nur schwer auf seinem Platz und unterdrückte mehr oder weniger erfolgreich den Zwang, Draco nachzurennen.

Gleich die erste Unterrichtsstunde an diesem Morgen war Zaubertränke.Daher versuchten die Gryffindors das Frühstück so gut wie möglich in die Länge zu ziehen und es in vollen Zügen zu geniesen.Um keinen Punktabzug von Snape zu bekommen, gab es aber einen bestimmten Zeitpunkt sich vom Tisch zu erheben und auf den Weg in die Kerker zu machen.Dank Hermine verpassten Ron und Harry diesen nie, waren sich aber nicht wirklich sicher, ob sie ihr dafür danken oder sie verwünschen sollten.
So spürte Harry zehn Minuten vor Unterrichtsbeginn, wie etwas an seinem Umhang zog, wurde aus seinen deprimierenden und bedrückenden Gedanken gerissen und ließ sich widerstandslos von seiner besten Freundin aus der Halle ziehen.
Sie schritten die dunklen Gänge entlang, brachten die düsteren Treppen hinter sich und schwiegen, wie jedesmal, um sich mental auf die Erniedrigungen vorzubereiten, die sie zweifelsohne auch an diesen Morgen erfahren würden.
Nur Harry versuchte sich nicht Erwiederungen auf Snapes Anmerkungen einfallen zu lassen, auch sagte er sich nicht, das was Snape sagte sei sowieso falsch, seine Gedanken kreisten um Draco.Nur um Draco.
Vielleicht würde dieser an der Schuld zerbrechen, die auf ihm lastete.Voldemort hatte Mrs.Malfoy umgebracht, weil Draco nicht bereit gewesen war, Voldemort zu folgen.Und das würde Draco wissen.
Aber was hatte der Slytherin für eine Wahl gehabt?
Natürlich wollte Harry eines Tages nicht gegen ihn kämpfen.Nicht auf einem Schlachtfeld.Mit Todessern, wie Draco dann einer wäre.
Aber diese Wahl würde ihm vielleicht zum Verhängnis werden.
Harry verspürte Mitleid.Nun litten Draco und er unter den gleichen Umständen.Sie waren beide Weise.Aber Draco würde mehr Probleme damit haben.Harry hatte seine Eltern verloren, als er noch ein Baby war.Er hatte sie nie genug gekannt, um ihnen verzweifelt nachzutrauern.Der Slytherin aber würde Hilfe brauchen.Vielleicht jemanden, der ihn tröstete?
Sie betraten den Unterrichtsraum.Harry suchte sofort nach Draco, der schon an ihrem gemeinsamen Tisch saß und irgend etwas an seiner Haltung sagte Harry, dass er den Brief nicht geöffnet hatte.Er wirkte unruhig und verängstigt, was er nicht körperlich zeigte, aber mit ein wenig Menschenkenntnis konnte man es an seinem Gesicht und überwiegend an seinen Augen erkennen.Normalerweise konnte er stundenlang ausharren, ohne auch nur einen Gesichtsmuskel unnötig zu bewegen, aber heute zuckten seine Mundwinkel und seine Augenbrauen immer mal wieder minimal und seine Augen blickten mal teilnahmslos und trüb und mal gehetzt durch den Raum.
Außerdem würde er, wenn er wüsste, welche Nachricht der Brief enthielt, nicht in Zaubertränke sitzen.
,,Hey'', grüßte Harry nervös, während er sich neben den Slytherin setzte.
Der Angesprochene sah ihn nur kurz an und sagte nichts.
Kaum hatten sich Ron und Hermine in die letzte Reihe gesetzt, rauschte Snape zur Tür herein.
Er stellte sich vor das Pult, schwenkte seinen Zauberstab und eine unsichtbare Hand schrieb Anweisungen an die Tafel.
,,Braut den Trank an der Tafel'', sagte er mit finsterer Stimme und setzte sich dann an seinen Schreibtisch um einige schriftliche Arbeiten einer anderen Klasse zu kontrollieren.
Wider Erwarten machte Draco keine Fehler beim Brauen des Trankes.Er ging so präzise und gewissenhaft mit den Zutaten um, wie immer und schien seine Sorgen zu vergessen.

Später, am Nachmittag, sah Harry Draco öfter in den Gängen.Jedesmal sah dieser sich nervöser nach ihm um und auf Harrys, Hermines und Rons Weg zur Bibliothek, blieb Draco sogar stehen.
,,Was glotzt du mich die ganze Zeit so an?!'', fragte er Harry agressiv und war ausnahmsweise einmal alleine.
,,Was hast du für ein Problem?''Ron trat vor.
Draco beachtete ihn nicht.
,,Wieso sollte ich dich anglotzen, Malfoy?''
,,Ich weiß es nicht, sag du es mir.''
Dann grinste er gewinnend.
,,Gefällt dir, was du siehst, Potter?''
,,Wie..was...d...''
,,Na?Bist du jetzt auch noch ne kleine Schwuchtel, Narbengesicht?''
,,Sag mal, sp..?!''
,,Du solltest dein Maul nicht zu weit aufreißen, Malfoy!'', schnitt ihm Ron das Wort ab.
,,Ach ja?Wieso denn Wieselkind?''
,,Nun..''Hermine, die bis jetzt nur beobachtet hatte, zog Ron zurück.,,Weil wir in der Überzahl sind.''
,,Ich bitte dich, Granger!Nicht euer ganzes nutzloses Haus könnte es mit mir aufnehmen.''
,,Hermine allein reicht schon aus!'', rief Ron dazwischen.
,,Hast du etwa vor, dich hinter deiner kleinen Muggelfreundin zu verstecken?'', höhnte Draco.
,,Wenigstens verstecke ich mich nicht hinter einem elenden Todesser!''
,,Worauf spielst du an, du verarmter Muggelliebhaber?!''
Draco biss die Zähne aufeinander.Möglicherweise hatte er eine Vorstellung von dem, was ihm Ron sagen würde.
Und es gefiel ihm nicht.
,,Darauf, dass du dich hinter deinem Arschkriecher von Vater versteckst, Vatersöhnchen!''
,,Du...du..WIE KANNST DU ES WAGEN?!''
Harry war aufgefallen, dass Dracos Nervenstränge am heutigen Tag sehr strapazierfähig waren, aber dass er auf Muggelart auf jemanden losgehen würde, hatte er sich nicht im Entferntesten vorgestellt.Denn genau das tat er gerade.
Seinen Zauberstab, den er zweifelsohne bei sich trug, unbeachtet lassend, warf er sich auf Ron, der wohl genau so wenig damit gerechnet hatte, und schlug auf ihn ein.Harry hörte immer wieder unterdrückte Schmerzenslaute von seinem Freund, während er, genau wie Hermine, ungläubig zusah, wie Draco auf die primitivste Art und Weise auf Ron einprügelte.
Und plötzlich, als sei ihm aufgegangen, was sich gerade vor seinen Augen abspielte, schnellte er vor und packte Draco von hinten.Er zog den Slytherin hoch und unter größter Anstrengung, da er sich heftig strampelnd wehrte, von Ron weg, der, wie er am Rande bemerkte, nicht gut aussah.
Noch immer war Harry von Dracos Verhalten verwirrt und als dessen Gegenwehr nicht nachzulassen schien, schleppte er ihn in ein Klassenzimmer, wovon er später nicht mehr wusste, wo es sich befand und ließ den Slytherin schnell los, bevor er sich vor die Tür stellte und diese blockierte, um Draco am Hinausstürmen und eventuellen Prügeln zu hindern.
Draco stand nun vor ihm und schnaufte schwer.Seine Augen glänzten verräterisch und seine Zähne bissen auf die Unterlippe, wie um Schmerzens- oder Leidenslaute zu unterdrücken.
Und obwohl seine Körperhaltung irgendwo zwischen Angespannt und Agressiv war, widerrief sein Gesichtsausdruck, den er sichtlich nicht mehr unter Kontrolle hatte, seine Haltung und Harry wollte ihn nur noch tröstend in den Arm nehmen.
Draco drehte sich hastig um und lief gebückt weiter ins Zimmerinnere.Harry konnte sehen, dass seine Schultern heftig bebten.
Und der Gryffindor stürmte aus dem Raum, bevor er Draco weinen sehen konnte.Bevor er ihn in den Arm nehmen und sein Schicksal endgültig in Bahnen lenken konnte, über die er die Kontrolle verlieren würde.

,,Verflucht'', zischte Harry leise.
Der Mond am Himmel erhellte den Schlafraum und obwohl er keinesfalls voll war, konnte Harry alles im Zimmer bis aufs kleinste Detail erkennen.
Seine Zimmergenossen schnarchten, aber es kam ihm eher wie ein unterschwelliges Hintergrundgeräusch vor.Nicht wichtig genug um beachtet zu werden.
Harry machte sich Sorgen um Ron, der jetzt auf dem Krankenflügel lag und vielleicht Schmerzen hatte.Wenn er sich seinen Anblick ins Gedächtnis rief, musste er immernoch ein Würgen unterdrücken.Draco hatte ordentlich zugeschlagen.Rons Gesicht hatte mehr bläulich-grüne Flecken aufgewiesen, als die Farbe gesunder Haut und höchstwahrscheinlich würde es eine Weile dauern, bis er die Krankenstation verlassen durfte.
Aber noch mehr sorgte er sich um Draco.Der Slytherin hatte sich überhaupt nicht mehr unter Kontrolle gehabt.Dabei hatte er den Brief noch gar nicht gelesen.
Harry hatte ein flaues Gefühl in der Magengegend und er fühlte, dass er etwas tun musste, um eine Tragödie zu verhindern.Nur wusste er nicht was.
Seit Stunden lag er wach und rollte sich von einer Seite auf die andere.Er seufzte mehr, als in den letzten Monaten und befürchtete, seine Zimmergenossen aufzuwecken.
Irgendetwas ließ ihn nicht einschlafen.Ob es nun die Sorge um Ron oder um Draco oder aber irgendetwas anderes war, konnte er nicht feststellen.Dabei kamen ihm Rons körperliche Verletzungen eher banal, Dracos seelische aber umso ernster vor.
Harry stieß einen tiefen Seufzer aus.
Diese ganze Grüblerei brachte ihn um keinen Deut weiter.Immer pendelte er zwischen den gleichen Gedanken und Gefühlen hin und her und konnte Draco nicht aus diesen verbannen.
Er empfand etwas für den Slytherin.Ob es aber sexuelles Interesse war oder ob er eine Beziehung mit ihm wollte, wusste er nicht.
Draco war attraktiv.Er war begehrt und auch begehrenswert, aber da war etwas in seinem Inneren, das Harry reizte.War es die Tatsache, dass er zur Zeit wirklich mitleiderregend war und Harrys Beschützerinstinkt weckte?
Harry lachte kurz spöttisch auf, verstummte aber sofort, als jemand im Zimmer unregelmäßig zu atmen begann.Kurz darauf war jedes Geräusch im Raum, wie es sein musste.
Sein Beschützerinstinkt.
Ja, er hatte einen, aber nie hätte er gedacht, ihn Draco gegenüber zu empfinden.
Natürlich waren sie immernoch Feinde, aber mental fühlte sich Harry mit ihm verbunden.Er hatte Dinge gesehen, die Draco betrafen und prägen würden und meinte, ihm nah zu sein und der einzige, der ihn verstehen konnte.
Vielleicht war dies ein Irrglaube, aber es erschien so plausibel.
Wen hatte Draco denn noch?
Keine Mutter, keinen Vater.
Und wenn er keine Hilfe bekam vielleicht bald nicht mal mehr sein Leben.
Es war nahezu sicher, dass Voldemort die Demütigung, die ihm durch Dracos Ablehnung wiederfahren was, nicht auf sich sitzen lassen würde.Und wenn Draco wirklich so wichtig für ihn war, würde er ihn wohl eher töten, als ihn der guten Seite zu überlassen.
Sollte Draco da nicht froh sein, Harry auf seiner Seite zu haben?
Oder würde er zu stolz sein um Hilfe vom Goldjungen anzunehmen?
Harry schwang die Beine aus dem Bett und schlich auf leisen Sohlen zu seiner Truhe, aus der er seinen Tarnumhang hervorholte.
Vielleicht würde die frische Luft seine benebelten Gedanken ein wenig lichten.
Er bemühte sich, so leise wie möglich aus dem Zimmer zu kommen und auch den Gemeinschaftsraum zu durchqueren und als er im dunklen Gang stand, fühlte er, wie die Dunkelheit sein Innerstes ebenfalls befiel, ihm eine erwünschte Ruhe vermittelte und seine Schritte in Richtung Astronomieturm lenkte.